L 5 ER 57/06 KR

Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mainz (RPF)
Aktenzeichen
S 7 ER 188/05 KR
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 5 ER 57/06 KR
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Das Bedürfnis an gerichtichem Rechtsschutz im Rahmen eines wettbewerbsrechtlich geprägten Verfahrens ist erst dann erloschen, wenn der Anspruchsgegner eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat; eine einfache Unterlassungserklärung reicht nicht aus.
2. Eine an Mitglieder der Krankenkasse gerichete Auslobung einer Prämie für die Werbung von Neumitgliedern verstößt gegen Nr. 34, 35 der Wettbewerbsgrundsätze, wenn die Höhe der Prämie 0,7 v.H. der monatlichen Bezugsgröße überschreitet.
3. Für Personen, die weder Mitglied der Krankenkasse noch beauftragte Vermittler im Sinne der Nr. 34 der Wettbewerbsgrundsätze sind, darf eine Prämie für die Werbung von Neumitgliedern nicht ausgelobt werden.
1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Mainz vom 21.12.2005 geändert und wie folgt neu gefasst:
Der Antragsgegnerin wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes von 10.000,00 EUR für jeden Fall des Zuwiderhandelns, ersatzweise Ordnungshaft von einem Monat, zu vollziehen an den jeweiligen gesetzlichen Vertretern, untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
a.) Personen, die Mitglieder der Antragsgegnerin sind, durch die Auslobung von Geldbeträgen, die 0,7 v.H. der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Sozialgesetzbuch Viertes Buch übersteigen, zur Werbung von neuen Mitgliedern zu veranlassen,
b.) Personen, die weder Versicherte der Antragsgegnerin noch von ihr nach Randnummer 45 der Gemeinsamen Wettbewerbsgrundsätze der Aufsichtsbehörden der gesetzlichen Krankenversicherung vom 19.3.1998 i.d.F.v. 20.10.2000 beauftragte Dritte sind, zur Werbung von neuen Mitgliedern der Antragsgegnerin durch Auslobung von Geldbeträgen zu veranlassen.

2. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mainz vom 21.12.2005 wird zurückgewiesen.

3. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

4. Der Streitwert wird auch für das erstinstanzliche Verfahren in Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Mainz vom 21.12.2005 und des Berichtigungsbeschlusses vom 6.1.2006 auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin macht gegenüber der Antragsgegnerin die Unterlassung von Mitgliederwerbung durch Inaussichtstellen einer Werbeprämie in Höhe von 75,00 EUR im Wege der Auslobung gegenüber bei der Antragsgegnerin versicherten und nicht versicherten Personen geltend.

Sowohl die Antragstellerin als auch die Antragsgegnerin sind als gesetzliche Krankenversicherungen in Rheinland Pfalz tätig. Mitarbeiter der Antragsgegnerin warben zum einen an der Universität T dadurch um neue Mitglieder, dass ein Betrag von 75,00 EUR für jede vermittelte Mitgliedschaft in Aussicht gestellt wurde. Zum andern führte die Antragsgegnerin in einem an die Innungsobermeister des Kreises Mainz-Bingen gerichteten Schreiben vom Oktober 2005 unter "Angebot zur Krankenversicherung Ihrer Mitarbeiter" aus: "Mitglieder werben Mitglieder: Für jedes neue AOK-Mitglied können AOK-Mitglieder eine Prämie erhalten." In einer eidesstattlichen Versicherung vom 19.10.2005 gab der Innungsobermeisters B G im Anschluss an vorgenannte Schreiben an, es habe zwischen ihm und Mitarbeitern der Antragsgegnerin am 14.10.2005 ein Beratungsgespräch stattgefunden, in dessen Rahmen die Antraggegnerin für jede Werbung eines neuen Mitglieds eine Prämie in Höhe von 75,00 EUR angeboten habe.

