Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 16 KA 55/07
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 4 B 663/07 KA ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozial- gerichts Kiel vom 22. November 2007 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Genehmigung für eine Zweigpraxis.
Die Antragstellerin ist eine Gemeinschaftspraxis von zehn Ärzten, deren Ärzte im Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin mit Sitz in P zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind und die radiologische Leistungen erbringen. Am 2. April 2007 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin die Genehmigung vertragsärztlicher Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes in einer Zweigpraxis in H in den Räumlichkeiten der dortigen Pa -Klinik, um auch dort Mammographien, konventionelles Röntgen, Computertomographien und Sonographien durchzuführen. Zur Begründung machte sie im Wesentlichen geltend, dass in der näheren Umgebung der geplanten Zweigpraxis kein niedergelassener Radiologe tätig sei. Im Umfeld der geplanten Zweigpraxis seien zwei Vertragsarztsitze weggefallen. Am Praxissitz in P würden bereits 800 Behandlungsfälle von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung und ca. 350 Behandlungsfälle bei Privatpatienten pro Quartal behandelt, die ihren Wohnsitz im Einzugsbereich der beantragten Zweigpraxis hätten. Für diese Patienten werde die Einrichtung der Zweigpraxis zu einer Verbesserung der Versorgung führen. Die neue Betriebsstätte in H werde in der Pa -Klinik H eingerichtet. Bereits jetzt bestehe in der stationären Versorgung eine enge Kooperation mit der Pa -Klinik in Form konsiliarischer Tätigkeit. Die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes werde nicht beeinträchtigt. Durch die Einrichtung der Zweigpraxis bei der Pa -Kli¬nik in H komme es zu keiner Mengenausweitung. Die Antragstellerin nahm Bezug auf die Zweigpraxis befürwortenden Erklärungen von Vertragsärzten mit Praxissitz in H und N.
Die Antragsgegnerin stellte Ermittlungen zum Einzugsbereich der Praxis der Antragstellerin an und befragte die in N niedergelassene Radiologische Gemeinschaftspraxis Dres. K und Kollegen, wie sie den Bedarf für die begehrte Zweigpraxisgenehmigung beurteile. Die Gemeinschaftspraxis Dres. K und Kollegen, N , teilte dazu mit, dass der Planungsbereich für die beantragten Leistungen wegen Überversorgung gesperrt sei. Nach den Feststellungen des Zulassungsausschusses aus einem Verfahren um die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung sei bekannt, dass der derzeitige Versorgungsgrad im Planungsbereich Segeberg für die Gruppe der Radiologen 195,9 % betrage. Auch die Antragstellerin der Zweigpraxis habe in diesem Verfahren zum Ausdruck gebracht, dass für eine derartige Sonderbedarfszulassung kein Bedarf gesehen werde. Alle für die Zweigpraxis beantragten Leistungen würden in N erbracht. Die Praxis in N liege von H nur 10 km (13 Minuten Fahrzeit) entfernt. H gehöre zu ihrem unmittelbaren Einzugsbereich. Sie habe ihre Versorgungskompetenz noch dadurch verstärkt, dass sie ab 1. Februar 2007 einen weiteren Facharzt für diagnostische Radiologie im Job-Sharing-Verhältnis angestellt habe. Darüber hinaus sei auf das Radiologische MVZ der Rheumaklinik Bad B hinzuweisen, das ca. 22 km von H entfernt liege und von dort innerhalb von 19 Minuten zu erreichen sei.
Mit Bescheid vom 11. Juli 2007 und Widerspruchsbescheid vom 4. September 2007 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Genehmigung der Zweigpraxis in H ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Die Genehmigung einer Zweigpraxis setze voraus, dass damit eine Verbesserung der Versorgung der Versicherten verbunden sei. In diesem Zusammenhang sei zwar keine Bedarfsprüfung in der Weise durchzuführen, wie sie bei Ermächtigungsanträgen oder bei Anträgen auf Zulassung im Rahmen einer Sonderbedarfszulassung durchgeführt werde. Allerdings könne nicht jede Eröffnung einer Zweigpraxis als Verbesserung der Versorgung angesehen werden, weil das Eröffnen von Zweigpraxen anderenfalls nicht unter einen Genehmigungsvorbehalt gestellt worden wäre. Eine Verbesserung setze voraus, dass eine Bedarfslücke bestehe. Dies sei nicht der Fall, da die Leistungen, die in der Zweigpraxis angeboten werden sollten, bereits in der Nähe des für die Zweigpraxis vorgesehenen Standorts, nämlich in N , angeboten würden. Die Fahrtzeit betrage lediglich zehn Minuten. Darüber hinaus bestehe ein entsprechendes Angebot in Bad B sowie am bisherigen Vertragsarztsitz der Antragstellerin. Die Fahrtzeit von H aus betrage ca. 19 Minuten. Bezogen auf die von der Antragstellerin für die Praxis in N geltend gemachten Wartezeiten sei darauf hinzuweisen, dass dem Bedarf durch Einstellung eines weiteren Facharztes für diagnostische Radiologie Rechnung getragen worden sei.
Die dagegen am 5. September 2007 erhobene Klage ist bei dem Sozialgericht Kiel unter dem Aktenzeichen S 16 KA 170/07 anhängig.
Den am 25. September 2007 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das Sozialgericht Kiel mit Beschluss vom 22. November 2007 mit der Begründung abgelehnt, dass weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund gegeben sei. Unabhängig von den übrigen Voraussetzungen sei schon nicht ersichtlich, dass die Versorgung der Versicherten an dem Ort der Zweigpraxis verbessert werde. Die Auslegung des Begriffs der Verbesserung der Versorgung habe sich an den für die vertragsärztliche Versorgung geltenden Grundsätzen zu orientieren, auch wenn die vertragsärztliche Tätigkeit nach dem Wortlaut der Vorschrift ohne Koppelung an die Bedarfsplanung an weiteren Orten ermöglicht werde. Der Begriff der Verbesserung der vertragsärztlichen Versorgung sei an dem in § 70 SGB V enthaltenen Grundsatz einer bedarfsgerechten Versorgung zu orientieren. Wenn abweichend davon jede vertragsärztliche Tätigkeit an einem weiteren Ort als Verbesserung angesehen würde, hätte es des Genehmigungsvorbehalts in § 24 Ärzte ZV nicht bedurft. Die Antragstellerin begehre die Genehmigung einer Zweigpraxis in einem gesperrten Planungsbereich. Dies stehe grundsätzlich in Widerspruch zu den Zielen des Bedarfsplanungsrechts. Lediglich in Ausnahmefällen könne eine Versorgung an weiteren Orten bei Bestehen eines lokalen quantitativen Versorgungsbedarfs in Teilen eines Planungsbereichs sowie bei qualitativem Versorgungsbedarf für besondere Untersuchungs- und Behandlungsmethoden als zulässig angesehen werden. Die Verbesserung der vertragsärztlichen Versorgung setze das Bestehen einer Bedarfslücke voraus, die durch die Einrichtung der Zweigpraxis geschlossen werde. Bei der Auslegung des Be¬griffs der Verbesserung der vertragsärztlichen Versorgung komme der Antragsgegnerin ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Da sämtliche Planungsbereiche in Schleswig-Holstein für Radiologen wegen Überversorgung gesperrt seien, könne in der Eröffnung einer Zweigpraxis grundsätzlich keine Verbesserung der Versorgung gesehen werden. Zwar bestehe am Ort der vorgesehenen Zweigpraxis in H keine radiologische Praxis. Die Fahrzeiten zu den bestehenden Praxen in N und Bad B seien jedoch mit zehn bzw. neunzehn Minuten zumutbar. Unter Berücksichtigung des der Antragsgegnerin zustehenden Beurteilungsspielraums sei die ablehnende Entscheidung nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin habe ihrer Entscheidung einen richtig und vollständig ermittelten Sachverhalt zugrunde gelegt. Darüber hinaus sei ein Anordnungsgrund nicht mit Wahrscheinlichkeit gegeben. Es sei nicht erkennbar, dass der Antragstellerin zustehende Rechte ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vereitelt oder wesentlich erschwert würden, sodass ihr schwere, unzumutbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht mehr in der Lage wäre. Wirtschaftliche Nachteile seien nicht erkennbar. Für den Fall des Erhalts der Genehmigung hätte die Antragstellerin aufgrund der beabsichtigten Kooperation mit der Pa -Klinik und der Nutzung der vorhandenen Geräte keine Investitionen zu tätigen. Nach ihrem eigenen Vorbringen behandele sie bereits jetzt am Vertragsarztsitz zahlreiche Patienten mit Wohnsitz im Bereich von H. Die Genehmigung der Zweigpraxis würde lediglich zu einer geringen Verringerung der Fahrzeit dieser Patienten führen, nicht jedoch zu einer wesentlichen Veränderung bezogen auf die Vergütung. Auch Probleme bezogen auf die Sicherstellung hinsichtlich der radiologischen Grundversorgung seien angesichts des Angebots entsprechender radiologischer Leistungen in N , in Bad B und am Praxissitz der Antragstellerin in P nicht zu erkennen. Mit der vorläufigen Erteilung der Genehmigung würde die Hauptsacheentscheidung in unzulässiger Weise vorweggenommen. Gründe für eine ausnahmsweise gebotene Vorwegnahme der Hauptsache seien nicht erkennbar.
