Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Speyer (RPF)
Aktenzeichen
S 13 KR 268/04
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 5 KR 141/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Hat eine Witwe von der Möglichkeit einer Befreiung von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) keinen Gebrauch gemacht, erlangt sie das Antragsrecht auf Befreiung nicht durch den späteren Bezug einer Rente aus eigener Versicherung.
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 28.3.2006 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Umstritten ist, ob die Klägerin einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) hat.
Die 1939 geborene Klägerin war von März 1981 bis zu ihrer Pensionierung im Sommer 2003 als Lehrerin im Beamtenverhältnis tätig. Am 28.11.1985 verstarb ihr in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversicherter Ehemann. Am 3.12.1985 beantragte sie bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) eine Hinterbliebenenrente. Sie unterschrieb im Versicherungsamt der Stadt L eine Erklärung, dass sie über die Möglichkeit des Hinausschiebens der Mitgliedschaft in der KVdR sowie einer Befreiung von der Versicherungspflicht innerhalb eines Monats Kenntnis erlangt habe, und bestätigte den Erhalt eines Merkblattes über die KVdR. Auf ihren Antrag bewilligte die BfA ab dem 28.11.1985 eine Hinterbliebenenrente. Sie wurde daraufhin von der Beklagten als Pflichtversicherte in der KVdR geführt.
Nach ihrer Pensionierung kündigte die Klägerin am 25.11.2003 ihre Mitgliedschaft bei der Beklagten zum 31.1.2004 und bat um eine Kündigungsbestätigung, die ihr von der Beklagten unter dem 28.11.2003 erteilt wurde. Mit Schreiben vom 26.4.2004 teilte die Klägerin der Beklagten mit, nach dem Tode ihres Ehemanns sei sie ziemlich verwirrt gewesen und habe daher eingewilligt, wieder gesetzlich versichert zu sein. Man habe ihr gesagt, diese Wahl sei in jedem Fall von Vorteil. Sie sei nicht aufgeklärt worden, dass sie die Wahl nicht mehr rückgängig machen könne. Als sie im Sommer 2003 aus dem aktiven Dienst ausgeschieden sei, sei das böse Erwachen gekommen. Ihre Beamtenbezüge, die in den 19 Jahren zuvor unberücksichtigt geblieben seien, würden nunmehr zu Pflichtbeiträgen herangezogen. Ein sie beratender Rechtsanwalt habe ihr geraten, zu kündigen und in eine preiswertere gesetzliche Krankenversicherung zu wechseln sowie zu versuchen, noch die Aufnahme in eine private Krankenversicherung zu erreichen. Sie habe nunmehr eine private Krankenversicherung gefunden, bei der sie den als Beihilfeberechtigte noch fehlenden Versicherungsschutz für 230, EUR monatlich erhalten könne.
Mit Schreiben vom 5.5.2004 erklärte die Beklagte, sie hebe die Beendigung der Mitgliedschaft zum 31.1.2004 auf, weil die Klägerin ihr Recht zur Wahl einer anderen gesetzlichen Krankenkasse nicht ausgeübt habe und die Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 11 des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB V) fortbestehe. Mit ihrem hiergegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend: Sie sei 1985 zu Unrecht von der Beklagten in deren Versicherung aufgenommen worden. Von der Möglichkeit des Antrags auf Befreiung von der Versicherungspflicht habe sie mangels Kenntnis keinen Gebrauch gemacht. Dies zeige das von ihr am 3.12.1985 unterzeichnete Formular, auf dem zunächst maschinenschriftlich ein Kreuz vor dem Kästchen mit dem Befreiungsantrag eingetragen worden sei, das später wieder durchgestrichen worden sei. Sie könne sich im Übrigen nicht daran erinnern, das Kreuz wieder durchgestrichen zu haben. Die Stadtverwaltung L habe ihr keine ausreichenden Hinweise auf die Befreiungsmöglichkeit gegeben, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Rechtslage bei gleichzeitigem Beamtenstatus. Die Kündigungserklärung vom 22.11.2003 könne auch als (verspäteter) Befreiungsantrag gewertet werden. Der Bezug einer Altersrente aus eigener Versicherung ab dem 1.6.2004 eröffne zudem erneut die Befreiungsmöglichkeit nach § 8 SGB V. Ferner könne der Bescheid mit der Kündigungsbestätigung vom 28.11.2003 nur unter den Voraussetzungen der §§ 45, 48 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) zurückgenommen werden. Begründungen in dieser Hinsicht enthalte der Bescheid vom 5.5.2004 nicht, sodass er schon deshalb rechtswidrig sei; zudem lägen sachlich die Voraussetzungen der §§ 45, 48 SGB X nicht vor.