Am 14.10.2005 hat die Antragstellerin in Bezug auf die Werbepraxis der Antrags-gegnerin zunächst beim Sozialgericht (SG) Speyer einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Das SG Speyer hat das Verfahren mit Beschluss vom 18.11.2005 an das SG Mainz verwiesen hat. Die Antragstellerin hat u.a. be-antragt, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersa-gen,
Personen, die keine Versicherten der Antragsgegnerin sind zur Werbung von neu-en Mitgliedern der Antragsgegnerin, insbesondere im sozialen Umfeld dieser Per-sonen, durch Auslobung von Geldbeträgen zu veranlassen,
Personen, die Versicherte der Antragsgegnerin sind, durch Gewährung von Geld-beträgen, die 0,7 v.H. der Bezugsgröße übersteigen, zur Werbung von neuen Mit-gliedern zu veranlassen,
hilfsweise,
der Antragsgegnerin zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Personen zur Werbung von neuen Mitgliedern der Antragsgegnerin durch Auslobung von Geldbeträgen, die 0,7 v.H. der monatlichen Bezugsgröße übersteigen, zu veranlassen.
Die Antragstellerin hat die Auffassung vertreten, dass die Werbung der Antrags-gegnerin die Grenzen der zulässigen Mitgliederwerbung überschreite. Es liege ein Verstoß gegen die Randnummern 34/35 der "Gemeinsamen Wettbewerbsgrund-sätze der Aufsichtsbehörden der gesetzlichen Krankenversicherung vom 19.3.1998 in der Fassung vom 20.10.2000" (im Folgenden Wettbewerbsgrundsät-ze) vor. Danach sei für Versicherte eine Aufwandsentschädigung von 0,7 v.H. der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV), für Nichtversicherte jedoch keine Entschädigung zulässig. Auch liege ein Verstoß ge-gen §§ 3, 4 Nr. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vor, da die Werbung darauf abziele, die persönlichen Beziehungen zwischen Studenten auszunutzen. Wegen der hohen Prämie bestehe die Gefahr, dass Studenten an-dere zur Mitgliedschaft drängten und eine unbefangene Prüfung des Angebots zumindest beeinträchtigt werde. Die von der Antragsgegnerin behauptete Nicht-beanstandung durch die Aufsichtsbehörde beinhalte keine Genehmigung. Dies gelte ebenso für die Aussage der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bun-desministerium für Gesundheit und soziale Sicherung C -M hinsichtlich ge-ringfügiger Aufwandsentschädigungen (BT-Drs. 15/3022, S. 15 f.); diese beziehe sich allein auf private Finanzdienstleister. Die Antragsgegnerin hat demgegenüber darauf verwiesen, die von ihr beabsichtigte Zahlung einer Aufwandsentschädigung i.H.v. 75,00 EUR sei mit den Wettbewerbsgrundsätzen vereinbar. Die zuständige Auf-sichtsbehörde sei über die geplante Durchführung von Werbemaßnahmen unter-richtet gewesen. Die Behörde habe keine aufsichtsrechtlichen Bedenken geäu-ßert. Nach der Stellungnahme der Staatssekretärin und dem dieser Stellungnah-me zu Grunde liegenden Ergebnis einer Überprüfung des Bundesversicherung-samts als zuständige Aufsichtsbehörde sei davon auszugehen, dass eine Auf-wandsentschädigung von zwischen 40,00 EUR und 80,00 EUR mit den Wettbewerbs-grundsätzen in Einklang stehe. Der Antragstellerin gehe es eigentlich darum, ge-naue Informationen über Wettbewerbsmaßnahmen der Antragsgegnerin zu erhal-ten.