Gegen den ihr am 26. November 2007 übermittelten Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit der am 19. Dezember 2007 beim Sozialgericht Kiel eingegangenen Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat. Zur Begründung führt sie aus: Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts Kiel nehme der Wortlaut des § 24 Abs. 3 Ärzte ZV nicht auf bedarfsplanungsrechtliche Grundsätze Bezug. Es sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber bewusst und gewollt von der Verwendung der bedarfsplanungsrechtlichen Begrifflichkeiten des SGB V abgesehen habe, weil er die Errichtung von Zweigpraxen nicht an bedarfsplanungsrechtlichen Gegebenheiten habe orientieren wollen. Etwas anderes könne nicht aus § 70 SGB V hergeleitet werden. Auch Sinn und Zweck der Regelung sprächen gegen die Anwendung bedarfsplanungsrechtlicher Grundsätze. Sinn und Zweck der bedarfsplanungsrechtlichen Regelungen in §§ 101 ff. SGB V seien die Begrenzung des Aufkommens an vertragsärztlichen Leistungen. Dabei sei der Gesetzgeber von der Annahme ausgegangen, dass die ungebremste Zunahme der Vertragsärzteschaft ein entsprechendes Wachstum an vertragsärztlichen Leistungen generiere. Dagegen bewirke die Genehmigung einer Zweigpraxis nicht die Ausdehnung des vertragsärztlichen Leistungsspektrums. Durch die Genehmigung einer Zweigpraxis werde das Bedarfsplanungsrecht nicht tangiert. Die Zweigpraxis werde unter Verwendung des dem Vertragsarzt am Hauptsitz verfügbaren Budgets betrieben. Die Verweigerung der Genehmigung stelle einen Eingriff in sein verfassungsrechtlich geschütztes Recht aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) dar. Auch ohne die Anwendung bedarfsplanungsrechtlicher Grundsätze müsse nicht jede Errichtung einer Zweigpraxis als Verbesserung der vertragsärztlichen Versorgung angesehen werden. Die Verbesserung der vertragsärztlichen Versorgung könne vielmehr objektiv bezogen auf den Standort der Zweigpraxis ermittelt werden. Die vertragsärztliche Versorgung werde nicht nur dann verbessert, wenn am Standort der geplanten Zweigpraxis kein entsprechendes Versorgungsangebot vorgehalten werde, sondern auch dann, wenn dort oder in der näheren Umgebung aufgrund der Ausgestaltung der Zweigpraxis z. B. durch entsprechende Kooperationen ein besonders hoher Wirtschaftlichkeitsgrad erreicht werde. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts stehe der Antragsgegnerin kein gerichtlich eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu, weil bedarfsplanungsrechtliche Gesichtspunkte gerade nicht zu berücksichtigen seien. Vielmehr gehe es um die gerichtlich überprüfbare Auslegung des Begriffs der Verbesserung der Versorgung. Das Sozialgericht habe zu Unrecht die für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung geltenden Maßstäbe auf die Genehmigung einer Zweigpraxis übertragen. Ebenfalls entgegen der Auffassung des Sozialgerichts bestehe ein Anordnungsgrund. Ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes würden ihr zustehende Rechte vereitelt oder wesentlich erschwert, so dass ihr schwere, unzumutbare Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung die Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht mehr in der Lage wäre. Im Hauptsacheverfahren werde sie mit überwiegender Wahrscheinlichkeit obsiegen. Durch die Verweigerung vorläufigen Rechtsschutzes werde ihre verfassungsrechtlich geschützte Rechtsposition aus Art. 12 GG erheblich eingeschränkt. Der wirtschaftliche Nachteil im Fall einer Verweigerung des einstweiligen Rechtsschutzes liege in einer Gefährdung der Kooperation mit der Pa -Klinik in H. Sie müsse möglicherweise damit rechnen, dass eine im Planungsbereich angesiedelte radiologische Praxis einen Vertragsarztsitz an den Standort der Pa -Klinik H verlege, diesen Vertragsarztsitz in überörtlicher Berufsausübungsgemeinschaft betreibe und der Pa -Klinik H eine entsprechende Kooperation anbiete. Dies könne im Hinblick auf die durch die Nutzung der radiologischen Geräte erzielten Synergieeffekte im stationären und ambulanten Bereich Veranlassung für die Pa -Klinik H sein, die Kooperation mit ihr zu beenden und sich einer anderen Praxis im Planungsbereich zuzuwenden. Möglicherweise müsse sie auch damit rechnen, dass eine andere radiologische Praxis außerhalb des Planungsbereichs einen Antrag auf Genehmigung einer Zweigpraxis am Standort H zwecks Kooperation mit der Pa -Klinik H stelle und diesen Antrag dann im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig durchsetze.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 22. Novem- ber 2007 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu ver- pflichten, ihr vorläufig bis zum Eintritt der Rechts- kraft im Hauptsacheverfahren die Genehmigung zur Aus- übung der vertragsärztlichen Tätigkeit in 24558 H , W Straße , zur Ausübung folgender vertragsärztlicher Tätigkeiten zu erteilen: Mammographie, konventionelles Röntgen, Computertomo- graphie, Sonographie.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur Begründung wiederholt und vertieft sie die Begründung aus den ablehnenden Bescheiden sowie ihr Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren. Die Regelung des § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV laufe in gesperrten Planungsgebieten keineswegs leer. Eine Verbesserung der Versorgung könne unter qualitativen Gesichtspunkten vorliegen, wenn der Vertragsarzt an weiteren Orten ärztliche Leistungen anbiete, die die bereits niedergelassenen Ärzte nicht anbieten würden. Dagegen könnte ein durch Kooperationen erreichter hoher Wirtschaftlichkeitsgrad am Standort der geplanten Zweigpraxis entgegen der Auffassung der Antragstellerin keine Bedeutung für die Verbesserung der Versorgung der Versicherten haben. Sämtliche Leistungen, die in der beantragten Zweigpraxis erbracht werden sollten, würden bereits in unmittelbarer Nähe durch die radiologische Praxis in N angeboten. Das Sozialgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass der Kassenärztlichen Vereinigung ein Beurteilungsspielraum zukomme, der nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich sei. Schließlich fehle es an einem Anordnungsgrund. Die von der Antragstellerin geäußerten Befürchtungen bezogen auf die Kooperation mit der Pa -Klinik stellten keinen Grund im Sinne des § 86 b SGG dar, sondern die bloße Möglichkeit einer Beeinträchtigung. Finanzielle Nachteile aus bürgerlich-rechtlichen Verbindlichkeiten, die in Erwartung der Genehmigung eingegangen worden seien, genügten ebenfalls nicht.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist nicht begründet. Der den Erlass einer einstweiligen Anordnung ablehnende Beschluss des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist hier § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Danach sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung).
