L 2 U 60/05

Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Koblenz (RPF)
Aktenzeichen
S 1 U 129/04
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 2 U 60/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Der in § 135 Abs 1 Nr. 5 SGB VII postulierte Grundsatz des Vorrangs der Versicherung nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII gegenüber der Versicherung nach § 2 Abs 1 Nr.13a SGB VII gilt nicht ausnahmslos.
2. Er gilt dann nicht, wenn nach Abwägung aller Beweggründe für das Handeln die Gründe, die für eine Hilfeleistung im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses angeführt werden, von so untergeordneter Bedeutung sind, dass sie gegenüber den Gründen zurücktreten, die für eine Beseitigung einer gemeinen Gefahr sprechen.
3. Mit dem Herausholen eines Warndreiecks aus dem Kofferraum eines Wagens nach einem Unfall auf einem Betriebsweg wird zwar auch eine Verpflichtung aus dem Beschäftigungsverhältnis erfüllt, wenn ein Kollege als Beifahrer verletzt wurde. Ist der Handlungszweck jedoch deutlich vorrangig von der Vorstellung bestimmt, die für andere Menschen und andere Fahrzeuge ausgehende Gefahr zu beseitigen, so tritt die Versicherung nach § 2 Abs 1 Nr. 1 SGB VII gegenüber der nach § 2 Abs 1 Nr. 13a SGB VII zurück.
1. Die Berufung der Beigeladenen gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 19.1.2005 wird zurückgewiesen.

2. Die Beigeladene trägt die außergerichtliche Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen. Im übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten ist streitig, wer die - von der Beklagten weiterhin bestrittenen - Folgen eines Unfalls des Klägers vom 16.6.2003 an der linken Hand zu entschädigen hat.

Der 1960 geborene Kläger befand sich am 16.6.2003 gegen 18.00 Uhr mit seinem privaten Personenkraftwagen (Pkw) unstreitig auf einem (Betriebs-) Weg zwischen einer Baustelle und der Betriebsstätte seines Arbeitgebers (Firma H H ) in R auf der linken Fahrspur der Bundesautobahn (BAB) A3 von F in Richtung K in Höhe der Ortschaft B , als der linke Hinterreifen bei einer Geschwindigkeit von etwa 150 km/h platzte. Der Pkw geriet daraufhin ins Schleudern, prallte gegen die rechte Leitplanke und blieb schließlich in Fahrtrichtung auf der rechten Standspur liegen. Ein Beifahrer des Klägers, der Praktikant M B , hatte bis zum Unfall auf dem Beifahrersitz geschlafen. Er stieß mit dem Kopf gegen die Seitenscheibe und zog sich hierbei eine Kopfprellung und eine Gehirnerschütterung zu. Der Kläger stieg aus und kümmerte sich um Herrn B , der einen benommenen und unruhigen Eindruck vermittelte. Ein nachfolgender Verkehrsteilnehmer hielt mit seinem Fahrzeug hinter dem Pkw des Klägers und kümmerte sich ebenfalls um Herrn B. Er setzte ihn in seinen Wagen und forderte einen Krankenwagen an, der Herrn B von der Unfallstelle wegbrachte. Der Zeuge S R , ein weiterer Arbeitskollege des Klägers, kam mit weiteren Begleitern an der Unfallstelle vorbei, erkannte den Wagen des Klägers, brachte sein Fahrzeug auf der Standspur zum Stehen, lief zur Unfallstelle zurück und blieb bei dem Kläger, bis dessen Fahrzeug abgeschleppt worden war. Er nahm ihn anschließend in seinem Pkw mit. Eine Erstversorgung des Klägers erfolgte nicht.

Der Unfall wurde von der Polizei-Autobahnstation Idstein aufgenommen. Verletzungen des Klägers wurden im Polizeibericht vom 17.6.2003 nicht erwähnt.

Der Durchgangsarzt Dr. H diagnostizierte am 20.6.2003 nach einer klinischen und röntgenologischen Untersuchung der Halswirbelsäule (HWS) des Klägers ein Schleudertrauma.

Im Entlassungsbericht des DRK-Krankenhauses vom 8. Juli 2003 wurde festgehalten, dass sich der Kläger am 27.6.2003 vorgestellt und angegeben habe, dass ihm "am Vortag" ein Kofferraumdeckel auf die linke Hand geschlagen sei und den Ringfinger gequetscht habe. Klinisch sei eine "veraltete" beugeseitige Quetschverletzung erkennbar. Unter dem dringenden Verdacht einer Beugesehnenphlegmone (flächenhaft fortschreitende eitrige Entzündung des Zellgewebes) wurde der Kläger am Folgetag in die handchirurgische Abteilung des St. M S verlegt. Die Folgen einer bis in die Achselhöhle reichenden Lymphangitis (Lymphgefäßentzündung) führten schließlich dazu, dass am 4.7.2003 der linke Ringfinger im Bereich des mittleren Drittels des Grundgelenks amputiert werden musste.

Der Kläger teilte im August 2003 auf Anfrage der Beklagten mit, dass er sich die Handverletzung unmittelbar bei dem Verkehrsunfall am 16.6.2003 zugezogen habe. Er habe das Warndreieck aus dem Kofferraum herausholen wollen, als ihm der Kofferraumdeckel auf die linke Hand gefallen sei. Die Beklagte zog die Krankenhausberichte bei und befragte die behandelnden Ärzte danach, ob der Kläger nach dem Unfallereignis über eine Handverletzung geklagt habe. Dies wurde jeweils verneint.

