Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 KR 446/13
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine Eingliederung in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses liegt vor, wenn der Versicherte nach Planung des Krankenhauses in diesem zeitlich über mindestens einen Tag und eine Nacht aufgenommen werden soll. Bei einer zeitlich nicht beschränkten Behandlung ist im Zweifel von einer vollstationären Behandlung auszugehen
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 655,23 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinnsatz seit dem 14. August 2013 zu zahlen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Der Streitwert wird auf 655,23 EUR festgesetzt.
IV. Die Berufung wird nicht zugelassen
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist ein Vergütungsanspruch der Klägerin in Höhe von 655,23 EUR streitig.
Die Klägerin betreibt das Klinikum A-Stadt.
Dort wurde die Versicherte der Beklagten, Frau D., am 08.06.2012 behandelt.
Dafür stellte die Klägerin der Beklagten unter Zugrundelegung der DRG F66B insgesamt 655,23 EUR in Rechnung. Die Beklagte bezahlte den Rechnungsbetrag zunächst vollständig, beauftragte aber anschließend den MDK mit einer Rechnungsprüfung. Nachdem dieser in seiner Stellungnahme vom 12.02.2013 zu dem Ergebnis gekommen war, dass ein stationäres Behandlungserfordernis medizinisch nicht nachvollzogen werden könne, verrechnete die Beklagte den gesamten Rechnungsbetrag mit laufenden Rechnungen der Klägerin.
Die Bevollmächtigte der Klägerin hat deshalb am 10.10.2013 Zahlungsklage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Zur Klagebegründung ist vorgetragen worden, ob und wie lange die notwendige medizinische Versorgung nur mit den besonderen Mitteln eines Krankenhauses durchgeführt werden könne, immer anhand der Umstände des konkreten Einzelfalls zu beurteilen sei. Hierfür komme es auf die Art und Schwere des Krankheitsverlaufes im Einzelfall an und ob hierfür die medizinische Versorgung unter Einsatz der besonderen Mittel des Krankenhauses notwendig sei. Dabei komme es zuvorderst auf den tatsächlichen Gesundheitszustand des Versicherten an, aber auch andere Faktoren könnten eine Rolle spielen, denn eine medizinische Versorgung, die als solche nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse in der Regel ambulant vorgenommen werde, könne gleichwohl aufgrund besonderer Gegebenheiten des Einzelfalls eine stationäre Krankenhausbehandlung erfordern. Insbesondere sei die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit dahingehend zu prüfen, ob diese nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung nach dem damals verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des behandelnden Krankenarztes aus ex-ante-Sicht notwendig gewesen sei. Vorliegend habe die Versicherte seit mehreren Tagen unter wiederkehrenden Schmerzen im Brustbereich mit Ausstrahlung in den linken Arm gelitten. Aufgrund erneuter Druckbeschwerden auf der Brust sei sie im Notfallwagen in das Krankenhaus der Klägerin eingeliefert worden. Aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht sei angesichts der Beschwerden der Versicherten ein stationärer Aufenthalt mit mehrstündiger Monitorüberwachung, speziellen Laboruntersuchungen und einer EKG-Verlaufskontrolle zum Ausschluss einer Myokardischämie zwingend notwendig gewesen. Bei dem Beschwerdebild der Versicherten wäre es geradezu fahrlässig gewesen, diese auf den ambulanten Versorgungsweg zu verweisen, da vorliegend mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung zu rechnen gewesen sei. Die sodann durchgeführten speziellen Laboruntersuchungen (zweimalige sequenzielle Traponinbestimmung, eine EKG-Verlaufskontrolle sowie eine mehrstündige Monitorüberwachung) wären auch unter ambulanten Bedingungen nicht möglich gewesen. Hierzu sei vielmehr eine klinische Beobachtung durch die behandelnden Ärzte erforderlich gewesen. Der Verdacht auf das Krankheitsbild einer Myokardischämie mache regelmäßig auch eine stationäre Behandlung erforderlich. Dass die Versicherte tatsächlich am Morgen des 08.06.2012 habe wieder entlassen werden können, war zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme nicht abzusehen. Aufgrund der akuten und durchaus bedrohlichen Krankheitszeichen sei vom aufnehmenden Krankenhausarzt eine stationäre Eingliederung der Versicherten völlig zu Recht für erforderlich gehalten worden. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in seiner ständigen Rechtsprechung eine Abgrenzungsschwierigkeiten weitgehend vermeidende Definition von vollstationärer, teilstationärer und ambulanter Krankenhausbehandlung vorgenommen. Laut höchstrichterlicher Rechtsprechung sei jeweils vom Behandlungsplan des verantwortlichen Krankenhausarztes auszugehen. Dieser Behandlungsplan werde in aller Regel bereits bei Aufnahme in das Krankenhaus gefasst. Stelle sich erst nachträglich heraus, dass eine weitere stationäre Behandlung nicht notwendig gewesen sei, werde die stationäre Behandlung nicht nachträglich in eine ambulante Behandlung umgewandelt. Aufgrund des Behandlungsplanes und der durchgeführten umfangreichen und komprimierten Diagnostik sei vorliegend von der Notwendigkeit einer stationären Behandlung nach den erläuterten Maßstäben des BSG auszugehen.
