Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 AS 218/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 14. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2006 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Ablehnung von Arbeitslosengeld II (Alg II) für die Zeit ab 21.07.2005 wegen fehlender Hilfebedürftigkeit. Seit 01.03.2006 erhält der Kläger nach weiterer Auflösung von Vermögensteilen Alg II.
Der Kläger, geboren 1947, hatte bis 10.04.2003 Arbeitslosengeld bezogen. Der Anschlussantrag auf Arbeitslosenhilfe war wegen fehlender Bedürftigkeit abgelehnt worden. Die Agentur für Arbeit hatte ein Vermögen von 70.091,33 EUR angesetzt.
Am 27.05.2005 stellte der Kläger Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Zu diesem Zeitpunkt bestanden folgende Vermögenspositionen:
Girokonto bei der Sparkasse K. mit einem Habensaldo von 2.621,17 EUR Extrakonto bei der ING DiBa F. Habensaldo von 3.749,99 EUR Wertpapierdepot bei der ING DiBa F. Kurswert 31.12.2004 30.225,77 EUR Kurswert 21.07.2005 36.094,30 EUR.
Mit Bescheid vom 14.09.2005 lehnte daraufhin die Beklagte den Antrag wegen fehlender Hilfebedürftigkeit ab. Dagegen legte der Kläger am 19.09.2005 Widerspruch ein unter Nachweis, dass er aus der Depotanlage hohe Verluste erlitten habe. Insbesondere könne die Argentinien-Anleihe nicht mit dem im Depot-Auszug angesetzten Wert von 6.342,31 EUR angesetzt werden. Der Substanzwert der "Argentinien-Anleihen" liege weit tiefer, eine Verwertung sei unwirtschaftlich.
Im Weiteren wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22.02.2006 zurückgewiesen. Dagegen legte der Kläger am 20.03.2006 Klage zum Sozialgericht Augsburg ein. Zur Begründung wurde wiederholt, dass die "Argentinien" betreffenden Depotansätze aus der Berechnung herausgenommen werden müssten, sodass spätestens ab 21.07.2005 ein Leistungsanspruch bestehe.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 21.08.2006 beantragte der Kläger,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.09.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.02.2006 zu verurteilen, bereits ab 21.07.2005 Arbeitslosengeld II in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Vertreterin der Beklagten beantragte im Termin
die Klageabweisung.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Leistungsakte der Beklagten sowie der Klageakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Anspruch auf Arbeitslosengeld II setzt voraus, dass die Berechtigten erwerbsfähige Hilfebedürftige sind (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht aus zu berücksichtigendem Vermögen sichern kann (§ 9 Abs. 1 SGB II). Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen (§ 12 Abs. 1 SGB II). Vermögensgegenstände sind verwertbar, wenn sie verbraucht, übertragen oder belastet werden können, in Geld umgewandelt werden können (Brühl in LPK-SGB II, § 12 RdNr. 7). Die Beklagte hat insoweit zutreffend die Beträge auf Girokonto, Extrakonto und die Werte aus dem Wertpapierdepot mit den jeweiligen Ansätzen zugrunde gelegt.
Nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 65 Abs. 5 SGB II ist dem Kläger ein Grundfreibetrag in Höhe von 520,00 EUR je vollendetem Lebensjahr eingeräumt zuzüglich zum Freibetrag nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II in Höhe von 750,00 EUR. Damit ist von dem verwertbaren Vermögen ein Betrag von 30.910,00 EUR abzusetzen.
Im Zeitpunkt des ersten Antrags vom 27.05.2005 und auch noch bei Vorlage des Depotauszugs vom 21.07.2005 waren die Freibeträge überschritten. Beim Vollzug des SGB II handelt es sich um eine Massenverwaltung (derzeit mehr als 7 Millionen Empfänger von Alg II bzw. Sozialgeld). Für die Bewertung von Wertpapieranlagen kann somit nur auf die aktuellen Ansätze in den zeitnahen Depotauszügen abgestellt werden. Bei spekulativen Vermögensanlagen liegen ständige Wertveränderungen bei den einzelnen Werten eines Wertpapierdepots vor. Für einen realistischen Vollzug kann somit nur auf Ansätze zu einem bestimmten Zeitpunkt zurückgegriffen werden. Wie dargelegt, war der von der Beklagten gewählte Zeitpunkt und Wertansatz rechtlich nicht zu beanstanden.
Es ist auch kein Fall einer "offensichtlich unwirtschaftlichen" Verwertung im Sinn von § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II anzusetzen. Es sind strenge Maßstäbe anzulegen (Gröschel-Gundermann in Lin- hart-Adolph, SGB II, SGB XII, Asylbewerberleistungsgesetz-Kommentar, § 12 SGB II RdNr. 31). Der Vollzug des SGB II kann nicht mit wertpapierspekulativen Überlegungen befrachtet werden. Der Kläger macht geltend, dass die "Argentinien-Anleihen" nur mit hohem Verlust verkauft werden könnten. Es ist dann wohl zutreffend bei einer Depotanlage zuerst verwertungsgünstigere Teile des Depots bis zum Erreichen der Freibetragsgrenze zu verwerten, wie es der Kläger auch praktiziert hat.
Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die ausführliche Begründung des Widerspruchsbescheides Bezug genommen, der die Kammer folgte.
