L 3 B 56/99 P

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Itzehoe (SHS)
Aktenzeichen
S 2 P 9/99
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 3 B 56/99 P
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Itzehoe vom 19. Mai 1999 wird zurückgewiesen. Die weitere Beschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten in der Hauptsache um die Zustimmung zur gesonderten Berechnung von Investitionsaufwendungen nach § 82 Abs. 3 Satz 3 erster Halbsatz des Sozialgesetzbuches, Elf-tes Buch (SGB XI).

Die Klägerin betreibt das Senioren- und Pflegeheim L GmbH. Mit Schreiben vom 26.10.1998 legte sie dem Beklagten eine Berechnung über gesondert bere-chenbare Investitionsaufwendungen in Höhe von 26,96 DM pro Tag pro Platz vor. Dabei legte sie einen Pachtzins von monatlich 100.000,00 DM zugrunde. Der Beklagte stimmte der gesonderten Berechnung pro Tag und Platz nur in Höhe von 23,26 DM zu und ging dabei von der ortsüblichen Miete für vergleichbaren Wohn-raum in Itzehoe in Höhe von 18,00 DM pro Quadratmeter aus (Be-scheid vom 30.11.1998). Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch und machte geltend, es sei nicht auf den Pachtzins vergleichba-ren Wohnraums, sondern vergleichbarer Hotelunterkünfte abzu-stellen. Mit Bescheid vom 21.01.1999, den Prozeßbevollmächtig-ten der Klägerin zugestellt am 25.01.1999, wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Dagegen hat die Klägerin am 24.02.1999 bei dem Sozialgericht Itzehoe Klage erhoben.

Nach Hinweis an die Beteiligten, daß nicht das Sozialgericht, sondern das Verwaltungsgericht für Streitigkeiten dieser Art zuständig sei, hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 19.05.1999 den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichts-barkeit für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht verwiesen. Zur Be-gründung hat es ausgeführt: Die zur Entscheidung stehende Streitigkeit sei öffentlich - rechtlicher Art im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Zwar seien bei gesonderter Berechnung betriebsnotwendiger Investitionsauf-wendungen im Sinne von § 82 Abs. 3 Satz 1 SGB XI die zwischen dem Pflegebedürftigen und der Pflegeeinrichtung entstehenden Rechtsbeziehungen privatrechtlicher Natur. Die hierzu gemäß § 82 Abs. 3 Satz 3 erster Halbsatz SGB XI erforderliche Zustim-mung der zuständigen Landesbehörde bzw. deren Ablehnung habe jedoch gegenüber der Pflegeeinrichtung im Subordinationsver-hältnis durch Verwaltungsakt zu ergehen. § 51 Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) weise die Streitigkeit auch nicht der Sozialgerichtsbarkeit zu. Streitigkeiten um die Zustimmung nach § 82 Abs. 3 Satz 3 erster Halbsatz SGB XI beträfen keine Angelegenheiten nach dem SGB XI in dem von § 51 Abs. 2 Satz 2 SGG gemeinten Sinne. Das folge sowohl aus der wörtlichen, als auch der historischen, als auch der gesetzessystematischen Aus-legung der Vorschrift. Zwar schließe der Wortlaut der Vor-schrift nicht zwingend aus, die Zustimmung zur gesonderten Be-rechnung betriebsnotwendiger Investitionsaufwendungen als Ange-legenheit nach dem SGB XI zu betrachten, weil § 82 Abs. 3 Satz 3 erster Halbsatz SGB XI hierzu eine gesetzliche Bestim-mung enthalte. Ein solches Verständnis der Vorschrift sei je-doch nicht zutreffend. Wie das Bundesverwaltungsgericht zutref-fend ausgeführt habe, könne eine Angelegenheit nach dem SGB XI nur dann gegeben sein, wenn der Streitfall zum Regelungsbereich des SGB XI gehöre, das Rechtsverhältnis, aus dem der Klagan-spruch hergeleitet werde, also diesem Gesetz unterfalle (BVerwG, Beschluss vom 23. Dezember 1998 3 B 22/98 ). Das treffe auf die Zustimmung nach § 82 Abs. 3 Satz 3 erster Halb-satz SGB XI nicht zu. Das SGB XI regele die Pflegeversicherung. Nach seiner Überschrift beziehe es sich auf die soziale Pflege-versicherung. Nach §§ 23 ff. SGB XI sei darüber hinaus auch die private Pflegeversicherung einbezogen worden. Unter Angelegen-heiten nach dem SGB XI im Sinne des § 51 Abs. 2 Satz 2 SGG sei-en die Angelegenheiten der sozialen und privaten Pflegeversi-cherung zu verstehen. Die Einführung des § 51 Abs. 2 Satz 2 SGG habe der Zuweisung dieser Materie an die Sozialgerichtsbarkeit dienen sollen (BVerwG, aaO; BSG SozR 3-1500 § 51 Nr. 19). Die Vorschrift beziehe sich ausschließlich auf den Bereich des Leistungs- und Leistungserbringungsrechts. Dieses Ergebnis wer-de auch durch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift bestä-tigt. Aus der Begründung des Entwurfes zum 1. SGB XI-Änderungsgesetz, welcher vorgesehen habe, daß die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit in Angelegenheiten der privaten Pflege-versicherung nur noch über Streitigkeiten nach § 44 SGB XI ent-scheiden sollten, gehe hervor, daß nach der beabsichtigten No-vellierung des § 51 Abs. 2 Satz 2 SGG sich die Vorschrift le-diglich auf eine Rechtswegzuständigkeit der Sozialgerichtsbar-keiten in Angelegenheiten der sozialen Pflegeversicherung er-strecke. Diese Ausführungen seien als authentische Interpreta-tion der Vorschrift aufzufassen. Zu demselben Ergebnis führe schließlich die gesetzessystematische Betrachtung. Nicht nur in § 51 Abs. 2 Satz 2 SGG, sondern auch in § 73 Abs. 2 Satz 1, 74 Abs. 3 Satz 2 und 85 Abs. 5 Satz 3 SGB XI seien Rechtswegzuwei-sungen an die Sozialgerichtsbarkeit vorgenommen worden. Dies wäre überflüssig gewesen, wenn sich § 51 Abs. 2 Satz 2 SGG nicht nur auf Angelegenheiten der Pflegeversicherung, sondern auch auf alle sonstigen Angelegenheiten nach dem SGB XI erstre-cke. Die Zustimmung zur gesonderten Berechnung betriebsnotwen-diger Investitionsaufgaben sei aber keine Aufgabe der Pflege-versicherung. Sie obliege nicht den Pflegeversicherungsträgern, sondern den durch Landesrecht bestimmten Behörden. Das SGB XI enthalte auch keine verbindlichen Regelungen zu Art, Höhe, Laufzeit und Verteilung der gesondert berechenbaren Aufwendun-gen. § 51 Abs. 2 Satz 2 SGG könne insoweit auch nicht erwei-ternd ausgelegt werden. Der Gesichtspunkt der Sachkunde, der Sachnähe und des Sachzusammenhanges, welcher für die Auslegung der Vorschriften über die Rechtswegzuweisung im Zweifel beson-dere Bedeutung habe, lege eine solche Entscheidung nicht nahe. Eine besondere Kompetenz der Sozialgerichtsbarkeit sei insoweit nicht gegeben. Im Gegenteil spreche die Abhängigkeit von Ent-scheidungen nach § 82 Abs. 3 Satz 3 erster Halbsatz SGG von denjenigen über die öffentliche Investitionsförderung nach § 9 SGB XI dafür, es nicht nur hinsichtlich des letztgenannten Be-reiches, sondern auch hinsichtlich des erstgenannten Bereiches bei der allgemeinen Rechtswegzuweisung an die Verwaltungsge-richtsbarkeit gemäß § 40 Abs.1 Satz 1 VwGO zu belassen.