Der Zeuge M B teilte auf Befragen der Beklagten mit, er habe während jener Unfallfahrt als Beifahrer geschlafen und sei erst aufgrund des Reifenplatzens aufgewacht. Er habe nach dem Unfall nicht auf den Kläger geachtet. Wegen einer Verletzung am Kopf sei er von einem Ersthelfer versorgt worden. Von einer Fingerverletzung des Klägers habe er nichts mitbekommen.

Mit Bescheid vom 25.11.2003 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Schäden im Bereich der linken Hand des Klägers als Folge des Unfallereignisses vom 16.6.2003 ab. Es sei nicht erwiesen, dass es im Zusammenhang mit dem Unfall zu einer Handverletzung gekommen sei. Weder die zeitnah behandelnden Ärzte noch der Zeuge hätten dies bestätigt. Eine Verletzung dieser Art hätte jedoch auffallen müssen.

Das Heilverfahren zu ihren Lasten brach die Beklagte ab.

Im Widerspruchsverfahren trug der Kläger vor, er habe nach dem Unfall unter Schock gestanden und eine Verletzung zunächst nicht bemerkt. Erst sein Schwiegersohn habe ihn auf den blutenden Finger aufmerksam gemacht. Seine Ehefrau Anna Maria habe den Finger verbunden. Sie könne außerdem ebenso wie die Werkstatt, in die das Fahrzeug verbracht worden sei, bestätigen, dass der Kofferraumdeckel defekt gewesen sei. Die zum Unfallort gerufene Besatzung des Krankenwagens habe sich nicht um ihn, sondern um seinen Arbeitskollegen gekümmert.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.4.2004 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Am 4.5.20004 hat der Kläger zum Sozialgericht (SG) Koblenz Klage erhoben.

Der Kläger hat vorgetragen: Der Zeuge Ru könne bestätigen, dass der linke Ringfinger geblutet habe. Aus einer beigefügten Bescheinigung seiner Hausärztin Dr. S -B vom April 2004 gehe außerdem hervor, dass er wegen seiner Wirbelsäulenbeschwerden seit Jahren Schmerzmittel einnehme und deshalb anfangs die Beschwerden in der linken Hand nicht bemerkt habe. Die Vorwürfe bezüglich der Glaubwürdigkeit seiner Angaben zur Entstehung der Handverletzung seien nicht gerechtfertigt. Er habe die Verletzung zunächst nicht ernst genommen. Erst Tage später sei ein Arztbesuch unausweichlich geworden.

Auf Nachfrage des SG hat der Kläger einen Kostenvoranschlag des Autohauses Kegler in H vorgelegt, aus dem sich ergibt, welche Reparaturen am Unfallwagen hätten durchgeführt werden müssen.

Das SG hat den Kläger angehört und die Zeugen S Ru , M B und A M V vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 9.9.2004 (Blatt 57 ff Gerichtsakte) verwiesen.

Mit Beschluss vom gleichen Tag hat das SG die Unfallkasse Hessen gem. § 75 Abs. 2 SGG beigeladen. Es komme Versicherungsschutz des Klägers nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) in Betracht.
Die Beigeladene hat sich nicht für zuständig erachtet und hierzu vorgetragen: Im Unfallzeitpunkt habe sich der Kläger auf einem Betriebsweg befunden, da er auf dem Weg von einer Baustelle zurück zur Beschäftigungsfirma gewesen sei. Deshalb habe er nach § 135 Abs 1 Nr. 5 SGB VII nicht unter Versicherungsschutz gestanden. Danach gehe die Versicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII einer Versicherung nach § 2 Abs 1 Nr. 13a SGB VII vor. Das unfallbringende Verhalten beruhe auf Verpflichtungen aus dem Beschäftigungsverhältnis. Das Aufstellen des Warndreiecks nach einem Unfall sei primär der betrieblichen Tätigkeit bzw. den Verpflichtungen aus dem Beschäftigungsverhältnis zuzurechnen. Dies ergebe sich aus den arbeitsvertraglichen Pflichten sowie aus einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften. Während der versicherten Tätigkeit bestehe die Verpflichtung, bei Unfällen Sofortmassnahmen zu ergreifen. Das Tätigwerden unter dem Gesichtspunkt der gemeinen Gefahr habe nicht im Vordergrund gestanden. Vielmehr sei die gesamte Handlungstendenz geprägt gewesen von betrieblichen Einflüssen wie dem Zurücklegen des Betriebsweges und der Verantwortlichkeit für den Arbeitskollegen B. Nach § 14 der Unfallverhütungsvorschriften "Allgemeine Vorschriften", § 17 der Unfallverhütungsvorschriften "Erste Hilfe" sowie § 15 des Arbeitsschutzgesetzes müsse ein Versicherter dafür Sorge tragen, dass weitere Schäden abgewendet würden. Deshalb sei das Aufstellen eines Warndreiecks der versicherten beruflichen Tätigkeit zuzurechnen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 24.1.1991 - 2 RU 29/90) stelle § 539 Abs 1 Nr 9 RVO bzw. § 2 Abs 1 Nr 13a SGB VII eine besondere Gestaltungsform öffentlicher Unfallfürsorge dar. Dem entspreche es, dass der sich aus dieser Vorschrift ergebende Unfallversicherungsschutz nur hilfsweise in Betracht komme. Diesem Grundsatz sei mit der Regelung des § 135 Abs. 1 Nr. 5 SGB VII Rechnung getragen worden.