Die Klage war mit der sich aus § 193 SGG ergebenden Kostenfolge abzuweisen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Ablehnung von Arbeitslosengeld II (Alg II) für die Zeit ab 21.07.2005 wegen fehlender Hilfebedürftigkeit. Seit 01.03.2006 erhält der Kläger nach weiterer Auflösung von Vermögensteilen Alg II.
Der Kläger, geboren 1947, hatte bis 10.04.2003 Arbeitslosengeld bezogen. Der Anschlussantrag auf Arbeitslosenhilfe war wegen fehlender Bedürftigkeit abgelehnt worden. Die Agentur für Arbeit hatte ein Vermögen von 70.091,33 EUR angesetzt.
Am 27.05.2005 stellte der Kläger Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Zu diesem Zeitpunkt bestanden folgende Vermögenspositionen:
Girokonto bei der Sparkasse K. mit einem Habensaldo von 2.621,17 EUR Extrakonto bei der ING DiBa F. Habensaldo von 3.749,99 EUR Wertpapierdepot bei der ING DiBa F. Kurswert 31.12.2004 30.225,77 EUR Kurswert 21.07.2005 36.094,30 EUR.
Mit Bescheid vom 14.09.2005 lehnte daraufhin die Beklagte den Antrag wegen fehlender Hilfebedürftigkeit ab. Dagegen legte der Kläger am 19.09.2005 Widerspruch ein unter Nachweis, dass er aus der Depotanlage hohe Verluste erlitten habe. Insbesondere könne die Argentinien-Anleihe nicht mit dem im Depot-Auszug angesetzten Wert von 6.342,31 EUR angesetzt werden. Der Substanzwert der "Argentinien-Anleihen" liege weit tiefer, eine Verwertung sei unwirtschaftlich.
Im Weiteren wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22.02.2006 zurückgewiesen. Dagegen legte der Kläger am 20.03.2006 Klage zum Sozialgericht Augsburg ein. Zur Begründung wurde wiederholt, dass die "Argentinien" betreffenden Depotansätze aus der Berechnung herausgenommen werden müssten, sodass spätestens ab 21.07.2005 ein Leistungsanspruch bestehe.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 21.08.2006 beantragte der Kläger,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.09.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.02.2006 zu verurteilen, bereits ab 21.07.2005 Arbeitslosengeld II in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Vertreterin der Beklagten beantragte im Termin
die Klageabweisung.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Leistungsakte der Beklagten sowie der Klageakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Anspruch auf Arbeitslosengeld II setzt voraus, dass die Berechtigten erwerbsfähige Hilfebedürftige sind (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht aus zu berücksichtigendem Vermögen sichern kann (§ 9 Abs. 1 SGB II). Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen (§ 12 Abs. 1 SGB II). Vermögensgegenstände sind verwertbar, wenn sie verbraucht, übertragen oder belastet werden können, in Geld umgewandelt werden können (Brühl in LPK-SGB II, § 12 RdNr. 7). Die Beklagte hat insoweit zutreffend die Beträge auf Girokonto, Extrakonto und die Werte aus dem Wertpapierdepot mit den jeweiligen Ansätzen zugrunde gelegt.
Nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 65 Abs. 5 SGB II ist dem Kläger ein Grundfreibetrag in Höhe von 520,00 EUR je vollendetem Lebensjahr eingeräumt zuzüglich zum Freibetrag nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II in Höhe von 750,00 EUR. Damit ist von dem verwertbaren Vermögen ein Betrag von 30.910,00 EUR abzusetzen.
Im Zeitpunkt des ersten Antrags vom 27.05.2005 und auch noch bei Vorlage des Depotauszugs vom 21.07.2005 waren die Freibeträge überschritten. Beim Vollzug des SGB II handelt es sich um eine Massenverwaltung (derzeit mehr als 7 Millionen Empfänger von Alg II bzw. Sozialgeld). Für die Bewertung von Wertpapieranlagen kann somit nur auf die aktuellen Ansätze in den zeitnahen Depotauszügen abgestellt werden. Bei spekulativen Vermögensanlagen liegen ständige Wertveränderungen bei den einzelnen Werten eines Wertpapierdepots vor. Für einen realistischen Vollzug kann somit nur auf Ansätze zu einem bestimmten Zeitpunkt zurückgegriffen werden. Wie dargelegt, war der von der Beklagten gewählte Zeitpunkt und Wertansatz rechtlich nicht zu beanstanden.
Es ist auch kein Fall einer "offensichtlich unwirtschaftlichen" Verwertung im Sinn von § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II anzusetzen. Es sind strenge Maßstäbe anzulegen (Gröschel-Gundermann in Lin- hart-Adolph, SGB II, SGB XII, Asylbewerberleistungsgesetz-Kommentar, § 12 SGB II RdNr. 31). Der Vollzug des SGB II kann nicht mit wertpapierspekulativen Überlegungen befrachtet werden. Der Kläger macht geltend, dass die "Argentinien-Anleihen" nur mit hohem Verlust verkauft werden könnten. Es ist dann wohl zutreffend bei einer Depotanlage zuerst verwertungsgünstigere Teile des Depots bis zum Erreichen der Freibetragsgrenze zu verwerten, wie es der Kläger auch praktiziert hat.
Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die ausführliche Begründung des Widerspruchsbescheides Bezug genommen, der die Kammer folgte.
Die Klage war mit der sich aus § 193 SGG ergebenden Kostenfolge abzuweisen.
Rechtskraft
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