Hierauf hat der Bevollmächtigte der Beklagten mit Schreiben vom 05.12.2013 erwidert, dass der geltend gemachte Zahlungsanspruch voraussetze, dass eine Krankenhausbehandlung tatsächlich durchgeführt worden sei und bei der Versicherten die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der entsprechenden Leistung gegeben gewesen seien, d.h. eine Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit im Sinne des § 39 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bestanden habe. Beides sei hier aber nicht der Fall. So habe der MDK in seinem Gutachten vom 12.02.2013 ausgeführt, dass die Einbindung der Versicherten in den Ablauf einer stationären Einrichtung den vorliegenden Unterlagen nicht entnommen werden könne. Die Notwendigkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung sei aber nur dann gegeben, wenn die Behandlung nach Art und Schwere der Krankheit mit den Mitteln eines Krankenhauses medizinisch zwingend erfolgen müsse. Dies bedeute, dass die ärztliche Behandlung eindeutig im Vordergrund stehe, die ständige Anwesenheit von Pflegepersonal erforderlich sei und die erforderlichen Arznei-, Heil- und Hilfsmittel eines Krankenhauses zur Verfügung stehen müssten. Darüber hinaus dürfe das Behandlungsziel nicht durch andere (teilstationäre, vor-, nachstationäre oder ambulante) Behandlungen erreichbar sein. Es könnten im vorliegenden Fall (körperliche Untersuchung: Unauffälliger Befund, ein ACS konnte ausgeschlossen werden gemäß Einweisungsbefund) keine medizinischen Gründe für ein stationäres Behandlungserfordernis nachvollzogen werden. Insgesamt handele es sich damit um eine primäre Fehlbelegung.
Dazu hat die Bevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 17.12.2013 ausgeführt, dass ambulante Alternativen faktisch nicht zur Verfügung gestanden hätten und die Versicherte entsprechend ihres klinischen Zustands in das stationäre Behandlungsmanagement integriert worden sei. Mit Schreiben vom 09.02.2015 ist sodann noch vorgetragen worden, dass das BSG in seinem Urteil vom 19.09.2013 - B 3 KR 34/12 R - nochmals bestätigt habe, dass ein Vergütungsanspruch des Krankenhauses für eine vollstationäre Behandlung auch bei einer Aufenthaltsdauer von weniger als 24 Stunden bejaht werden könne. Insbesondere sei nochmals betont worden, dass aus der Rechtsprechung keine starre Mindestaufenthaltsdauer von 24 Stunden abgeleitet werden könne. Vielmehr sei die geplante Aufenthaltsdauer maßgeblich entscheidend, wobei es auf die Eingliederung des Versicherten in die besondere Krankenhausinfrastruktur ankomme. Wie bereits dargelegt sei eine verdacht- entsprechende Behandlungsroutine eingeleitet worden mit speziellen Laboruntersuchungen. Das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses der Klägerin sei vorliegend in Anspruch genommen und auch benötigt worden. Neben der Unterbringung und Verpflegung der Versicherten, die eine Krankenhausbehandlung auch ermögliche, sichere diese vor allen Dingen und insbesondere eine ständige ärztliche Leitung und jederzeit verfügbares Personal während der diagnostischen Abläufe. Die Versicherte sei auch faktisch in die stationären Abläufe des Krankenhauses der Klägerin integriert worden. Insbesondere sei der Versicherten in der medizinischen Klinik im Bereich der Notaufnahme innerhalb der Aufnahmestation ein Bett zugewiesen worden. Die Aufnahmestation des