Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 KR 89/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Der Bescheid der Beklagten vom 16. Januar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. März 2004 wird aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass der Kläger seit dem 6. November 2003 für alle jetzt und in der Zukunft bestehenden nichtselbständigen Beschäftigungen für die Dauer seiner Vorstandstätigkeit innerhalb der INKA 120. Vermögensverwaltungs AG nicht der Versicherungspflicht innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt.
II. Die Beklagte erstattet die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
Der am 1973 geborene Kläger begehrt die Feststellung des Nichtbestehens der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung gemäß § 229 Abs. 1 a des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI).
Mit Urkundenrolle Nr. /2003 des Notars K. F. vom 06.11.2003 ist die Aktiengesellschaft "INKA 120. Vermögensverwaltungs AG" errichtet worden. Entsprechend § 3 der Satzung der "INKA 120. Vermögensverwaltungs AG" beträgt das Grundkapital der Gesellschaft 50.000,00 EUR. Mit dem ersten Beschluss des Aufsichtsrates der "INKA 120. Vermögensverwaltungs AG" vom 06.11.2003 ist u.a. der Kläger zum Vorstandsmitglied bestellt worden.
Der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater des Klägers hat am 24.11.2003 um Übersendung einer personengebundenen Bescheinigung hinsichtlich des Ausschlusses aus der Rentenversicherung gemäß § 1 Satz 4 SGB VI nach dem Rechtsstand bis zum 06.11.2003 für sämtliche jetzt und in Zukunft bestehenden nichtselbständigen Beschäftigungen für die Dauer der Vorstandstätigkeit gebeten.
Dieser Antrag ist mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 16.01.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2004 abgelehnt worden. Der Kläger sei seit dem 01.01.1999 aufgrund seines Beschäftigungsverhältnisses bei der M. D. Logistik GmbH Mitglied der Beklagten und unterliege der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung. - Die Gründung von Aktiengesellschaften zu dem Zweck, um als Vorstand dieser Aktiengesellschaft in einer daneben ausgeübten Beschäftigung nicht der Rentenversicherungspflicht zu unterliegen, werde von der Rechtsprechung nicht gedeckt. - Nach § 2 der Satzung der "INKA 120. Vermögensverwaltungs AG" sei Gegenstand des Unternehmens die Verwaltung eigener Vermögenswerte, ohne dass eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt werden dürfe. Das Grundkapital belaufe sich auf die Mindesthöhe von 50.000,00 EUR. Der Kläger habe die Höhe der Vorstandsvergütung bislang nicht beziffern können; fraglich sei, ob eine Vergütungsregelung grundsätzlich getroffen worden sei. Neben dem Gründungsvertrag enthielten auch die Satzung und der erste Beschluss des Aufsichtsrates keine Angaben über die Zahlung von Vorstandsbezügen. Bei der "INKA 120. Vermögensverwaltungs AG" handle es sich um kein Konzernunternehmen im Sinne von § 18 des Aktiengesetzes (AktG). Im Übrigen sei davon auszugehen, dass die Besetzung der Vorstandsebene mit zwei Personen in einem Unternehmen, dessen Gegenstand es ausschließlich sei, eigene Vermögenswerte zu verwalten, eine Überbesetzung darstelle.
Die hiergegen gerichtete Klageschrift vom 05.04.2004 ging am 06.04.2004 im Sozialgericht Augsburg ein. Die Bevollmächtigte des Klägers hob zur Begründung hervor, dass die Beklagte eklatant die bis einschließlich 06.11.2003 geltende Rechtslage verkenne. Die bis zum 06.11.2003 geltende Regelung basiere auf der Rechtsentwicklung aus 1969. Der 18. Ausschuss für Sozialpolitik habe sich darauf geeinigt, dass "Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften nicht zu den Angestellten im Sinne des AVG zählen sollten". Der Ausschuss habe dabei typisierend zwischen großen Gesellschaften (= Aktiengesellschaften) und kleineren juristischen Personen unterschieden. Die Vorstände einer Aktiengesellschaft sollten deshalb nicht mehr zu den Angestellten gehören, weil sie wegen ihrer herausragenden und starken wirtschaftlichen Stellung Schutz und Sicherheit durch die Rentenversicherung entbehren konnten. - Der Gesetzgeber habe dies dann ausdrücklich im Gesetz verankert und die Vorstände einer Aktiengesellschaft aus dem Kreis der Versicherten ausgeschlossen. Die Vorstände sind nicht befreit; sie gehören nicht zum Kreis der Versicherten. Die Zuordnung in Versicherungspflicht, -freiheit und -befreiung gelten bewusst nicht für die Vorstände einer Aktiengesellschaft. Der herkömmliche Begriff wurde vermieden und bewusst die Gruppe der Vorstände ausgeschlossen (BSG mit Urteil vom 22.11.1973 - 12/3 RK 20/71).
