Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Mainz (RPF)
Aktenzeichen
S 2 ER 174/06 AS
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 3 ER 161/06 AS
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Der Leistungsträger ist im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II verpflichtet, darauf hinzuweisen, welche Anforderungen bei der Angemessenheit einer Wohnung hinsichtlich der Wohnungsgröße in Quadratmetern bezogen auf den allein stehenden Hilfebedürftigen bzw. den Kaltmietpreis pro Quadratmeter Wohnfläche zu erfüllen sind. Ferner hat er den Hilfebedürftigen darüber aufzuklären, dass die Bemühungen um eine den Vorgaben entsprechende Wohnung nachzuweisen sind.
1. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Mainz vom 11.08.2006 aufgehoben und der Beschwerdegegner verpflichtet, der Beschwerdeführerin vorläufig in der Zeit vom 01.08.2006 bis zum 31.01.2007 für ihre Wohnung in I, V 27 Unterkunftskosten in der von ihr tatsächlich aufgewandten Höhe zu gewähren.
2. Der Beschwerdegegner trägt die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerin sowohl im Antrags- als auch im Beschwerdeverfahren.
Gründe:
I.
Die Beschwerdeführerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Beschwerdegegners ihr über den 01.08.2006 hinaus die tatsächlichen Kosten für die von ihr und ihrem Sohn bewohnte Wohnung als Leistung der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu gewähren.
Die 1966 geborene Beschwerdeführerin und ihr 1985 geborener Sohn bewohnen eine 86 m² große Wohnung, für die monatliche Miete in Höhe von 735,00 EUR zu zahlen ist.
Mit Bescheid vom 18.01.2006 bewilligte der Beschwerdegegner der Beschwerdeführerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 12.01.2006 bis zum 31.07.2006, wobei die Kosten für die Wohnung der Beschwerdeführerin in vollem Umfang berücksichtigt wurden. Mit Schreiben vom 18.01.2006 teilte der Beschwerdegegner der Beschwerdeführerin mit, die Wohnung sei unangemessen teuer. Die Vorgaben des Mietspiegels der Stadt Ingelheim sähen für diese Unterkunft eine Kaltmiete von 384,00 EUR (60 m² multipliziert mit 6,40 EUR) als Obergrenze vor. Es werde empfohlen, sich bis spätestens zum 31.07.2006 bei der I W gesellschaft (W ) als Wohnungssuchend eintragen zu lassen. Es stehe der Beschwerdeführerin natürlich frei, sich auf dem freien Wohnungsmarkt eine Wohnung zu suchen. Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass die Miete ab dem 01.08.2006 nur noch in angemessener Höhe (384,00 EUR Kaltmiete zzgl. Nebenkosten) übernommen werde. Mit Bescheid vom 03.07.2006 bewilligte der Beschwerdegegner der Beschwerdeführerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für die Zeit vom 01.08.2006 bis zum 31.07.2007 und berücksichtigte dabei Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 540,25 EUR, d.h. für die Beschwerdeführerin 270,12 EUR und für ihren Sohn 270,13 EUR. Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin Widerspruch erhoben.
Die Beschwerdeführerin hat am 24.07.2006 beim Sozialgericht Mainz (SG) einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt und Klage erhoben.
Durch Beschluss vom 11.08.2006 hat das SG den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, die angemessene Wohnungsgröße betrage für die Beschwerdeführerin und ihren Sohn 60 m². Hierbei seien die Verwaltungsvorschriften zur Förderungswürdigkeit im Wohnungsbau orientierend heranzuziehen. Gründe, die es rechtfertigten, eine größere Wohnfläche für erforderlich zu halten, lägen nicht vor. Die Beschwerdeführerin habe auch nicht ausreichend glaubhaft gemacht, dass zu den seitens des Beschwerdegegners anerkannten Unterkunftskosten auf dem örtlichen Wohnungsmarkt keine Wohnung tatsächlich angemietet werden könnte. Aus den vorgelegten Mietannoncen und den beigefügten handschriftlichen Notizen lasse sich nur bruchstückhaft entnehmen, welche Wohnungen von der Beschwerdeführerin in Betracht gezogen worden seien bzw. welche Angebote sie tatsächlich gehabt habe. Sie müsse sich auch entgegenhalten lassen, dass sie auf ein Wohnungsangebot der W gesellschaft I vom 13.01.2006 nicht reagiert habe.
