L 2 VG 4/15

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
2
1. Instanz
SG Lübeck (SHS)
Aktenzeichen
S 44 VG 295/12
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 2 VG 4/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 9 V 1/17 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 10. Dezember 2014 wird zurückgewiesen. Weitere außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die 1954 geborene Klägerin wendet sich gegen die Einstellung ihrer laufenden Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG).

Die Klägerin ist die Witwe des am 9. September 1995 infolge einer Gewalttat (Brandstiftung) verstorbenen K. Sie besitzt die türkische Staatsangehörigkeit, hat sich seit 1977 rechtmäßig in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten und ihr ist nach § 51 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) eine unbefristete Niederlassungserlaubnis erteilt worden, die auch dann nicht erlischt, wenn sie sich länger als sechs Monate im Ausland aufhält.

Der Beklagte gewährte der Klägerin mit Bescheid vom 7.Januar 1999 Witwenrente nach dem OEG in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) nach ihrem verstorbenen Ehemann ab dem 1. Oktober 1995. Diese Leistung korrespondierte indessen nicht mit einer Rentenzahlung, da der Rentenanspruch in Hinblick auf höhere Leistungen wegen desselben Schadensereignisses aus der gesetzlichen Unfallversicherung ruhte. Mit Bescheid vom 11. Januar 2001 gewährte der Beklagte der Klägerin Witwenausgleichsrente nach § 41 BVG in Verbindung mit dem OEG in Höhe von seinerzeit 415 DM monatlich. Mit Bescheid vom 17. August 2010 erhöhte der Beklagte diese Leistung auf 353,- EUR monatlich rückwirkend zu Gunsten der Klägerin ab Beginn des Jahres 2006. Hintergrund war die Beendigung der zuvor praktizierten doppelten Anrechnung der Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung sowohl auf die Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 93 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) als auch auf die Leistungen nach dem OEG in Verbindung mit dem BVG nach § 65 BVG.

Am 7. September 2010 reiste die Klägerin aus Deutschland aus und in die Türkei ein. Erst am 30. Juni 2011 reiste sie wieder nach Deutschland ein.

Am 12. April 2011 meldete sich der Sohn der Klägerin, M , bei dem Beklagten und teilte mit, dass die Klägerin umgezogen sei. Ihre neue Anschrift in L sei jedoch nur eine Meldeadresse. Sie halte sich seit ca. einem Jahr überwiegend in der Türkei auf, weil sie ihre dort studierende Tochter nicht allein lassen wolle. Es sei geplant, eine Wohnung in der Nähe der Universität zu nehmen. Sowohl die Klägerin als auch ihre Tochter hielten sich regelmäßig für einige Wochen im Jahr in L auf.

Mit Schreiben vom 13. April 2011 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass ein Anspruch auf Witwenversorgung nur fortbestehe, wenn sie innerhalb von sechs Monaten nach Ausreise wieder nach Deutschland einreise. Er bat die Klägerin mitzuteilen, wann sie im Jahr 2010 bis zum jetzigen Zeitpunkt in die Türkei ausgereist und wann sie wieder nach Deutschland zurückgekehrt sei. Am 4. Juli 2011 meldete sich die Klägerin telefonisch bei dem Beklagten und teilte mit, dass sie am 30. Juni 2011 wieder nach Deutschland eingereist sei und legte im Anschluss eine entsprechende Flugbuchung vor. Anlässlich einer persönlichen Vorsprache teilte die Klägerin dem Beklagten am 8. August 2011 mit, dass sie, nachdem sie sich zuvor schon für kürzere Zeiten in der Türkei aufgehalten habe, im September 2010 (7. September 2010) in die Türkei ausgereist sei und die Wiedereinreise am 30. Juni 2011 erfolgt sei. Diese Angaben wurden durch entsprechende Ein – und Ausreisestempel in ihrem Reisepass bestätigt. Sie äußerte dabei, im Hinblick auf ihre Niederlassungserlaubnis, wonach auch ein längerer Auslandsaufenthalt für mehr als sechs Monate statusunschädlich sei, habe sie angenommen, dass dies auch für die Versorgung nach dem OEG gelte.