Durch Widerspruchsbescheid vom 11.8.2004 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung hieß es: Die Klägerin sei seit dem 3.12.1985 in der KVdR pflichtversichert gewesen, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt in einem Beamtenverhältnis gestanden habe. Denn die Vorschriften über die Versicherungsfreiheit der Beamten seien erst zum 1.1.1989 in Kraft getreten. Da das Gesundheits-Reformgesetz (GRG) vom 20.12.1988 eine Besitzstandsregelung beinhaltet habe, sei die Versicherungspflicht in der KVdR auch über den 31.12.1988 hinaus bestehen geblieben. Eine spätere Möglichkeit der Befreiung von der Versicherungspflicht in der KVdR hätten die gesetzlichen Bestimmungen nicht vorgesehen. Da die Klägerin weiterhin der Versicherungspflicht in der KVdR unterliege, sei die Ablehnung der Kündigung der Mitgliedschaft zum 31.1.2004 nicht zu beanstanden. § 175 Abs 4 Satz 2 SGB V lasse den Wechsel zu einer privaten Krankenversicherung nicht zu. Der Bescheid vom 28.11.2003 habe nach § 45 SGB X zurückgenommen werden können. Dieser Verwaltungsakt habe auf vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Angaben der Klägerin beruht, die ausdrücklich bestätigt habe, zu einer anderen gesetzlichen Krankenkasse wechseln zu wollen. Argumente, die einen Vertrauensschutz begründen könnten, habe die Klägerin nicht vorgetragen. Somit überwiege das Interesse der Versichertengemeinschaft an der Herstellung des gesetzesgemäßen Zustandes gegenüber dem Interesse der Klägerin an einer Versicherung in einer privaten Krankenversicherung. Für die Klägerin bestehe nicht die Möglichkeit, sich aufgrund des Bezuges von Altersruhegeld ab dem 1.6.2004 von der Versicherungspflicht in der KVdR befreien zu lassen. Denn die Befreiungsmöglichkeit bestehe nach § 8 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB V nur, wenn der Betroffene erst durch den Antrag auf Rente oder den Bezug von Rente versicherungspflichtig werde (Hinweis auf Landessozialgericht LSG Schleswig-Holstein 23.9.2003 L 1 KR 111/02), was bei der Klägerin, die bereits aufgrund des Bezuges der Hinterbliebenenrente versicherungspflichtig in der KVdR geworden sei, nicht der Fall sei.
Am 20.8.2004 hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides festzustellen, dass sie seit dem Bezug ihrer Witwenrente nicht versicherungspflichtig in der KVdR ist. Das SG hat diese Klage durch Urteil vom 28.3.2006 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der objektive Regelungsgehalt des Bescheides vom 5.5.2004 bestehe darin, dass er unter Bejahung der Voraussetzungen von § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V die Versicherungspflicht der Klägerin in der KVdR festgestellt habe. Soweit auch die Beendigung der Mitgliedschaft zum 31.1.2004 aufgehoben worden sei, habe die Beklagte keine eigenständige Regelung im Sinne eines Verwaltungsakts getroffen, sondern der Klägerin lediglich die Rechtsfolgen der unterbliebenen Wahl einer anderen Krankenkasse nach § 175 Abs 4 Satz 4 SGB V mitgeteilt. Auf die Voraussetzungen der §§ 44 ff SGB X komme es daher nicht an, da die Rechtsfolge des § 175 Abs 4 Satz 4 SGB V kraft Gesetzes eintrete und nicht zur Disposition der Beklagten stehe. Der angefochtene Bescheid sei hinsichtlich der Feststellung der Versicherungspflicht in der KVdR rechtmäßig. Die Klägerin sei 1985 durch den Bezug der Hinterbliebenenrente Mitglied in der KVdR geworden. Sie habe von der seinerzeit bestehenden Befreiungsmöglichkeit keinen Gebrauch gemacht. Auf diese Möglichkeit sei sie bei ihrer Meldung zur KVdR im Versicherungsamt der Stadt L ausdrücklich hingewiesen worden. Das Kündigungsschreiben vom 22.11.2003 könne nicht als Ausübung des Wahlrechts zur Befreiung von der KVdR im Zusammenhang mit dem Hinterbliebenenrentenbezug gewertet werden. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Frist für den Befreiungsantrag lägen nicht vor. Die Klägerin könne nicht einwenden, sie habe von der Befreiungsmöglichkeit keine Kenntnis gehabt, denn sie habe diese Kenntnis ausdrücklich mit ihrer Unterschrift bestätigt. Ein Fehlverhalten der Beklagten oder dieser zurechenbarer Organe sei nicht ersichtlich. Die Klägerin habe auch das ihr nach Art 56 Abs 4 GRG bis zum 30.6.1989 zustehende Recht der Beantragung der Befreiung von der Versicherungspflicht nicht wahrgenommen. Eine Aufklärungspflicht der Beklagten über diese Möglichkeit ohne konkretes Beratungsersuchen der Klägerin habe nicht bestanden. Die Klägerin habe nach dem Bezug der eigenen Altersrente im Jahre 2003 kein erneutes Recht zur Befreiung von der KVdR gehabt. Denn die Versicherungspflicht der Klägerin sei nicht durch den Bezug der eigenen Altersrente begründet worden, sondern habe bereits vorher wegen des Erhalts der Hinterbliebenenrente bestanden. Der gegenteiligen Auffassung im Schrifttum (Hinweis auf Peters in Kasseler Kommentar, § 8 SGB V, Rn 15 ff) könne nicht gefolgt werden. Eine andere rechtliche Würdigung würde zu dem Ergebnis führen, dass die Pflichtversicherung der Klägerin in der KVdR in den letzten 19 Jahren vor ihrer Pensionierung erst dazu führen würde, dass die Voraussetzungen des § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V im Hinblick auf das Entstehen einer Versicherungspflicht in der KVdR erfüllt sein könnten. Denn ohne die Pflichtversicherung in der KVdR habe die Klägerin in der zweiten Hälfte ihres Erwerbslebens keinen Zeitraum von 90 % einer Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung belegen können.