Gegen den am 12.08.2006 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 14.08.2006 Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen hat.
Die Beschwerdeführerin trägt vor, bei der Frage der Angemessenheit der Wohnung seien besondere persönliche und berufliche Bedürfnisse des Wohnungsberechtigten und seiner Angehörigen sowie der nach der Lebenserfahrung in absehbarer Zeit zu erwartende zusätzliche Raumbedarf zu berücksichtigen. Sie und ihr Sohn benötigten bereits aus gesundheitlichen Gründen einen weiteren Raum. Im Übrigen sei ihrem Sohn von der Agentur für Arbeit Einstiegsgeld bewilligt worden. Ihr Sohn übe eine selbstständige Tätigkeit aus. Aus finanziellen Gründen müsse er seiner gewerblichen Tätigkeit in der Wohnung nachgehen. Hieraus ergebe sich, dass ein zusätzlicher Raum benötigt werde. Sie habe nicht nur Wohnungen außerhalb ihres Wohnortes gesucht. Sie habe selbstverständlich auch im nahen Umkreis nach Wohnungsangeboten gesucht und habe Wohnungsbesichtigungen gemacht. Es sei auch nicht zutreffend, dass sie bei der Wohnungsbaugesellschaft Ingelheim eine vordere Position eingenommen habe. Im Übrigen sei die Wohnung von 53,00 m² für zwei erwachsene Personen zu klein. Sie sei auch nicht hinreichend darüber aufgeklärt worden, in welcher Weise und mit welcher Intensität sie nach einer billigeren Unterkunft suchen müsse und welche Nachweise zu erbringen seien. Die Sechsmonatsfrist sei nicht in Lauf gesetzt worden.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Verwaltungsakte des Beschwerdegegners und der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen. Er ist Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Die Beschwerdeführerin hat Anspruch auf höhere Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft für ihre Wohnung in I, V 27 für den Zeitraum vom 01.08.2006 bis zum 31.01.2007.
Nach § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 dieser Bestimmung sind einstweilige Anordnungen auch bei der Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs, also eines materiell rechtlichen Anspruchs auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, und eines Anordnungsgrunds, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus. Diese Voraussetzungen sind gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft zu machen. Dies hat die Beschwerdeführerin getan.
Die Beschwerdeführerin hat einen Anordnungsanspruch.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Satz 2 der Bestimmung als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II normiert eine Verpflichtung des Hilfebedürftigen zu Bemühungen um eine Kostensenkung. Gleichzeitig enthält die Bestimmung eine sechsmonatige "Übergangsfrist", in der auch die nicht angemessenen Kosten der Unterkunft zu übernehmen sind, wobei sich der Hilfebedürftige um eine Unterkunft bemühen muss, für die die Kosten angemessen sind. Zwar enthält die Vorschrift nach ihrem Wortlaut keine Verpflichtung zur Belehrung des Hilfeempfängers über seine Obliegenheiten und deren Folgen bei Nichtbeachtung, um den Lauf der Frist von sechs Monaten in Gang zu setzen. Diese Pflicht des Leistungsträgers gegenüber dem Hilfeempfänger kann aber dem Begriff der Zumutbarkeit entnommen werden und folgt auch daraus, dass für den Hilfeempfänger erhebliche nachteilige Auswirkungen in Bezug auf die Kürzung seines Leistungsanspruches entstehen, wenn er der ihn treffenden Obliegenheit nicht nachkommt (vgl. hierzu BSG-Urteil vom 25.05.2005 - B 11 AL 81/04 R; Bayerisches Landessozialgericht Urteil vom 17.03.2006 - L 7 AS 20/05). Der Leistungsträger ist daher verpflichtet, darauf hinzuweisen, welche Anforderungen, hinsichtlich der Wohnungsgröße in Quadratmetern bezogen auf den alleinstehenden Hilfebedürftigen bzw. die Anzahl der in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen sowie den Kaltmietpreis pro m² Wohnfläche zu erfüllen sind. Ferner hat er den Hilfebedürftigen darüber aufzuklären, dass die Bemühungen um eine seinen Vorgaben entsprechende Wohnung nachzuweisen sind. Diesen Anforderungen entspricht das Schreiben des Beschwerdegegners vom 18.01.2006 nicht.