§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG entspricht im Wesentlichen der Regelung in § 123 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), so dass die zu dieser Vorschrift in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Grundsätze entsprechend herangezogen werden können. Erforderlich ist danach für den Erlass einer einstweiligen Anordnung das Vorliegen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund. Ein Anordnungsanspruch ist gegeben, wenn der geltend gemachte materielle Anspruch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit besteht. Zwischen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund besteht dabei insoweit eine Beziehung, als in Fällen, in denen ein Anordnungsanspruch offensichtlich gegeben ist, nur geringere Anforderungen an den Anordnungsgrund zu stellen sind. Lässt sich das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs im Rahmen einer summarischen Prüfung nicht mit Wahrscheinlichkeit klären, sondern ist das Hauptsacheverfahren offen, schließt dies eine vorläufige Regelung nicht von vornherein aus; allerdings sind dann strengere Anforderungen an das Vorliegen eines Anordnungsgrundes zu stellen (vgl. Kopp/Schen¬ke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 123 Rz. 25 m.w.N.).
Nach dem Ergebnis der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung ist das Ergebnis des Hauptsacheverfahrens als offen anzusehen.
Gemäß § 95 Abs. 1 Satz 7 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. § 24 Abs. 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte ZV) erfolgt die Zulassung für den Ort der Niederlassung als Arzt (Vertragsarztsitz). Wegen der Voraussetzungen für die Tätigkeit des Vertragsarztes in einer Nebenbetriebsstätte verweist § 15a Abs. 2 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) in der seit dem 1. Juli 2007 geltenden Fassung (entsprechend § 15a Abs. 2 Satz 1 Arzt-/Ersatzkassen-Vertrag in der seit 1. Juli 2007 geltenden Fassung) auf § 24 Ärzte ZV. Gemäß § 24 Abs. 3 Satz 1 Ärzte ZV in der Fassung des Art. 5 Nr. 7 Buchst. a Vertragsarztrechtänderungsgesetz (VÄndG) vom 22. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3439) sind vertragsärztliche Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes an weiteren Orten zulässig, wenn und soweit 1. dies die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessert und 2. die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes nicht beeinträchtigt wird. Sofern die weiteren Orte im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung liegen, in der der Vertragsarzt Mitglied ist, hat er bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 24 Abs. 3 Satz 1 Ärzte ZV einen Anspruch auf vorherige Genehmigung durch seine Kassenärztliche Vereinigung.
Anhaltspunkte dafür, dass die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes beeinträchtigt werden könnte, bestehen derzeit nicht.
Für den Ausgang des Hauptsacheverfahrens wird es darauf ankommen, ob mit der Einrichtung der Zweigpraxis in H die Versorgung der Versicherten im Sinne des § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Ärzte ZV verbessert werden würde. Dabei stellt sich die Frage, ob und ggf. wie die Tatsache zu berücksichtigen ist, dass die Eröffnung einer Zweigpraxis in einem Planungsbereich begehrt wird, in dem Zulassungsbeschränkungen aufgrund festgestellter Überversorgung bestehen. Die Auslegung des Tatbestandsmerkmals der "Verbesserung der Versorgung der Versicherten" in § 24 Abs. 3 Satz Nr. 1 Ärzte ZV ist in Rechtsprechung und Literatur gerade für diese Fallgestaltung umstritten. Nach Auffassung von Schallen (Zulassungsverordnung, 5. Aufl. 2007, § 24 Rz. 644 ff.) hat sich die Auslegung an dem in § 70 SGB V enthaltenen Grundsatz zu orientieren, wonach die Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung auf der Grundlage der Bedarfsplanung im Sinne der §§ 99 ff. SGB V zu erfolgen hat. In einem gesperrten Planungsbereich stehe eine weitere vertragsärztliche Tätigkeit grundsätzlich in Widerspruch zu den Zielen des Bedarfsplanungsrechts. Ausnahmen seien in Anknüpfung an die Voraussetzungen für die Sonderbedarfszulassung bei lokalem quantitativem Versorgungsbedarf oder bei qualitativem Versorgungsbedarf für besondere Untersuchungs- und Behandlungsmethoden anzunehmen. Dahm/Ratzel (MedR 2006, 555, 563) sehen es als völlig offen an, inwieweit Aspekte der Bedarfsplanung im vorliegenden Zusammenhang zu beachten seien. Mit einer Auslegung der Vorschrift dahin, dass Aspekte der Bedarfsplanung unbeachtet blieben, werde Vertragsärzten die materielle Grundlage entzogen werden, wenn einzelne unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten besonders attraktive Leistungen durch andere Ärzte an verschiedenen Standorten angeboten würden. Orlowski/Halbe/Karch (VÄndG, 2. Aufl. 2008, S. 34 f.) gehen dagegen davon aus, dass die Tätigkeit in einer Zweigpraxis ("am weiteren Ort") auch dann genehmigungsfähig sein kann, wenn an diesem Ort bedarfsplanungsrechtlich kein freier Praxissitz vorhanden ist und auch die Voraussetzungen einer Sonderbedarfszulassung nicht vorliegen. Auch sie berücksichtigten jedoch mittelbar den Aspekt des Bedarfs, indem sie darauf abstellen wollen, ob in der Zweigpraxis Leistungen (Methoden) angeboten werden sollen, die nicht von bereits niedergelassenen ärztlichen Leistungserbringern angeboten werden. Eine unmittelbare Bezugnahme auf die Grundlagen der Bedarfsplanung im Sinne der § 99 ff. SGB V oder eine allgemeine Abwägung zwischen den Interessen des Arztes, der die Zweigpraxis eröffnen will und den Interessen der bereits zugelassenen ärztlichen Leistungserbringer halten sie dagegen für nicht zulässig. In eine ähnliche Richtung weisen die Anmerkungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zum VÄndG (Rundschreiben vom 10. Januar 2007, S. 26 f.). Danach soll es für die Prüfung, ob durch die Zweigpraxis eine Verbesserung der Versorgung erreicht wird, nicht auf das Bestehen von Zulassungsbeschränkungen ankommen. Ausschlaggebend seien die Versorgungsbedürfnisse der Versicherten unter Zugrundelegung einer kleinräumigen ("lokalen") Bewertung. Ein Indiz dafür, dass ärztliche Leistungen nicht in ausreichendem Maße angeboten würden, könnten lange Wartezeiten sein. Abzustellen sei konkret auf die Leistungen, die in der Zweigpraxis angeboten werden sollten. Grohn (BKK 2007, 8) geht - ohne nähere Begründung - davon aus, dass mit der Änderung des § 24 Ärzte-ZV durch das VÄndG eine Art "Zulassungsgarantie" für Zweigpraxen begründet werde, die "im Extremfall" auch für Bereiche gelten müsse, in denen eine Überversorgung bestehe. Nach Auffassung des Sozialgerichts Marburg (Urt. v. 7. März 2007 – S 12 KA 701/06 –, veröffentlicht in juris) ist der Begriff der "Verbesserung" der Versorgung im Sinne des § 24 Abs. 3 Ärzte ZV dahin zu verstehen, dass eine "Bedarfslücke" bestehen müsse, die zwar nicht unbedingt geschlossen werden müsse, die aber nachhaltig eine durch Angebot oder Erreichbarkeit veränderte und im Sinne der vertragsärztlichen Versorgung verbesserte Versorgungssituation herbeiführe. Es könne nicht angenommen werden, dass jede weitere Eröffnung einer Praxis bzw. Zweigpraxis das Versorgungsangebot unter dem Gesichtspunkt der Freiheit der Arztwahl "verbessert". Das Hessische Landessozialgericht (Beschl. v. 29. November 2007 – L 4 KA 56/07 ER –, veröffentlicht in juris) hat dagegen ausdrücklich offen gelassen, ob eine lediglich "quantitativ zusätzliche" Tätigkeit als Verbesserung der Versorgung angesehen werden könne. Jedenfalls wenn bestimmte Leistungen in dem betreffenden Planungsbereich regional nicht oder nicht im erforderlichen Umfang angeboten würden, würde die Versorgung durch die Genehmigung einer Zweigpraxis, die entsprechende spezielle Leistungen anbiete, im Sinne des § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Ärzte-ZV verbessert.