Mit Beschluss vom 21.12.2005 hat das SG der Antragsgegnerin unter Androhung eines Ordnungsgeldes von 10.000,00 EUR für jeden Fall des Zuwiderhandelns, er-satzweise Ordnungshaft von einem Monat, zu vollziehen an den jeweiligen gesetz-lichen Vertretern, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs unter-sagt,
Personen, die keine Versicherten, Mitarbeiter oder gewerbliche Versicherungs-makler der Antragsgegnerin sind, auf dem Gelände der Universität Trier durch Auslobung eines Geldbetrages von 75,00 EUR zur Werbung von neuen Mitgliedern zu veranlassen,
Personen, die Mitglieder der Antragsgegnerin sind durch Gewährung von Geldbe-trägen, die 0,7 v.H. der monatlichen Bezugsgröße übersteigen, zur Werbung von neuen Mitgliedern zu veranlassen.
Im Übrigen hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu-rückgewiesen. Die Antragstellerin habe einen Anspruch darauf, dass die Antrags-gegnerin die Zahlung einer höheren Aufwandsentschädigung als 0,7 v.H. der mo-natlichen Bezugsgröße an Versicherte für die Mitgliederwerbung unterlasse. Kran-kenkassen seien zur sachbezogenen Information und Rücksichtnahme auf die Belange anderer Krankenversicherungsträger verpflichtet (§ 15 Abs. 3 Sozialge-setzbuch Erstes Buch SGB I , § 86 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch SGB X ). Bei Nichtbeachtung könne hieraus ein Unterlassungsanspruch der beeinträchtig-ten Träger resultieren (BSG vom 31.3.1998 - B 1 KR 9/95 R, SozR 3-2500 § 4 Nr. 1; LSG Rheinland Pfalz vom 25.11.2005 - L 5 ER 99/05 KR). Hierbei seien die Wettbewerbsgrundsätze zu beachten, die als Verwaltungsvorschriften unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung der Verwaltung im gerichtlichen Verfahren zu beachten seien. Die von der Antragsgegnerin nicht in Abrede gestellte Praxis der Prämiengewährung an eigene Versicherte für die Werbung neuer Mitglieder ver-stoße klar gegen die Randnummern 34/35 der Wettbewerbsgrundsätze, die nur die Gewährung einer Aufwandsentschädigung von 0,7 v.H. der monatlichen Be-zugsgröße zuließen, wobei durch den dynamischen Verweis auf die Bezugsgröße sichergestellt werde, dass die Aufwandsentschädigung der wirtschaftlichen Ent-wicklung angepasst sei. Dem gegenüber bestehe kein Unerlassungsanspruch in-soweit, andere Personen durch Auslobung eines Geldbetrages zur Werbung neu-er Mitglieder zu veranlassen. Der entsprechende Antrag sei sowohl hinsichtlich der Personen als auch des örtlichen Zusammenhangs zu unbestimmt. Der Antrag enthalte jedoch als Minus das Begehren, die konkrete Werbemaßnahme zu unter-sagen. Zunächst ergebe sich aus den Wettbewerbsgrundsätzen kein generelles Verbot, Dritte gegen Aufwandsentschädigung mit der Mitgliederwerbung zu betrauen. Dies folge schon aus Randnummer 45 der Wettbewerbsgrundsätze. Vorliegend sei aber in der konkreten Werbung durch Dritte auf dem Gelände der Universität Trier ein Verstoß gegen die Wettbewerbsgrundsätze i.V.m. den Grundsätzen der §§ 1, 3 UWG gegeben. Die Werbeaktion lasse zum einen dem Bewerber den Spielraum, sein Prämieninteresse zu verheimlichen. Ferner scheine im Hinblick auf die Vermögensverhältnisse eines Teils der Studenten bei einem Betrag von 75,00 EUR der Anreiz, einen Kommilitonen unter Ausnutzung der sozialen Beziehungen zu einem Beitritt bei der Antragsgegnerin zu "überreden" vergleichs-weise groß. Es liege auch ein Anordnungsgrund vor. Die Antragstellerin habe glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin bereits mit ihren Werbemaßnahmen begonnen und sie unmittelbar nach Kenntnis hiervon die einstweilige Anordnung beantragt habe. Da es aufgrund der unlauteren Methoden bereits jetzt zu zukünftig nicht mehr rückgängig zu machenden Abwerbungen kommen könne, sei der An-tragstellerin weiteres Zuwarten nicht zuzumuten.

Gegen den den Beteiligten jeweils am 27.12.2005 zugestellten Beschluss haben beide Beteiligte am 27.1.2006 Beschwerde eingelegt; das SG hat den Beschwer-den nicht abgeholfen (Beschluss vom 3.3.2006).