Die Beklagte hat erwidert: Es sei richtig, dass es sich bei dem Weg des Klägers von der Baustelle zur Betriebsstätte, auf dem sich der Unfall ereignet habe, um einen Betriebsweg gehandelt habe. Allerdings handele es sich beim Aufstellen eines Warndreiecks nach einem Unfall nicht um eine betriebliche Tätigkeit bzw. um eine Verpflichtung aus dem Beschäftigungsverhältnis. Eine solche arbeitsvertragliche Pflicht oder eine entsprechende Unfallverhütungsvorschrift gebe es nicht, zumal es sich nicht um ein gewerblich genutztes Fahrzeug gehandelt habe. Es kämen alleine die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung (StVO) zur Anwendung. Nach den §§ 15, 34 StVO habe der Verkehrsteilnehmer nach einem Unfall Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen. Es komme hinzu, dass es durch ein hinter dem Unfallfahrzeug stehenden Fahrzeug zu einer Gefahrensituation gekommen sei. Die Unfallstelle habe sich nach dem Unfallbericht zudem in einer Kurve befunden. Das Absichern der Unfallstelle sei daher alleine durch das Abwehren einer gemeinen Gefahr geprägt gewesen. Sie sehe die Vorfälle vom 16.6.2003 als getrennte Ereignisse an und habe für die unmittelbaren Folgen des Schleudertraumas Leistungen gewährt. Umstritten sei aus ihrer Sicht, ob nach dem Unfallereignis im Rahmen eines neuen selbständigen Unfallgeschehens eine Handverletzung stattgefunden habe und welcher Träger hierfür zuständig sei. Abgesehen davon sehe sie den Körperschaden an der linken Hand weiterhin nicht als erwiesen an.

Der Kläger hat vorgetragen: Nach dem Unfall habe er mit dem Warndreieck die Unfallstelle absichern wollen. Der Pkw des Ersthelfers habe zur Hälfte auf der Fahrspur und zur Hälfte auf der Standspur gestanden. Er habe das Warndreieck aufgestellt, um die Unfallstelle zu sichern und sich und den Kollegen B zu schützen. Ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII bestehe auch, wenn die erbrachte Hilfe von Beschäftigten bei Schadensfällen im Unternehmen im allgemeinen erwartet werde, insbesondere auf Grund kollegialer Verbundenheit.

Der Kläger hat des Weiteren eine Bescheinigung seines Arbeitgebers vorgelegt, wonach er am betreffenden Tag sein Privatfahrzeug habe benutzen sollen, um zur Baustelle zu fahren.

