S 17 R 294/15

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 17 R 294/15
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 43/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 206/17 B
Datum
Kategorie
Gerichtsbescheid
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 12. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2015 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten streitig ist die Gewährung einer Altersrente. Der im Jahre 1948 geborene Kläger ist marokkanischer Staatsangehöriger und stellte am 04.02.2014 bei der Beklagten Antrag auf Gewährung einer Altersrente. Dem Antrag beigefügt war eine Arbeitserlaubnis, ausgestellt durch das Arbeitsamt Frankfurt am Main, wonach der Kläger seit April 1973 in Deutschland einer Erwerbstätigkeit nachging. Nachdem im Versicherungskonto des Klägers eine Erstattung der geleisteten Versicherungsbeiträge durch den Rechtsvorgänger der Deutschen Rentenversicherung Hessen mittels Bescheid vom 01.07.1983 für die Zeit vom 16.04.1973 bis 17.04.1980 in Höhe von 9.345,80 Euro vermerkt war, forderte die Beklagte von der Deutschen Rentenversicherung Hessen die dort vorhandenen Aktenunterlagen an. Demnach hatte der Kläger mit Unterbrechungen versicherungspflichtig in Deutschland vom 16.04.1973 bis 17.04.1980 gearbeitet, bevor er nach Verbüßung einer Freiheitsstrafe bis Dezember 1980 nach Marokko zurückkehrte. Weiter hatte der Kläger nach dem Inhalt der Akte zunächst im Juni 1981 vergeblich Beitragserstattungsantrag gestellt, welcher durch entsprechende Verwaltungsentscheidungen, bestätigt durch rechtskräftiges Urteil des Sozialgerichts Frankfurt vom 18.11.1982 abgelehnt worden war, da nach dem Ende der Versicherungspflicht in Deutschland noch keine zwei Jahre verstrichen waren. Auf erneuten Erstattungsantrag vom 06.04.1983 waren dem Kläger dann mit Bescheid vom 01.07.1983 sämtliche bekannten Beitragsleistungen im Zeitraum von April 1973 bis April 1980 in Höhe von 9345,80 Euro erstattet worden. Mit Bescheid vom 12.06.2014 lehnte die Beklagte daraufhin die Gewährung einer Altersrente auf Antrag vom 04.02.2014 ab, weil deutsche Versicherungsbeiträge nach erfolgter Beitragserstattung weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht seien. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 18.07.2014, eingegangen am 05.08.2014 Widerspruch und bat um erneute Prüfung eines Rentenanspruchs, weil er sich aktuell in einer schwierigen finanziellen Lage befände. Ihm sei eine Altersrente zum 65. Lebensjahr versprochen worden. Dem Widerspruch beigefügt waren unter anderem Entgeltbescheinigungen und Lohnbescheinigungen der A. AG aus den Jahren 1978 und 1979. Mit Widerspruchsbescheid vom 19.02.2015 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück, weil dem Kläger sämtliche Beitragszahlungen zur deutschen Rentenversicherung nach § 1303 Reichsversicherungsordnung (RVO) erstattet worden seien. Hiergegen erhob der Kläger am 02.04.2015 Klage zum Sozialgericht Augsburg. Er sei mehr als 60 Beitragsmonate in Deutschland erwerbstätig gewesen und befinde sich in einer schlechten finanziellen Situation. Er bitte daher um eine Rente oder finanzielle Hilfe zur Versorgung seiner Familie. Der deutsche Rentenversicherungsträger habe versprochen, ihm mit 65 Jahren eine Altersrente zu gewähren. Mit Schreiben vom 29.05.2015 verwies das Gericht den Kläger darauf, dass ein Rechtsanspruch auf finanzielle Leistungen nach erfolgter Erstattung sämtlicher geleisteter Versicherungsbeiträge nicht besteht. Außerdem hörte es die Beteiligten zu einer beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid ohne mündliche Verhandlung an im Sinne des § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Mit Schreiben vom 18.06.2015 übersandte der Kläger nochmals eine Entgeltabrechnung der A. AG für Dezember 1978. Er sei Analphabet, deshalb habe er eine Erstattung der Versicherungsbeiträge erbeten. Die Gewährung einer Altersrente mit 65 Jahren sei ihm versprochen worden. Der Kläger beantragt sinngemäß Gewährung einer Altersrente. Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 16.04.2015 die Abweisung der Klage. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf finanzielle Leistungen wie einer Altersrente gegenüber der Beklagten. Dabei konnte das Gericht durch Gerichtsbescheid ohne mündliche Verhandlung entscheiden gemäß § 105 SGG, da der Sachverhalt geklärt ist, keine besonderen Schwierigkeiten aufweist und die Beteiligten zuvor gehört wurden. Aufgrund der erfolgten Beitragserstattung durch Bescheid vom 01.07.1983 mit Erstattung sämtlicher geleisteter Versicherungsbeiträge bestehen für den Kläger keine Ansprüche auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung mehr, vgl. § 1303 Abs. 7 RVO. An der Durchführung der vollständigen Beitragserstattung bestehen nach den erhaltenen Unterlagen keinerlei Zweifel. Vielmehr hatte der Kläger vor der bewilligenden Entscheidung vom 01.07.1983 sogar mit Nachdruck ein erfolgloses Gerichtsverfahren auf schnellstmögliche Erstattung aller Beiträge geführt. Es ergeben sich aus dem klägerischen Vortrag und dem Akteninhalt auch keinerlei Hinweise darauf, dass der Kläger außer den im Bescheid vom 01.07.1983 aufgeführten und erstatteten Beitragszeiten vom 16.04.1973 bis 17.04.1980 weitere Zeiträume in Deutschland versicherungspflichtig gearbeitet hat. Der Kläger macht auch selbst nicht geltend, den Erstattungsbetrag nicht erhalten zu haben, glaubt allerdings, dass ihm trotz der Erstattung noch Leistungsansprüche gegen den Rentenversicherungsträger zustünden. Da dem Kläger die Beiträge vor dem 01.01.1992 erstattet wurden, ist § 1303 RVO anzuwenden. Gemäß § 1303 Abs. 7 RVO schließt jedoch die erfolgte Beitragserstattung weitere Ansprüche aus den zurückliegenden Versicherungszeiten aus und führt zu einem Erlöschen des Versicherungsverhältnisses als solches in seiner Gesamtheit (vgl. Funk, Kassler Kommentar zu § 1303 RVO, Rdnr. 28f). Weitere - spätere - rentenrechtliche Zeiten hat der Kläger in der Bundesrepublik Deutschland nicht zurückgelegt. Zwischen dem Kläger und der Beklagten besteht somit kein Versicherungsverhältnis mehr, aus dem Ansprüche hergeleitet werden könnten. Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und der Beklagten sind mit der Beitragserstattung endgültig beseitigt. Hinsichtlich des klägerischen Vortrags bezüglich einer versprochenen Altersrente mit 65 Lebensjahren ist eine bindende schriftliche Zusicherung im Sinne des § 34 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) weder behauptet, noch ersichtlich. Vermutlich meint der Kläger auch lediglich eine ggf. erfolgte allgemeine Aufklärung über einen grundsätzlich bestehenden Rentenanspruch aus 60 Beitragsmonaten mit Erreichen des 65. Lebensjahres. Die Rechtsfolgen der beantragten Beitragserstattung selbst wurden dem Kläger dagegen durch die entsprechenden Ausführungen und Hinweise im Antragsformular auf Beitragserstattung nachweislich hinreichend erläutert. Soweit der Kläger möglicherweise geltend machen möchte, er habe von den Rechtsfolgen der Beitragserstattung als Analphabet keine Kenntnis erlangen können, ist dies angesichts des ausführlichen Schriftverkehrs mit dem Gericht und der Verwaltung bezüglich des anfänglich erfolglosen Erstattungsantrags nicht glaubhaft. So war der Kläger auch in der Lage, den Beitragserstattungsantrag detailliert auszufüllen und konkret zur damals fraglichen Erfüllung der Wartezeit von zwei Jahren nach Ende der Versicherungspflicht Stellung zu beziehen. Zumindest konnte er sich ständig also auf Hilfspersonen stützen, die ihm den Inhalt amtlicher Schreiben erläuterten. Die Klage konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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