Zur Begründung trägt die Antragstellerin u.a. vor, die räumliche Begrenzung der Anordnung auf die Unterlassung von Werbung auf dem Gelände der Universität T sei nicht nachvollziehbar. Folge man den Ausführungen des SG, wäre sie, die Antragstellerin, gezwungen, bei vergleichbaren Werbeaktionen wiederum einst-weilige Anordnungen zu beantragen, obwohl das SG von der generellen Wettbe-werbswidrigkeit hoher Werbeprämien im studentischen Milieu ausgegangen sei. Darüber hinaus sei die Begrenzung des Beschlusses auf das studentische Milieu unzutreffend. Das SG verkenne die Reichweite der Randnummern 34/35 der Wettbewerbsgrundsätze, wonach sich die 0,7 v.H.-Grenze auch auf Mitarbeiter der Antragsgegnerin erstrecke. Das SG berücksichtige nicht, dass Randnummer 45 der Wettbewerbsgrundsätze die Beauftragung gewerblicher Versicherungs-makler erfasse und eine Auslobung von Laienwerbern wegen der hierbei beste-henden Risiken hinsichtlich unzulässiger Werbemethoden von den Wettbewerbs-grundsätzen gerade nicht erfasst werde. Doch selbst wenn man von der Zulässig-keit einer Auslobung von Laienwerbern ausginge, sei die Aufwandsentschädigung, um eine unsachgemäße Beeinflussung der Umworbenen zu verhindern, entspre-chend den Wettbewerbsgrundsätzen auf 0,7 v.H. der monatlichen Bezugsgröße zu begrenzen. Zudem habe sie, die Antragstellerin, nicht nur entsprechende Wett-bewerbsverstöße auf dem Gelände der Universität Trier glaubhaft gemacht, son-dern weitere, wie dies dem Schreiben der Antragsgegnerin vom Oktober 2005 und der eidesstattlichen Versicherung des Innungsobermeisters Geitel vom 19.10.2005 zu entnehmen sei.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des SG Mainz vom 21.12.2005 dahingehend zu ändern, dass die Antragsgegnerin über das im Beschlusstenor unter Ziffer 1 b ausgesprochene Ausmaß zur Unterlassung verpflichtet wird, Nichtmitglieder oder Personen, die nicht formell beauftragt sind, zur Mitgliederwerbung durch Auslobung von Geldbe-trägen zu veranlassen.

Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des SG Mainz vom 21.12.2005 aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin abzulehnen.

Die Antragsgegnerin beruft sich u.a. darauf, die Feststellung des SG, der Antrag sei hinsichtlich Dritter zu unbestimmt und eine generelle Unterlassungsverpflich-tung bestehe nicht, sei zutreffend. Zu Unrecht habe das SG jedoch nicht über die-sen Antrag, sondern ein darin enthaltenes Minus entschieden. Die anwaltlich ver-tretene Antragstellerin sei gehalten gewesen, klare Anträge zu stellen und sei an ihre Anträge gebunden. Die Antragstellerin könne auch nicht die Unterlassung der Zahlung eines Betrages von mehr als 0,7 v.H. der Bezugsgröße im Rahmen der Aktion "Mitglieder werben Mitglieder" verlangen. Von einer Vielzahl von Kranken-kassen werde ein darüber hinaus gehender Betrag ausgelobt, was von den Auf-sichtsbehörden toleriert werde. Die letzte Fassung der Wettbewerbsgrundsätze stamme vom Oktober 2000. Zwischenzeitlich habe sich eine geänderte Aufsichts-praxis eingestellt, so das nicht mehr an der Höhe der Aufwandsentschädigung nach den Randnummern 34/35 der Wettbewerbsgrundsätze festzuhalten sei

Die Antragstellerin hat die Antragsgegnerin aufgefordert, eine "Strafbewehrte Un-terlassungs und Verpflichtungserklärung" hinsichtlich des geltend gemachten An-spruchs abzugeben. Die Antragsgegnerin hat die Unterzeichnung einer solchen Erklärung abgelehnt, jedoch bekundet, sich hinsichtlich der Zahlung von Werbe-prämien an Mitglieder an die Vorgaben der Wettbewerbsgrundsätze zu halten. An so genannte "Dritte" würden Zahlungen nur insoweit geleistet, als ein Auftrags bzw. Vertragsverhältnis bestehe.

II.

Die Beschwerden beider Beteiligter gegen den Beschluss des SG Mainz vom 21.12.2005 sind zulässig.