Gegen diesen dem Beklagten am 2. Juni 1999 zugestellten Be-schluß richtet sich seine am 4. Juni 1999 bei dem Sozialgericht eingegangene Beschwerde. Damit macht er geltend, es könne nicht ernsthaft zweifelhaft sein, daß auch die Streitigkeiten um die Zustimmung nach § 82 Abs. 3 Satz 3 erster Halbsatz SGB XI Streitigkeiten seien, die in Angelegenheiten nach dem SGB XI im Sinne von § 51 Abs. 2 Satz 2 SGG entstünden.

Die Klägerin teilt die Rechtsauffassung des Beklagten.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die Beschwerde ist nach §§ 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG, 172, 173 SGG zulässig. Die Abhilfeentscheidung des Sozialgerichts, die in § 17 a Abs. 4 GVG nicht vorgesehen ist, hindert eine Entschei-dung des Senats nicht (vgl. BSG SozR 3 1500 § 51 Nr. 19).

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das Sozial-gericht den Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht für zulässig erachtet und den Rechtsstreit nach § 17 a Abs. 2 Satz 1 GVG an das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht verwiesen. Der Senat schließt sich voll inhaltlich der vom Sozialgericht ver-tretenen Rechtsauffassung an und verweist deshalb in entspre-chender Anwendung von § 153 Abs. 2 SGG (vgl. dazu Meyer-Ladewig, SGG, 6. Auflage, § 142 Rz. 5 b) die Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Lediglich ergänzend ist auszuführen, daß zwar die vom Sozialge-richt zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts die Investitionsförderung des Landes nach § 82 Abs. 2 i.V.m. § 9 SGB XI betraf. Im vorliegenden Fall geht es dagegen um die Zu-stimmung zur gesonderten Berechnung der nach § 82 Abs. 2 SGB XI nicht gedeckten Investitionsaufwendungen. Diese kann die Pfle-geeinrichtung nach § 82 Abs. 3 Satz 1 SGB XI den Pflegebedürf-tigen gesondert berechnen. Deshalb ist der vorliegende Rechts-streit aber nicht als ein solcher in Angelegenheiten nach dem SGB XI im Sinne von § 51 Abs. 2 Satz 2 SGG zu qualifizieren. Denn das Rechtsverhältnis zwischen Pflegeeinrichtung und Pfle-gebedürftigen ist worauf das Sozialgericht zu Recht hingewie-sen hat privatrechtlicher Natur. Da die Zustimmung zur geson-derten Investitionskostenberechnung in engem Zusammenhang mit der Investitionsförderung nach § 9 SGB XI steht, hat das Sozi-algericht zutreffend auch für diesen Rechtsstreit die Zustän-digkeit der Verwaltungsgerichte angenommen.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfrage hat der Senat die weitere Beschwerde zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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