Nach Anhörung der Klägerin erließ der Beklagte am 31. Januar 2012 gestützt auf § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) einen Bescheid, mit dem sie der Klägerin eine Abfindung in Höhe von 10.590,00 EUR gewährte, feststellte, dass mit Ablauf des Monats März 2011 sämtliche sich aus § 1 Abs. 5 und 6 OEG ergebenden Ansprüche erloschen seien, und die Erstattung der für die Zeit vom 1. April 2011 bis 29. Februar 2012 zu Unrecht gezahlten Versorgungsbezüge in Höhe von 3.883,00 EUR geltend machte. Ferner teilte er mit, dass die laufenden Versorgungsbezüge zum 1. März 2012 eingestellt würden. Zur Begründung führte er aus, wenn ein nach § 1 Abs. 5 oder 6 OEG anspruchsberechtigter Ausländer ausreise und nicht innerhalb von sechs Monaten erlaubt wieder einreise, erhalte er für jedes begonnene Jahr seines ununterbrochenen rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet eine Abfindung in Höhe des dreifachen, höchstens aber des 30-fachen der monatlichen Grundrente. Mit dem Entstehen dieses Anspruchs erlöschen sämtliche sich aus § 1 Abs. 5 und 6 OEG ergebenden weiteren Ansprüche. Die Klägerin halte sich seit einiger Zeit überwiegend in der Türkei auf und habe auch ihren Lebensmittelpunkt dorthin verlagert. Da sie nicht innerhalb von sechs Monaten wieder nach Deutschland eingereist sei, sei ihr eine Abfindung zu zahlen. Dieser Anspruch entstehe mit Ablauf des Monats, in dem sie sich sechs Monate in der Türkei aufgehalten habe, also mit Ablauf des März 2011. Der Klägerin stehe der Höchstbetrag der Abfindung zu. Dieser belaufe sich auf 10.590,00 EUR (353 EUR × 30). Der Anspruch auf laufend gezahlte Versorgungsbezüge sei mit Entstehen des Anspruchs auf Abfindung erloschen. Die zu Unrecht gezahlten Versorgungsbezüge in Höhe von 3.883 EUR (353 EUR × 11 Monate) seien gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten. Zur Tilgung der Überzahlung werde ein Betrag in Höhe von 3.883 EUR von der Abfindung einbehalten, so das 6.707,- EUR an die Klägerin ausgekehrt würden.

Dagegen richtete sich der Widerspruch der Klägerin vom 13. Februar 2012, zu dessen Begründung sie auf ihre Niederlassungserlaubnis Bezug nahm. Sie sei zu keinem Zeitpunkt darüber informiert worden, dass ihr Anspruch auf Versorgungsbezüge beim Aufenthalt von mehr als sechs Monaten entfalle. Eine einmalige Abfindung stehe für sie außer Frage, sie fordere vielmehr die Fortzahlung ihrer Witwenversorgung, wie dies bei ihren anderen Rentenbezügen (gemeint Hinterbliebenenversorgung aus der gesetzlichen Rentenversicherung und Hinterbliebenenversorgung aus der gesetzlichen Unfallversicherung) auch der Fall sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2012 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück und hielt dabei an der im Bescheid vom 31. Januar 2012 gegebenen Begründung fest.

Am 22. Juni 2012 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Lübeck Klage erhoben, zu deren Gründung sie vorgetragen hat, es sei zwischen ihrem Aufenthaltstitel und dem ihres Sohnes A zu unterscheiden. Dieser habe nur über eine befristete Aufenthaltserlaubnis verfügt. Deshalb sei es auch hinzunehmen, dass seinerzeit dessen Anspruch auf Entschädigungsrente nach dem OEG entfallen sei. Ihr Aufenthaltsstatus gestatte ihr aber eine jederzeitige Rückkehr nach Deutschland. Sie sei nach wie vor in Deutschland voll integriert und verfüge in L über einen Freundeskreis. Wenn sie sich in L aufhalte, wohne sie bei ihrem Sohn M. Auch ihre in der Türkei studierende Tochter komme regelmäßig innerhalb eines 6-Monats-rhythmus wieder nach Deutschland. Den Sechsmonatszeitraum habe sie auch nur einmal überschritten. Es sei konsequent, dass der Gesetzgeber die laufende Versorgung beende, wenn ein Ausländer die Bundesrepublik verlasse oder verlassen müsse und seine Integration aufhöre. Es sei aber widersprüchlich, wenn das deutsche Ausländerrecht jemandem offensichtlich gewollt die jederzeitige Rückkehr ins Heimatland ermögliche, andererseits aber seine Leistungsansprüche erlöschen lasse, wenn bestimmte Fristen nicht eingehalten würden. Gemeint seien mit der gesetzlichen Regelung wohl eher die Fälle, in denen jemand aus Deutschland ausgewiesen werde oder seinen Aufenthalt wieder dauerhaft ins Ausland verlege und nicht ein Fall wie der vorliegende. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ergänzend angegeben, sie sei mit ihrer Tochter zweimal im Jahr in Deutschland und bleibe dann ein paar Wochen. Währenddessen wohne sie bei ihrem Sohn M.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid vom 31. Januar 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2012 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat vorgetragen, im Jahr 2002 sei der Anspruch des Sohnes der Klägerin A auf eine Halbwaisenrente nach dem OEG aus den gleichen Gründen erloschen. Dieser sei für länger als sechs Monate aus dem Bundesgebiet ausgereist. Der Sachverhalt dürfte der Familie daher nicht ganz neu gewesen sein. Die Umstände, die zu einer dem Zeitraum von sechs Monaten übersteigenden Auslandsaufenthalt geführt hätten, seien nicht zu prüfen.