Der Zulässigkeit der Beschwerde der Antragstellerin steht die Erklärung der An-tragsgegnerin im Schreiben an die Antragstellerin vom 13.4.2006, sie habe sich zwischenzeitlich hinsichtlich der Zahlung von Werbeprämien an Mitglieder den Vorgaben der Wettbewerbsgrundsätze angepasst und gewähre für die Mitglieder-werbung den dort festgesetzten Betrag und leiste an so genannte "Dritte" Zahlun-gen nur insoweit, als ein Auftrags bzw. Vertragsverhältnis bestehe, nicht entge-gen. So ist durch die Erklärung der Antragsgegnerin weder eine Erledigung in der Hauptsache eingetreten noch ein wirksames Anerkenntnis abgegeben worden. Ebenso besteht zu Gunsten der Antragstellerin weiterhin ein Rechtsschutzbedürf-nis für das vorliegende Verfahren. Das Bedürfnis an gerichtlichem Rechtsschutz im Rahmen eines wie hier wettbewerbsrechtlich geprägten Verfahrens ist erst dann erloschen, wenn der Anspruchsgegner d.h. die Antragsgegnerin eine strafbewehrte Unterlassungserklärung hinsichtlich des geltend gemachten An-spruchs abgegeben hat (vgl. Baumbach/Hefermehl/Bornkamm, Wettbewerbsrecht § 12 UWG RdNr. 1.37, 1.40 m.w.N.); dies hat die Antragsgegnerin jedoch aus-drücklich abgelehnt.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist begründet, die Beschwerde der Antrags-gegnerin ist hingegen unbegründet.

Die Antragsgegnerin ist wie von der Antragstellerin begehrt über den Bereich der Universität Trier hinaus zu verpflichten, es bei entsprechender Strafandrohung zu unterlassen, Personen, die weder Versicherte der Antragsgegnerin noch von ihr nach Randnummer 45 der Wettbewerbsgrundsätze beauftragte Dritte sind, zur Werbung von neuen Mitgliedern der Antragsgegnerin durch Auslobung von Geld-beträgen zu veranlassen.

Das SG hat die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen An-ordnung gemäß § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sowie die Vorausset-zungen wettbewerbswidriger, einen Unterlassungsanspruch begründender Wer-bung gemäß den Vorschriften der §§ 1,3 UWG i.V.m. den Bestimmungen der Wettbewerbsgrundsätze zutreffend dargestellt, weshalb insoweit zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen in entsprechender Anwendung von § 153 Abs. 2 SGG auf die dortigen Ausführungen Bezug genommen wird.

Entgegen dem Vorbringen der Antragsgegnerin hat ihr das SG zunächst in nicht zu beanstandender Weise untersagt, Personen, die Mitglieder der Antragsgegne-rin sind, durch die Auslobung von Geldbeträgen, die 0,7 v.H. der monatlichen Be-zugsgröße nach § 18 SGB IV übersteigen, zur Werbung von neuen Mitgliedern zu veranlassen (vgl. den Beschlusstenor des SG unter Ziffer 1 b). In diesem Zusam-menhang hat das SG gerade keine räumliche Begrenzung der Anordnung auf das Gelände der Universität Trier ausgesprochen. Durch entsprechendes Vorbringen der Antragsgegnerin veranlasst ist klarzustellen, dass, soweit es um die Mitglie-derwerbung durch Mitglieder der Antragsgegnerin geht, der Vorwurf der Wettbe-werbswidrigkeit nicht alleine die Werbung auf dem Universitätsgelände in Trier und das an die Innungsobermeister im Landkreis Mainz-Bingen gerichtete Schrei-ben vom Oktober 2005 betrifft, sondern allgemein die Werbemaßnahme der An-tragsgegnerin "Mitglieder werben Mitglieder" und die in diesem Rahmen ausge-sprochene Auslobung. Den Einzelaktionen kommt nicht der Charakter einer je-weils eigenständigen Werbemaßnahme zu. Es handelt sich bei diesen vielmehr um Einzelausprägungen einer einheitlich zu verstehenden Werbemaßnahme. Auch den Ausführungen der Antragsgegnerin ist zu entnehmen, dass es sich bei der Maßnahme "Mitglieder werben Mitglieder" um eine in ihrem Zuständigkeitsbe-reich flächendeckende Werbung und nicht lediglich um örtlich begrenzte Einzel-maßnahmen handelt.