Gegen dieses ihrem Prozessbevollmächtigten am 27.6.2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 18.7.2006 eingelegte Berufung der Klägerin, die vorträgt: Die Beklagte hätte in Bezug auf die Befreiung von der Versicherungspflicht im Jahre 1985 von sich aus eine Beratung durchführen müssen. Aufgrund der vorliegenden Todesbescheinigung sei der Beklagten bekannt gewesen, dass ihr Ehemann durch Suizid verstorben war und sie sich daher in einer psychischen Ausnahmesituation befunden habe, die auf Seiten der Beklagten eine besondere Sorgfaltspflicht habe entstehen lassen. Das Antragsformular habe zudem ausdrücklich den Hinweis enthalten, dass sie Lehrerin, also Beamtin mit Beihilfeanspruch, gewesen sei. Wie auch immer die nachträgliche Änderung in dem ansonsten mit Schreibmaschine ausgefüllten Formular erfolgt sei, unterstütze dieser Umstand jedenfalls die Annahme, dass es zum damaligen Zeitpunkt an der erforderlichen Beratung gefehlt habe. Auch die Ausführungen des SG zur nicht gegebenen Möglichkeit einer Befreiung wegen des Bezuges der eigenen Altersrente überzeugten nicht. Bereits zum früheren Recht der Reichsversicherungsordnung (RVO) habe das Bundessozialgericht (BSG) in den Fällen, bei denen Renten aus verschiedenen Rentenversicherungsverhältnissen zusammentrafen, eine getrennte Betrachtungsweise zugelassen, also mit Hinzutreten einer weiteren Rente das erneute Entstehen eines Wahlrechts angenommen. Dies erscheine auch für das Recht nach dem SGB V sachgerecht, da es sich bei der Witwenrente lediglich um einen abgeleiteten Anspruch aus der Versicherung einer anderen Person handele, die neu hinzugetretene Altersrente aber aus der eigenen Versicherung stamme, für die im Normalfall immer das Wahlrecht bestehe. Hier noch einmal im Einzelfall differenzieren zu wollen, würde die Grenzen einer klaren und praktizierbaren Regelung sprengen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 28.3.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 5.5.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.8.2004 aufzuheben und festzustellen, dass sie seit dem Bezug ihrer Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemanns, hilfsweise seit dem Bezug ihrer eigenen Rente nicht versicherungspflichtig in der KVdR ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die abgeschlossene Prozessakte S 13 ER 79/04 KR (SG Speyer) sowie die Prozessakte verwiesen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die nach §§ 143 f, 151 Sozialgerichtsgesetz SGG zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Zur Begründung verweist der Senat auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (§ 153 Abs 2 SGG), wobei er Folgendes ergänzt:
Die Klägerin hat im Dezember 1985 keinen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der KVdR gestellt. Anhaltspunkte dafür, dass das in dem Antragsformular enthaltene Kreuz bei der Rubrik "Ich beantrage hiermit die Befreiung von der Versicherungspflicht in der KVdR." nicht von der Klägerin gestrichen wurde, sind nicht ersichtlich; dies hat die Klägerin auch nicht konkret behauptet. Dafür, dass sie im Dezember 1985 keinen Befreiungsantrag gestellt hat, spricht auch der Umstand, dass sie auf das Schreiben der Beklagten vom 16.12.1985 ihr Arbeitsentgelt angegeben und dem Bescheid vom 23.12.1985 über die Einstufung in die Versicherungsklasse nicht widersprochen hat.