Die Bevollmächtigte des Klägers hob mit Klagebegründung vom 05.04.2004 weiterhin hervor, dass der Gesetzgeber ab dem 07.11.2003 eine neue Gesetzeslage geschaffen habe. In der Gesetzesbegründung werde darauf hingewiesen, dass vermehrt finanzschwache Aktiengesellschaften aufträten und diese Vorstände eines erhöhten Schutzes bedürften. Dies gelte aber nur für die Zukunft. - Die jetzige Klage beträfe aber keinen Fall des neuen Rechts, sondern eine Lage nach der alten Regelung, die eben nicht auf die wirtschaftliche Kraft der Aktiengesellschaft abstelle, sondern einzig und allein auf die Rechtsform. Und dieses einzige vom Gesetzgeber aufgestellte Kriterium für die Anknüpfung an die Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung werde im vorliegenden Fall durch die Stellung des Klägers als Vorstandsmitglied einer AG auch erfüllt. - Darüber hinaus mache die Gründung einer Aktiengesellschaft zur Verwaltung des Vermögens spätestens seit der Reform des Körperschaftssteuerrechtes Sinn, da mit der Aktiengesellschaft Gewinne steuerfrei und erhebliche erbschaftssteuerliche Vorteile erzielt werden können. Es sei nicht verboten, eine Aktiengesellschaft zu diesem Zweck zu gründen und wenn typisierend die Vorstände dieser Aktiengesellschaft aus der Rentenversicherung ausgeschlossen seien, dann sei diese Rechtslage auch auf den vorliegenden Fall anzuwenden, egal wie groß der Umfang der sonstigen Beschäftigungen sei. Für Bestellungen nach dem 06.11.2003 gelte zweifellos eine andere gesetzliche Regelung.
Vonseiten des Gerichts wurden die Unterlagen der Beklagten beigezogen, ebenso die Gesetzesmaterialien. Weiterhin wurde mit Beschluss vom 24.08.2004 die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte beigeladen.
Nach Überprüfung machte das Sozialgericht Augsburg die Beteiligten mit Nachricht vom 24.08.2004 darauf aufmerksam, dass die "INKA 120. Vermögensverwaltungs AG" noch am 06.11.2003 in das Handelsregister hätte eingetragen werden müssen. Denn der Vorstand einer mangels Eintragung noch nicht existierenden AG (§ 41 Abs. 1 Satz 1 AktG) könne nach hiesiger Auffassung auch noch nicht von der Versicherungspflicht befreit bzw. versicherungsfrei beschäftigt worden sein. - § 229 Abs. 1 a SGB VI setze das Bestehen einer Aktiengesellschaft voraus. Eine in Gründung befindliche AG stehe dem nicht gleich, selbst wenn die Anmeldung zum Handelsregister noch am 06.11.2003 dort eingereicht worden sein sollte.
Mit ergänzender Klagebegründung vom 19.11.2004 verwies die Bevollmächtigte des Klägers vor allem auf das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 18.10.2004 - S 7 KR 236/04. Dort sei in einem gleichgelagerten Fall der Klage in vollem Umfang stattgegeben worden.
In der mündlichen Verhandlung vom 09.05.2005 stellt die Bevollmächtigte des Klägers die Anträge aus der Klageschrift vom 05.04.2004 und beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 16.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2004 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger seit dem 06.11.2003 für alle jetzt und in Zukunft bestehenden nichtselbständigen Beschäftigungen für die Dauer seiner Vorstandstätigkeit innerhalb der "INKA 120. Vermögensverwaltungs AG" nicht der Versicherungspflicht innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt.