Mit Urteil vom 10. Dezember 2014 hat das Sozialgericht Lübeck die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen insoweit aufgehoben, als der Beklagte die Bewilligung der Witwenversorgung auch für die Zeit vom 1. April 2011 bis zum 29. Februar 2012 aufgehoben hat. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, die Aufhebung der die Witwenversorgung gewährenden Bescheide sei grundsätzlich rechtmäßig und von § 48 SGB X gedeckt. Es sei unschädlich, dass der Aufhebungsbescheid keinen klaren Verfügungssatz betreffend einer Aufhebung der die Grundrente und die Ausgleichsrente bewilligenden Bescheide enthalte. Die Auslegung dieses Bescheides ergebe im Zusammenhang den klar zum Ausdruck gebrachten Willen des Beklagten, für die Zeit ab März 2011 nicht mehr an den Bewilligungsbescheiden festzuhalten. Die Voraussetzungen des § 48 Abs.1 Satz 1 SGB X seien auch erfüllt. Eine wesentliche Änderung sei dergestalt eingetreten, dass der Anspruch auf Witwenversorgung mit dem Entstehen des Anspruchs auf Abfindung erloschen sei. Ein Anspruch auf Abfindung sei nach § 1 Abs.7 Nr.3 OEG entstanden. Dessen Voraussetzung seien dem Wortlaut nach erfüllt. Eine Möglichkeit von dieser eindeutigen gesetzlichen Regelung abzuweichen, sehe die Kammer nicht. Diese Vorschrift sei von ausländerrechtlichen Bestimmungen unabhängig. Die unbefristete Niederlassungserlaubnis mit der Möglichkeit sich auch statusunabhängig länger als sechs Monate im Ausland aufzuhalten stehe dem Entstehen des Abfindungsanspruchs nicht entgegen. Die Umstände sprächen auch dafür, dass die Klägerin die Bundesrepublik endgültig verlassen habe, denn diese habe ihre langjährig in L bewohnte Wohnung aufgegeben und halte sich, wenn sie in L zu Besuch sei, auch in der Wohnung ihres Sohnes auf und nicht in der zu ihrer Meldeadresse korrespondierenden Wohnung. Es komme für die Entstehung des Anspruchs auf Abfindung nicht auf das Ausmaß der Integration an. Vielmehr orientiere sich die Höhe der Abfindung allein an der Aufenthaltsdauer. Danach stehe der Klägerin auch die höchstmögliche Abfindung zu. Die Aufhebung der Witwenversorgung bewilligenden Bescheide gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X für die Zukunft sei als gebundene Entscheidung zwingend. Hingegen lägen die Voraussetzungen für eine Aufhebung der die Witwenversorgung bewilligenden Bescheide für die Vergangenheit gemäß § 48 Absatz 1 Satz 2 SGB X nicht vor. Der Klägerin sei keine grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Weder habe sie Mitteilungspflichten mindestens grob fahrlässig verletzt, noch hätte sie den Wegfall des Leistungsanspruchs erkennen müssen, ohne grob fahrlässig zu sein.

Gegen das ihren Bevollmächtigten am 15. Januar 2015 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 11. Februar 2015.

