Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 11 AS 23/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zur Leistung eines Vorschusses auf Umzugskosten in Höhe von 200.- Euro zu verpflichten, wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Kosten eines Umzugs von I nach T.
Der am 00.00.1969 geborene Antragsteller bezog in der Zeit vom 01.10.2005 bis 31.01.2006 Arbeitslosengeld II (Alg II), nachdem er eine Trennung von seiner Ehefrau ab dem 01.10.2005 mitgeteilt hatte. Eine Leistung für den Monat Februar 2006 erfolgte nicht; vielmehr teilte die Antragsgegnerin nach einem Hausbesuch in der Wohnung der Ehefrau mit, die Leistungen sollten abgelehnt werden, da der Antragsteller weiterhin mit seiner Ehefrau in Bedarfsgemeinschaft lebe. Ein hiergegen gerichteter Antrag auf einstweilige Anordnung blieb ohne Erfolg.
Am 03.03.2005 hat sich der Antragsteller an das Gericht gewandt und ausgeführt, er beabsichtige, noch in der kommenden Woche nach T zu ziehen, wo er zunächst bei Verwandten und Bekannten unterkommen werde. Hierfür benötige er "Spritgeld und evtl. Hängermiete" in Höhe von 200.- Euro, was die Antragsgegnerin ihm jedoch fernmündlich verweigert habe.
Der Antragsteller beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zur Leistung eines Vorschusses auf Umzugskosten in Höhe von 200.- Euro zu verpflichten.
Die Antragsgegnerin beantragt fernmündlich,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie weist darauf hin, dass der Antragsteller derzeit nicht im laufenden Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende steht. Im Übrigen habe er mitgeteilt, er werde in T zunächst bei seinem Vater unterkommen. Es sei daher unklar, in welchem Umfang überhaupt Umzugskosten entstünden. Ein schriftlicher Vorgang hierzu existiere nicht, der Antragsteller habe sich jedoch am 03.03.2006 fernmündlich an die Antragstellerin gewandt.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass das geltend gemachte Begehren im Rahmen der beim einstweiligen Rechtsschutz allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung begründet erscheint (Anordnungsanspruch) und erfordert zusätzlich die besondere Eilbedürftigkeit der Durchsetzung des Begehrens (Anordnungsgrund). Zudem darf eine Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache nicht endgültig (d.h. irreversibel) vorweg genommen werden (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 86 b, Rn. 31 m.w.N.).
Es fehlt an einem Anordnungsanspruch. Nach § 22 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) können Umzugskosten bei vorheriger Zusicherung durch den Leistungsträger übernommen werden. Der Antragsteller hat jedenfalls nicht dargetan, in welcher Höhe ihm Umzugskosten entstehen werden. Der von ihm genannte Betrag von 200.- Euro für "Spritgeld und evtl. Hängermiete" erscheint ohne nähere Darlegungen nicht nachvollziehbar. Vor diesem Hintergrund ist weiterhin zu beachten, dass die Anspruchsvoraussetzungen in § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II angesichts von Sinn und Zweck der Vorschrift (sinnvolle Mittelverwendung, vgl. SG Schleswig, Beschluss vom 21.2.2005 S 6 AS 30/05 ER) um die rechtzeitige Einholung der Zustimmung zu erweitern ist. Es ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller der Antragsgegnerin die Möglichkeit einer hinreichenden Vorabprüfung eingeräumt hat. Vielmehr hat er sich beinahe zeitgleich an Antragsgegnerin und Gericht gewandt. Schließlich steht die Erteilung der Zusicherung grundsätzlich im Ermessen des Leistungsträgers; Anhaltspunkte für eine Ermessensreduzierung "auf Null" sind dem Gericht nicht ersichtlich, weswegen es sein eigenes Ermessen nicht anstelle des Ermessens der Antragsgegnerin setzen darf.
Es fehlt auch an einem Anordnungsgrund. Es ist nicht ersichtlich, wieso es dem Antragsteller, der auch nach eigenen Angaben in T zunächst bei Verwandten unterkommen wird, unzumutbar ist, zunächst die in § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II vorgesehene Vorabprüfung durch die Antragsgegnerin vornehmen zu lassen.
Nach alledem war der Antrag zurückzuweisen. Das Gericht sieht sich indes zu folgendem Hinweis veranlasst: Die Leistung von Umzugskosten nach § 22 Abs. 3 SGB II setzt keinen vorherigen oder anschließenden Bezug laufender Leistungen nach den §§ 19 ff SGB II voraus. Vielmehr kann ein Anspruch gerade auf Umzugskosten auch in einer § 23 Abs. 1 SGB II vergleichbaren Konstellationen ("Bedürftigkeit nur hinsichtlich der Umzugskosten") in Betracht kommen. Sofern der Antragsteller daher die nach § 22 Abs. 3 SGB II erforderlichen Darlegungen gegenüber der Antragsgegnerin nachholt (d.h. die einzelnen Kostenpositionen aufschlüsselt und darlegt und ihre Notwendigkeit nachweist) und dartut, dass er seinen Wohnsitz tatsächlich nach T verlegt, wird die Antragsgegnerin eine - auch ggf. rückwirkende - Leistungsbewilligung wohlwollend zu prüfen haben. Auf eine bisher nicht vorhandenen Bedürftigkeit kommt es dann nicht an, wenn der Antragsteller hinreichend zu erkennen gibt, dass er die Wirtschaftsgemeinschaft mit seiner Ehefrau tatsächlich aufgegeben hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf analoger Anwendung von § 193 SGG.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Kosten eines Umzugs von I nach T.