Zu Recht hat das SG die in diesem Rahmen in Aussicht gestellte Aufwandsent-schädigung als wettbewerbswidrig bewertet, denn vorliegend ist bei summarischer Prüfung ein eindeutiger Verstoß gegen die Wettbewerbsgrundsätze gegeben. Die-se sehen in den Randnummern 34/35 eine Aufwandsentschädigung von höchs-tens 0,7 v.H. der monatlichen Bezugsgröße (2005 = 16,91 EUR) vor, welche von dem Auslobungsangebot der Antragsgegnerin um mehr als das Vierfache überschritten wird. Dies ist auch nicht damit zu rechtfertigen, dass die letzte Fassung der Wett-bewerbsgrundsätze aus dem Jahr 2000 stammt. Das SG weist in diesem Zusam-menhang zutreffend darauf hin, dass es sich bei der Regelung der Aufwandsent-schädigung nach den Randnummern 34/35 um eine dynamische Verweisung auf die Bezugsgröße handelt, so dass bereits auf diesem Wege eine Anpassung an die jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnisse erfolgt. Ferner ist weder aus den vor-gelegten Schreiben der zuständigen Aufsichtsbehörde noch aus der Stellungnah-me der Staatssekretärin C -M eine Billigung der konkreten Werbemaßnahme - ungeachtet deren fehlender Verbindlichkeit für den Senat - oder einer entspre-chenden Werbepraxis allgemein zu entnehmen. So geht es in der Stellungnahme der Staatssekretärin C -M eindeutig um die Vermittlungstätigkeit privater Fi-nanzdienstleister und somit um Beauftragungen Dritter im gewerblichen Bereich i.S.v. Randnummer 45 der Wettbewerbsgrundsätze; für diese gelten jedoch ande-re Maßstäbe als für Laienwerber. Schließlich lässt sich die von der Antragsgegne-rin begonnene Werbemaßnahme nicht damit rechtfertigen, dass auch andere Kassen womöglich gegen die Wettbewerbsgrundsätze verstoßen.