Mit Urteil vom 19.1.2005 hat das SG die im Hauptantrag gegen die Beklagte gerichtete Klage auf Entschädigung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Bereich der linken Hand als Folgen des Arbeitsunfalls vom 16.6.2003 abgewiesen und die Beigeladene als die für die Entschädigung des Unfalls zuständige Trägerin verurteilt. Zur Begründung hat das SG im Einzelnen ausgeführt: Der Kläger habe am 16.6.2003 zwei rechtlich eigenständig zu beurteilende Arbeitsunfälle erlitten, wobei allein der Gesundheitsschaden im Bereich der linken Hand des Klägers streitgegenständlich sei, der aus dem zweiten Arbeitsunfall resultiere. Gemäß § 7 Abs. 1 SGB VII seien Versicherungsfälle im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 8 Abs. 1 SGB VII seien Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Das Vorliegen eines Unfallereignisses, die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit sowie die Existenz eines bestimmten Gesundheitsschadens müsse mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein. Daneben müsse der Ursachenzusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfallereignis sowie zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden zumindest hinreichend wahrscheinlich sein. Dies sei der Fall, wenn nach Abwägung aller Umstände qualitativ mehr für als gegen die Kausalität spreche. Das Gericht sei nach Abwägung aller Umstände davon überzeugt, dass sich der Kläger am 16.6.2003 beim Herausholen des Warndreiecks aus dem Kofferraum seines zuvor im Rahmen des ersten Arbeitsunfalls beschädigten Pkws auf der Beugeseite der linken Hand derart verletzt habe, dass schließlich eine Amputation im Bereich des mittleren Drittels des Grundgelenks habe stattfinden müssen. Aufgrund der glaubhaften Einlassungen des Klägers sowie der Angaben des Zeugen R stehe für das Gericht fest, dass sich der Kläger beim Herausholen eines Warndreiecks wegen des beschädigten Kofferraumdeckels eine Quetschverletzung am linken Ringfinger zugezogen habe, die er zunächst nicht besonders beachtet habe. Der Zeuge R habe bei seiner Vernehmung bestätigt, dass er gesehen habe, dass der Kläger mit der linken Hand ein blutiges Taschentuch festgehalten habe. Darauf angesprochen habe der Kläger die Hand geöffnet, so dass der Zeuge habe sehen können, dass sich an der Innenseite des linken Fingers eine blutende Wunde befunden habe. Anhaltspunkte dafür, dass die Angaben des Zeugen unwahr seien, seien nicht ersichtlich und von der Beklagten und der Beigeladenen auch nicht substantiiert geltend gemacht worden. Der Zeuge habe kein erkennbares eigenes Interesse an einem für den Kläger positiven Verfahrensausgang besessen. Der Zeuge B sei nach dem Verkehrsunfall so benommen gewesen, dass er das Geschehen nicht vollständig wahrgenommen habe. Die Angaben des Klägers seien aufgrund des persönlichen Eindrucks, den das Gericht bei der Anhörung gewonnen habe, als glaubhaft und überzeugend anzusehen, wobei sich die Kammer des Umstands bewusst sei, dass der Kläger ein Entschädigungsbegehren verfolge. Wenn im Polizeibericht die Handverletzung nicht erwähnt sei, so dokumentiere dies lediglich, wie unbedeutend der Kläger die Fingerverletzung zunächst eingeschätzt habe. Nach den ebenfalls glaubhaften Angaben der Ehefrau des Klägers A M V habe diese die Wunde mit Salbe versorgt und ein Pflaster darüber geklebt. Anhaltspunkte dafür, dass diese Zeugin unglaubwürdig sei, seien für die Kammer nicht erkennbar. Die Beteiligten hätten dies auch nicht substantiiert geltend gemacht. Dass die Zeugin mit dem Kläger verheiratet sei, spreche nicht per se gegen ihre Glaubwürdigkeit. Die Beweisaufnahme habe weiter bestätigt, dass weder der Kläger noch seine Ehefrau der Verletzung zunächst eine größere Beachtung geschenkt hätten. Der Kläger sei Schreiner und habe sich häufig kleinere Verletzungen zugezogen. Deshalb habe er auch erst spät ärztliche Hilfe in Anspruch genommen. Diese Haltung sei für die Kammer ohne weiteres nachvollziehbar, zumal die Wunde nicht stark geblutet und zunächst auch nicht erheblich geschmerzt habe. Der Kläger sei zur Überzeugung des Gerichts jemand, der einen Arzt nur dann aufsuche, wenn er erhebliche Beeinträchtigungen verspüre. Für die Annahme, die Verletzung sei anders als geschildert zustande gekommen, gebe es keine Hinweise. Der DRK-Bericht vom Juli 2003, in dem von einer "am Vortag" zugezogenen "veralteten" Quetschverletzung die Rede sei, spreche schon aufgrund der erhobene Befunde nicht gegen die Richtigkeit der Angaben des Klägers. Das Gericht sei nach Würdigung aller Umstände des Falles auch davon überzeugt, dass die Beigeladene für die Folgen der Fingerverletzung des Klägers einzustehen habe. Kraft Gesetzes seien in der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII "Beschäftigte" und gem. § 2 Abs 1 Nr. 13a SGB VII "Personen, die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Nothilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten" versichert. Der Kläger habe sich, als er mit seinem Pkw einen Verkehrsunfall erlitten habe, auf einem nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versicherten Betriebsweg befunden, da er auf dem Weg von der auswärtigen Arbeitsstelle zurück in den Betrieb gewesen sei. Dieses Unfallereignis sei jedoch abgeschlossen gewesen, als der Pkw des Klägers auf dem Randstreifen der Autobahn zum Stillstand gekommen sei. Danach habe ein rechtlich eigenständig zu bewertender Geschehensablauf eingesetzt. Das Herausholen des Warndreiecks aus dem Kofferraum sei eine notwendige Vorbereitungshandlung für das eigentliche Aufstellen des Warndreiecks gewesen, so dass dieser Vorgang als ein einheitliches Handlungsgeschehen qualifiziert werden müsse. Als der Kläger das Warndreieck aus dem Kofferraum geholt und anschließend aufgestellt habe, habe er sich so verhalten, wie es von einem an einem Verkehrsunfall Beteiligten nach § 15 StVO und nach § 34 Abs. 1 Nr. 2 StVO verlangt werde. Den gesetzlichen Verpflichtungen sei der Kläger nachgekommen, als er mit dem Warndreieck den sich der Unfallstelle nähernden und die Unfallstelle passierenden Verkehr auf der BAB A3 habe sichern wollen. Dies habe er selbst auch glaubhaft angegeben. Für ein solches Verhalten habe auch deshalb Veranlassung bestanden, da sich die Unfallstelle laut Polizeibericht in einer Kurve befunden habe. Darüber hinaus habe der Fahrer, der nach dem Unfall angehalten habe, sein Fahrzeug so abgestellt, dass er noch zur Hälfte in die rechte Fahrspur der Autobahn hineingeragt habe. Damit sei eine erhebliche Gefahrenlage für den nachfolgenden und passierenden Verkehr entstanden. Wegen der Verengung der rechten Fahrspur habe konkret damit gerechnet werden müssen, dass überraschende Fahrspurwechsel stattfinden würden. Dies stelle auf einer Autobahn, auf der üblicherweise mit relativ hoher Geschwindigkeit gefahren werde, eine erhebliche Gefahrenlage war. Damit sei eine "gemeine Gefahr" im Sinne des § 2 Abs 1 Nr. 13a SGB VII entstanden, nämlich eine Situation mit der erheblichen Gefahr einer erheblichen Schädigung einer Mehrzahl von Personen und Sachen. Deshalb qualifiziere die Rechtsprechung das Aufstellen eines Warndreiecks als Hilfeleistung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII. Eine Versicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII gehe einer Versicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII nur dann vor, wenn die Hilfeleistung des Verletzten im Rahmen von Verpflichtungen "aus dem Beschäftigungsverhältnis" erfolge. Die Auffassung der Beigeladenen, die sich auf § 135 Abs. 1 Nr. 5 SGB VII stütze und die geltend mache, dass der Kläger Verpflichtungen aus verschiedenen Unfallverhütungsvorschriften erfüllt habe, so dass die unfallbringende Tätigkeit der versicherten Beschäftigung zuzurechnen sei, werde nicht geteilt. Wozu eine Tätigkeit vorrangig diene, hänge von den Umständen des Einzelfalles ab. Zweifellos habe die Handlung des Klägers auch dem Schutz des damaligen Arbeitskollegen B gedient, vorrangiges Ziel sei jedoch die allgemeine Sicherung der Unfallstelle und die Vermeidung von Folgeunfällen gewesen. Dem Helfer sei in einer Situation gemeiner Gefahr seine Motivationslage nicht bewusst, da es um ein schnelles Eingreifen gehe. Bei lebensnaher Betrachtung habe der Kläger durch das Aufstellen des Warndreiecks zwar auch sich selbst und seinen Arbeitskollegen schützen wollen, maßgebliche Handlungstendenz sei jedoch letztlich die Absicherung der Unfallstelle zu Gunsten einer Vielzahl nachfolgender und passierender Verkehrsteilnehmer gewesen. Der Kläger habe seinen Verpflichtungen nach der StVO genügen wollen, ohne dieses Motiv in besonderer Weise zu reflektieren. Die darin zum Ausdruck kommende Handlungstendenz im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII liege bei nachträglicher Wertung des Verhaltens des Klägers am nächsten. Dies habe zur Konsequenz, dass die Kammer die Klage gegen die Beklagte habe abweisen müssen, während die Beigeladene zu verurteilen gewesen sei. Da die Folgen der Fingerverletzung offensichtlich so schwerwiegend seien, dass ein Rechtsanspruch auf Geldleistungen wahrscheinlich sei, habe das Gericht die Beigeladene auch dem Grunde nach zur Leistung (§ 130 Abs. 1 Satz 1 SGG) verurteilen können.