Für die Entscheidung des Hauptsacheverfahrens wird es damit darauf ankommen, wie der Begriff der Verbesserung der Versorgung auszulegen ist. Nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte und auch der der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/2474. S. 29 f.) ist davon auszugehen, dass die Möglichkeit zur Gründung von Zweigpraxen mit der zum 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Änderung des § 24 Ärzte-ZV durch das VÄndG gegenüber der Rechtslage unter Geltung des § 15a Abs. 1 BMV-Ä (bzw. der entsprechenden Regelung im Arzt-/Ersatzkassenver¬trag) in der bis dahin geltenden Fassung erweitert werden sollte. Die Genehmigung einer Zweigpraxis hing nach § 15a Abs. 1 BMV-Ä davon ab, dass diese zur Sicherung einer ausreichenden Versorgung erforderlich war. Demgegenüber verlangt § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Ärzte-ZV nur noch eine Verbesserung der Versorgung. Ein Bezug zur Bedarfsplanung i.S.d. §§ 99 ff. SGB V ist der Vorschrift nicht zu entnehmen. Dies könnte gegen die von Schallen (a.a.O., Rz 649) vertretene Auffassung sprechen, nach der die Genehmigung für eine Zweigpraxis in einem gesperrten Planungsbereich im Wesentlichen unter den für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung geltenden Voraussetzungen zu erteilen ist. Gut nachvollziehbar bei der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung ist die Auffassung von Orlowski/Halbe/Karch (a.a.O.), nach der Aspekte der Bedarfsplanung für die Auslegung des Begriffs der Verbesserung der Versorgung nicht maßgebend sind und die Genehmigung einer Zweigpraxis auch in einem wegen Überversorgung gesperrten Planungsgebiet unabhängig von den Voraussetzungen für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung in Betracht kommt. Die Frage nach der Verbesserung der Versorgung kann allerdings auch nach dieser Auslegung nicht unabhängig von dem am vorgesehenen Ort der Zweigpraxis bestehenden Versorgungsangebot beantwortet werden. Danach müssten im Hauptsacheverfahren voraussichtlich Feststellungen zu der Frage getroffen werden, ob und inwieweit die Leistungen, die die Antragstellerin in der Zweigpraxis anbieten will, für die Versicherten im Einzugsbereich der beantragten Zweigpraxis durch bereits niedergelassene Ärzte angeboten werden. Nach den von der Antragsgegnerin im Verwaltungsverfahren durchgeführten Ermittlungen werden alle Leistungen, die die Antragstellerin in der Zweigpraxis anbieten will, bereits in radiologischen Praxen in N , in Bad B sowie am Praxissitz der Antragstellerin in P erbracht. Von besonderer Bedeutung sind im vorliegenden Zusammenhang die Angebote der Praxis in N und damit in einer Entfernung von nur etwa 10 km von der vorgesehenen Zweigpraxis. Von dem Ort der Zweigpraxis wäre diese Praxis mit dem Pkw in etwas mehr als zehn Minuten zu erreichen. Ob diese Praxis über die für die Versorgung der Versicherten aus H erforderliche Kapazität verfügt, ist zwischen den Beteiligten bisher umstritten. Während die Antragstellerin auf längere Wartezeiten verweist, hat die Antragsgegnerin dies bestritten und im erstinstanzlichen Verfahren auf einen bestandskräftigen Beschluss des Zulassungsausschusses hingewiesen, wonach die Gemeinschaftspraxis in N mit Wirkung ab dem 1. Februar 2007 gemäß § 32b Ärzte ZV i.V.m. den Angestellte Ärzte-Richtlinien die Genehmigung zur Beschäftigung eines Facharztes für diagnostische Radiologie erhalten habe. Die ggf. zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts gebotenen Ermittlungen können im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht durchgeführt werden, sondern müssen dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Der Ausgang des Hauptsacheverfahrens ist nach allem sowohl wegen der umstrittenen Auslegung des § 24 Abs. 3 Ärzte ZV als auch wegen der voraussichtlich erforderlichen weiteren Aufklärung zum bestehenden Versorgungsangebot als offen anzusehen.
Unter diesen Umständen sind strengere Anforderungen an das Vorliegen eines Anordnungsgrundes zu stellen. Diese werden eindeutig nicht erfüllt. Der Antragstellerin kann ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung zugemutet werden. Die Frage, ob die Antragstellerin die Versicherten allein am Praxissitz oder auch in einer Zweigpraxis behandeln kann, ist für Verwirklichung der Grundrechte der in der Gemeinschaftspraxis tätigen Ärzte aus Art. 12 GG jedenfalls nicht von zentraler Bedeutung. Die Genehmigung der Zweigpraxis betrifft nicht die stärker geschützte Freiheit der Berufswahl, sondern lediglich die Berufsausübung, und die Beschränkung wirkt sich darüber hinaus sehr viel weniger einschneidend aus als andere Ausübungsregelungen wie z.B. Zulassungssperren nach §§ 99 ff SGB V, §§ 12 ff. Ärzte-ZV (vgl. dazu BSG, Urt. v. 18. März 1998 B 6 KA 37/96 R BSGE 82, 41 = SozR 3-2500 § 103 Nr. 2). Es ist nicht ersichtlich, dass der Antragstellerin durch die Versagung der Genehmigung für die Dauer des Hauptsacheverfahrens unmittelbare wirtschaftliche Nachteile drohen, weil eine Ausweitung der ärztlichen Tätigkeit auch nach ihren eigenen Angaben mit der Genehmigung der Zweigpraxis nicht verbunden sein soll. Darauf hat das Sozialgericht bereits zutreffend hingewiesen. Im Beschwerdeverfahren macht die Antragstellerin ergänzend Nachteile geltend, die sich mittelbar dadurch ergeben könnten, dass die Pa -Klinik H die bestehende Zusammenarbeit beendet, wenn z.B. einer anderen radiologischen Praxis die Genehmigung für eine Zweigpraxis erteilt würde oder wenn ein anderer Arzt seinen Vertragssitz an den Standort der Pa -Klinik verlegen würde und diesen Vertragsarztsitz in überörtlicher Berufsausübungsgemeinschaft betreiben würde, um der Pa -Klinik H eine entsprechende Kooperation anzubieten. Damit hat die Antragstellerin jedoch nicht in der erforderlichen Weise glaubhaft gemacht, dass bereits gegenwärtig eine Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Erforderlich ist im vorliegenden Zusammenhang, dass der Eintritt einer Rechtsbeeinträchtigung unmittelbar bevorsteht. Die hier bestehende abstrakte Möglichkeit, dass es künftig unter bestimmten bisher nicht vorliegenden Voraussetzungen zu Nachteilen kommen könnte, genügt dagegen nicht (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 86b Rz 27a; Beschlüsse des Senats vom 20. Juni 2005 L 4 B 20/05 KA ER – und vom 10. März 2007 L 4 B 323/07 KA ER).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Da das auf Genehmigung vertragsärztlicher Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes an einem weiteren Ort gerichtete Begehren der Antragstellerin keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Werts bietet, war der Auffangwert von 5.000,00 EUR als Streitwert festzusetzen (§ 52 Abs. 2 GKG).
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.