Allerdings war der Beschluss des SG wie von der Antragstellerin begehrt abzu-ändern, soweit es um die Auslobung einer Werbeprämie für Dritte geht (vgl. den Beschlusstenor des SG unter Ziffer 1 a). Zunächst ist insofern klarzustellen, dass die Antragstellerin bereits nach dem Wortlaut ihres Antrags in der Antragsschrift lediglich die Auslobung einer Werbeprämie, nicht jedoch eine Aufwandsentschädi-gung für beauftragte Vermittler im Sinne von Randnummer 45 der Wettbewerbs-grundsätze beanstandet hat (vgl. Bl. 2 der Gerichtsakte). Dies hat sie ausdrücklich in den Schriftsätzen vom 30.11.2005 und 20.12.2005 klargestellt (vgl. Bl. 80, 82 der Gerichtsakte). Entgegen der Auffassung des SG ist der Antrag auch nicht we-niger bestimmt als der hinsichtlich der Werbung durch Versicherungsmitglieder. Der Antrag erstreckt sich auf die Mitgliederwerbung durch Dritte im Sinne von Lai-enwerbern bezogen auf den (gesamten) Zuständigkeitsbereich der Antragsgegne-rin. Der Antrag hat auch, wie sich spätestens im Beschwerdeverfahren gezeigt hat, eine Werbemaßnahme der Antragsgegnerin zum Gegenstand, die sich nicht auf die vom SG gerügte Einzelmaßnahme beschränkt. So wendet sich die An-tragsgegnerin bereits nach dem Wortlaut des an der Universität Trier verteilten Flugblatts nicht an einen fest umrissenen Personenkreis. Dies wird gleichermaßen deutlich, wenn sie in ihrer Beschwerdeschrift darauf hinweist, dass es sich bei dem Innungsobermeister Geitel ebenfalls nicht um eines ihrer Mitglieder handelt, also eine Werbung durch Dritte gewollt ist. Hieraus sowie aus dem übrigen Vortrag der Antragsgegnerin ergibt sich, dass diese versucht, Dritte mit einem Auslo-bungsbetrag in Höhe von 75,00 EUR als Laienwerber zu gewinnen. Dies aber stellt entgegen der Auffassung des SG einen Verstoß gegen die Wettbewerbsgrund-sätze und die berechtigten Belange anderer Krankenversicherungsträger dar. Denn die Wettbewerbsgrundsätze lassen in den Randnummern 34/35 eine Auf-wandsentschädigung nur für die Werbung durch Mitarbeiter und Versicherte zu. Die im Betrag offensichtlich niedrig gehaltene Aufwandsentschädigung ist geeig-net, ein ausuferndes (weil nicht ausreichend lukratives) Werbeverhalten zu ver-meiden. Die Werbung Dritter als Mitgliedswerber durch Auslobung von Prämien ist in den Wettbewerbsgrundsätzen schlichtweg nicht vorgesehen. Die Befugnis Drit-ter, Mitglieder zu werben, ist nur unter den strengen Voraussetzungen der Rand-nummer 45 möglich. Dies aber erfordert den Abschluss eines Vertrages zwischen der Krankenkasse und einem Drittem, wonach sich der Dritte vertraglich zur Ein-haltung der Wettbewerbsgrundsätze verpflichtet und für den Fall des Zuwiderhan-delns der Kasse das Recht zur sofortigen Kündigung vertraglich vorzubehalten ist. Ziel dieser Regelung ist es, eine den Wettbewerbsgrundsätzen entsprechende sachlich informative Werbung durch entsprechende Kontrollmechanismen zu ge-währleisten. Durch die Werbung Dritter in der von der Antragsgegnerin betriebe-nen und für die Zukunft nicht in jedem Falle auszuschließenden Form (vgl. zur sog. Wiederholungsgefahr Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Ver-fahren, 8. Aufl. Seite 40 RdNr. 2 m.w.N.) entzieht sie sich selbst der ihr nach den Wettbewerbsgrundsätzen auferlegten Kontrollpflicht und gleichzeitig den so ge-wonnenen Werber der in den Wettbewerbsgrundsätzen vorgeschriebenen Kontrol-le (vgl. RdNrn. 45, 50 ff der Wettbewerbsgrundsätze). Die relativ hohe Aufwands-entschädigung von 75,00 EUR, der keinerlei Verpflichtung des Dritten gegenüber steht, birgt das Risiko einer alleine auf wirtschaftlichen Gründen beruhenden Mit-gliederwerbung, ohne zugleich sachliche Informationen zu vermitteln. Die Werbe-weise der Antragsgegnerin ist deshalb mit den Wettbewerbsgrundsätzen nicht in Einklang zu bringen und als wettbewerbswidrig zu qualifizieren. Schließlich ist die Antragstellerin bei Vorliegen eines erkennbaren Gesamtwerbekonzepts der An-tragsgegnerin nicht darauf zu verweisen, jeweils gegen hierauf beruhende Einzel-aktionen vorzugehen.

Der erforderliche Anordnungsgrund ist ebenfalls gegeben. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Beschlusses. Auch die Erklärung der Antragsgegnerin im Schreiben vom 13.4.2006 ändert hieran nichts; eine Wiederholungsgefahr ist nicht ohne weiteres ausgeschlossen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG.

Für den Streitwert ist mangels Anhaltspunkten für eine anderweitige Bestimmung der Regelstreitwert maßgebend. Abweichend vom SG setzt der Senat den Streit-wert nicht auf den halben, sondern auf den vollen Regelstreitwert fest. Dies er-scheint jedenfalls bei solchen Wettbewerbsstreitigkeiten angemessen, die in der Regel den gesamten Streit erledigen (vgl. Hartmann in Baumbach/Lauterbach, ZPO, 62. Auflage, Anh § 3, RdNr. 64). Hinweise darauf, dass vorliegend noch mit einem anschließenden Hauptsacheverfahren zu rechnen ist, sind nicht ersichtlich.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde beim Bundessozialgericht anfecht-bar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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