Die Klägerin ist nicht wegen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, wie wenn sie im Dezember 1985 die Befreiung von der Versicherungspflicht beantragt hätte. In ihrer Erklärung vom 3.12.1985 hat die Klägerin bestätigt, das seinerzeitige Merkblatt über die KVdR erhalten zu haben. Zu einer darüber hinausgehenden individuellen Beratung war die Beklagte auch nicht deshalb verpflichtet, weil der Ehemann der Klägerin durch Suizid verstorben war und sich diese ihren Angaben zufolge in einer psychischen Ausnahmesituation befand. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Beklagten, der BfA oder dem Versicherungsamt der Stadt Ludwigshafen diese bekannt war. Die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 27 Abs 2 SGB X; vgl Bundessozialgericht BSG 9.2.1993 12 RK 28/92, SozR 3 1300 § 27 Nr 3) wegen der Versäumung dieser Antragsfrist sind bereits deshalb nicht erfüllt, weil der Antrag nicht innerhalb von zwei Wochen nach dem Wegfall der psychischen Ausnahmesituation gestellt wurde (vgl § 27 Abs 2 Satz 1 SGB X).
Einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch kann die Klägerin auch nicht im Zusammenhang mit dem unterbliebenen Antrag auf Befreiung von der Krankenversicherungspflicht bis zum 30.6.1989 nach Art 56 Abs 4 GRG geltend machen. Die Klägerin hat seinerzeit kein konkretes Auskunftsbegehren an die Beklagte oder eine andere Sozialleistungsstelle gerichtet. Eine unterlassene allgemeine Aufklärung über dieses Befreiungsrecht ohne konkreten erkennbaren Aufklärungsanlass im Einzelfall begründet keinen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch (BSG 9.2.1993 aaO).
Letztlich hat die Klägerin durch den Erwerb einer eigenen Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahre 2003 kein neues Recht auf eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der KVdR erlangt. Dadurch dass die Klägerin im Zusammenhang mit der Hinterbliebenenrente keinen Befreiungsantrag gestellt hat, war sie von der Befreiung auch nach dem Bezug der eigenen Rente ausgeschlossen. Für diese einheitliche Betrachtungsweise, wenn keine Unterbrechung des Rentenbezugs eingetreten war, spricht der Wortlaut des § 8 Abs 1 SGB V, wonach auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit wird, wer aufgrund der dort näher aufgeführten Tatbestände versicherungspflichtig wird. Da die Klägerin bereits vor dem Bezug der eigenen Rente versicherungspflichtig war, konnte eine Befreiungsmöglichkeit nach dieser Vorschrift nicht mehr entstehen. Dies entspricht auch dem Zweck des § 8 Abs 1 SGB V, der darin besteht, dass die dort geregelten Befreiungstatbestände es den versicherungspflichtigen Personen überlassen, ob sie der Versicherungspflicht ausweichen wollen (Peters in Kasseler Kommentar, § 8 SGB V, Rz 2). Dies kann sich nur auf einen neu eingetretenen Befreiungstatbestand beziehen, umfasst aber nicht die Rückgängigmachung einer Versicherungspflicht aufgrund eines anderen Tatbestandes. Dem Umstand, dass die Hinterbliebenenrente, anders als die eigene Rente, eine Rente aus abgeleiteter Versicherung ist, kommt keine entscheidende Bedeutung zu.
Der gegenteiligen Auffassung von Peters (aaO Rz 16 f) vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Peters stützt sich auf die Rechtsprechung des BSG (23.6.1972 3 RK 43/70, BSGE 34, 209) zum früheren Recht der RVO zur getrennten Betrachtungsweise hinsichtlich des Hinterbliebenenrentenbezugs einerseits und des Bezugs der eigenen Rente andererseits. Die Fallkonstellation des Urteils des BSG vom 23.6.1972 kann aber schon deshalb nicht der vorliegenden gleichgestellt werden, weil sich seinerzeit quasi in der umgekehrten Konstellation die Frage stellte, ob ein von der Versicherungspflicht befreiter Rentner dann versicherungspflichtig wird, wenn er eine weitere Rente aus einem anderen Versicherungsverhältnis beantragt. Zudem trifft die entscheidende Argumentation des BSG im Urteil vom 23.6.1972, bei anderer rechtlicher Beurteilung würde ein von der Versicherungspflicht befreiter Rentner von einer (weiteren) Versicherungspflicht befreit, von der eine Befreiung nach der damaligen Vorschrift des § 173a Abs 1 Satz 2 RVO nicht zulässig wäre, auf die vorliegende Fallkonstellation nicht auch nicht entsprechend zu.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision wird zugelassen, weil die Frage, ob die Klägerin entsprechend der Auffassung von Peters (aaO) nach dem Bezug ihrer eigenen Rente ein erneutes Befreiungsrecht hat, von grundsätzlicher Bedeutung ist (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Umstritten ist, ob die Klägerin einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) hat.