Gegen dieses ihr am 22.2.2005 zugestellte Urteil hat die Beigeladene am 9.3.2005 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz eingelegt.

Sie trägt vor: Es sei unstreitig, dass sich der Kläger anlässlich seines Unfalls am 16.6.2003 eine Verletzung an seiner Hand zugezogen habe und dass dies auf einem Betriebsweg geschehen sei, so dass nach § 2 Abs 1 Nr. 1 SGB VII Versicherungsschutz gegeben sei. Sie vertrete allerdings weiterhin die Auffassung, dass daneben die Vorschrift des § 2 Abs 1 Nr. 13a SGB VII nicht anwendbar sei und daher auch nicht als vorrangig angewendet werden könne. Dem SG sei auch nicht darin zu folgen, dass zwei getrennte Unfälle stattgefunden hätten. Vielmehr habe es sich um einen einheitlichen Vorgang gehandelt, der dem Zurücklegen des Betriebsweges zuzurechnen sei. Das SG habe die Konkurrenzbestimmung des § 135 Abs 1 Nr. 5 SGB VII nicht ausreichend berücksichtigt. Der Vorrang der Versicherung nach § 2 Abs 1 Nr.1 SGB VII folge bereits aus den Vertragspflichten des Beschäftigungsverhältnisses. Die für den Kläger geltenden vielfältigen Bestimmungen aus dem Vertragsverhältnis seien nicht gewürdigt worden. Den eigenen Angaben des Klägers zufolge habe er das Warndreieck aufgestellt, um die Unfallstelle zu sichern und sich und seine Kollegen vor einem weiteren Unfall zu schützen. Sein Verhalten sei geprägt gewesen von der Sorge um seinen Arbeitskollegen. Er habe also weiterhin als Angestellter seiner Firma gehandelt. Seine Handlung habe aus der Verpflichtung aus dem Beschäftigungsverhältnis resultiert. Angesichts seiner Angaben sei eine weitere Motivforschung entbehrlich gewesen. Unberücksichtigt geblieben sei die Entscheidung des LSG Sachsen-Anhalt vom 27.6.2000 - L 6 U 54/98 und der nachfolgende Beschluss des BSG vom 16.10.2000 - B 2 U 258/00. Danach erfasse § 539 Abs 1 Nr. 9 RVO nur solche Fälle, in denen jemand ohne beruflichen Bezug tätig werde. Die Entscheidung des BSG vom 7.2.2006 - B 2 U 30/04 R stütze ebenfalls ihre Ansicht, wonach die Versicherung nach § 2 Abs 1 Nr. 1 SGB VII der Versicherung nach § 2 Abs 1 Nr. 13a SGB VII vorgehe. Aus Ihrer Sicht fehle es neben der haftungsbegründenden Kausalität auch an der haftungsausfüllende Kausalität.

Der Senat hat von Amts wegen ein handchirurgisches Gutachten bei Dr. A (Chefarzt der Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie Koblenz) eingeholt. Dieser hat im Gutachten vom 7.7.2006 ausgeführt, die Veränderungen an der linken Hand, nämlich der Verlust des linken Ringfingers mit Stumpf in Grundgliedhöhe und die schmerzhafte und kontrakte Narbe am Fingerstumpf und in der Hohlhand, seien ursächlich auf das Unfallereignis vom 16.6.2003 zurückzuführen.