Zur Begründung ihrer Berufung trägt sie vor, der Erlöschenstatbestand des über sechsmonatigen Auslandsaufenthalts bedürfe einer verfassungsrechtlichen Auslegung. Es möge sein, dass der Gesetzgeber einen dauernden Leistungsexport habe vermeiden wollen. Im vorliegenden Fall seien jedoch eine Reihe von Faktoren zu berücksichtigen, die zu einer weiteren Leistungsgewährung verpflichteten. So sei zu berücksichtigen, dass sie sich vor allem deswegen in der Türkei aufhalte, weil sie ihre dort studierende Tochter nicht allein lassen wolle. Diese wolle eventuell nach Erreichen des Bachelorabschlusses ihr Studium in Deutschland bis zum Masterexamen fortsetzen. Zu berücksichtigen sei, dass sie aufenthaltsrechtlich privilegiert sei. Zweck der Regelung sei es, es vielen älteren Ausländern zu ermöglichen, auch für längere Zeit in ihr Heimatland zurückzukehren und beliebig häufig hin und her zu reisen, ohne damit den gesicherten Aufenthalt zu gefährden. Diese Regelung sei immer mehr variiert worden. Der Zusammenhang zwischen den ausländerrechtlichen Bestimmungen und den Bestimmungen des Opferentschädigungsgesetzes sei den Mitarbeitern des Innenministeriums überhaupt nicht bewusst. Anlässlich der weiteren Lockerung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen hätte auch eine Überprüfung der Regelungen im OEG erfolgen müssen. Für den Ausgleich einer sonst entstehenden Härte sei auch zu berücksichtigen, dass sie bzw. ihr Sohn den längeren Auslandsaufenthalt selbst gemeldet hätten, ohne einen Versuch zu unternehmen, einen zwischenzeitlichen Aufenthalt in Deutschland zu konstruieren.

Im Übrigen habe sie die Frist nur um rund drei Monate überschritten. Es sei auch zu berücksichtigen, dass weder in der Unfall- noch in der Rentenversicherung eine solche Leistungseinschränkung vorgesehen sei. Nunmehr, nachdem sie von den Behörden auf die Überschreitung der Ausreisezeit hingewiesen worden sei, halte sie sich an die Vorschriften des § 1 Abs. 7 OEG. In Hinblick auf die Rechtsstellung von Freizügigkeit genießenden türkischen Staatsbürgern nach dem Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Türkei und den dazu 1980 ergangenen Beschlüssen sei die Einschränkung im Opferentschädigungsgesetz, nur EU Bürgern unschädlich einen Auslandsaufenthalt zu ermöglichen, unzulässig. Die Klägerin stützt sich insoweit auch auf ein von ihr in Kopie eingereichtes Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19. März 2013 im Verfahren 1 C 12/12.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 10. Dezember 2014 sowie den Bescheid vom einem 30. Januar 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2012 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, die Berufung gebe zu einer Änderung der bisherigen Entscheidung keinen Anlass. § 1 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 OEG habe gerade keinen eindeutigen Bezug zum Ausländerrecht. Vielmehr habe der Gesetzgeber darin verdeutlicht, wann im versorgungsrechtlichen Sinn nicht mehr von einer dauerhaften Integration in die Bundesrepublik Deutschland auszugehen sei. Bei Zugrundelegung der Rechtserfassung der Klägerin würde die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis faktisch dazu führen, dass die betroffene Person nicht mehr wie im Gesetz vorgesehen als sonstiger Ausländer nach § 1 Abs. 5 OEG, sondern wie ein privilegierter Ausländer nach § 1 Abs. 4 OEG zu behandeln wäre, also wie ein Staatsbürger eines Mitgliedstaates der Europäischen Union. Das BSG habe aber mehrfach entschieden, dass es keine Rechtsvorschriften der Europäischen Union gebe, die eine Gleichbehandlung von türkischen und deutschen Staatsangehörigen im Gewaltopferentschädigungsrecht anordnen würden.

Ergänzend wird hinsichtlich des Sach- und Streitstandes auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und der die Klägerin betreffenden Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Insbesondere ist diese innerhalb der Jahresfrist des § 151 Abs. 1 SGG beim Landessozialgericht eingegangen. Einer gesonderten Zulassung der Berufung gemäß § 144 Abs.1 SGG bedurfte es nicht, weil um laufende Leistungen für mehr als ein Kalenderjahr gestritten wird, § 144 Abs.1 S.2 SGG.

Die Berufung ist aber unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Sozialgericht Lübeck die angefochtenen Bescheide nur insoweit aufgehoben, als diese eine Aufhebung der Leistungsgewährung auch mit Wirkung für die Vergangenheit vorgenommen haben, die Klage aber insoweit abgewiesen, als sie auch gegen die Leistungsaufhebung mit Wirkung für die Zukunft gerichtet war. Die Leistungsaufhebung mit Wirkung für die Zukunft war rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Diese hat infolge einer Ausreise für mehr als sechs Monate keinen Anspruch mehr auf laufende Leistungen nach dem OEG. Dieser Leistungsanspruch ist vielmehr durch einen Abfindungsanspruch abgelöst worden.

Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG enthält in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) auf Antrag Versorgung, wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes infolge eines vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch die rechtmäßige Abwehr des Angriffs eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Die Hinterbliebenen eines Geschädigten erhalten gemäß § 1 Abs. 8 OEG auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG. Zu den Leistungen des BVG gehören, wenn der Geschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben ist, auch die Witwengrundrente nach § 40 BVG und die Witwenausgleichsrente nach § 41 BVG.

Gemäß § 1 Abs. 4 OEG haben Ausländer einen Anspruch auf Versorgung, wenn sie Staatsangehörige eines Mitgliedsstaats der Europäischen Union (EU) sind oder soweit Rechtsvorschriften der Europäischen Union, die eine Gleichbehandlung mit Deutschen erforderlich machen, auf sie anwendbar sind oder wenn die Gegenseitigkeit gewährleistet ist.

Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht. Sie ist türkische Staatsangehörige und besitzt nicht die deutsche Staatsangehörigkeit oder die eines anderen Mitgliedslandes der EU. Es liegen im Verhältnis zur Türkei auch keine europarechtlichen Regelungen vor, die eine Gleichbehandlung mit Deutschen erforderlichen machen, insbesondere wird die Türkei nicht vom Anwendungsbereich der Regelungen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) erfasst und entsprechende bilaterale Regelungen bestehen nicht. Insbesondere ist eine solche Gleichstellung nicht in dem Assoziationsabkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Türkei vom 12. September 1963 und den dazu ergangenen Umsetzungsbeschlüssen zu erblicken. Das BSG hat in mehreren Entscheidungen (Urteil vom 6. März 1996, 9 RVG 10/95; Urteil vom 11. März 1998, B 9 VG 2/96 R; zuletzt Urteil vom 18. April 2001, B 9 VG 5/00R) ein Gleichbehandlungsgebot im Opferentschädigungsrecht zugunsten türkischer Staatsbürger aufgrund der Assoziierungsvereinbarung zwischen der damaligen EWG und der Türkei verneint. Dabei hat es darauf abgestellt, dass das ursprüngliche Abkommen keine individuellen Ansprüche vermittele, sondern nur Programmsätze enthalte, die noch weiterer Umsetzung bedürften. In den Beschlüssen vom 19. September 1980 Nr. 1/80 und Nr. 3/80 sei eine solche Gleichstellung in Bezug auf das Opferentschädigungsrecht aber nicht vorgenommen worden. Der Beschluss 1/80 sehe eine Gleichstellung türkischer Arbeitnehmer nur für die Regelung des Arbeitsmarktes vor. Art. 4 Abs. 1 des Beschlusses 3/80 enthalte eine Gleichstellung in Bezug auf Zweige der sozialen Sicherheit, die das OEG aber nicht erfasse. Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an. Ein Gebot der Nichtdiskriminierung im Bereich der Gewaltopferentschädigung zwischen EU-Bürgern und Staatsangehörigen der Türkei lässt sich dem Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG/Türkei nicht entnehmen, denn dieser enthält Diskriminierungsverbote lediglich in Hinblick auf den Zugang zum Arbeitsmarkt. Ein Diskriminierungsverbot in Hinblick auf sozialrechtliche Vorschriften ist im Beschluss 3/80 des Assoziationsrates EWG/Türkei geregelt. Dieses bezieht sich nach Art. 4 Abs. 1 des Beschlusses aber lediglich auf Leistungen bei Krankheit und Mutterschaft, Leistungen bei Invalidität, Leistungen bei Alter, Leistung an Hinterbliebene, Leistung bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, Sterbegeld, Leistung bei Arbeitslosigkeit und Familienleistungen. Leistungen zur Entschädigung von Gewalttaten sind davon nicht erfasst. Diese sind zwar auch nicht explizit ausgeschlossen. Art. 4 Abs. 4 des Beschlusses 3/80 stellt vielmehr lediglich klar, dass dieser Beschluss weder auf die Sozialhilfe noch auf Leistungssysteme für Opfer des Krieges und seine Folgen anzuwenden ist. Mangels fehlender positiver Einbeziehung von Gewaltopferentschädigungsleistungen in den Anwendungsbereich des Beschlusses Nr. 3/80 des Assoziationsrates EWG/Türkei kommt eine Gleichstellung danach aber nicht in Betracht. Ein expliziter Ausschluss ist insoweit nicht erforderlich. Zudem spricht der explizite Ausschluss des sachnahen Systems der Kriegsopferversorgung zusätzlich dafür eine Erstreckung des Anwendungsbereichs dieser Regelung auf das Gewaltopferentschädigungsrecht nicht anzunehmen.