Die 1939 geborene Klägerin war von März 1981 bis zu ihrer Pensionierung im Sommer 2003 als Lehrerin im Beamtenverhältnis tätig. Am 28.11.1985 verstarb ihr in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversicherter Ehemann. Am 3.12.1985 beantragte sie bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) eine Hinterbliebenenrente. Sie unterschrieb im Versicherungsamt der Stadt L eine Erklärung, dass sie über die Möglichkeit des Hinausschiebens der Mitgliedschaft in der KVdR sowie einer Befreiung von der Versicherungspflicht innerhalb eines Monats Kenntnis erlangt habe, und bestätigte den Erhalt eines Merkblattes über die KVdR. Auf ihren Antrag bewilligte die BfA ab dem 28.11.1985 eine Hinterbliebenenrente. Sie wurde daraufhin von der Beklagten als Pflichtversicherte in der KVdR geführt.
Nach ihrer Pensionierung kündigte die Klägerin am 25.11.2003 ihre Mitgliedschaft bei der Beklagten zum 31.1.2004 und bat um eine Kündigungsbestätigung, die ihr von der Beklagten unter dem 28.11.2003 erteilt wurde. Mit Schreiben vom 26.4.2004 teilte die Klägerin der Beklagten mit, nach dem Tode ihres Ehemanns sei sie ziemlich verwirrt gewesen und habe daher eingewilligt, wieder gesetzlich versichert zu sein. Man habe ihr gesagt, diese Wahl sei in jedem Fall von Vorteil. Sie sei nicht aufgeklärt worden, dass sie die Wahl nicht mehr rückgängig machen könne. Als sie im Sommer 2003 aus dem aktiven Dienst ausgeschieden sei, sei das böse Erwachen gekommen. Ihre Beamtenbezüge, die in den 19 Jahren zuvor unberücksichtigt geblieben seien, würden nunmehr zu Pflichtbeiträgen herangezogen. Ein sie beratender Rechtsanwalt habe ihr geraten, zu kündigen und in eine preiswertere gesetzliche Krankenversicherung zu wechseln sowie zu versuchen, noch die Aufnahme in eine private Krankenversicherung zu erreichen. Sie habe nunmehr eine private Krankenversicherung gefunden, bei der sie den als Beihilfeberechtigte noch fehlenden Versicherungsschutz für 230, EUR monatlich erhalten könne.
Mit Schreiben vom 5.5.2004 erklärte die Beklagte, sie hebe die Beendigung der Mitgliedschaft zum 31.1.2004 auf, weil die Klägerin ihr Recht zur Wahl einer anderen gesetzlichen Krankenkasse nicht ausgeübt habe und die Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 11 des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB V) fortbestehe. Mit ihrem hiergegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend: Sie sei 1985 zu Unrecht von der Beklagten in deren Versicherung aufgenommen worden. Von der Möglichkeit des Antrags auf Befreiung von der Versicherungspflicht habe sie mangels Kenntnis keinen Gebrauch gemacht. Dies zeige das von ihr am 3.12.1985 unterzeichnete Formular, auf dem zunächst maschinenschriftlich ein Kreuz vor dem Kästchen mit dem Befreiungsantrag eingetragen worden sei, das später wieder durchgestrichen worden sei. Sie könne sich im Übrigen nicht daran erinnern, das Kreuz wieder durchgestrichen zu haben. Die Stadtverwaltung L habe ihr keine ausreichenden Hinweise auf die Befreiungsmöglichkeit gegeben, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Rechtslage bei gleichzeitigem Beamtenstatus. Die Kündigungserklärung vom 22.11.2003 könne auch als (verspäteter) Befreiungsantrag gewertet werden. Der Bezug einer Altersrente aus eigener Versicherung ab dem 1.6.2004 eröffne zudem erneut die Befreiungsmöglichkeit nach § 8 SGB V. Ferner könne der Bescheid mit der Kündigungsbestätigung vom 28.11.2003 nur unter den Voraussetzungen der §§ 45, 48 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) zurückgenommen werden. Begründungen in dieser Hinsicht enthalte der Bescheid vom 5.5.2004 nicht, sodass er schon deshalb rechtswidrig sei; zudem lägen sachlich die Voraussetzungen der §§ 45, 48 SGB X nicht vor.