Die Beigeladene und Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 19.1.2005 aufzuheben, soweit sie verurteilt worden ist, die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers im Bereich der linken Hand als Folgen des Arbeitsunfalls vom 16.6.2003 zu entschädigen und die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen und

festzustellen, dass sie nicht der zuständige Unfallversicherungsträger für das Ereignis vom 16.6.2003 ist,

hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers im Bereich der linken Hand als Folgen des Arbeitsunfalls vom 16.6.2003 zu entschädigen,

weiter hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beigeladenen zurückzuweisen,
hilfsweise, das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 19.1.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.11.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.4.2004 zu verurteilen, die gesundheitlichen Einschränkungen im Bereich der linken Hand als Folgen des Arbeitsunfalls vom 16.6.2003 zu entschädigen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Jedenfalls sei ihm eine Entschädigung zu gewähren, für die notfalls die Beklagte einzustehen habe.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Beigeladenen zurückzuweisen,
hilfsweise, die Klage abzuweisen.

Sie erwidert, für sie sei es keineswegs unstreitig, dass der Kläger anlässlich der Entnahme des Warndreiecks aus dem Kofferraum eine Fingerverletzung davongetragen habe. Der Beweis könne nicht dadurch erbracht werden, dass ein Zeuge eine Blutung gesehen habe. An der erstinstanzlich bereits vorgetragenen Beurteilung der versicherungsrechtlichen Bewertung des Falles werde festgehalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte und auf die Verwaltungsakte der Beklagte Bezug genommen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beigeladenen ist nicht begründet.

Der Kläger hat am 16.6.2003 einen von der Beigeladenen zu entschädigenden Arbeitsunfall erlitten.

Nach § 8 Abs 1 SGB VII ist ein Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII genannten Tätigkeiten erleidet.

Zunächst ist der Senat ebenso wie das SG der Überzeugung, dass mit Vollbeweis feststeht, dass der Kläger am 16.6.2003 anlässlich der Entnahme des Warndreiecks aus dem Kofferraum seines Pkws einen Unfall erlitten hat, der zu einem Gesundheitsschaden an der linken Hand führte.

Die Beigeladene als Berufungsführerin hat sich - dem Ergebnis der Beweisaufnahme Rechnung tragend - dieser Sichtweise angeschlossen. Die Beklagte hält es demgegenüber weiterhin nicht für erwiesen, dass der Kläger anlässlich der Entnahme des Warndreiecks aus dem Kofferraum eine Fingerverletzung davongetragen hat. Sie argumentiert, der Beweis könne nicht dadurch erbracht werden, dass ein Zeuge eine Blutung gesehen habe. Dieser Argumentation fehlt es allerdings an Überzeugungskraft. Die Feststellungen des SG beruhen in nicht zu beanstandender Weise auf den Angaben eines glaubwürdigen Zeugen, der den Kläger an der Unfallstelle mit einer blutenden Wunde angetroffen hat. Außerdem hat das SG seine Entscheidung auf eine weitere Zeugenaussage gestützt. Der Senat verweist zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführliche Beweiswürdigung des SG auf den Seiten 13 bis 16 des Urteils (§ 153 Abs 2 SGG). Diesen Ausführungen ist die Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten.

Soweit die Beigeladene die haftungsbegründende Kausalität in Zweifel zieht, sind diese durch das Gutachten von Dr. A ausgeräumt. Die Verletzungen an der linken Hand sind durch das Unfallereignis vom 16.6.2003 verursacht worden. Dem Gutachtensergebnis ist die Beigeladene zuletzt auch nicht mehr entgegengetreten.

Zutreffend hat das SG weiter entschieden, dass der Kläger bei der zum Unfall führenden Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII versichert war. Er hat bei gemeiner Gefahr Hilfe geleistet. Das Herausholen eines Warndreiecks aus dem Kofferraum war objektiv auf die Beseitigung einer gemeinen Gefahr gerichtet.

Unter einer Gefahr ist ein Zustand zu verstehen, in dem nach den objektiven Umständen der Eintritt eines Schadens als wahrscheinlich gelten kann. Eine gemeine Gefahr ist gegeben, wenn sie eine Mehrzahl von Personen oder Sachen bedroht (KassKomm-Ricke, Rdnr. 66 zu § 2 SGB VII).

Nach den unangegriffenen Feststellungen des SG blieb der Pkw des Klägers nach dem Unfall auf der BAB A3 auf dem rechten Standstreifen liegen, nachdem der Kläger ihn nach einem Schleudermanöver wegen eines geplatzten Reifens wieder zum Stehen hat bringen können. Bei dem Standstreifen handelt sich dabei zwar um einen Bereich, der bei verkehrsgerechtem Verhalten nicht zum Befahren durch Fahrzeuge vorgesehen ist, so dass ein auf dem Standstreifen liegen gebliebenes Fahrzeug nicht generell eine gemeine Gefahr darstellt (BSG, Urteil vom 29.9.1992 - 2 RU 44/91, SozR 3-2200 § 539 Nr. 19 RVO). Allerdings waren hier besondere Umstände gegeben, die zu einer anderen Betrachtung führen. Zum einen hielt ein Ersthelfer mit seinem Pkw so hinter dem Pkw des Klägers, dass er zur Hälfte in die Fahrbahn hineinragte. Zum anderen befand sich der Unfallort ausweislich des Polizeiberichts der Polizeiautobahnstation Idstein in einer Kurve. Es bestand daher die Möglichkeit, dass passierende Fahrzeuge den aufgrund der Verengung der Fahrspur notwendigen Fahrspurwechsel z.B. wegen zu hoher Geschwindigkeit oder aus Unachtsamkeit nicht rechtzeitig vollziehen würden. In dieser gefährlichen Situation waren Menschenleben und Sachwerte bedroht.