Die Beklagte hat bereits mit Schriftsatz vom 05.07.2004 beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Bevollmächtigte der Beigeladenen beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten und den der beigezogenen Unterlagen der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zum örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht Augsburg form- und fristgerecht erhobene Klage ist gemäß §§ 51 ff des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig.
Die Klage erweist sich nach mehrheitlicher Auffassung des Gerichts auch als begründet. In Berücksichtigung der divergierenden erstinstanzlichen Auffassungen (vgl. Urteil des Sozialgerichts Frankfurt vom 15.09.2004 - S 20 KR 2217/04 und Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 06.04.2005 - S 12 KR 456/04 einerseits sowie Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 18.10.2004 - S 7 KR 236/04 andererseits) ist nicht auf § 41 Abs. 1 Satz 1 des Aktiengesetzes (AktG) abzustellen, sondern auf den Umstand, dass nach § 29 AktG mit der Übernahme aller Aktien durch die Gründer die Gesellschaft errichtet ist.
Insoweit bestimmt Ziffer III des Gründungsvertrages der "INKA 120. Vermögensverwaltungs AG": Auf das Grundkapital der Gesellschaft in Höhe von 50.000,00 EUR, eingeteilt in 50.000 Stück Aktien, übernehmen: 1. Die Vertretene zu 1), Firma C. GmbH, R.str. , W., 49.900 Stück Aktien gegen Zahlung einer Einlage von 49.900,00 EUR 2. Die Vertretene zu 2), Firma W.Immobilien Verwaltungs GmbH, R.str. , W., 100 Stück Aktien gegen Zah lung einer Einlage von 100,00 EUR.
Damit ist die Gesellschaft gemäß § 29 AktG errichtet (vgl. insoweit Christian Steinpichler, Der freie Berater, 2005 S. 83).
Weiterhin ist nach mehrheitlicher Auffassung des erkennenden Gerichts von Bedeutung gewesen, dass der Gesetzgeber mit Gesetz vom 27.12.2003 (BGBl I S. 3013) § 229 Abs. 1 a des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) mit Rückwirkung zum 06.11.2003 in das Gesetz eingefügt hat, um eine bestehende Gesetzeslücke zu schließen. Es handelt sich hierbei um einen Fall der unechten Rückwirkung, ist also verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. - Schöpfen Bürger wie der Kläger jedoch steuer- und sozialrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten nach § 229 Abs. 1 SGB VI alter Fassung noch am letzten Tag zu ihren Gunsten aus, handeln sie nicht rechtmissbräuchlich. Es liegt vielmehr im Wesen von Stichtagsregelungen, dass sie teils zu Gunsten oder zu Ungunsten der jeweilig Betroffenen wirken.
Weiterhin ist hier eine Überbesetzung der Vorstandsebene nicht gegeben. Der Vorstand besteht lediglich aus zwei Personen, nämlich dem Kläger und Herrn S. W., F.str., A ... - Nachdem der Gegenstand des Unternehmens entsprechend § 2 der Satzung der "INKA 120. Vermögensverwaltungs AG" die Verwaltung eigener Vermögenswerte ist, ohne dass eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt werden darf, ist es schlüssig und legitim, dass die Gründung der Aktiengesellschaft vor allem aus steuerrechtlichen Gründen erfolgt ist (vgl. Klagebegründung vom 05.04.2004). - Die "Mitnahme rentenrechtlicher Vorteile" ist nicht als rechtsmissbräuchlich zu beanstanden, wenn wie hier steuerrechtliche Gesichtspunkte überwiegen. - Außerdem darf in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden, dass entsprechend § 11 der Satzung der "INKA 120. Vermögensverwaltungs AG" die Gesellschaft bis zu einem Höchstbetrag von 8.000,00 EUR die Gründungskosten trägt. Der wirtschaftliche Vorteil im Bereich des Rentenbeitragsrechtes relativiert sich daher erheblich.