Durch Widerspruchsbescheid vom 11.8.2004 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung hieß es: Die Klägerin sei seit dem 3.12.1985 in der KVdR pflichtversichert gewesen, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt in einem Beamtenverhältnis gestanden habe. Denn die Vorschriften über die Versicherungsfreiheit der Beamten seien erst zum 1.1.1989 in Kraft getreten. Da das Gesundheits-Reformgesetz (GRG) vom 20.12.1988 eine Besitzstandsregelung beinhaltet habe, sei die Versicherungspflicht in der KVdR auch über den 31.12.1988 hinaus bestehen geblieben. Eine spätere Möglichkeit der Befreiung von der Versicherungspflicht in der KVdR hätten die gesetzlichen Bestimmungen nicht vorgesehen. Da die Klägerin weiterhin der Versicherungspflicht in der KVdR unterliege, sei die Ablehnung der Kündigung der Mitgliedschaft zum 31.1.2004 nicht zu beanstanden. § 175 Abs 4 Satz 2 SGB V lasse den Wechsel zu einer privaten Krankenversicherung nicht zu. Der Bescheid vom 28.11.2003 habe nach § 45 SGB X zurückgenommen werden können. Dieser Verwaltungsakt habe auf vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Angaben der Klägerin beruht, die ausdrücklich bestätigt habe, zu einer anderen gesetzlichen Krankenkasse wechseln zu wollen. Argumente, die einen Vertrauensschutz begründen könnten, habe die Klägerin nicht vorgetragen. Somit überwiege das Interesse der Versichertengemeinschaft an der Herstellung des gesetzesgemäßen Zustandes gegenüber dem Interesse der Klägerin an einer Versicherung in einer privaten Krankenversicherung. Für die Klägerin bestehe nicht die Möglichkeit, sich aufgrund des Bezuges von Altersruhegeld ab dem 1.6.2004 von der Versicherungspflicht in der KVdR befreien zu lassen. Denn die Befreiungsmöglichkeit bestehe nach § 8 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB V nur, wenn der Betroffene erst durch den Antrag auf Rente oder den Bezug von Rente versicherungspflichtig werde (Hinweis auf Landessozialgericht LSG Schleswig-Holstein 23.9.2003 L 1 KR 111/02), was bei der Klägerin, die bereits aufgrund des Bezuges der Hinterbliebenenrente versicherungspflichtig in der KVdR geworden sei, nicht der Fall sei.
Am 20.8.2004 hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides festzustellen, dass sie seit dem Bezug ihrer Witwenrente nicht versicherungspflichtig in der KVdR ist. Das SG hat diese Klage durch Urteil vom 28.3.2006 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der objektive Regelungsgehalt des Bescheides vom 5.5.2004 bestehe darin, dass er unter Bejahung der Voraussetzungen von § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V die Versicherungspflicht der Klägerin in der KVdR festgestellt habe. Soweit auch die Beendigung der Mitgliedschaft zum 31.1.2004 aufgehoben worden sei, habe die Beklagte keine eigenständige Regelung im Sinne eines Verwaltungsakts getroffen, sondern der Klägerin lediglich die Rechtsfolgen der unterbliebenen Wahl einer anderen Krankenkasse nach § 175 Abs 4 Satz 4 SGB V mitgeteilt. Auf die Voraussetzungen der §§ 44 ff SGB X komme es daher nicht an, da die Rechtsfolge des § 175 Abs 4 Satz 4 SGB V kraft Gesetzes eintrete und nicht zur Disposition der Beklagten stehe. Der angefochtene Bescheid sei hinsichtlich der Feststellung der Versicherungspflicht in der KVdR rechtmäßig. Die Klägerin sei 1985 durch den Bezug der Hinterbliebenenrente Mitglied in der KVdR geworden. Sie habe von der seinerzeit bestehenden Befreiungsmöglichkeit keinen Gebrauch gemacht. Auf diese Möglichkeit sei sie bei ihrer Meldung zur KVdR im Versicherungsamt der Stadt L ausdrücklich hingewiesen worden. Das Kündigungsschreiben vom 22.11.2003 könne nicht als Ausübung des Wahlrechts zur Befreiung von der KVdR im Zusammenhang mit dem Hinterbliebenenrentenbezug gewertet werden. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Frist für den Befreiungsantrag lägen nicht vor. Die Klägerin könne nicht einwenden, sie habe von der Befreiungsmöglichkeit keine Kenntnis gehabt, denn sie habe diese Kenntnis ausdrücklich mit ihrer Unterschrift bestätigt. Ein Fehlverhalten der Beklagten oder dieser zurechenbarer Organe sei nicht ersichtlich. Die Klägerin habe auch das ihr nach Art 56 Abs 4 GRG bis zum 30.6.1989 zustehende Recht der Beantragung der Befreiung von der Versicherungspflicht nicht wahrgenommen. Eine Aufklärungspflicht der Beklagten über diese Möglichkeit ohne konkretes Beratungsersuchen der Klägerin habe nicht bestanden. Die Klägerin habe nach dem Bezug der eigenen Altersrente im Jahre 2003 kein erneutes Recht zur Befreiung von der KVdR gehabt. Denn die Versicherungspflicht der Klägerin sei nicht durch den Bezug der eigenen Altersrente begründet worden, sondern habe bereits vorher wegen des Erhalts der Hinterbliebenenrente bestanden. Der gegenteiligen Auffassung im Schrifttum (Hinweis auf Peters in Kasseler Kommentar, § 8 SGB V, Rn 15 ff) könne nicht gefolgt werden. Eine andere rechtliche Würdigung würde zu dem Ergebnis führen, dass die Pflichtversicherung der Klägerin in der KVdR in den letzten 19 Jahren vor ihrer Pensionierung erst dazu führen würde, dass die Voraussetzungen des § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V im Hinblick auf das Entstehen einer Versicherungspflicht in der KVdR erfüllt sein könnten. Denn ohne die Pflichtversicherung in der KVdR habe die Klägerin in der zweiten Hälfte ihres Erwerbslebens keinen Zeitraum von 90 % einer Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung belegen können.
