L 5 KA 1/18 B

Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mainz (RPF)
Aktenzeichen
S 3 KA 216/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 5 KA 1/18 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Bietet der Sachverhalt keine genügenden Anhaltspunkte für die Bestimmung des Streitwerts, ist bei einer Zulassungssache im Vertragsarztrecht, im vorläufigen Rechtsschutz i.d.R. von einem Streitwert von 4 x 5.000,-- € = 20.000,-- € auszugehen.
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Mainz vom 23.11.2017 abgeändert. Der Streitwert für das Verfahren S 3 KA 216/17 ER wird auf 20.000,-- EUR festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zu-rückgewiesen.
Gründe:
I.
Umstritten ist die Höhe des Streitwerts für das Gerichtsverfahren S 3 KA 216/17 ER (Sozialgericht – SG – Mainz).
In diesem Verfahren hatte die Antragstellerin die Anordnung der sofortigen Vollziehung ihrer Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit als Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe mit der Zusatzbezeichnung Psychotherapie beantragt. Durch Beschluss vom 23.11.2017 hat das SG dem Antrag stattgegeben. Es hat entschieden, dass der Antragsgegner die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trage, und den Streitwert für das Verfahren S 3 KA 216/17 ER auf 5.000, EUR festgesetzt. Zur Begründung der Streitwertfestsetzung hat es ausgeführt: Bei Zulassungsstreitigkeiten im einstweiligen Rechtsschutz orientiere sich der Streitwert grundsätzlich an der Höhe der voraussichtlich erzielbaren Einnahmen binnen eines Jahres. Dem Gericht sei jedoch nicht bekannt, welche Umsätze ausschließlich psychotherapeutisch tätige Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe durchschnittlich erzielten. Auch die veröffentlichten Honorarberichte der Beigeladenen zu 1 gäben darauf keine Antwort. Vor diesem Hintergrund sei gemäß § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 53 Abs 2 Nr 4 und § 52 Abs 2 Gerichtskostengesetz (GKG) auf den Regelstreit¬wert zurückzugreifen. Ein hälftiger Abschlag hiervon, wie im einstweiligen Rechtsschutz sonst üblich, sei angesichts der nicht unerheblichen wirtschaftlichen Bedeutung der streitgegenständlichen Zulassung nicht vorzunehmen gewesen.
Zur Begründung ihrer am 22.12.2017 eingelegten Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung hat die Antragstellerin vorgetragen: Nach einer Studie der Landespsychotherapeutenkammer hätten sich die durchschnittlichen GKV-Honorarsätze der ärztlichen Psychotherapeuten im Jahr 2015 auf 72.503,82 EUR belaufen. Da die Psychotherapeuten zur Behandlung keine medizinischen Geräte benötigten und auch keine Assistenz durch Fachpersonal erforderlich sei, sei von durchschnittlichen Praxiskosten von rund 25 vH des Umsatzes auszugehen. Die binnen eines Jahres voraussichtlich erzielten Einnahmen beliefen sich daher auf 54.377,86 EUR (72.503,82 EUR 18.125,96 EUR). Statistiken für die Umsätze ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe seien nicht existent. Unter Berücksichtigung dessen, dass mehr Frauen als Männer eine psychotherapeutische Behandlung in Anspruch nähmen, und der für eine solche Behandlung bestehenden langen Wartezeiten sei davon auszugehen, dass eine ausschließlich psychotherapeutisch tätige Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe mindestens 2/3 des Umsatzes eines gebietsübergreifend psychotherapeutisch tätigen Arztes erzielen könne. Als Streitwert ergebe sich daher ein Betrag von 36.251,91 EUR (75 vH von 54.377,86 EUR).
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und zur Begründung ausgeführt: Ihm, dem SG sei nicht bekannt, welche Umsätze ausschließlich psychotherapeutisch tätige Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe erzielten. Die von der Antragstellerin erwähnte Studie der Landespsychotherapeutenkammer sei mehr als sechs Jahre alt. Mittlerweile sei für den Bezirk "Stadt T " eine Überversorgung im Bereich der Psychotherapie festgestellt worden. Dass die Antragstellerin bei einer derartigen Versorgungslage 2/3 des Umsatzes eines bereits etablierten Psychotherapeuten erziele, erscheine unwahrscheinlich.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des SG Mainz vom 23.11.2017 abzuändern und den Streitwert für das Verfahren auf 36.251,91 EUR festzusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend. Ergänzend hat er angemerkt, im vorliegenden Verfahren sei es lediglich um die Zulassung zur psychotherapeutischen Behandlung auf dem Fachgebiet als Gynäkologin gegangen. Die von der Antragstellerin herangezogene Liste zum Honorarumsatz 2015 beziehe sich dagegen auf uneingeschränkt psychotherapeutisch tätige ärztliche Psychotherapeuten, die in viel weiterem Umfang psychotherapeutisch behandeln könnten.
Die Beigeladene zu 1 hat vorgetragen: Es existierten weder bundesweit noch bezogen auf den Bezirk der Beigeladenen zu 1 Erhebungen zu den Honorarumsätzen ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Frauenärzte. Dies verwundere nicht, weil diese Spezies anzahlmäßig betrachtet statisch nahezu irrelevant sein dürfte. In ihrem (der Beigeladenen zu 1) Bezirk sei die Antragstellerin bis heute die einzige Ärztin mit einer entsprechenden Zulassung. Ein Vergleich mit den Honorarumsätzen ärztlicher Psychotherapeuten verbiete sich, weil die Antragstellerin gerade nicht zur umfassenden psychotherapeutischen Behandlung zugelassen sei.
II.
Zuständig für die Entscheidung ist der Berichterstatter als Einzelrichter (§ 68 Abs 1 Satz 5 iVm § 66 Abs 6 Satz 1 GKG; vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, § 155 Rn 9d).
Die Beschwerde ist zulässig (zur Beschwerdefrist § 68 Abs 1 Satz 3 iVm § 63 Abs 3 Satz 2 GKG) und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Nach § 52 Abs 1 GKG ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwertes keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5.000, EUR anzunehmen (§ 52 Abs 2 GKG). Nach § 53 Abs 4 Nr 4 GKG bestimmt sich der Streitwert auch in Verfahren nach § 86b SGG nach § 52 Abs 1 und 2 GKG.
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwertes keine genügenden Anhaltspunkte. Für psycho-therapeutisch tätige Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe gibt es, wie die Beigeladene zu 1 bestätigt hat, keine Honorarstatistiken. Die Zugrundelegung von Honorarumsätzen ärztlicher Psychotherapeuten verbietet sich, weil die Antragstellerin nicht zur umfassenden psychotherapeutischen Behandlung zugelassen ist.
Für die Streitwertfestsetzung ist jedoch nicht vom Regelstreitwert von 5.000, EUR auszugehen. In Anlehnung an den für Zulassungssachen zugrunde zu legenden Zeitraum von drei Jahren (BSG 1.9.2005 – B 6 KA 41/04 R) ergäbe sich im Hauptsacheverfahren ein Streitwert von 12 Quartale x 5.000, EUR = 60.000, EUR. Im vorläufigen Rechtsschutz kann insoweit aber nur von einem Zeitraum von einem Jahr ausgegangen werden (LSG Nordrhein-Westfalen 19.5.2014 – L 11 KA 99/13 B ER, juris Rn 86). Hieraus resultiert ein Streitwert von 20.000, EUR.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs 3 GKG).
Rechtskraft
Aus
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