Dem Schreiben des Beschwerdegegners vom 18.01.2006 ist nicht zweifelsfrei zu entnehmen, dass der Beschwerdegegner davon ausgeht, dass für die Beschwerdeführerin und ihren Sohn, also für zwei Personen, eine Wohnfläche von 60 m² bei wenigstens zwei Zimmern, Küche und Bad angemessen ist. Lediglich der Hinweis, dass die Beschwerdeführerin seit Antragsdatum in einer unangemessen teuren Wohnung (565,00 EUR) lebe und die Vorgaben des Mietpreisspiegels der Stadt I für diese Unterkunft eine Kaltmiete von 384,00 EUR (60 m² multipliziert mit 6,40 EUR) als Obergrenze vorsehe, genügt nicht, um der Beschwerdeführerin die spezifischen Anforderungen an eine angemessene Wohnung deutlich zu machen.
Dass selbst für den Beschwerdegegner Unklarheiten hinsichtlich der für die Beschwerdeführerin und ihren Sohn angemessenen Wohnungsgröße bestanden, ergibt sich auch daraus, dass er die Beschwerdeführerin und ihren Sohn auf die zweifelsfrei nicht angemessene Wohnungsgröße von 53 m² verwiesen hat.
Da der Beschwerdegegner seiner Obliegenheit zur hinreichend klaren Belehrung der Beschwerdeführerin nicht nachgekommen ist, ist die Sechsmonatsfrist nicht in Gang gesetzt worden und damit bislang nicht abgelaufen.
Der Anordnungsgrund ist ebenfalls gegeben, da der Beschwerdeführerin lediglich Regelleistungen zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes im Übrigen zur Verfügung stehen. Sie kann auch nicht darauf verwiesen werden, Mietschulden auflaufen zu lassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
2. Der Beschwerdegegner trägt die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerin sowohl im Antrags- als auch im Beschwerdeverfahren.
Gründe:
I.
Die Beschwerdeführerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Beschwerdegegners ihr über den 01.08.2006 hinaus die tatsächlichen Kosten für die von ihr und ihrem Sohn bewohnte Wohnung als Leistung der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu gewähren.
Die 1966 geborene Beschwerdeführerin und ihr 1985 geborener Sohn bewohnen eine 86 m² große Wohnung, für die monatliche Miete in Höhe von 735,00 EUR zu zahlen ist.
Mit Bescheid vom 18.01.2006 bewilligte der Beschwerdegegner der Beschwerdeführerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 12.01.2006 bis zum 31.07.2006, wobei die Kosten für die Wohnung der Beschwerdeführerin in vollem Umfang berücksichtigt wurden. Mit Schreiben vom 18.01.2006 teilte der Beschwerdegegner der Beschwerdeführerin mit, die Wohnung sei unangemessen teuer. Die Vorgaben des Mietspiegels der Stadt Ingelheim sähen für diese Unterkunft eine Kaltmiete von 384,00 EUR (60 m² multipliziert mit 6,40 EUR) als Obergrenze vor. Es werde empfohlen, sich bis spätestens zum 31.07.2006 bei der I W gesellschaft (W ) als Wohnungssuchend eintragen zu lassen. Es stehe der Beschwerdeführerin natürlich frei, sich auf dem freien Wohnungsmarkt eine Wohnung zu suchen. Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass die Miete ab dem 01.08.2006 nur noch in angemessener Höhe (384,00 EUR Kaltmiete zzgl. Nebenkosten) übernommen werde. Mit Bescheid vom 03.07.2006 bewilligte der Beschwerdegegner der Beschwerdeführerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für die Zeit vom 01.08.2006 bis zum 31.07.2007 und berücksichtigte dabei Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 540,25 EUR, d.h. für die Beschwerdeführerin 270,12 EUR und für ihren Sohn 270,13 EUR. Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin Widerspruch erhoben.