Arndt Kampe Rademacker Vorsitzender Richter am Landessozialgericht Richterin am Landes- sozialgericht Richter am Landes- sozialgericht
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Genehmigung für eine Zweigpraxis.
Die Antragstellerin ist eine Gemeinschaftspraxis von zehn Ärzten, deren Ärzte im Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin mit Sitz in P zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind und die radiologische Leistungen erbringen. Am 2. April 2007 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin die Genehmigung vertragsärztlicher Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes in einer Zweigpraxis in H in den Räumlichkeiten der dortigen Pa -Klinik, um auch dort Mammographien, konventionelles Röntgen, Computertomographien und Sonographien durchzuführen. Zur Begründung machte sie im Wesentlichen geltend, dass in der näheren Umgebung der geplanten Zweigpraxis kein niedergelassener Radiologe tätig sei. Im Umfeld der geplanten Zweigpraxis seien zwei Vertragsarztsitze weggefallen. Am Praxissitz in P würden bereits 800 Behandlungsfälle von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung und ca. 350 Behandlungsfälle bei Privatpatienten pro Quartal behandelt, die ihren Wohnsitz im Einzugsbereich der beantragten Zweigpraxis hätten. Für diese Patienten werde die Einrichtung der Zweigpraxis zu einer Verbesserung der Versorgung führen. Die neue Betriebsstätte in H werde in der Pa -Klinik H eingerichtet. Bereits jetzt bestehe in der stationären Versorgung eine enge Kooperation mit der Pa -Klinik in Form konsiliarischer Tätigkeit. Die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes werde nicht beeinträchtigt. Durch die Einrichtung der Zweigpraxis bei der Pa -Kli¬nik in H komme es zu keiner Mengenausweitung. Die Antragstellerin nahm Bezug auf die Zweigpraxis befürwortenden Erklärungen von Vertragsärzten mit Praxissitz in H und N.
Die Antragsgegnerin stellte Ermittlungen zum Einzugsbereich der Praxis der Antragstellerin an und befragte die in N niedergelassene Radiologische Gemeinschaftspraxis Dres. K und Kollegen, wie sie den Bedarf für die begehrte Zweigpraxisgenehmigung beurteile. Die Gemeinschaftspraxis Dres. K und Kollegen, N , teilte dazu mit, dass der Planungsbereich für die beantragten Leistungen wegen Überversorgung gesperrt sei. Nach den Feststellungen des Zulassungsausschusses aus einem Verfahren um die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung sei bekannt, dass der derzeitige Versorgungsgrad im Planungsbereich Segeberg für die Gruppe der Radiologen 195,9 % betrage. Auch die Antragstellerin der Zweigpraxis habe in diesem Verfahren zum Ausdruck gebracht, dass für eine derartige Sonderbedarfszulassung kein Bedarf gesehen werde. Alle für die Zweigpraxis beantragten Leistungen würden in N erbracht. Die Praxis in N liege von H nur 10 km (13 Minuten Fahrzeit) entfernt. H gehöre zu ihrem unmittelbaren Einzugsbereich. Sie habe ihre Versorgungskompetenz noch dadurch verstärkt, dass sie ab 1. Februar 2007 einen weiteren Facharzt für diagnostische Radiologie im Job-Sharing-Verhältnis angestellt habe. Darüber hinaus sei auf das Radiologische MVZ der Rheumaklinik Bad B hinzuweisen, das ca. 22 km von H entfernt liege und von dort innerhalb von 19 Minuten zu erreichen sei.
Mit Bescheid vom 11. Juli 2007 und Widerspruchsbescheid vom 4. September 2007 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Genehmigung der Zweigpraxis in H ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Die Genehmigung einer Zweigpraxis setze voraus, dass damit eine Verbesserung der Versorgung der Versicherten verbunden sei. In diesem Zusammenhang sei zwar keine Bedarfsprüfung in der Weise durchzuführen, wie sie bei Ermächtigungsanträgen oder bei Anträgen auf Zulassung im Rahmen einer Sonderbedarfszulassung durchgeführt werde. Allerdings könne nicht jede Eröffnung einer Zweigpraxis als Verbesserung der Versorgung angesehen werden, weil das Eröffnen von Zweigpraxen anderenfalls nicht unter einen Genehmigungsvorbehalt gestellt worden wäre. Eine Verbesserung setze voraus, dass eine Bedarfslücke bestehe. Dies sei nicht der Fall, da die Leistungen, die in der Zweigpraxis angeboten werden sollten, bereits in der Nähe des für die Zweigpraxis vorgesehenen Standorts, nämlich in N , angeboten würden. Die Fahrtzeit betrage lediglich zehn Minuten. Darüber hinaus bestehe ein entsprechendes Angebot in Bad B sowie am bisherigen Vertragsarztsitz der Antragstellerin. Die Fahrtzeit von H aus betrage ca. 19 Minuten. Bezogen auf die von der Antragstellerin für die Praxis in N geltend gemachten Wartezeiten sei darauf hinzuweisen, dass dem Bedarf durch Einstellung eines weiteren Facharztes für diagnostische Radiologie Rechnung getragen worden sei.
Die dagegen am 5. September 2007 erhobene Klage ist bei dem Sozialgericht Kiel unter dem Aktenzeichen S 16 KA 170/07 anhängig.
Den am 25. September 2007 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das Sozialgericht Kiel mit Beschluss vom 22. November 2007 mit der Begründung abgelehnt, dass weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund gegeben sei. Unabhängig von den übrigen Voraussetzungen sei schon nicht ersichtlich, dass die Versorgung der Versicherten an dem Ort der Zweigpraxis verbessert werde. Die Auslegung des Begriffs der Verbesserung der Versorgung habe sich an den für die vertragsärztliche Versorgung geltenden Grundsätzen zu orientieren, auch wenn die vertragsärztliche Tätigkeit nach dem Wortlaut der Vorschrift ohne Koppelung an die Bedarfsplanung an weiteren Orten ermöglicht werde. Der Begriff der Verbesserung der vertragsärztlichen Versorgung sei an dem in § 70 SGB V enthaltenen Grundsatz einer bedarfsgerechten Versorgung zu orientieren. Wenn abweichend davon jede vertragsärztliche Tätigkeit an einem weiteren Ort als Verbesserung angesehen würde, hätte es des Genehmigungsvorbehalts in § 24 Ärzte ZV nicht bedurft. Die Antragstellerin begehre die Genehmigung einer Zweigpraxis in einem gesperrten Planungsbereich. Dies stehe grundsätzlich in Widerspruch zu den Zielen des Bedarfsplanungsrechts. Lediglich in Ausnahmefällen könne eine Versorgung an weiteren Orten bei Bestehen eines lokalen quantitativen Versorgungsbedarfs in Teilen eines Planungsbereichs sowie bei qualitativem Versorgungsbedarf für besondere Untersuchungs- und Behandlungsmethoden als zulässig angesehen werden. Die Verbesserung der vertragsärztlichen Versorgung setze das Bestehen einer Bedarfslücke voraus, die durch die Einrichtung der Zweigpraxis geschlossen werde. Bei der Auslegung des Be¬griffs der Verbesserung der vertragsärztlichen Versorgung komme der Antragsgegnerin ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Da sämtliche Planungsbereiche in Schleswig-Holstein für Radiologen wegen Überversorgung gesperrt seien, könne in der Eröffnung einer Zweigpraxis grundsätzlich keine Verbesserung der Versorgung gesehen werden. Zwar bestehe am Ort der vorgesehenen Zweigpraxis in H keine radiologische Praxis. Die Fahrzeiten zu den bestehenden Praxen in N und Bad B seien jedoch mit zehn bzw. neunzehn Minuten zumutbar. Unter Berücksichtigung des der Antragsgegnerin zustehenden Beurteilungsspielraums sei die ablehnende Entscheidung nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin habe ihrer Entscheidung einen richtig und vollständig ermittelten Sachverhalt zugrunde gelegt. Darüber hinaus sei ein Anordnungsgrund nicht mit Wahrscheinlichkeit gegeben. Es sei nicht erkennbar, dass der Antragstellerin zustehende Rechte ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vereitelt oder wesentlich erschwert würden, sodass ihr schwere, unzumutbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht mehr in der Lage wäre. Wirtschaftliche Nachteile seien nicht erkennbar. Für den Fall des Erhalts der Genehmigung hätte die Antragstellerin aufgrund der beabsichtigten Kooperation mit der Pa -Klinik und der Nutzung der vorhandenen Geräte keine Investitionen zu tätigen. Nach ihrem eigenen Vorbringen behandele sie bereits jetzt am Vertragsarztsitz zahlreiche Patienten mit Wohnsitz im Bereich von H. Die Genehmigung der Zweigpraxis würde lediglich zu einer geringen Verringerung der Fahrzeit dieser Patienten führen, nicht jedoch zu einer wesentlichen Veränderung bezogen auf die Vergütung. Auch Probleme bezogen auf die Sicherstellung hinsichtlich der radiologischen Grundversorgung seien angesichts des Angebots entsprechender radiologischer Leistungen in N , in Bad B und am Praxissitz der Antragstellerin in P nicht zu erkennen. Mit der vorläufigen Erteilung der Genehmigung würde die Hauptsacheentscheidung in unzulässiger Weise vorweggenommen. Gründe für eine ausnahmsweise gebotene Vorwegnahme der Hauptsache seien nicht erkennbar.