Zusammenfassend: Nach mehrheitlicher Auffassung des erkennenden Gerichts ist der Klage daher stattzugeben gewesen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Es wird festgestellt, dass der Kläger seit dem 6. November 2003 für alle jetzt und in der Zukunft bestehenden nichtselbständigen Beschäftigungen für die Dauer seiner Vorstandstätigkeit innerhalb der INKA 120. Vermögensverwaltungs AG nicht der Versicherungspflicht innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt.
II. Die Beklagte erstattet die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
Der am 1973 geborene Kläger begehrt die Feststellung des Nichtbestehens der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung gemäß § 229 Abs. 1 a des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI).
Mit Urkundenrolle Nr. /2003 des Notars K. F. vom 06.11.2003 ist die Aktiengesellschaft "INKA 120. Vermögensverwaltungs AG" errichtet worden. Entsprechend § 3 der Satzung der "INKA 120. Vermögensverwaltungs AG" beträgt das Grundkapital der Gesellschaft 50.000,00 EUR. Mit dem ersten Beschluss des Aufsichtsrates der "INKA 120. Vermögensverwaltungs AG" vom 06.11.2003 ist u.a. der Kläger zum Vorstandsmitglied bestellt worden.
Der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater des Klägers hat am 24.11.2003 um Übersendung einer personengebundenen Bescheinigung hinsichtlich des Ausschlusses aus der Rentenversicherung gemäß § 1 Satz 4 SGB VI nach dem Rechtsstand bis zum 06.11.2003 für sämtliche jetzt und in Zukunft bestehenden nichtselbständigen Beschäftigungen für die Dauer der Vorstandstätigkeit gebeten.
Dieser Antrag ist mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 16.01.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2004 abgelehnt worden. Der Kläger sei seit dem 01.01.1999 aufgrund seines Beschäftigungsverhältnisses bei der M. D. Logistik GmbH Mitglied der Beklagten und unterliege der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung. - Die Gründung von Aktiengesellschaften zu dem Zweck, um als Vorstand dieser Aktiengesellschaft in einer daneben ausgeübten Beschäftigung nicht der Rentenversicherungspflicht zu unterliegen, werde von der Rechtsprechung nicht gedeckt. - Nach § 2 der Satzung der "INKA 120. Vermögensverwaltungs AG" sei Gegenstand des Unternehmens die Verwaltung eigener Vermögenswerte, ohne dass eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt werden dürfe. Das Grundkapital belaufe sich auf die Mindesthöhe von 50.000,00 EUR. Der Kläger habe die Höhe der Vorstandsvergütung bislang nicht beziffern können; fraglich sei, ob eine Vergütungsregelung grundsätzlich getroffen worden sei. Neben dem Gründungsvertrag enthielten auch die Satzung und der erste Beschluss des Aufsichtsrates keine Angaben über die Zahlung von Vorstandsbezügen. Bei der "INKA 120. Vermögensverwaltungs AG" handle es sich um kein Konzernunternehmen im Sinne von § 18 des Aktiengesetzes (AktG). Im Übrigen sei davon auszugehen, dass die Besetzung der Vorstandsebene mit zwei Personen in einem Unternehmen, dessen Gegenstand es ausschließlich sei, eigene Vermögenswerte zu verwalten, eine Überbesetzung darstelle.
Die hiergegen gerichtete Klageschrift vom 05.04.2004 ging am 06.04.2004 im Sozialgericht Augsburg ein. Die Bevollmächtigte des Klägers hob zur Begründung hervor, dass die Beklagte eklatant die bis einschließlich 06.11.2003 geltende Rechtslage verkenne. Die bis zum 06.11.2003 geltende Regelung basiere auf der Rechtsentwicklung aus 1969. Der 18. Ausschuss für Sozialpolitik habe sich darauf geeinigt, dass "Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften nicht zu den Angestellten im Sinne des AVG zählen sollten". Der Ausschuss habe dabei typisierend zwischen großen Gesellschaften (= Aktiengesellschaften) und kleineren juristischen Personen unterschieden. Die Vorstände einer Aktiengesellschaft sollten deshalb nicht mehr zu den Angestellten gehören, weil sie wegen ihrer herausragenden und starken wirtschaftlichen Stellung Schutz und Sicherheit durch die Rentenversicherung entbehren konnten. - Der Gesetzgeber habe dies dann ausdrücklich im Gesetz verankert und die Vorstände einer Aktiengesellschaft aus dem Kreis der Versicherten ausgeschlossen. Die Vorstände sind nicht befreit; sie gehören nicht zum Kreis der Versicherten. Die Zuordnung in Versicherungspflicht, -freiheit und -befreiung gelten bewusst nicht für die Vorstände einer Aktiengesellschaft. Der herkömmliche Begriff wurde vermieden und bewusst die Gruppe der Vorstände ausgeschlossen (BSG mit Urteil vom 22.11.1973 - 12/3 RK 20/71).