Gegen dieses ihrem Prozessbevollmächtigten am 27.6.2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 18.7.2006 eingelegte Berufung der Klägerin, die vorträgt: Die Beklagte hätte in Bezug auf die Befreiung von der Versicherungspflicht im Jahre 1985 von sich aus eine Beratung durchführen müssen. Aufgrund der vorliegenden Todesbescheinigung sei der Beklagten bekannt gewesen, dass ihr Ehemann durch Suizid verstorben war und sie sich daher in einer psychischen Ausnahmesituation befunden habe, die auf Seiten der Beklagten eine besondere Sorgfaltspflicht habe entstehen lassen. Das Antragsformular habe zudem ausdrücklich den Hinweis enthalten, dass sie Lehrerin, also Beamtin mit Beihilfeanspruch, gewesen sei. Wie auch immer die nachträgliche Änderung in dem ansonsten mit Schreibmaschine ausgefüllten Formular erfolgt sei, unterstütze dieser Umstand jedenfalls die Annahme, dass es zum damaligen Zeitpunkt an der erforderlichen Beratung gefehlt habe. Auch die Ausführungen des SG zur nicht gegebenen Möglichkeit einer Befreiung wegen des Bezuges der eigenen Altersrente überzeugten nicht. Bereits zum früheren Recht der Reichsversicherungsordnung (RVO) habe das Bundessozialgericht (BSG) in den Fällen, bei denen Renten aus verschiedenen Rentenversicherungsverhältnissen zusammentrafen, eine getrennte Betrachtungsweise zugelassen, also mit Hinzutreten einer weiteren Rente das erneute Entstehen eines Wahlrechts angenommen. Dies erscheine auch für das Recht nach dem SGB V sachgerecht, da es sich bei der Witwenrente lediglich um einen abgeleiteten Anspruch aus der Versicherung einer anderen Person handele, die neu hinzugetretene Altersrente aber aus der eigenen Versicherung stamme, für die im Normalfall immer das Wahlrecht bestehe. Hier noch einmal im Einzelfall differenzieren zu wollen, würde die Grenzen einer klaren und praktizierbaren Regelung sprengen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 28.3.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 5.5.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.8.2004 aufzuheben und festzustellen, dass sie seit dem Bezug ihrer Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemanns, hilfsweise seit dem Bezug ihrer eigenen Rente nicht versicherungspflichtig in der KVdR ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die abgeschlossene Prozessakte S 13 ER 79/04 KR (SG Speyer) sowie die Prozessakte verwiesen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die nach §§ 143 f, 151 Sozialgerichtsgesetz SGG zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Zur Begründung verweist der Senat auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (§ 153 Abs 2 SGG), wobei er Folgendes ergänzt:
Die Klägerin hat im Dezember 1985 keinen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der KVdR gestellt. Anhaltspunkte dafür, dass das in dem Antragsformular enthaltene Kreuz bei der Rubrik "Ich beantrage hiermit die Befreiung von der Versicherungspflicht in der KVdR." nicht von der Klägerin gestrichen wurde, sind nicht ersichtlich; dies hat die Klägerin auch nicht konkret behauptet. Dafür, dass sie im Dezember 1985 keinen Befreiungsantrag gestellt hat, spricht auch der Umstand, dass sie auf das Schreiben der Beklagten vom 16.12.1985 ihr Arbeitsentgelt angegeben und dem Bescheid vom 23.12.1985 über die Einstufung in die Versicherungsklasse nicht widersprochen hat.
