S 6 AS 799/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 AS 799/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 3. Mai 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. September 2006 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme von Umzugskosten in Höhe von 107,00 EUR streitig.

Der am 1978 geborene Kläger erhielt zunächst seit dem 01.01.2005 mit Unterbrechungen von der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Am 09.03.2006 zog der Kläger vom S.weg in K. in die B.gasse in O ... Am 25.04.2006 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Übernahme von Umzugskosten. Die marktüblichen Kosten für ein Mietfahrzeug für einen Tag beliefen sich auf 66,00 bis 69,00 EUR. Zusätzlich machte er eine Pauschale für Beköstigung für zwei mithelfende Bekannte in Höhe von jeweils 20,00 EUR geltend. Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 03.05.2006 ab. Der Kläger sei bereits im März umgezogen. Gemäß § 36 SGB II sei die Beklagte daher nicht mehr örtlich zuständig.

Hiergegen legte der Kläger am 12.05.2006 Widerspruch bei der Beklagten ein. Er habe am 27.12.2005 die mündliche Zusage von einer Mitarbeiterin der Beklagten erhalten, dass er Umzugskosten erstattet bekomme. Die neue Wohnung habe er Anfang März bezogen. Den Bescheid über Leistungen habe er von der ARGE Oberallgäu Anfang April 2006 erhalten. Dort sei ihm auch gesagt worden, dass die Umzugskosten von der Wegzugs-ARGE übernommen würden. Daraufhin habe er seinen Antrag bei der Beklagten gestellt. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.09.2006 zurück.

Dagegen hat der Kläger am 02.10.2006 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Zur Klagebegründung hat er ausgeführt, dass er Ende Dezember 2005 sich entschlossen habe, von seinem Elternhaus wegzuziehen. Er habe bei einer Mitarbeiterin der Beklagten telefonisch nachgefragt, ob er Umzugskosten erstattet bekäme. Darauf habe diese "ja" gesagt und weiter, dass er einen Antrag stellen solle, sobald er eine Wohnung habe. Er habe den Antrag auch nicht früher stellen können, da er nicht sicher wusste, ob er von der ARGE Oberallgäu Leistungen erhalten werde. Umzugskosten würden auch von der Wegzugs-ARGE übernommen, so dass die Beklagte hierzu verpflichtet sei. Er begehre daher Umzugskosten in Höhe von 107,00 EUR. Die Kosten für ein Mietfahrzeug seiner Region betrügen 67,00 EUR. Daneben begehre er für zwei Helfer jeweils 20,00 EUR am Tag. Zu der Klage hat sich die Beklagte mit Schriftsatz vom 26.10.2006 geäußert. Der Umzug sei von der Beklagten weder veranlasst worden, noch sei der Umzug aus anderen Gründen notwendig gewesen. Vor seinem Umzug habe der Kläger in einer Haushaltsgemeinschaft