Auch nach der Gegenseitigkeitsregelung ist das OEG auf die Klägerin nicht nach § 1 Abs.4 OEG anwendbar. Die Gegenseitigkeitsregelung verlangt, dass in dem anderen Staat ein staatliches Entschädigungssystem vorhanden ist, das Leistungen für Deutsche vorsieht, dieses Entschädigungssystem Gewalttaten umfasst, die den Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 OEG ungefähr entsprechen und die in diesem System gewährten Leistungen mit denen des OEG zumindest annähernd vergleichbar sind. Gegenwärtig ist die Gegenseitigkeit lediglich mit Norwegen (das aber bereits unter die Regelungen des EWR fällt) sowie den Provinzen British Columbia und Ontario in Kanada und den Bundesstaaten Maryland und Ohio in den USA gewährleistet (vgl. Gehlhausen/Weiner, OEG, 6. Aufl., § 1 Rn. 84.).

Ausländer, die nicht unter die Regelungen des § 1 Abs. 4 OEG fallen (sonstige Ausländer), haben gemäß Abs. 5 der Vorschrift Anspruch auf Versorgungsleistungen, wenn sie sich rechtmäßig über sechs Monate im Bundesgebiet aufhalten. Der Umfang der Leistungen differiert dabei nach der bisherigen Dauer des Aufenthalts. Bei einem ununterbrochenen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet von mindestens drei Jahren besteht ein Leistungsanspruch wie bei Deutschen, andernfalls nur ein Anspruch auf einkommensunabhängige Leistungen.

Nach dieser Regelung hatte die Klägerin während ihres regelmäßigen Aufenthaltes in Deutschland Anspruch auf Leistungen nach dem OEG wie Deutsche, denn sie hat sich seit 1977 rechtmäßig in Deutschland aufgehalten und war im Besitz einer Niederlassungserlaubnis nach § 9 AufenthG.

Die Anspruchsberechtigung nach § 1 Abs. 5 und Abs. 6 OEG knüpft aber an den tatsächlichen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet an. Wenn ein nach Abs. 5 oder Abs. 6 anspruchsberechtigter Ausländer ausgewiesen oder abgeschoben wird (Nr.1) oder das Bundesgebiet verlassen hat und sein Aufenthaltstitel erloschen ist (Nr.2) oder ausgereist ist und nicht innerhalb von sechs Monaten erlaubt wieder eingereist ist (Nr.3) , erhält er gemäß § 1 Abs. 7 OEG statt laufender Leistungen nach dem OEG für jedes Jahr seines ununterbrochenen rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet eine Abfindung in Höhe des Dreifachen, insgesamt jedoch mindestens in Höhe des Zehnfachen, höchstens in Höhe des Dreißigfachen der monatlichen Grundrente. Mit Entstehen des Anspruchs auf die Abfindung erlöschen gemäß § 1 Abs. 7 Satz 3 OEG sämtliche sich aus § 1 Abs. 5 und 6 OEG ergebenden weiteren Ansprüche.

