S 11 AS 171/06 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 11 AS 171/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 22.11.2006 anzuordnen, wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt Sättele wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die Beschränkung des Arbeitslosengeldes II (Alg II) auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung.

Der am 00.00.1982 geborene Antragsteller steht im laufenden Leistungsbezug. Mit Bescheid vom 22.11.2006 beschränkte der Antragsgegner das Alg II für die Zeit vom 01.12.2006 bis zum 28.02.2007 auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung mit der Begründung, der Antragsteller habe durch unentschuldigtes Fehlen Anlass zum Abbruch eines sog. Brückenjobs bei der L. U. gegeben. Der Antragsteller hat hiergegen nach eigenen Angaben am 11.12.2006 Widerspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden ist.

Am 18.12.2006 hat der Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung beantragt.

Er führt aus, der Beschränkungsbescheid sei wegen einer "lediglich formelhaften oder inhaltlich abstrakten und nichtssagenden" Begründung sowie wegen der nicht genau bezeichneten Rechtsfolge bereits formell rechtswidrig. Weiterhin fehle es an der für eine Sanktion erforderlichen Rechtsfolgenbelehrung. Auch inhaltlich sei der Beschränkungsbescheid "nicht offensichtlich rechtmäßig". Ein wichtiger Grund für das Fernbleiben von der Arbeit habe darin gelegen, dass der Antragsteller "für die Zeiträume 13.11. bis 17.11.2006 und 23.11. bis 24.11.2006 arbeitsunfähig erkrankt" gewesen sei. Die "zugrunde liegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen" seien der "zuständigen Sachbearbeiterin ( ...) bei der L. U. zugegangen." Auch habe die Mutter des Antragstellers "noch am jeweils ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit" mitgeteilt, der Antragsteller könne nicht kommen.

Der Antragsteller beantragt,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 22.11.2006 anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er hält den angegriffenen Bescheid für rechtmäßig.

Hinsichtlich der wesentlichen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

Nach § 86 b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), hier i.V.m. § 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG und § 39 Nr. 1 Sozialgesetzbuch - Zweites Buch- Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II), kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese ganz oder teilweise anordnen. Die aufschiebende Wirkung ist anzuordnen, wenn und soweit nach der im Verfahren nach § 86 b Abs. 1 SGG allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung ein Obsiegen des Antragstellers hinreichend wahrscheinlich erscheint (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., 2005, § 86 b Rn. 12 c).

Ein Obsiegen des Antragstellers ist nicht hinreichend wahrscheinlich, denn die Beschränkung des Alg II auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung erweist sich nicht als offensichtlich rechtswidrig.

Der Beschränkungsbescheid ist nicht formell rechtswidrig. Es kann dahinstehen, welche Auswirkungen die Nachholbarkeit einer unterbliebenen Begründung (§ 41 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) im Verfahren um die Anordnung der aufschiebenden Wirkung hat. Der Beschränkungsbescheid lässt jedenfalls - wie in § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X gefordert - die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe der Entscheidung erkennen. Dass er sich hierbei kurz fasst, ist als solches kein Begründungsmangel. Unzutreffend ist auch der Einwand des Antragstellers, der Bescheid lasse die dort ausgesprochene Rechtsfolge nicht erkennen. In dem Bescheid heißt es deutlich, dass dem Antragsteller für den angegebenen Zeitraum lediglich Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen und diese unmittelbar an den Vermieter erbracht werden.

Der Bescheid erweist sich auch als materiell rechtmäßig. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 d, Satz 2, Abs. 5 Satz 1 SGB II wird das Alg II bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die das 15. Lebensjahr, jedoch noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt, wenn sich der Hilfebedürftige trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, eine zumutbare Arbeitsgelegenheit fortzuführen. Dies gilt nicht, wenn der Hilfebedürftige einen wichtigen Grund für sein Verhalten nachweist, § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II.

Der Tatbestand des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c SGB II ist nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung erfüllt. Der Weigerung, eine zumutbare Arbeitsgelegenheit fortzuführen, steht es gleich, wenn der Hilfebedürftige Anlass zum Abbruch der Arbeitsgelegenheit bietet. Der Antragsteller hat durch sein wiederholtes unentschuldigtes Fehlen entsprechenden Anlass geboten. Jedenfalls für den 16.10.2006, 18.10.2006, 30.10.2006, 31.10.2006 und 22.11.2006 hat er keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für sein Fehlen ab dem 13.11.2006 hat er erst am 24.11.2006 vorgelegt. Einen wichtigen Grund (§ 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II) für das unentschuldigte Fehlen hat der Antragsteller nicht nachgewiesen.

Auch die erforderlichen Rechtsfolgenbelehrungen (§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 3 SGB II) haben vorgelegen. Der Antragsteller ist mit Schreiben vom 02.11.2006 durch die L. U. für Arbeitsgelegenheiten wegen des wiederholten unentschuldigten Fehlens abgemahnt und hierbei auch darauf hingewiesen worden, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit vorzulegen ist. Auf die andernfalls drohende Konsequenz (Ausschluss aus der Arbeitsgelegenheit) weist die Abmahnung ausdrücklich hin. Die speziell nach § 31 Abs. 5 Satz 3 SGB II erforderliche Rechtsfolgenbelehrung über die Beschränkung des Alg II auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung ist mit Bescheid vom 02.08.2006, mit dem der Antragsteller zu der Arbeitsgelegenheit herangezogen worden ist, erfolgt. Sofern die größtenteils abstrakten Darlegungen des Antragstellers zum zeitlichen Zusammenhang zwischen Rechtsfolgenbelehrung und Sanktion so zu verstehen sein sollen, dass es hier am erforderlichen zeitlichen Zusammenhang fehle, dringt der Antragsteller damit schon deswegen nicht durch, weil die Belehrung über die Folgen des § 31 Abs. 5 SGB II vor Antritt der hier in Rede stehenden Arbeitsgelegenheit erfolgt ist. Im Übrigen liegen zwischen Belehrung und Sanktion nur etwa zweieinhalb Monate.

Beginn und Dauer der Absenkung hat der Antragsgegner zutreffend festgestellt, § 31 Abs. 6 Satz 1 und 2 SGB II.

Die Kostenentscheidung beruht auf analoger Anwendung von § 193 SGG.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Rechtskraft
Aus
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