Krankenhauses der Klägerin bestehe aus 21 Überwachungsbetten mit der personellen und apparativen Ausstattung einer Intermediat-Care-Station. Es gebe hier ein eigenes Pflegeteam im Dreischichtbetrieb sowie ein Dreischichtsystem bei der ärztlichen Versorgung. Weiterhin seien u.a. die Möglichkeiten eines zentralen Monitorings, der mechanischen Beatmung und der Kardioversion und Defibrillation gegeben. Eine Integration in den stationären Krankenhausbetrieb sei mit Aufnahme auf eine bettenführende Aufnahmestation mit Intermediat-Care-Niveau und eigenem Personal aus klägerischer Sicht zweifelsohne gegeben. Dies bestätige im Übrigen auch das Ergebnis eines vor dem Amtsgericht A-Stadt im Jahr 2013 zu einem vergleichbaren Behandlungsstreitfall eingeholten Sachverständigengutachtens im dortigen Verfahren. Daneben dokumentiere sich die Aufnahmeentscheidung der behandelnden Ärzte im Übrigen auch durch die im Rahmen der Datenübermittlung nach § 301 SGB V an die Beklagte übersandte Aufnahmeanzeige. Hier sei der Beklagten mitgeteilt worden, dass die am 08.06.2012 um 2:08 Uhr begonnene Krankenhausbehandlung voraussichtlich bis zum 09.06.2012, also sogar über mehr als 24 Stunden, andauern werde und sich somit über mehr als einen Tag erstrecken solle. Aufgrund des skizzierten Geschehensablaufes und unter Berücksichtigung des Krankheitsbildes der Versicherten bestehe vorliegend kein Zweifel daran, dass es sich hier um eine - notwendige und stattgehabte - vollstationäre Behandlung gehandelt habe.
In der mündlichen Verhandlung vom 24.02.2015 beantragt die Bevollmächtigte der Klägerin, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 655,23 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.08.2013 zu zahlen.
Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Hinblick auf die Entscheidung des BSG vom 17.06.2014 - B 3 KR 7/14 R - ist die Klage gemäß § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und auch begründet.
Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten den geltend gemachten Vergütungsanspruch in Höhe von 655,23 EUR für den Aufenthalt der Versicherten, Frau D., am 08.06.2012 im Krankenhaus der Klägerin.
Der Aufenthalt der Versicherten begründet deshalb einen Vergütungsanspruch gemäß § 109 Abs. 4 Satz 2 und Satz 3 SGB V in Verbindung mit der Pflegesatzvereinbarung für das Jahr 2012, weil der Aufenthalt im Krankenhaus der Klägerin nach Überzeugung des Gerichts gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich war und tatsächlich auch unter stationären Bedingungen stattgefunden hat. Nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V ist die Aufnahme in ein Krankenhaus dann erforderlich, wenn das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor-, nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Dass diese Voraussetzungen hier erfüllt waren ergibt sich für das Gericht daraus, dass nach den übermittelten Diagnosedaten des Krankenhauses nicht auszuschließen war, dass die Versicherte unter einer schwerwiegenden Herzerkrankung mit der Gefahr eines Infarktes leiden könnte. Um dies abzuklären war es aus ex-ante-Sicht des behandelnden Arztes für das Gericht nachvollziehbar medizinisch notwendig, die Versicherte mit den in einem Krankenhaus typischerweise vorhandenen und einsetzbaren Mitteln der technischen Überwachung und Pflege zu untersuchen und zu versorgen. Dass nicht die