Die Klägerin ist nicht wegen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, wie wenn sie im Dezember 1985 die Befreiung von der Versicherungspflicht beantragt hätte. In ihrer Erklärung vom 3.12.1985 hat die Klägerin bestätigt, das seinerzeitige Merkblatt über die KVdR erhalten zu haben. Zu einer darüber hinausgehenden individuellen Beratung war die Beklagte auch nicht deshalb verpflichtet, weil der Ehemann der Klägerin durch Suizid verstorben war und sich diese ihren Angaben zufolge in einer psychischen Ausnahmesituation befand. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Beklagten, der BfA oder dem Versicherungsamt der Stadt Ludwigshafen diese bekannt war. Die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 27 Abs 2 SGB X; vgl Bundessozialgericht BSG 9.2.1993 12 RK 28/92, SozR 3 1300 § 27 Nr 3) wegen der Versäumung dieser Antragsfrist sind bereits deshalb nicht erfüllt, weil der Antrag nicht innerhalb von zwei Wochen nach dem Wegfall der psychischen Ausnahmesituation gestellt wurde (vgl § 27 Abs 2 Satz 1 SGB X).
Einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch kann die Klägerin auch nicht im Zusammenhang mit dem unterbliebenen Antrag auf Befreiung von der Krankenversicherungspflicht bis zum 30.6.1989 nach Art 56 Abs 4 GRG geltend machen. Die Klägerin hat seinerzeit kein konkretes Auskunftsbegehren an die Beklagte oder eine andere Sozialleistungsstelle gerichtet. Eine unterlassene allgemeine Aufklärung über dieses Befreiungsrecht ohne konkreten erkennbaren Aufklärungsanlass im Einzelfall begründet keinen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch (BSG 9.2.1993 aaO).
Letztlich hat die Klägerin durch den Erwerb einer eigenen Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahre 2003 kein neues Recht auf eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der KVdR erlangt. Dadurch dass die Klägerin im Zusammenhang mit der Hinterbliebenenrente keinen Befreiungsantrag gestellt hat, war sie von der Befreiung auch nach dem Bezug der eigenen Rente ausgeschlossen. Für diese einheitliche Betrachtungsweise, wenn keine Unterbrechung des Rentenbezugs eingetreten war, spricht der Wortlaut des § 8 Abs 1 SGB V, wonach auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit wird, wer aufgrund der dort näher aufgeführten Tatbestände versicherungspflichtig wird. Da die Klägerin bereits vor dem Bezug der eigenen Rente versicherungspflichtig war, konnte eine Befreiungsmöglichkeit nach dieser Vorschrift nicht mehr entstehen. Dies entspricht auch dem Zweck des § 8 Abs 1 SGB V, der darin besteht, dass die dort geregelten Befreiungstatbestände es den versicherungspflichtigen Personen überlassen, ob sie der Versicherungspflicht ausweichen wollen (Peters in Kasseler Kommentar, § 8 SGB V, Rz 2). Dies kann sich nur auf einen neu eingetretenen Befreiungstatbestand beziehen, umfasst aber nicht die Rückgängigmachung einer Versicherungspflicht aufgrund eines anderen Tatbestandes. Dem Umstand, dass die Hinterbliebenenrente, anders als die eigene Rente, eine Rente aus abgeleiteter Versicherung ist, kommt keine entscheidende Bedeutung zu.
Der gegenteiligen Auffassung von Peters (aaO Rz 16 f) vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Peters stützt sich auf die Rechtsprechung des BSG (23.6.1972 3 RK 43/70, BSGE 34, 209) zum früheren Recht der RVO zur getrennten Betrachtungsweise hinsichtlich des Hinterbliebenenrentenbezugs einerseits und des Bezugs der eigenen Rente andererseits. Die Fallkonstellation des Urteils des BSG vom 23.6.1972 kann aber schon deshalb nicht der vorliegenden gleichgestellt werden, weil sich seinerzeit quasi in der umgekehrten Konstellation die Frage stellte, ob ein von der Versicherungspflicht befreiter Rentner dann versicherungspflichtig wird, wenn er eine weitere Rente aus einem anderen Versicherungsverhältnis beantragt. Zudem trifft die entscheidende Argumentation des BSG im Urteil vom 23.6.1972, bei anderer rechtlicher Beurteilung würde ein von der Versicherungspflicht befreiter Rentner von einer (weiteren) Versicherungspflicht befreit, von der eine Befreiung nach der damaligen Vorschrift des § 173a Abs 1 Satz 2 RVO nicht zulässig wäre, auf die vorliegende Fallkonstellation nicht auch nicht entsprechend zu.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision wird zugelassen, weil die Frage, ob die Klägerin entsprechend der Auffassung von Peters (aaO) nach dem Bezug ihrer eigenen Rente ein erneutes Befreiungsrecht hat, von grundsätzlicher Bedeutung ist (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
RPF
Saved