Die Beschwerdeführerin hat am 24.07.2006 beim Sozialgericht Mainz (SG) einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt und Klage erhoben.
Durch Beschluss vom 11.08.2006 hat das SG den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, die angemessene Wohnungsgröße betrage für die Beschwerdeführerin und ihren Sohn 60 m². Hierbei seien die Verwaltungsvorschriften zur Förderungswürdigkeit im Wohnungsbau orientierend heranzuziehen. Gründe, die es rechtfertigten, eine größere Wohnfläche für erforderlich zu halten, lägen nicht vor. Die Beschwerdeführerin habe auch nicht ausreichend glaubhaft gemacht, dass zu den seitens des Beschwerdegegners anerkannten Unterkunftskosten auf dem örtlichen Wohnungsmarkt keine Wohnung tatsächlich angemietet werden könnte. Aus den vorgelegten Mietannoncen und den beigefügten handschriftlichen Notizen lasse sich nur bruchstückhaft entnehmen, welche Wohnungen von der Beschwerdeführerin in Betracht gezogen worden seien bzw. welche Angebote sie tatsächlich gehabt habe. Sie müsse sich auch entgegenhalten lassen, dass sie auf ein Wohnungsangebot der W gesellschaft I vom 13.01.2006 nicht reagiert habe.
Gegen den am 12.08.2006 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 14.08.2006 Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen hat.
Die Beschwerdeführerin trägt vor, bei der Frage der Angemessenheit der Wohnung seien besondere persönliche und berufliche Bedürfnisse des Wohnungsberechtigten und seiner Angehörigen sowie der nach der Lebenserfahrung in absehbarer Zeit zu erwartende zusätzliche Raumbedarf zu berücksichtigen. Sie und ihr Sohn benötigten bereits aus gesundheitlichen Gründen einen weiteren Raum. Im Übrigen sei ihrem Sohn von der Agentur für Arbeit Einstiegsgeld bewilligt worden. Ihr Sohn übe eine selbstständige Tätigkeit aus. Aus finanziellen Gründen müsse er seiner gewerblichen Tätigkeit in der Wohnung nachgehen. Hieraus ergebe sich, dass ein zusätzlicher Raum benötigt werde. Sie habe nicht nur Wohnungen außerhalb ihres Wohnortes gesucht. Sie habe selbstverständlich auch im nahen Umkreis nach Wohnungsangeboten gesucht und habe Wohnungsbesichtigungen gemacht. Es sei auch nicht zutreffend, dass sie bei der Wohnungsbaugesellschaft Ingelheim eine vordere Position eingenommen habe. Im Übrigen sei die Wohnung von 53,00 m² für zwei erwachsene Personen zu klein. Sie sei auch nicht hinreichend darüber aufgeklärt worden, in welcher Weise und mit welcher Intensität sie nach einer billigeren Unterkunft suchen müsse und welche Nachweise zu erbringen seien. Die Sechsmonatsfrist sei nicht in Lauf gesetzt worden.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Verwaltungsakte des Beschwerdegegners und der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen. Er ist Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Die Beschwerdeführerin hat Anspruch auf höhere Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft für ihre Wohnung in I, V 27 für den Zeitraum vom 01.08.2006 bis zum 31.01.2007.