Das SG hat in rechtlich nicht zu beanstandender Weise entschieden, dass die Handlungsweise des Klägers subjektiv wesentlich von der Vorstellung bestimmt war, diesen gefährlichen Zustand zu beseitigen. Auch der Senat geht unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers davon aus, dass dessen Handlungsweise wesentlich bestimmt war von dem Beweggrund, die für andere Menschen und andere Fahrzeuge bestehende Gefahr zu beseitigen.

Entgegen der Auffassung der Beigeladenen kommt Versicherungsschutz nach § 2 Abs 1 Nr. 1 SGB VII als "Beschäftigter" nicht zum Tragen. Hierbei geht der Senat in Übereinstimmung mit dem SG davon aus, dass insofern eine Zäsur im Geschehensablauf eintrat, als der Pkw des Klägers auf dem Randstreifen der Autobahn zum Stillstand kam, so dass eine rechtlich eigenständige Bewertung des nachfolgenden zweiten Unfallereignisses vorzunehmen ist. Selbst wenn der gegenteiligen Ansicht zu folgen wäre, dass der durch den defekten Kofferraumdeckel ausgelöste Unfall beim Herausholen des Warndreiecks noch auf einem Betriebsweg stattgefunden hat, so vermag dies am Ergebnis nichts zu ändern. Denn auch in diesem Fall ist die Frage, ob die Hilfeleistung im Rahmen arbeitsvertraglicher Verpflichtungen erfolgte, anhand der Zielrichtung des Handelns zu bestimmen.

Der von der Beigeladenen geäußerten Ansicht, neben § 2 Abs 1 Nr.1 SGB VII sei die Vorschrift des § 2 Abs 1 Nr. 13a SGB VII generell nicht anwendbar und daher auch nicht als vorrangig anzuwenden, ist in dieser Allgemeinheit nicht zu folgen. Die Bestimmung des § 135 Abs 1 Nr. 5 SGB VII postuliert zwar einen Grundsatz des Vorrangs der Versicherung nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII. Dieser Vorrang gilt jedoch nicht ausnahmslos. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und der in der Literatur vertretenen Meinung ist in einem Fall, in dem Versicherungsschutz sowohl nach § 2 Abs 1 Nr. 1 SGB VII als auch nach § 2 Abs 1 Nr.13a SGB VII in Betracht kommt, weil die Hilfe sowohl dem Bereich eines einzelnen Unternehmens zuzurechnen ist als auch der Beseitigung einer allgemeinen Gefahr dient, grundsätzlich eine Abwägung dahingehend erforderlich, welche Beweggründe die Hilfeleistung letztlich bestimmt haben. Sind die Gründe für eine Hilfeleistung im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses von so untergeordneter Bedeutung, dass sie gegenüber den Umständen, die den Versicherungsschutz nach § 2 Abs 1 Nr. 13a SGB VII begründen, zurücktreten, so besteht Versicherungsschutz nach § 2 Abs 1 Nr. 13a SGB VII (BSG, Urteil vom 30.1.1986- 2 RU 19/84 in SozR 2200 § 539 Nr. 116; Urteil vom 24.1.1991- 2 RU 29/90 = SozR 3-2200 § 539 Nr. 7; Urteil vom 29.9.1992, aaO; Lauterbach - Schwerdtfeger, Unfallversicherung, SGB VII, 4. Auflage, Rdnr. 429 zu § 2 SGB VII; Podzun, Der Unfallsachbearbeiter, Kennzahl 300, Seite 39; Graeff in Hauck/Noftz, SGB VII, Rdnr. 13 zu § 128 SGB VII). Auch aus den von der Beigeladenen herangezogenen Kommentarstellen (Lauterbach, Unfallversicherung, Rdnr. 9 zu § 135 SGB VII und Rdnr. 451 zu § 2 SGB VII) ergibt sich nichts anderes. Ihnen ist ebenfalls zu entnehmen, dass es letztlich darauf ankommt, ob die Hilfeleistung dem Beschäftigungsunternehmen oder der Allgemeinheit zuzurechnen ist.

Der Entscheidung des LSG Sachsen-Anhalt vom 27.6.2000 - L 6 U 54/98, wonach von § 2 Abs 1 Nr 13a SGB VII nur Fälle erfasst werden sollen, in denen jemand ohne jeglichen beruflichen Bezug als Helfer tätig wird, überzeugt vor dem Hintergrund der zuvor wiedergegebenen ständigen BSG-Rechtsprechung nicht. Das BSG hat in dem nachgehenden Beschluss vom 16.10.2000 - B 2 U 258/00 B die vom dortigen Beschwerdeführer aufgeworfene und durchaus berechtigte Frage, ob das LSG Sachsen-Anhalt die vom BSG entwickelten Rechtsgrundsätze zutreffend angewendet hat, ausdrücklich offen gelassen, weil die Beschwerde bereits als unzulässig verworfen wurde.