Gegen den ihr am 26. November 2007 übermittelten Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit der am 19. Dezember 2007 beim Sozialgericht Kiel eingegangenen Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat. Zur Begründung führt sie aus: Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts Kiel nehme der Wortlaut des § 24 Abs. 3 Ärzte ZV nicht auf bedarfsplanungsrechtliche Grundsätze Bezug. Es sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber bewusst und gewollt von der Verwendung der bedarfsplanungsrechtlichen Begrifflichkeiten des SGB V abgesehen habe, weil er die Errichtung von Zweigpraxen nicht an bedarfsplanungsrechtlichen Gegebenheiten habe orientieren wollen. Etwas anderes könne nicht aus § 70 SGB V hergeleitet werden. Auch Sinn und Zweck der Regelung sprächen gegen die Anwendung bedarfsplanungsrechtlicher Grundsätze. Sinn und Zweck der bedarfsplanungsrechtlichen Regelungen in §§ 101 ff. SGB V seien die Begrenzung des Aufkommens an vertragsärztlichen Leistungen. Dabei sei der Gesetzgeber von der Annahme ausgegangen, dass die ungebremste Zunahme der Vertragsärzteschaft ein entsprechendes Wachstum an vertragsärztlichen Leistungen generiere. Dagegen bewirke die Genehmigung einer Zweigpraxis nicht die Ausdehnung des vertragsärztlichen Leistungsspektrums. Durch die Genehmigung einer Zweigpraxis werde das Bedarfsplanungsrecht nicht tangiert. Die Zweigpraxis werde unter Verwendung des dem Vertragsarzt am Hauptsitz verfügbaren Budgets betrieben. Die Verweigerung der Genehmigung stelle einen Eingriff in sein verfassungsrechtlich geschütztes Recht aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) dar. Auch ohne die Anwendung bedarfsplanungsrechtlicher Grundsätze müsse nicht jede Errichtung einer Zweigpraxis als Verbesserung der vertragsärztlichen Versorgung angesehen werden. Die Verbesserung der vertragsärztlichen Versorgung könne vielmehr objektiv bezogen auf den Standort der Zweigpraxis ermittelt werden. Die vertragsärztliche Versorgung werde nicht nur dann verbessert, wenn am Standort der geplanten Zweigpraxis kein entsprechendes Versorgungsangebot vorgehalten werde, sondern auch dann, wenn dort oder in der näheren Umgebung aufgrund der Ausgestaltung der Zweigpraxis z. B. durch entsprechende Kooperationen ein besonders hoher Wirtschaftlichkeitsgrad erreicht werde. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts stehe der Antragsgegnerin kein gerichtlich eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu, weil bedarfsplanungsrechtliche Gesichtspunkte gerade nicht zu berücksichtigen seien. Vielmehr gehe es um die gerichtlich überprüfbare Auslegung des Begriffs der Verbesserung der Versorgung. Das Sozialgericht habe zu Unrecht die für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung geltenden Maßstäbe auf die Genehmigung einer Zweigpraxis übertragen. Ebenfalls entgegen der Auffassung des Sozialgerichts bestehe ein Anordnungsgrund. Ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes würden ihr zustehende Rechte vereitelt oder wesentlich erschwert, so dass ihr schwere, unzumutbare Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung die Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht mehr in der Lage wäre. Im Hauptsacheverfahren werde sie mit überwiegender Wahrscheinlichkeit obsiegen. Durch die Verweigerung vorläufigen Rechtsschutzes werde ihre verfassungsrechtlich geschützte Rechtsposition aus Art. 12 GG erheblich eingeschränkt. Der wirtschaftliche Nachteil im Fall einer Verweigerung des einstweiligen Rechtsschutzes liege in einer Gefährdung der Kooperation mit der Pa -Klinik in H. Sie müsse möglicherweise damit rechnen, dass eine im Planungsbereich angesiedelte radiologische Praxis einen Vertragsarztsitz an den Standort der Pa -Klinik H verlege, diesen Vertragsarztsitz in überörtlicher Berufsausübungsgemeinschaft betreibe und der Pa -Klinik H eine entsprechende Kooperation anbiete. Dies könne im Hinblick auf die durch die Nutzung der radiologischen Geräte erzielten Synergieeffekte im stationären und ambulanten Bereich Veranlassung für die Pa -Klinik H sein, die Kooperation mit ihr zu beenden und sich einer anderen Praxis im Planungsbereich zuzuwenden. Möglicherweise müsse sie auch damit rechnen, dass eine andere radiologische Praxis außerhalb des Planungsbereichs einen Antrag auf Genehmigung einer Zweigpraxis am Standort H zwecks Kooperation mit der Pa -Klinik H stelle und diesen Antrag dann im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig durchsetze.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 22. Novem- ber 2007 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu ver- pflichten, ihr vorläufig bis zum Eintritt der Rechts- kraft im Hauptsacheverfahren die Genehmigung zur Aus- übung der vertragsärztlichen Tätigkeit in 24558 H , W Straße , zur Ausübung folgender vertragsärztlicher Tätigkeiten zu erteilen: Mammographie, konventionelles Röntgen, Computertomo- graphie, Sonographie.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur Begründung wiederholt und vertieft sie die Begründung aus den ablehnenden Bescheiden sowie ihr Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren. Die Regelung des § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV laufe in gesperrten Planungsgebieten keineswegs leer. Eine Verbesserung der Versorgung könne unter qualitativen Gesichtspunkten vorliegen, wenn der Vertragsarzt an weiteren Orten ärztliche Leistungen anbiete, die die bereits niedergelassenen Ärzte nicht anbieten würden. Dagegen könnte ein durch Kooperationen erreichter hoher Wirtschaftlichkeitsgrad am Standort der geplanten Zweigpraxis entgegen der Auffassung der Antragstellerin keine Bedeutung für die Verbesserung der Versorgung der Versicherten haben. Sämtliche Leistungen, die in der beantragten Zweigpraxis erbracht werden sollten, würden bereits in unmittelbarer Nähe durch die radiologische Praxis in N angeboten. Das Sozialgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass der Kassenärztlichen Vereinigung ein Beurteilungsspielraum zukomme, der nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich sei. Schließlich fehle es an einem Anordnungsgrund. Die von der Antragstellerin geäußerten Befürchtungen bezogen auf die Kooperation mit der Pa -Klinik stellten keinen Grund im Sinne des § 86 b SGG dar, sondern die bloße Möglichkeit einer Beeinträchtigung. Finanzielle Nachteile aus bürgerlich-rechtlichen Verbindlichkeiten, die in Erwartung der Genehmigung eingegangen worden seien, genügten ebenfalls nicht.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist nicht begründet. Der den Erlass einer einstweiligen Anordnung ablehnende Beschluss des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist hier § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Danach sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung).