Die Bevollmächtigte des Klägers hob mit Klagebegründung vom 05.04.2004 weiterhin hervor, dass der Gesetzgeber ab dem 07.11.2003 eine neue Gesetzeslage geschaffen habe. In der Gesetzesbegründung werde darauf hingewiesen, dass vermehrt finanzschwache Aktiengesellschaften aufträten und diese Vorstände eines erhöhten Schutzes bedürften. Dies gelte aber nur für die Zukunft. - Die jetzige Klage beträfe aber keinen Fall des neuen Rechts, sondern eine Lage nach der alten Regelung, die eben nicht auf die wirtschaftliche Kraft der Aktiengesellschaft abstelle, sondern einzig und allein auf die Rechtsform. Und dieses einzige vom Gesetzgeber aufgestellte Kriterium für die Anknüpfung an die Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung werde im vorliegenden Fall durch die Stellung des Klägers als Vorstandsmitglied einer AG auch erfüllt. - Darüber hinaus mache die Gründung einer Aktiengesellschaft zur Verwaltung des Vermögens spätestens seit der Reform des Körperschaftssteuerrechtes Sinn, da mit der Aktiengesellschaft Gewinne steuerfrei und erhebliche erbschaftssteuerliche Vorteile erzielt werden können. Es sei nicht verboten, eine Aktiengesellschaft zu diesem Zweck zu gründen und wenn typisierend die Vorstände dieser Aktiengesellschaft aus der Rentenversicherung ausgeschlossen seien, dann sei diese Rechtslage auch auf den vorliegenden Fall anzuwenden, egal wie groß der Umfang der sonstigen Beschäftigungen sei. Für Bestellungen nach dem 06.11.2003 gelte zweifellos eine andere gesetzliche Regelung.
Vonseiten des Gerichts wurden die Unterlagen der Beklagten beigezogen, ebenso die Gesetzesmaterialien. Weiterhin wurde mit Beschluss vom 24.08.2004 die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte beigeladen.
Nach Überprüfung machte das Sozialgericht Augsburg die Beteiligten mit Nachricht vom 24.08.2004 darauf aufmerksam, dass die "INKA 120. Vermögensverwaltungs AG" noch am 06.11.2003 in das Handelsregister hätte eingetragen werden müssen. Denn der Vorstand einer mangels Eintragung noch nicht existierenden AG (§ 41 Abs. 1 Satz 1 AktG) könne nach hiesiger Auffassung auch noch nicht von der Versicherungspflicht befreit bzw. versicherungsfrei beschäftigt worden sein. - § 229 Abs. 1 a SGB VI setze das Bestehen einer Aktiengesellschaft voraus. Eine in Gründung befindliche AG stehe dem nicht gleich, selbst wenn die Anmeldung zum Handelsregister noch am 06.11.2003 dort eingereicht worden sein sollte.
Mit ergänzender Klagebegründung vom 19.11.2004 verwies die Bevollmächtigte des Klägers vor allem auf das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 18.10.2004 - S 7 KR 236/04. Dort sei in einem gleichgelagerten Fall der Klage in vollem Umfang stattgegeben worden.
In der mündlichen Verhandlung vom 09.05.2005 stellt die Bevollmächtigte des Klägers die Anträge aus der Klageschrift vom 05.04.2004 und beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 16.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2004 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger seit dem 06.11.2003 für alle jetzt und in Zukunft bestehenden nichtselbständigen Beschäftigungen für die Dauer seiner Vorstandstätigkeit innerhalb der "INKA 120. Vermögensverwaltungs AG" nicht der Versicherungspflicht innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt.