Auch in der von der Beigeladenen für ihren Standpunkt herangezogenen Entscheidung des BSG vom 7.2.2006 - B 2 U 30/04 R ist ausgeführt, dass im Rahmen der Auffangklausel des § 135 Abs 6 SGB VII maßgebendes Kriterium für die dort zu treffende wertende Entscheidung die Handlungstendenz des Versicherten sei, so wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalles bestätigt werde.

Nach den überzeugenden Ausführungen des SG, auf die der Senat zwecks Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs 2 SGG verweist, stand im Vordergrund der Tätigkeit des Klägers die Beseitigung der gemeinen Gefahr. Soweit die Beigeladene vorträgt, dass das Verhalten des Klägers von der Sorge um seinen Arbeitskollegen geprägt gewesen sei, weshalb er als Angestellter seiner Firma gehandelt habe und seine Handlung aus der aus dem Beschäftigungsverhältnis resultierenden Verpflichtung resultiert habe, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Das Verhalten des Klägers ist nicht geprägt gewesen von der Sorge um die Einhaltung betrieblicher Pflichten. Zum einen hat der Kläger als Grund für sein Verhalten ausdrücklich vorgetragen, er habe das Warndreieck aufgestellt, "um die Unfallstelle zu sichern und sich und seinen Kollegen vor einem möglichen Auffahrunfall zu schützen". Zum anderen hat er das Warndreieck zur Überzeugung des Senats unabhängig davon aufgestellt, ob es sich bei Herrn B oder weiteren am Unfallort anwesenden Personen um Arbeitskollegen handelte oder nicht. Für eine solche Differenzierung fehlt jegliche Grundlage. Er wollte seinen aus §§ 15 Satz 2, 34 Abs 1 Nr. 2 StVO resultierenden Pflichten nachkommen, die Unfallstelle zu sichern, um den eigenen Schutz und den Schutz seines Mitfahrers zu gewährleisten. Die Sicherung der Unfallstelle umfasst auch den Schutz der nachfolgenden und passierenden Verkehrsteilnehmer, des später anwesenden Ersthelfers, der hinzugerufenen Besatzung des Krankenwagens, des Abschleppunternehmens und der Polizeibeamten. Unterlassene Hilfeleistung ist zudem gemäß § 323c StGB mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe bedroht. Es mag zwar zutreffen, dass die Sorge um seinen Arbeitskollegen höher gewesen sein mag als die Sorge um seine eigene Gesundheit oder die Sorge um andere. Dies hatte seinen Grund jedoch weniger in der kollegialen Verbundenheit, sondern darin, dass Herr B am Kopf verletzt und benommen war. In diesem Zustand konnte er sich am Rande der Autobahn sehr leicht in eine besondere Gefahrenlage bringen.

Schließlich war dem Kläger durchaus bewusst, dass der nach ihm parkende Ersthelfer mit seinem Wagen in die Hälfte der Fahrbahn ragte und dass dies zu einer Gefährdung führte. Denn nicht nur er selbst war mit hoher Geschwindigkeit gefahren. Er musste damit rechnen, dass auch andere Fahrzeuge mit hoher Geschwindigkeit vorbeifahren würden. Ihm war bewusst, dass bereits eine kleine Unaufmerksamkeit eines anderen Verkehrsteilnehmers wie z.B. eine Reaktionsverzögerung beim notwendigen Wechseln der Fahrspur einen Auffahrunfall oder sogar eine Kette mehrerer Auffahrunfälle mit gravierenden Folgen würde haben können.

Das SG hat bei der vorgenommenen Abwägung der Beweggründe des Klägers nicht die Grenzen der freien richterlichen Beweiswürdigung gemäß § 128 Abs 1 SGG überschritten. Bei der erforderlichen Beweiswürdigung, die grundsätzlich im Ermessen des Tatsachengerichts steht, hat es weder gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen noch das Gesamtergebnis des Verfahrens unberücksichtigt gelassen. Das SG hat sich auf den Seiten 17 bis 19 des angefochtenen Urteils mit den Aussagen des Klägers zu seinen Beweggründen befasst und dabei auch berücksichtigt, dass für den Kläger die kollegiale Beziehung zu seinem verletzten Arbeitskollegen eines der Handlungsmotive war. Das SG hat jedoch sodann die gesamten Beweggründe abgewogen und ohne Rechtsirrtum die Handlungstendenz, bei einer gemeinen Gefahr iS des § 2 Abs 1 Nr. 13a SGB VII leisten zu wollen, als bestimmend gewertet und die Hilfe für den Arbeitskollegen als von so untergeordneter Bedeutung angesehen, dass sie gegenüber den Umständen, die den Versicherungsschutz nach § 2 Abs 1 Nr 13a SGB VII begründen, in den Hintergrund trat. Des Senat macht sich diese Bewertung zu Eigen.

Nach alledem hat das SG zutreffend entschieden, dass der Kläger gemäß § 2 Abs 1 Nr.13a SGB VII unter Versicherungsschutz stand. Die Entschädigung des Unfalls fällt in die Zuständigkeit der Beigeladenen (§ 128 Abs 1 Nr. 9 SGB VII).

Damit waren die Anträge der Beigeladenen abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 SGG.

Revisionszulassungsgründe gemäß § 160 Abs 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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