Der Anspruch der Klägerin auf laufende Leistungen nach dem OEG ist danach erloschen. Sie ist im Sinne von § 1 Abs. 7 Nr. 3 OEG ausgereist und nicht innerhalb von sechs Monaten erlaubt wiedereingereist, denn sie hat die Bundesrepublik Deutschland Anfang September 2010 verlassen und ist nicht binnen sechs Monaten wieder eingereist, sondern erst am 30. Juni 2011. Das Sozialgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Wortlaut dieser Vorschrift eindeutig erfüllt ist. Für eine erweiternde oder beschränkende Auslegung dieser Vorschrift über den Wortlaut hinaus bleibt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kein Raum. Dieses hat vielmehr entschieden, dass die Regelungen von § 1 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1-3 OEG eine grundsätzlich abschließende, lückenlose Regelung der Abfindung von Versorgungsansprüchen ausländischer Geschädigter zur Vermeidung eines unerwünschten Leistungsexports enthalten. (Urteil vom 6. Oktober 2011, B 9 VG 3/10 R). In dem entschiedenen Fall hat das BSG einer erweiternden Anwendung des § 1 Abs. 7 OEG auf Fälle, in denen zwar binnen sechs Monaten eine Wiedereinreise erfolgt ist, aber die Betreffende aus einem seiner Natur nach nicht nur vorübergehenden Grund aus der Bundesrepublik ausgereist und nur für kurzfristige Aufenthalte immer wieder in die Bundesrepublik eingereist ist, eine Absage erteilt. Dabei hat das BSG darauf abgestellt, dass für die Lückenlosigkeit der Vorschrift § 1 Abs. 7 OEG spreche, dass neben den besonderen Tatbeständen der Nr. 1 und der Nr. 2 die Nr. 3 eine Auffangregelung für alle von Nr. 1 und Nr. 2 nicht erfassten Ausländer enthalte. Eine Gesetzeslücke lasse sich aus der Entstehungsgeschichte nicht herleiten. Die Vorschrift habe im Wesentlichen ihre bis heute geltende Fassung bereits 1993 erhalten und habe klarstellen sollen, dass ein Export von OEG-Leistungen in die Heimatländer der Geschädigten außer in den Fällen, in denen dies nach EU-Recht oder wegen des Vorliegens von Gegenseitigkeit erforderlich sei, nicht erfolge. Der Gesetzgeber habe die Fälle des "endgültigen Verlassens" der Bundesrepublik Deutschland in § 1 Abs. 7 OEG abschließend umschreiben wollen. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber bestimmte "Exporttatbestände" als unerwünscht angesehen und dennoch versehentlich nicht geregelt habe, beständen nicht. Mangels Gesetzeslücke sei mithin eine analoge Anwendung einzelner Vorschriften nicht geboten.

Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an. Auch der Senat hat sich die Überzeugung gebildet, dass der eindeutige Wortlaut des § 1 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 – Nr. 3 OEG abschließend und lückenlos ist. Daher verbietet sich sowohl eine erweiternde Auslegung zulasten als auch eine einschränkende Auslegung zugunsten des betroffenen Ausländers. Zwar trifft es zu, dass § 1 Abs. 7 Nr. 1 und Nr. 2 OEG jeweils an den aufenthaltsrechtlichen Status des Betroffenen anknüpfen und auch § 1 Abs. 7 S. 1 Nr. 3 OEG mit § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG korreliert, wonach ein Aufenthaltstitel erlischt, wenn ein Ausländer ausgereist und nicht innerhalb von sechs Monaten oder einer von der Ausländerbehörde bestimmten längeren Frist wieder eingereist ist. In Hinblick auf diese aufenthaltsrechtliche Möglichkeit zur Verlängerung der Wiedereinreisefrist wird vertreten, dass es widersprüchlich wäre, in einem solchen Fall dem Ausländer einen längeren Auslandsaufenthalt entgegenzuhalten (siehe Rademacker in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, § 1 OEG Rn. 132). Es ist aber zu berücksichtigen, dass § 1 Abs. 7 Nr. 3 OEG nicht nur die Fälle des § 51 Abs. 1 Nr.7 AufenthG betrifft, sondern - wie im Falle der Klägerin - auch privilegierte Inhaber einer Niederlassungserlaubnis, die gemäß § 51 Abs. 2 AufenthG überhaupt nicht einer Wiedereinreisefrist zur Vermeidung des Erlöschens ihres Aufenthaltstitels unterliegen. Eine einschränkende Auslegung der Vorschrift des § 1 Abs. 7 Nr. 3 OEG anhand der im konkreten Fall von der zuständigen Ausländerbehörde verfügten Wiedereinreisefrist nach § 51 Abs. 1 Nr.7 AufenthG ist daher schon gar nicht möglich.

Da der aufenthaltsrechtliche Status der Klägerin deutlich privilegiert und ihr gemäß § 51 Abs. 2 AufenthG die Wiedereinreise in das Bundesgebiet jederzeit möglich ist, solange der Lebensunterhalt gesichert ist und kein Ausweisungsinteresse besteht und sie damit dem aufenthaltsrechtlichen Status von EU-Bürgern weitgehend gleichgestellt ist, wäre es zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen dem Aufenthaltsrecht und dem Gewaltopferentschädigungsrecht rechtspolitisch durchaus erwägenswert, Personen, die § 51 Abs. 2 AufenthG unterliegen, auch im Opferentschädigungsrecht EU- Bürgern bzw. Deutschen gleichzustellen. Der Gesetzgeber hat sich dazu aber jedenfalls bisher nicht entschlossen. Dazu ist er auch weder verfassungs- noch europarechtlich verpflichtet. Vielmehr darf er Staatsangehörige von EU-Staaten und Personen anderer Staatsangehörigkeit sowohl aufenthaltsrechtlich als auch gewaltopferentschädigungsrechtlich unterschiedlich behandeln. Die Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaates, die nach europäischem Primär- und Sekundärrecht mit Einschränkungen zu einer weitgehenden Angleichung an die Rechtstellung deutscher Staatsangehöriger verpflichtet, bildet verfassungsrechtlich insoweit ein zulässiges Differenzierungskriterium.