o.g. Diagnose vom aufnehmenden Arzt aus ex-ante-medizinischer Sicht zu stellen gewesen wäre, wird auch vom MDK in seinem Gutachten nicht bestritten. Dass aber ein solcher Verdacht der medizinischen Versorgung in einem Krankenhaus grundsätzlich bedarf, davon ist das Gericht überzeugt, insbesondere da infolge von Herzerkrankungen schwerwiegende Gesundheitsstörungen u.U. auch mit Todesfolge (ca. 10,9 % der Todesursachen beruhen auf koronaren Herzkrankheiten, 7,5 % auf akuten Myokardinfarkten und 5,3 % auf Herzinsuffizienz, s. Todesursachenstatistik für Deutschland) eintreten kön- nen. Vorliegend gibt es auch keine begründeten Anhaltspunkte dafür, dass aufgrund der besonderen Gesundheitsumstände der Versicherten von diesem Grundsatz hier abzuweichen gewesen wäre. Somit hat die Klägerin nach Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass eine stationäre Krankenhausbehandlung im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V aus medizinischen Gründen notwendig war. Eine solche hat auch stattgefunden. Voraussetzung hierfür ist nämlich, dass nach Planung der Krankenhausärzte eine Eingliederung des Versicherten in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses sich zeitlich über mindestens einen Tag und eine Nacht erstrecken soll. Bei einer zeitlich nicht beschränkten Behandlung ist im Zweifel von einer vollstationären Behandlung auszugehen. Da hier bei Aufnahme der Versicherten gerade nicht abzuschätzen war, wie lange eine stationäre Unterbringung notwendig sein werde und die Versicherte insoweit auch in das Krankenhaus eingegliedert worden ist, indem ihr ein Bett in einem Bereich des Krankenhauses der Klägerin zugewiesen worden ist, der vom Pflegepersonal und Ärzten überwacht und betreut wird einschließlich der Versorgung mit Essen und Trinken, lagen die Voraussetzungen für die Bewertung dieses Aufenthalts der Versicherten dort als stationärer Aufenthalt im Sinne der BSG-Rechtsprechung insgesamt vor (siehe hierzu grundlegend BSGE 92, 223 = SozRecht 4-2500 § 39 Nr. 1 Rn. 16 bis 20 mit weiteren Nachweisen; BSG Soz-Recht 4-2500 § 39 Nr. 5 Rn. 8, 9 mit weiteren Nachweisen; insbesondere auch BSG Soz-Recht 4-2500 § 39 Nr. 3 Rn. 10 f).
Die Beklagte war somit antragsgemäß zu verurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
Da der Beschwerdewert nicht über 750,00 EUR lag, war über die Zulassung der Berufung zu entscheiden. Zulassungsgründe im Sinne des § 144 Abs. 2 SGG lagen für das Gericht erkennbar nicht vor.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Der Streitwert wird auf 655,23 EUR festgesetzt.
IV. Die Berufung wird nicht zugelassen
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist ein Vergütungsanspruch der Klägerin in Höhe von 655,23 EUR streitig.
Die Klägerin betreibt das Klinikum A-Stadt.
Dort wurde die Versicherte der Beklagten, Frau D., am 08.06.2012 behandelt.
Dafür stellte die Klägerin der Beklagten unter Zugrundelegung der DRG F66B insgesamt 655,23 EUR in Rechnung. Die Beklagte bezahlte den Rechnungsbetrag zunächst vollständig, beauftragte aber anschließend den MDK mit einer Rechnungsprüfung. Nachdem dieser in seiner Stellungnahme vom 12.02.2013 zu dem Ergebnis gekommen war, dass ein stationäres Behandlungserfordernis medizinisch nicht nachvollzogen werden könne, verrechnete die Beklagte den gesamten Rechnungsbetrag mit laufenden Rechnungen der Klägerin.