Der am 00.00.1969 geborene Antragsteller bezog in der Zeit vom 01.10.2005 bis 31.01.2006 Arbeitslosengeld II (Alg II), nachdem er eine Trennung von seiner Ehefrau ab dem 01.10.2005 mitgeteilt hatte. Eine Leistung für den Monat Februar 2006 erfolgte nicht; vielmehr teilte die Antragsgegnerin nach einem Hausbesuch in der Wohnung der Ehefrau mit, die Leistungen sollten abgelehnt werden, da der Antragsteller weiterhin mit seiner Ehefrau in Bedarfsgemeinschaft lebe. Ein hiergegen gerichteter Antrag auf einstweilige Anordnung blieb ohne Erfolg.
Am 03.03.2005 hat sich der Antragsteller an das Gericht gewandt und ausgeführt, er beabsichtige, noch in der kommenden Woche nach T zu ziehen, wo er zunächst bei Verwandten und Bekannten unterkommen werde. Hierfür benötige er "Spritgeld und evtl. Hängermiete" in Höhe von 200.- Euro, was die Antragsgegnerin ihm jedoch fernmündlich verweigert habe.
Der Antragsteller beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zur Leistung eines Vorschusses auf Umzugskosten in Höhe von 200.- Euro zu verpflichten.
Die Antragsgegnerin beantragt fernmündlich,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie weist darauf hin, dass der Antragsteller derzeit nicht im laufenden Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende steht. Im Übrigen habe er mitgeteilt, er werde in T zunächst bei seinem Vater unterkommen. Es sei daher unklar, in welchem Umfang überhaupt Umzugskosten entstünden. Ein schriftlicher Vorgang hierzu existiere nicht, der Antragsteller habe sich jedoch am 03.03.2006 fernmündlich an die Antragstellerin gewandt.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass das geltend gemachte Begehren im Rahmen der beim einstweiligen Rechtsschutz allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung begründet erscheint (Anordnungsanspruch) und erfordert zusätzlich die besondere Eilbedürftigkeit der Durchsetzung des Begehrens (Anordnungsgrund). Zudem darf eine Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache nicht endgültig (d.h. irreversibel) vorweg genommen werden (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 86 b, Rn. 31 m.w.N.).
Es fehlt an einem Anordnungsanspruch. Nach § 22 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) können Umzugskosten bei vorheriger Zusicherung durch den Leistungsträger übernommen werden. Der Antragsteller hat jedenfalls nicht dargetan, in welcher Höhe ihm Umzugskosten entstehen werden. Der von ihm genannte Betrag von 200.- Euro für "Spritgeld und evtl. Hängermiete" erscheint ohne nähere Darlegungen nicht nachvollziehbar. Vor diesem Hintergrund ist weiterhin zu beachten, dass die Anspruchsvoraussetzungen in § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II angesichts von Sinn und Zweck der Vorschrift (sinnvolle Mittelverwendung, vgl. SG Schleswig, Beschluss vom 21.2.2005 S 6 AS 30/05 ER) um die rechtzeitige Einholung der Zustimmung zu erweitern ist. Es ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller der Antragsgegnerin die Möglichkeit einer hinreichenden Vorabprüfung eingeräumt hat. Vielmehr hat er sich beinahe zeitgleich an Antragsgegnerin und Gericht gewandt. Schließlich steht die Erteilung der Zusicherung grundsätzlich im Ermessen des Leistungsträgers; Anhaltspunkte für eine Ermessensreduzierung "auf Null" sind dem Gericht nicht ersichtlich, weswegen es sein eigenes Ermessen nicht anstelle des Ermessens der Antragsgegnerin setzen darf.
Es fehlt auch an einem Anordnungsgrund. Es ist nicht ersichtlich, wieso es dem Antragsteller, der auch nach eigenen Angaben in T zunächst bei Verwandten unterkommen wird, unzumutbar ist, zunächst die in § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II vorgesehene Vorabprüfung durch die Antragsgegnerin vornehmen zu lassen.
Nach alledem war der Antrag zurückzuweisen. Das Gericht sieht sich indes zu folgendem Hinweis veranlasst: Die Leistung von Umzugskosten nach § 22 Abs. 3 SGB II setzt keinen vorherigen oder anschließenden Bezug laufender Leistungen nach den §§ 19 ff SGB II voraus. Vielmehr kann ein Anspruch gerade auf Umzugskosten auch in einer § 23 Abs. 1 SGB II vergleichbaren Konstellationen ("Bedürftigkeit nur hinsichtlich der Umzugskosten") in Betracht kommen. Sofern der Antragsteller daher die nach § 22 Abs. 3 SGB II erforderlichen Darlegungen gegenüber der Antragsgegnerin nachholt (d.h. die einzelnen Kostenpositionen aufschlüsselt und darlegt und ihre Notwendigkeit nachweist) und dartut, dass er seinen Wohnsitz tatsächlich nach T verlegt, wird die Antragsgegnerin eine - auch ggf. rückwirkende - Leistungsbewilligung wohlwollend zu prüfen haben. Auf eine bisher nicht vorhandenen Bedürftigkeit kommt es dann nicht an, wenn der Antragsteller hinreichend zu erkennen gibt, dass er die Wirtschaftsgemeinschaft mit seiner Ehefrau tatsächlich aufgegeben hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf analoger Anwendung von § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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