§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG entspricht im Wesentlichen der Regelung in § 123 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), so dass die zu dieser Vorschrift in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Grundsätze entsprechend herangezogen werden können. Erforderlich ist danach für den Erlass einer einstweiligen Anordnung das Vorliegen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund. Ein Anordnungsanspruch ist gegeben, wenn der geltend gemachte materielle Anspruch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit besteht. Zwischen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund besteht dabei insoweit eine Beziehung, als in Fällen, in denen ein Anordnungsanspruch offensichtlich gegeben ist, nur geringere Anforderungen an den Anordnungsgrund zu stellen sind. Lässt sich das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs im Rahmen einer summarischen Prüfung nicht mit Wahrscheinlichkeit klären, sondern ist das Hauptsacheverfahren offen, schließt dies eine vorläufige Regelung nicht von vornherein aus; allerdings sind dann strengere Anforderungen an das Vorliegen eines Anordnungsgrundes zu stellen (vgl. Kopp/Schen¬ke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 123 Rz. 25 m.w.N.).
Nach dem Ergebnis der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung ist das Ergebnis des Hauptsacheverfahrens als offen anzusehen.
Gemäß § 95 Abs. 1 Satz 7 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. § 24 Abs. 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte ZV) erfolgt die Zulassung für den Ort der Niederlassung als Arzt (Vertragsarztsitz). Wegen der Voraussetzungen für die Tätigkeit des Vertragsarztes in einer Nebenbetriebsstätte verweist § 15a Abs. 2 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) in der seit dem 1. Juli 2007 geltenden Fassung (entsprechend § 15a Abs. 2 Satz 1 Arzt-/Ersatzkassen-Vertrag in der seit 1. Juli 2007 geltenden Fassung) auf § 24 Ärzte ZV. Gemäß § 24 Abs. 3 Satz 1 Ärzte ZV in der Fassung des Art. 5 Nr. 7 Buchst. a Vertragsarztrechtänderungsgesetz (VÄndG) vom 22. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3439) sind vertragsärztliche Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes an weiteren Orten zulässig, wenn und soweit 1. dies die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessert und 2. die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes nicht beeinträchtigt wird. Sofern die weiteren Orte im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung liegen, in der der Vertragsarzt Mitglied ist, hat er bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 24 Abs. 3 Satz 1 Ärzte ZV einen Anspruch auf vorherige Genehmigung durch seine Kassenärztliche Vereinigung.
Anhaltspunkte dafür, dass die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes beeinträchtigt werden könnte, bestehen derzeit nicht.
Für den Ausgang des Hauptsacheverfahrens wird es darauf ankommen, ob mit der Einrichtung der Zweigpraxis in H die Versorgung der Versicherten im Sinne des § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Ärzte ZV verbessert werden würde. Dabei stellt sich die Frage, ob und ggf. wie die Tatsache zu berücksichtigen ist, dass die Eröffnung einer Zweigpraxis in einem Planungsbereich begehrt wird, in dem Zulassungsbeschränkungen aufgrund festgestellter Überversorgung bestehen. Die Auslegung des Tatbestandsmerkmals der "Verbesserung der Versorgung der Versicherten" in § 24 Abs. 3 Satz Nr. 1 Ärzte ZV ist in Rechtsprechung und Literatur gerade für diese Fallgestaltung umstritten. Nach Auffassung von Schallen (Zulassungsverordnung, 5. Aufl. 2007, § 24 Rz. 644 ff.) hat sich die Auslegung an dem in § 70 SGB V enthaltenen Grundsatz zu orientieren, wonach die Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung auf der Grundlage der Bedarfsplanung im Sinne der §§ 99 ff. SGB V zu erfolgen hat. In einem gesperrten Planungsbereich stehe eine weitere vertragsärztliche Tätigkeit grundsätzlich in Widerspruch zu den Zielen des Bedarfsplanungsrechts. Ausnahmen seien in Anknüpfung an die Voraussetzungen für die Sonderbedarfszulassung bei lokalem quantitativem Versorgungsbedarf oder bei qualitativem Versorgungsbedarf für besondere Untersuchungs- und Behandlungsmethoden anzunehmen. Dahm/Ratzel (MedR 2006, 555, 563) sehen es als völlig offen an, inwieweit Aspekte der Bedarfsplanung im vorliegenden Zusammenhang zu beachten seien. Mit einer Auslegung der Vorschrift dahin, dass Aspekte der Bedarfsplanung unbeachtet blieben, werde Vertragsärzten die materielle Grundlage entzogen werden, wenn einzelne unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten besonders attraktive Leistungen durch andere Ärzte an verschiedenen Standorten angeboten würden. Orlowski/Halbe/Karch (VÄndG, 2. Aufl. 2008, S. 34 f.) gehen dagegen davon aus, dass die Tätigkeit in einer Zweigpraxis ("am weiteren Ort") auch dann genehmigungsfähig sein kann, wenn an diesem Ort bedarfsplanungsrechtlich kein freier Praxissitz vorhanden ist und auch die Voraussetzungen einer Sonderbedarfszulassung nicht vorliegen. Auch sie berücksichtigten jedoch mittelbar den Aspekt des Bedarfs, indem sie darauf abstellen wollen, ob in der Zweigpraxis Leistungen (Methoden) angeboten werden sollen, die nicht von bereits niedergelassenen ärztlichen Leistungserbringern angeboten werden. Eine unmittelbare Bezugnahme auf die Grundlagen der Bedarfsplanung im Sinne der § 99 ff. SGB V oder eine allgemeine Abwägung zwischen den Interessen des Arztes, der die Zweigpraxis eröffnen will und den Interessen der bereits zugelassenen ärztlichen Leistungserbringer halten sie dagegen für nicht zulässig. In eine ähnliche Richtung weisen die Anmerkungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zum VÄndG (Rundschreiben vom 10. Januar 2007, S. 26 f.). Danach soll es für die Prüfung, ob durch die Zweigpraxis eine Verbesserung der Versorgung erreicht wird, nicht auf das Bestehen von Zulassungsbeschränkungen ankommen. Ausschlaggebend seien die Versorgungsbedürfnisse der Versicherten unter Zugrundelegung einer kleinräumigen ("lokalen") Bewertung. Ein Indiz dafür, dass ärztliche Leistungen nicht in ausreichendem Maße angeboten würden, könnten lange Wartezeiten sein. Abzustellen sei konkret auf die Leistungen, die in der Zweigpraxis angeboten werden sollten. Grohn (BKK 2007, 8) geht - ohne nähere Begründung - davon aus, dass mit der Änderung des § 24 Ärzte-ZV durch das VÄndG eine Art "Zulassungsgarantie" für Zweigpraxen begründet werde, die "im Extremfall" auch für Bereiche gelten müsse, in denen eine Überversorgung bestehe. Nach Auffassung des Sozialgerichts Marburg (Urt. v. 7. März 2007 – S 12 KA 701/06 –, veröffentlicht in juris) ist der Begriff der "Verbesserung" der Versorgung im Sinne des § 24 Abs. 3 Ärzte ZV dahin zu verstehen, dass eine "Bedarfslücke" bestehen müsse, die zwar nicht unbedingt geschlossen werden müsse, die aber nachhaltig eine durch Angebot oder Erreichbarkeit veränderte und im Sinne der vertragsärztlichen Versorgung verbesserte Versorgungssituation herbeiführe. Es könne nicht angenommen werden, dass jede weitere Eröffnung einer Praxis bzw. Zweigpraxis das Versorgungsangebot unter dem Gesichtspunkt der Freiheit der Arztwahl "verbessert". Das Hessische Landessozialgericht (Beschl. v. 29. November 2007 – L 4 KA 56/07 ER –, veröffentlicht in juris) hat dagegen ausdrücklich offen gelassen, ob eine lediglich "quantitativ zusätzliche" Tätigkeit als Verbesserung der Versorgung angesehen werden könne. Jedenfalls wenn bestimmte Leistungen in dem betreffenden Planungsbereich regional nicht oder nicht im erforderlichen Umfang angeboten würden, würde die Versorgung durch die Genehmigung einer Zweigpraxis, die entsprechende spezielle Leistungen anbiete, im Sinne des § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Ärzte-ZV verbessert.