Die Bevollmächtigte der Klägerin hat deshalb am 10.10.2013 Zahlungsklage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Zur Klagebegründung ist vorgetragen worden, ob und wie lange die notwendige medizinische Versorgung nur mit den besonderen Mitteln eines Krankenhauses durchgeführt werden könne, immer anhand der Umstände des konkreten Einzelfalls zu beurteilen sei. Hierfür komme es auf die Art und Schwere des Krankheitsverlaufes im Einzelfall an und ob hierfür die medizinische Versorgung unter Einsatz der besonderen Mittel des Krankenhauses notwendig sei. Dabei komme es zuvorderst auf den tatsächlichen Gesundheitszustand des Versicherten an, aber auch andere Faktoren könnten eine Rolle spielen, denn eine medizinische Versorgung, die als solche nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse in der Regel ambulant vorgenommen werde, könne gleichwohl aufgrund besonderer Gegebenheiten des Einzelfalls eine stationäre Krankenhausbehandlung erfordern. Insbesondere sei die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit dahingehend zu prüfen, ob diese nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung nach dem damals verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des behandelnden Krankenarztes aus ex-ante-Sicht notwendig gewesen sei. Vorliegend habe die Versicherte seit mehreren Tagen unter wiederkehrenden Schmerzen im Brustbereich mit Ausstrahlung in den linken Arm gelitten. Aufgrund erneuter Druckbeschwerden auf der Brust sei sie im Notfallwagen in das Krankenhaus der Klägerin eingeliefert worden. Aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht sei angesichts der Beschwerden der Versicherten ein stationärer Aufenthalt mit mehrstündiger Monitorüberwachung, speziellen Laboruntersuchungen und einer EKG-Verlaufskontrolle zum Ausschluss einer Myokardischämie zwingend notwendig gewesen. Bei dem Beschwerdebild der Versicherten wäre es geradezu fahrlässig gewesen, diese auf den ambulanten Versorgungsweg zu verweisen, da vorliegend mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung zu rechnen gewesen sei. Die sodann durchgeführten speziellen Laboruntersuchungen (zweimalige sequenzielle Traponinbestimmung, eine EKG-Verlaufskontrolle sowie eine mehrstündige Monitorüberwachung) wären auch unter ambulanten Bedingungen nicht möglich gewesen. Hierzu sei vielmehr eine klinische Beobachtung durch die behandelnden Ärzte erforderlich gewesen. Der Verdacht auf das Krankheitsbild einer Myokardischämie mache regelmäßig auch eine stationäre Behandlung erforderlich. Dass die Versicherte tatsächlich am Morgen des 08.06.2012 habe wieder entlassen werden können, war zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme nicht abzusehen. Aufgrund der akuten und durchaus bedrohlichen Krankheitszeichen sei vom aufnehmenden Krankenhausarzt eine stationäre Eingliederung der Versicherten völlig zu Recht für erforderlich gehalten worden. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in seiner ständigen Rechtsprechung eine Abgrenzungsschwierigkeiten weitgehend vermeidende Definition von vollstationärer, teilstationärer und ambulanter Krankenhausbehandlung vorgenommen. Laut höchstrichterlicher Rechtsprechung sei jeweils vom Behandlungsplan des verantwortlichen Krankenhausarztes auszugehen. Dieser Behandlungsplan werde in aller Regel bereits bei Aufnahme in das Krankenhaus gefasst. Stelle sich erst nachträglich heraus, dass eine weitere stationäre Behandlung nicht notwendig gewesen sei, werde die stationäre Behandlung nicht nachträglich in eine ambulante Behandlung umgewandelt. Aufgrund des Behandlungsplanes und der durchgeführten umfangreichen und komprimierten Diagnostik sei vorliegend von der Notwendigkeit einer stationären Behandlung nach den erläuterten Maßstäben des BSG auszugehen.
Hierauf hat der Bevollmächtigte der Beklagten mit Schreiben vom 05.12.2013 erwidert, dass der geltend gemachte Zahlungsanspruch voraussetze, dass eine Krankenhausbehandlung tatsächlich durchgeführt worden sei und bei der Versicherten die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der entsprechenden Leistung gegeben gewesen seien, d.h. eine Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit im Sinne des § 39 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bestanden habe. Beides sei hier aber nicht der Fall. So habe der MDK in seinem Gutachten vom 12.02.2013 ausgeführt, dass die Einbindung der Versicherten in den Ablauf einer stationären Einrichtung den vorliegenden Unterlagen nicht entnommen werden könne. Die Notwendigkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung sei aber nur dann gegeben, wenn die Behandlung nach Art und Schwere der Krankheit mit den Mitteln eines Krankenhauses medizinisch zwingend erfolgen müsse. Dies bedeute, dass die ärztliche Behandlung eindeutig im Vordergrund stehe, die ständige Anwesenheit von Pflegepersonal erforderlich sei und die erforderlichen Arznei-, Heil- und Hilfsmittel eines Krankenhauses zur Verfügung stehen müssten. Darüber hinaus dürfe das Behandlungsziel nicht durch andere (teilstationäre, vor-, nachstationäre oder ambulante) Behandlungen erreichbar sein. Es könnten im vorliegenden Fall (körperliche Untersuchung: Unauffälliger Befund, ein ACS konnte ausgeschlossen werden gemäß Einweisungsbefund) keine medizinischen Gründe für ein stationäres Behandlungserfordernis nachvollzogen werden. Insgesamt handele es sich damit um eine primäre Fehlbelegung.