Die Beklagte hat bereits mit Schriftsatz vom 05.07.2004 beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Bevollmächtigte der Beigeladenen beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten und den der beigezogenen Unterlagen der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zum örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht Augsburg form- und fristgerecht erhobene Klage ist gemäß §§ 51 ff des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig.
Die Klage erweist sich nach mehrheitlicher Auffassung des Gerichts auch als begründet. In Berücksichtigung der divergierenden erstinstanzlichen Auffassungen (vgl. Urteil des Sozialgerichts Frankfurt vom 15.09.2004 - S 20 KR 2217/04 und Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 06.04.2005 - S 12 KR 456/04 einerseits sowie Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 18.10.2004 - S 7 KR 236/04 andererseits) ist nicht auf § 41 Abs. 1 Satz 1 des Aktiengesetzes (AktG) abzustellen, sondern auf den Umstand, dass nach § 29 AktG mit der Übernahme aller Aktien durch die Gründer die Gesellschaft errichtet ist.
Insoweit bestimmt Ziffer III des Gründungsvertrages der "INKA 120. Vermögensverwaltungs AG": Auf das Grundkapital der Gesellschaft in Höhe von 50.000,00 EUR, eingeteilt in 50.000 Stück Aktien, übernehmen: 1. Die Vertretene zu 1), Firma C. GmbH, R.str. , W., 49.900 Stück Aktien gegen Zahlung einer Einlage von 49.900,00 EUR 2. Die Vertretene zu 2), Firma W.Immobilien Verwaltungs GmbH, R.str. , W., 100 Stück Aktien gegen Zah lung einer Einlage von 100,00 EUR.
Damit ist die Gesellschaft gemäß § 29 AktG errichtet (vgl. insoweit Christian Steinpichler, Der freie Berater, 2005 S. 83).
Weiterhin ist nach mehrheitlicher Auffassung des erkennenden Gerichts von Bedeutung gewesen, dass der Gesetzgeber mit Gesetz vom 27.12.2003 (BGBl I S. 3013) § 229 Abs. 1 a des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) mit Rückwirkung zum 06.11.2003 in das Gesetz eingefügt hat, um eine bestehende Gesetzeslücke zu schließen. Es handelt sich hierbei um einen Fall der unechten Rückwirkung, ist also verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. - Schöpfen Bürger wie der Kläger jedoch steuer- und sozialrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten nach § 229 Abs. 1 SGB VI alter Fassung noch am letzten Tag zu ihren Gunsten aus, handeln sie nicht rechtmissbräuchlich. Es liegt vielmehr im Wesen von Stichtagsregelungen, dass sie teils zu Gunsten oder zu Ungunsten der jeweilig Betroffenen wirken.
Weiterhin ist hier eine Überbesetzung der Vorstandsebene nicht gegeben. Der Vorstand besteht lediglich aus zwei Personen, nämlich dem Kläger und Herrn S. W., F.str., A ... - Nachdem der Gegenstand des Unternehmens entsprechend § 2 der Satzung der "INKA 120. Vermögensverwaltungs AG" die Verwaltung eigener Vermögenswerte ist, ohne dass eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt werden darf, ist es schlüssig und legitim, dass die Gründung der Aktiengesellschaft vor allem aus steuerrechtlichen Gründen erfolgt ist (vgl. Klagebegründung vom 05.04.2004). - Die "Mitnahme rentenrechtlicher Vorteile" ist nicht als rechtsmissbräuchlich zu beanstanden, wenn wie hier steuerrechtliche Gesichtspunkte überwiegen. - Außerdem darf in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden, dass entsprechend § 11 der Satzung der "INKA 120. Vermögensverwaltungs AG" die Gesellschaft bis zu einem Höchstbetrag von 8.000,00 EUR die Gründungskosten trägt. Der wirtschaftliche Vorteil im Bereich des Rentenbeitragsrechtes relativiert sich daher erheblich.
Zusammenfassend: Nach mehrheitlicher Auffassung des erkennenden Gerichts ist der Klage daher stattzugeben gewesen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
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