Für die Entscheidung des Hauptsacheverfahrens wird es damit darauf ankommen, wie der Begriff der Verbesserung der Versorgung auszulegen ist. Nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte und auch der der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/2474. S. 29 f.) ist davon auszugehen, dass die Möglichkeit zur Gründung von Zweigpraxen mit der zum 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Änderung des § 24 Ärzte-ZV durch das VÄndG gegenüber der Rechtslage unter Geltung des § 15a Abs. 1 BMV-Ä (bzw. der entsprechenden Regelung im Arzt-/Ersatzkassenver¬trag) in der bis dahin geltenden Fassung erweitert werden sollte. Die Genehmigung einer Zweigpraxis hing nach § 15a Abs. 1 BMV-Ä davon ab, dass diese zur Sicherung einer ausreichenden Versorgung erforderlich war. Demgegenüber verlangt § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Ärzte-ZV nur noch eine Verbesserung der Versorgung. Ein Bezug zur Bedarfsplanung i.S.d. §§ 99 ff. SGB V ist der Vorschrift nicht zu entnehmen. Dies könnte gegen die von Schallen (a.a.O., Rz 649) vertretene Auffassung sprechen, nach der die Genehmigung für eine Zweigpraxis in einem gesperrten Planungsbereich im Wesentlichen unter den für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung geltenden Voraussetzungen zu erteilen ist. Gut nachvollziehbar bei der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung ist die Auffassung von Orlowski/Halbe/Karch (a.a.O.), nach der Aspekte der Bedarfsplanung für die Auslegung des Begriffs der Verbesserung der Versorgung nicht maßgebend sind und die Genehmigung einer Zweigpraxis auch in einem wegen Überversorgung gesperrten Planungsgebiet unabhängig von den Voraussetzungen für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung in Betracht kommt. Die Frage nach der Verbesserung der Versorgung kann allerdings auch nach dieser Auslegung nicht unabhängig von dem am vorgesehenen Ort der Zweigpraxis bestehenden Versorgungsangebot beantwortet werden. Danach müssten im Hauptsacheverfahren voraussichtlich Feststellungen zu der Frage getroffen werden, ob und inwieweit die Leistungen, die die Antragstellerin in der Zweigpraxis anbieten will, für die Versicherten im Einzugsbereich der beantragten Zweigpraxis durch bereits niedergelassene Ärzte angeboten werden. Nach den von der Antragsgegnerin im Verwaltungsverfahren durchgeführten Ermittlungen werden alle Leistungen, die die Antragstellerin in der Zweigpraxis anbieten will, bereits in radiologischen Praxen in N , in Bad B sowie am Praxissitz der Antragstellerin in P erbracht. Von besonderer Bedeutung sind im vorliegenden Zusammenhang die Angebote der Praxis in N und damit in einer Entfernung von nur etwa 10 km von der vorgesehenen Zweigpraxis. Von dem Ort der Zweigpraxis wäre diese Praxis mit dem Pkw in etwas mehr als zehn Minuten zu erreichen. Ob diese Praxis über die für die Versorgung der Versicherten aus H erforderliche Kapazität verfügt, ist zwischen den Beteiligten bisher umstritten. Während die Antragstellerin auf längere Wartezeiten verweist, hat die Antragsgegnerin dies bestritten und im erstinstanzlichen Verfahren auf einen bestandskräftigen Beschluss des Zulassungsausschusses hingewiesen, wonach die Gemeinschaftspraxis in N mit Wirkung ab dem 1. Februar 2007 gemäß § 32b Ärzte ZV i.V.m. den Angestellte Ärzte-Richtlinien die Genehmigung zur Beschäftigung eines Facharztes für diagnostische Radiologie erhalten habe. Die ggf. zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts gebotenen Ermittlungen können im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht durchgeführt werden, sondern müssen dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Der Ausgang des Hauptsacheverfahrens ist nach allem sowohl wegen der umstrittenen Auslegung des § 24 Abs. 3 Ärzte ZV als auch wegen der voraussichtlich erforderlichen weiteren Aufklärung zum bestehenden Versorgungsangebot als offen anzusehen.
Unter diesen Umständen sind strengere Anforderungen an das Vorliegen eines Anordnungsgrundes zu stellen. Diese werden eindeutig nicht erfüllt. Der Antragstellerin kann ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung zugemutet werden. Die Frage, ob die Antragstellerin die Versicherten allein am Praxissitz oder auch in einer Zweigpraxis behandeln kann, ist für Verwirklichung der Grundrechte der in der Gemeinschaftspraxis tätigen Ärzte aus Art. 12 GG jedenfalls nicht von zentraler Bedeutung. Die Genehmigung der Zweigpraxis betrifft nicht die stärker geschützte Freiheit der Berufswahl, sondern lediglich die Berufsausübung, und die Beschränkung wirkt sich darüber hinaus sehr viel weniger einschneidend aus als andere Ausübungsregelungen wie z.B. Zulassungssperren nach §§ 99 ff SGB V, §§ 12 ff. Ärzte-ZV (vgl. dazu BSG, Urt. v. 18. März 1998 B 6 KA 37/96 R BSGE 82, 41 = SozR 3-2500 § 103 Nr. 2). Es ist nicht ersichtlich, dass der Antragstellerin durch die Versagung der Genehmigung für die Dauer des Hauptsacheverfahrens unmittelbare wirtschaftliche Nachteile drohen, weil eine Ausweitung der ärztlichen Tätigkeit auch nach ihren eigenen Angaben mit der Genehmigung der Zweigpraxis nicht verbunden sein soll. Darauf hat das Sozialgericht bereits zutreffend hingewiesen. Im Beschwerdeverfahren macht die Antragstellerin ergänzend Nachteile geltend, die sich mittelbar dadurch ergeben könnten, dass die Pa -Klinik H die bestehende Zusammenarbeit beendet, wenn z.B. einer anderen radiologischen Praxis die Genehmigung für eine Zweigpraxis erteilt würde oder wenn ein anderer Arzt seinen Vertragssitz an den Standort der Pa -Klinik verlegen würde und diesen Vertragsarztsitz in überörtlicher Berufsausübungsgemeinschaft betreiben würde, um der Pa -Klinik H eine entsprechende Kooperation anzubieten. Damit hat die Antragstellerin jedoch nicht in der erforderlichen Weise glaubhaft gemacht, dass bereits gegenwärtig eine Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Erforderlich ist im vorliegenden Zusammenhang, dass der Eintritt einer Rechtsbeeinträchtigung unmittelbar bevorsteht. Die hier bestehende abstrakte Möglichkeit, dass es künftig unter bestimmten bisher nicht vorliegenden Voraussetzungen zu Nachteilen kommen könnte, genügt dagegen nicht (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 86b Rz 27a; Beschlüsse des Senats vom 20. Juni 2005 L 4 B 20/05 KA ER – und vom 10. März 2007 L 4 B 323/07 KA ER).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Da das auf Genehmigung vertragsärztlicher Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes an einem weiteren Ort gerichtete Begehren der Antragstellerin keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Werts bietet, war der Auffangwert von 5.000,00 EUR als Streitwert festzusetzen (§ 52 Abs. 2 GKG).
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.
Arndt Kampe Rademacker Vorsitzender Richter am Landessozialgericht Richterin am Landes- sozialgericht Richter am Landes- sozialgericht
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