Dazu hat die Bevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 17.12.2013 ausgeführt, dass ambulante Alternativen faktisch nicht zur Verfügung gestanden hätten und die Versicherte entsprechend ihres klinischen Zustands in das stationäre Behandlungsmanagement integriert worden sei. Mit Schreiben vom 09.02.2015 ist sodann noch vorgetragen worden, dass das BSG in seinem Urteil vom 19.09.2013 - B 3 KR 34/12 R - nochmals bestätigt habe, dass ein Vergütungsanspruch des Krankenhauses für eine vollstationäre Behandlung auch bei einer Aufenthaltsdauer von weniger als 24 Stunden bejaht werden könne. Insbesondere sei nochmals betont worden, dass aus der Rechtsprechung keine starre Mindestaufenthaltsdauer von 24 Stunden abgeleitet werden könne. Vielmehr sei die geplante Aufenthaltsdauer maßgeblich entscheidend, wobei es auf die Eingliederung des Versicherten in die besondere Krankenhausinfrastruktur ankomme. Wie bereits dargelegt sei eine verdacht- entsprechende Behandlungsroutine eingeleitet worden mit speziellen Laboruntersuchungen. Das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses der Klägerin sei vorliegend in Anspruch genommen und auch benötigt worden. Neben der Unterbringung und Verpflegung der Versicherten, die eine Krankenhausbehandlung auch ermögliche, sichere diese vor allen Dingen und insbesondere eine ständige ärztliche Leitung und jederzeit verfügbares Personal während der diagnostischen Abläufe. Die Versicherte sei auch faktisch in die stationären Abläufe des Krankenhauses der Klägerin integriert worden. Insbesondere sei der Versicherten in der medizinischen Klinik im Bereich der Notaufnahme innerhalb der Aufnahmestation ein Bett zugewiesen worden. Die Aufnahmestation des Krankenhauses der Klägerin bestehe aus 21 Überwachungsbetten mit der personellen und apparativen Ausstattung einer Intermediat-Care-Station. Es gebe hier ein eigenes Pflegeteam im Dreischichtbetrieb sowie ein Dreischichtsystem bei der ärztlichen Versorgung. Weiterhin seien u.a. die Möglichkeiten eines zentralen Monitorings, der mechanischen Beatmung und der Kardioversion und Defibrillation gegeben. Eine Integration in den stationären Krankenhausbetrieb sei mit Aufnahme auf eine bettenführende Aufnahmestation mit Intermediat-Care-Niveau und eigenem Personal aus klägerischer Sicht zweifelsohne gegeben. Dies bestätige im Übrigen auch das Ergebnis eines vor dem Amtsgericht A-Stadt im Jahr 2013 zu einem vergleichbaren Behandlungsstreitfall eingeholten Sachverständigengutachtens im dortigen Verfahren. Daneben dokumentiere sich die Aufnahmeentscheidung der behandelnden Ärzte im Übrigen auch durch die im Rahmen der Datenübermittlung nach § 301 SGB V an die Beklagte übersandte Aufnahmeanzeige. Hier sei der Beklagten mitgeteilt worden, dass die am 08.06.2012 um 2:08 Uhr begonnene Krankenhausbehandlung voraussichtlich bis zum 09.06.2012, also sogar über mehr als 24 Stunden, andauern werde und sich somit über mehr als einen Tag erstrecken solle. Aufgrund des skizzierten Geschehensablaufes und unter Berücksichtigung des Krankheitsbildes der Versicherten bestehe vorliegend kein Zweifel daran, dass es sich hier um eine - notwendige und stattgehabte - vollstationäre Behandlung gehandelt habe.
In der mündlichen Verhandlung vom 24.02.2015 beantragt die Bevollmächtigte der Klägerin, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 655,23 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.08.2013 zu zahlen.
Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Hinblick auf die Entscheidung des BSG vom 17.06.2014 - B 3 KR 7/14 R - ist die Klage gemäß § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und auch begründet.
Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten den geltend gemachten Vergütungsanspruch in Höhe von 655,23 EUR für den Aufenthalt der Versicherten, Frau D., am 08.06.2012 im Krankenhaus der Klägerin.
Der Aufenthalt der Versicherten begründet deshalb einen Vergütungsanspruch gemäß § 109 Abs. 4 Satz 2 und Satz 3 SGB V in Verbindung mit der Pflegesatzvereinbarung für das Jahr 2012, weil der Aufenthalt im Krankenhaus der Klägerin nach Überzeugung des Gerichts gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich war und tatsächlich auch unter stationären Bedingungen stattgefunden hat. Nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V ist die Aufnahme in ein Krankenhaus dann erforderlich, wenn das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor-, nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Dass diese Voraussetzungen hier erfüllt waren ergibt sich für das Gericht daraus, dass nach den übermittelten Diagnosedaten des Krankenhauses nicht auszuschließen war, dass die Versicherte unter einer schwerwiegenden Herzerkrankung mit der Gefahr eines Infarktes leiden könnte. Um dies abzuklären war es aus ex-ante-Sicht des behandelnden Arztes für das Gericht nachvollziehbar medizinisch notwendig, die Versicherte mit den in einem Krankenhaus typischerweise vorhandenen und einsetzbaren Mitteln der technischen Überwachung und Pflege zu untersuchen und zu versorgen. Dass nicht die o.g. Diagnose vom aufnehmenden Arzt aus ex-ante-medizinischer Sicht zu stellen gewesen wäre, wird auch vom MDK in seinem Gutachten nicht bestritten. Dass aber ein solcher Verdacht der medizinischen Versorgung in einem Krankenhaus grundsätzlich bedarf, davon ist das Gericht überzeugt, insbesondere da infolge von Herzerkrankungen schwerwiegende Gesundheitsstörungen u.U. auch mit Todesfolge (ca. 10,9 % der Todesursachen beruhen auf koronaren Herzkrankheiten, 7,5 % auf akuten Myokardinfarkten und 5,3 % auf Herzinsuffizienz, s. Todesursachenstatistik für Deutschland) eintreten kön- nen. Vorliegend gibt es auch keine begründeten Anhaltspunkte dafür, dass aufgrund der besonderen Gesundheitsumstände der Versicherten von diesem Grundsatz hier abzuweichen gewesen wäre. Somit hat die Klägerin nach Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass eine stationäre Krankenhausbehandlung im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V aus medizinischen Gründen notwendig war. Eine solche hat auch stattgefunden. Voraussetzung hierfür ist nämlich, dass nach Planung der Krankenhausärzte eine Eingliederung des Versicherten in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses sich zeitlich über mindestens einen Tag und eine Nacht erstrecken soll. Bei einer zeitlich nicht beschränkten Behandlung ist im Zweifel von einer vollstationären Behandlung auszugehen. Da hier bei Aufnahme der Versicherten gerade nicht abzuschätzen war, wie lange eine stationäre Unterbringung notwendig sein werde und die Versicherte insoweit auch in das Krankenhaus eingegliedert worden ist, indem ihr ein Bett in einem Bereich des Krankenhauses der Klägerin zugewiesen worden ist, der vom Pflegepersonal und Ärzten überwacht und betreut wird einschließlich der Versorgung mit Essen und Trinken, lagen die Voraussetzungen für die Bewertung dieses Aufenthalts der Versicherten dort als stationärer Aufenthalt im Sinne der BSG-Rechtsprechung insgesamt vor (siehe hierzu grundlegend BSGE 92, 223 = SozRecht 4-2500 § 39 Nr. 1 Rn. 16 bis 20 mit weiteren Nachweisen; BSG Soz-Recht 4-2500 § 39 Nr. 5 Rn. 8, 9 mit weiteren Nachweisen; insbesondere auch BSG Soz-Recht 4-2500 § 39 Nr. 3 Rn. 10 f).
Die Beklagte war somit antragsgemäß zu verurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
Da der Beschwerdewert nicht über 750,00 EUR lag, war über die Zulassung der Berufung zu entscheiden. Zulassungsgründe im Sinne des § 144 Abs. 2 SGG lagen für das Gericht erkennbar nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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