Nach § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 dieser Bestimmung sind einstweilige Anordnungen auch bei der Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs, also eines materiell rechtlichen Anspruchs auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, und eines Anordnungsgrunds, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus. Diese Voraussetzungen sind gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft zu machen. Dies hat die Beschwerdeführerin getan.
Die Beschwerdeführerin hat einen Anordnungsanspruch.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Satz 2 der Bestimmung als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II normiert eine Verpflichtung des Hilfebedürftigen zu Bemühungen um eine Kostensenkung. Gleichzeitig enthält die Bestimmung eine sechsmonatige "Übergangsfrist", in der auch die nicht angemessenen Kosten der Unterkunft zu übernehmen sind, wobei sich der Hilfebedürftige um eine Unterkunft bemühen muss, für die die Kosten angemessen sind. Zwar enthält die Vorschrift nach ihrem Wortlaut keine Verpflichtung zur Belehrung des Hilfeempfängers über seine Obliegenheiten und deren Folgen bei Nichtbeachtung, um den Lauf der Frist von sechs Monaten in Gang zu setzen. Diese Pflicht des Leistungsträgers gegenüber dem Hilfeempfänger kann aber dem Begriff der Zumutbarkeit entnommen werden und folgt auch daraus, dass für den Hilfeempfänger erhebliche nachteilige Auswirkungen in Bezug auf die Kürzung seines Leistungsanspruches entstehen, wenn er der ihn treffenden Obliegenheit nicht nachkommt (vgl. hierzu BSG-Urteil vom 25.05.2005 - B 11 AL 81/04 R; Bayerisches Landessozialgericht Urteil vom 17.03.2006 - L 7 AS 20/05). Der Leistungsträger ist daher verpflichtet, darauf hinzuweisen, welche Anforderungen, hinsichtlich der Wohnungsgröße in Quadratmetern bezogen auf den alleinstehenden Hilfebedürftigen bzw. die Anzahl der in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen sowie den Kaltmietpreis pro m² Wohnfläche zu erfüllen sind. Ferner hat er den Hilfebedürftigen darüber aufzuklären, dass die Bemühungen um eine seinen Vorgaben entsprechende Wohnung nachzuweisen sind. Diesen Anforderungen entspricht das Schreiben des Beschwerdegegners vom 18.01.2006 nicht.
Dem Schreiben des Beschwerdegegners vom 18.01.2006 ist nicht zweifelsfrei zu entnehmen, dass der Beschwerdegegner davon ausgeht, dass für die Beschwerdeführerin und ihren Sohn, also für zwei Personen, eine Wohnfläche von 60 m² bei wenigstens zwei Zimmern, Küche und Bad angemessen ist. Lediglich der Hinweis, dass die Beschwerdeführerin seit Antragsdatum in einer unangemessen teuren Wohnung (565,00 EUR) lebe und die Vorgaben des Mietpreisspiegels der Stadt I für diese Unterkunft eine Kaltmiete von 384,00 EUR (60 m² multipliziert mit 6,40 EUR) als Obergrenze vorsehe, genügt nicht, um der Beschwerdeführerin die spezifischen Anforderungen an eine angemessene Wohnung deutlich zu machen.
Dass selbst für den Beschwerdegegner Unklarheiten hinsichtlich der für die Beschwerdeführerin und ihren Sohn angemessenen Wohnungsgröße bestanden, ergibt sich auch daraus, dass er die Beschwerdeführerin und ihren Sohn auf die zweifelsfrei nicht angemessene Wohnungsgröße von 53 m² verwiesen hat.
Da der Beschwerdegegner seiner Obliegenheit zur hinreichend klaren Belehrung der Beschwerdeführerin nicht nachgekommen ist, ist die Sechsmonatsfrist nicht in Gang gesetzt worden und damit bislang nicht abgelaufen.
Der Anordnungsgrund ist ebenfalls gegeben, da der Beschwerdeführerin lediglich Regelleistungen zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes im Übrigen zur Verfügung stehen. Sie kann auch nicht darauf verwiesen werden, Mietschulden auflaufen zu lassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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