Da durch die Entstehung des Anspruchs auf eine Abfindung gemäß § 1 Abs. 7 OEG in den rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen, die bei Erlass der Bescheide vom 11. Januar 2001 und 17. August 2010 vorgelegen haben, eingetreten ist, war der Beklagte berechtigt, die mit diesen Bescheiden erfolgte Leistungsgewährung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Auf die mögliche zukünftige Rückverlagerung des Lebensmittelpunktes der Klägerin kommt es dabei ebenso wenig an, wie auf ihre fehlende Kenntnis von dem Wegfall ihres Anspruchs bei einem längeren Auslandsaufenthalt. Über das Institut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kann eine frühere Wiedereinreise der Klägerin nicht unterstellt werden, denn danach können bei Eintritt eines sozialrechtlichen Schades durch eine behördliche Pflichtverletzung nur Rechtshandlungen des Geschädigten (z.B. Antragstellung innerhalb einer Frist) nicht aber dessen tatsächliches Verhalten fingiert werden.

Die fehlende Bestimmtheit im Sinne von § 33 SGB X steht der Rechtmäßigkeit der Entscheidung nicht entgegen. Zwar nimmt die Beklagte in dem Bescheid vom 31. Januar 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.Juni 2012 keine explizite Aufhebung der leistungsgewährenden Verwaltungsakte vor und benennt diese auch nicht. Jedoch verlangt das Bestimmtheitsgebot lediglich, dass der Verfügungssatz eines Verwaltungsaktes nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist und den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzen muss, sein Verhalten daran auszurichten. Maßstab für die Bestimmtheitsprüfung ist also der Empfängerhorizont. Für den Beteiligten muss sich aus dem Verfügungssatz vollständig, klar und unzweideutig ergeben, was die Behörde will. (Vergleiche BSG, Urteil vom 29. November 2012, B 14 AS 196/11 R). Daran gemessen war der Bescheid vom 31. Januar 2012 hinreichend eindeutig. Der Beklagte hat explizit ausgeführt, dass mit Ablauf des Monats März 2011 alle weiteren Ansprüche nach dem OEG erlöschen und angekündigt, dass die laufenden Versorgungsbezüge ab 1. März 2012 nicht mehr gezahlt werden. Zusätzlich hat er den Text von § 48 Abs. 1 SGB X zitiert, der die Aufhebung von Bescheiden beinhaltet. Danach ist für die Klägerin klar und eindeutig erkennbar gewesen, dass die mit den früheren Leistungsbescheiden gewährten Leistungen aus Sicht des Beklagten mit Wirkung ab 1. April 2011 rückgängig gemacht werden sollten und ab 1. März 2012 auch keine laufenden Leistungen mehr gezahlt werden sollten. Das BSG hat in der genannten Entscheidung vom 29. November 2012 auch klargestellt, dass die fehlende Benennung des aufzuhebenden Bescheides keine Frage der Bestimmtheit ist und ausgeführt, dass sich diese vielmehr lediglich auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Erstattungsforderung auswirke. Sofern ein Leistungsbescheid nicht explizit aufgehoben worden sei, könne eine Erstattungsforderung darauf nicht gestützt werden. (Rn. 18-19 BSG aaO). Ob der Senat dem BSG auch insoweit folgt, ist hier nicht entscheidungserheblich und kann offen bleiben. Die Rechtmäßigkeit der Erstattungsforderung des Beklagten ist nicht mehr zu prüfen. Diese hat sich nämlich mangels Vorliegens der Voraussetzungen für eine Aufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X, die das Sozialgericht zutreffend verneint hat, bereits aus anderen Gründen als rechtswidrig erwiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1, Abs. 4 SGG und folgt der Sachentscheidung.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 160 Abs.2 Nr.1 SGG. Dabei berücksichtigt der Senat, dass die bisher vorliegende zitierte Entscheidung des BSG vom 6. Oktober 2011 zum abschließenden Charakter des § 1 Abs.7 S.1 Nr.1 –Nr.3 OEG zu einer erweiternden Auslegung dieser Vorschrift und nicht zu der hier diskutierten einschränkenden Auslegung ergangen ist.
Rechtskraft
Aus
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