mit seinen Eltern gelebt. Aufgrund der von ihm nicht widerlegten gesetzlichen Unterhaltsvermutung aus § 9 Abs. 5 SGB II habe sich ein Leistungsanspruch des Klägers für die Zeit vom 01.07.2005 bis 08.03.2006 in Höhe von monatlich 0,44 EUR errechnet. Der Kläger sei allein mit dem Ziel umgezogen, die volle Regelleistung in Höhe von 345,00 EUR zu erhalten. Dies könne nicht als notwendiger Grund im Sinne des § 22 Abs. 3 Satz 2 SGB II anerkannt werden. Ein Umzug sei in der Regel erforderlich, wenn dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die derzeitige Wohnung wirksam gekündigt worden sei. Es gebe jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Eltern des Klägers ihm kein freies Wohnrecht mehr gewähren wollten. Hierzu hat der Kläger mit Schreiben vom 13.11.2006 Stellung genommen. Es sei nicht richtig, dass er nur deshalb umgezogen sei, um die Zahlung der vollen Regelleistung zu erhalten. Es ginge ihm nicht um die volle Regelleistung, sondern um die Krankenversicherung. Zu dem Zeitpunkt seines Umzugs aus dem Elternhaus am 09.03.2006 sei er nicht krankenversichert gewesen, da er von der Beklagten keine Leistungen erhalten habe. Hätte er schon im Juli 2005 gewusst, dass er Leistungen erhalten würde und somit krankenversichert wäre, wäre er im März 2006 auch nicht umgezogen. Die Beklagte habe ihn, obwohl er zweimal beim Sozialgericht Augsburg geklagt habe, keine Leistungen bezahlt. Aufgrund dieses Verhaltens sei er von der Beklagten förmlich dazu genötigt worden, sein Elternhaus zu verlassen. Hierauf hat die Beklagte mit Schreiben vom 17.11.2006 geantwortet, dass nach dem Willen des Gesetzgebers Umzugskosten nur bei vorheriger Zusicherung durch den kommunalen Träger übernommen würden. Nach § 22 Abs. 3 Satz 2 SGB II solle die Zusicherung erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig sei und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden könne. Keiner dieser Tatbestandsvoraussetzungen seien im Fall des Klägers gegeben. Nach eigenem Sachvortrag war der Kläger einzig und allein mit dem Ziel aus dem Elternhaus in K. ausgezogen, um von der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und damit auch Beiträge für seine Krankenversicherung zu erhalten. Dies stelle keinen wichtigen Grund im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II dar. Auch aus anderen Gründen sei der Umzug nicht notwendig gewesen. So hat der Kläger in der Gerichtsverhandlung am 24.10.2006 (Az.: S 6 AS 373/06) erwähnt, dass er von seinem Elternhaus in K. nach O. umgezogen sei, obwohl sich seine Arbeitsstätte weiterhin in K. befunden habe. Auch vor diesem Hintergrund mache der Auszug aus dem Elternhaus in K. keinen Sinn.

In der mündlichen Verhandlung vom 15.05.2007 beantragt der nicht anwesende und auch nicht vertretene Kläger sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 03.05.2006 in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 06.09.2006 zu verurteilen, ihm Umzugskosten in Höhe von 107,00 EUR zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Klageakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 87, 90 Sozialgerichtsgesetz (SGG) frist- und formgerecht erhobene Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.

Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die vom Kläger geltend gemachten Umzugskosten zu übernehmen.

Gemäß § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II können durch die Beklagte Wohnungsbeschaffungskosten sowie Mietkautionen und Umzugskosten bei vorheriger Zusicherung übernommen werden. Voraussetzung für eine Kostenübernahme ist danach eine vorherige Zusicherung durch die Beklagte. Aufgrund des klaren Wortlauts ("bei vorheriger Zusicherung") können ohne Zusicherung keine Kosten übernommen werden. Eine Kostenübernahme scheidet insgesamt daher aus, wenn die Kosten vertraglich vor der Zusicherung des Trägers begründet wurden. Der Kläger ist hier jedoch im März 2006 umgezogen ohne sich vorher eine wirksame Zusicherung der Beklagten geben zu lassen. Nach § 34 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) bedarf eine wirksame Zusicherung der schriftlichen Form. Eine solche liegt nicht vor. Darüber hinaus ist auch nicht glaubhaft, dass die von dem Kläger genannte Mitarbeiterin der Beklagten, dem Kläger eine Zusicherung auf Übernahme von Umzugskosten gemacht hat. So hat der Kläger in seiner Klageschrift vom 28.09.2006 vorgetragen, dass er von dieser Mitarbeiterin Ende Dezember telefonisch die Auskunft erhalten habe, er werde Umzugskosten erhalten. Mit Schreiben vom 08.12.2006 trägt er jedoch vor, dass er Ende Dezember einen Termin bei der Mitarbeiterin gehabt habe und dort bei der Vorsprache mündlich nach der Übernahme von Umzugskosten gefragt habe. Im Widerspruchsschreiben vom 11.05.2006 war dann der Vortrag, dass er bei der ARGE Oberallgäu nach der Übenahme von Umzugskosten gefragt habe. Tatsächlich hat der Kläger sodann auch erst im April 2006 bei der Beklagten einen Antrag gestellt. Insgesamt geht das Gericht daher davon aus, dass sich der Sachverhalt so zugetragen hat, wie von dem Kläger im Widerspruchsschreiben geschildert. Erst die Auskunft der ARGE Oberallgäu, dass die Beklagte für die Übernahme der Umzugskosten zuständig sei, war Anlass für den Kläger, einen Antrag bei der Beklagten zu stellen. Hätte nämlich die Mitarbeiterin der Beklagten die Aussage gemacht, dass die Beklagte die Umzugskosten übernehme, hätte der Kläger nicht bei der ARGE Oberallgäu nachgefragt, sondern hätte vielmehr umgehend noch im März 2006 - zum Zeitpunkt des Umzugs - seinen Antrag bei der Beklagten gestellt. Selbst wenn der Kläger bereits Ende Dezember 2005 bei der Beklagten bezüglich der Übernahme von Umzugskosten nachgefragt haben sollte, kann die vom Kläger behauptete Auskunft der Beklagten nur dahingehend verstanden werden, dass er die Möglichkeit habe, Umzugskosten zu erhalten, dies jedoch von einem Antrag abhänge, was wiederum bedeutet, dass nach Antragstellung zu prüfen ist, ob und in welcher Höhe Umzugskosten übernommen werden. Wegen der fehlenden Zusicherung durch die Beklagte scheidet somit ein Anspruch auf Übernahme der geltend gemachten Umzugskosten aus.

Unabhängig davon besteht jedoch bereits auch deshalb kein Anspruch auf Übernahme der geltend gemachten Umzugskosten, da ein derartiger Bedarf vom Kläger weder glaubhaft noch nachgewiesen ist. So hat er weder die Rechnung einer Umzugsfirma vorgelegt, noch gibt es eine gesetzliche Grundlage für eine Entschädigung der behaupteten zwei Helfer. Bei diesen handelte es sich - wie vom Kläger vorgetragen - um Bekannte, nicht um Dienstleistungsunternehmer. Eine entgeltliche Beauftragung der mithelfenden Personen ist daher nicht glaubhaft. Vielmehr ist davon auszugehen, dass diese unentgeltlich im Rahmen von Freundschaftsdiensten beim Umzug geholfen haben. Insgesamt kann daher zum Zeitpunkt der Antragstellung im April 2006 kein von der öffentlichen Hand noch zu deckender Bedarf festgestellt werden. Für Bedarfe, die bereits vor Antragstellung vorlagen und durch eigene Kräfte haben gedeckt werden können, bestehen keine Leistungsansprüche. Dies ergibt sich aus dem Antragserfordernis gemäß § 37 SGB II. Richtigerweise hat die Beklagte auch darauf hingewiesen, dass insgesamt für den Umzug des Klägers im März 2006 keine Notwendigkeit bestanden hat. Wie dem Kläger bekannt sein müsste, wurde nämlich in dem abgeschlossenen Verfahren festgestellt, dass der Kläger angesichts der Leistungsfähigkeit seiner Eltern nur in Höhe von 0,44 EUR hilfebedürftig gewesen ist. Hierbei ist auch berücksichtigt worden, dass die Eltern für die Krankenversicherung des Klägers aufkommen. Unter keinem Gesichtspunkt war daher die Übernahmevoraussetzungen des § 22 Abs. 3 SGB II gegeben.

Der Bescheid der Beklagten vom 03.05.2006 in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 06.09.2006 war daher rechtlich nicht zu beanstanden und die Klage als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Zulassungsgründe für eine Berufung gemäß § 144 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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