Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 9 AS 111/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Die Beklagte trägt die Kosten der Klägerin im Klageverfahren zu 1/10. 2. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig war die Höhe des der Klägerin zu zahlenden Arbeitslosengeldes II im ersten Halbjahr 2006.
Die Klägerin wandte sich mit Widerspruch vom 05.01.2006 gegen einen nicht aktenkundigen Bescheid vom 19.12.2005, da die Kosten der Unterkunft und Heizung falsch berechnet seien. Die Beklagte änderte die Bewilligung mit Bescheid vom 03.03.2006 insoweit ab, als der der Klägerin gewährte Zuschlag wegen früheren Arbeitslosengeldbezuges wegen Ablauf der Zweijahresfrist ab 11.01.2006 aberkannt wurde. Zugleich wurde die Klägerin aufgefordert, monatliche Nachweise über ihr Nebeneinkommen bis 17.04.2006 vorzulegen und sie wurde angehört bezüglich einer im Januar und Februar wegen dieses Nebeneinkommens möglicherweise entstandenen Überzahlung. Hierauf teilte die Klägerin mit, es stehe immer noch die Entscheidung über ihren Widerspruch wegen der Heizkosten aus; nun erhalte sie einen Änderungsbescheid in dem die Miete für Januar mit 249,32 Euro, für Februar bis Juni 2006 mit 276,90 Euro berechnet sei, was sie nicht verstehe. Im Dezember habe sie 170,- Euro Nebeneinkommen gehabt, davon seien 25,60 Euro Umsatzsteuer abzuziehen gewesen, es seien aber 188,70 Euro angerechnet worden, auch dies verstehe sie nicht. Insgesamt könne sie die Anrechnung des Nebeneinkommens nicht nachvollziehen. Sie legte Kopien einiger Umsatzsteuer-Überweisungen an das Finanzamt vor.
Unter dem 10.05.2006 forderte die Beklagte erneut Nachweise über Nebenverdienst und Miete u. a. für das erste Halbjahr 2006 an. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.06.2006 berichtigte die Beklagte die Einkommensanrechnung für Januar 2006, sie habe ein Einkommen von 260,- Euro statt richtig 160,- Euro zugrunde gelegt. Im "streitigen Zeitraum" habe die Miete wegen der Minderung nur 206,13 Euro betragen zuzüglich Heizkosten von 43,20 Euro, demnach 249,32 Euro. Der weitergehende Widerspruch wurde zurückgewiesen. Mit weiterem Bescheid vom 27.06.2006 änderte die Beklagte entsprechend der Stattgabeentscheidung im Widerspruchsbescheid die Einkommensanrechnung für Januar 2006. Dabei berücksichtigte sie Pauschalen für Werbungskosten und Versicherung.
Mit der Klage hat die Klägerin die Kosten der Unterkunft als zu niedrig beanstandet und - erstmals - ihre Einkünfte im Februar bis Juni 2006 vollständig dargelegt und nachgewiesen. Die Beklagte hat daraufhin den Anspruch der Klägerin neu berechnet mit dem Ergebnis, dass im ersten Halbjahr 2006 eine Überzahlung entstanden sei. Nachdem die Beklagte ihre Berechnung noch näher erläutert hat, hat die Klägerin das Klageverfahren für erledigt erklärt und beantragt,
die Kosten der Beklagten aufzuerlegen.
Die Beklagte lehnt eine Kostenerstattung ab. Sie habe das Klageverfahren nicht veranlasst. Vielmehr habe es die Klägerin versäumt, rechtzeitig Einkommensnachweise vorzulegen. Die Kosten der Unterkunft seien zutreffend berechnet, der monatliche Heizkostenabschlag von 48,- Euro abzüglich des üblichen Pauschbetrages in Höhe von 10 % für die Warmwasseraufbereitung richtig mit 43,20 Euro bei der Leistung berücksichtigt worden.
II.
Die Entscheidung des Gerichts darüber, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, richtet sich nach § 193 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Sie ist nach freiem Ermessen des Gerichts unter Würdigung der Gesamtsituation zu treffen, so dass eine ähnlich strenge Bindung wie im Zivilprozess nicht besteht. Entsprechend dem Grundgedanken des Kostenrechts, dass der Unterlegene in der Regel die Kosten zu tragen hat, ist der voraussichtliche Verfahrensgang zu beachten.
Der Rechtsstreit ist in der Hauptsache erledigt, nachdem die Klägerin erkannt hat, dass sie nicht zu wenig Leistungen von der Beklagten erhalten und deshalb den Rechtsstreit für erledigt erklärt hat. Der Sache nach ist dies eine Klagerücknahme.
Es ist jedoch billig, dass die Beklagte einen - geringen - Teil der Kosten trägt.
Der Beklagten ist zuzugeben, dass sie den Rechtsstreit nicht veranlasst hat, soweit die Anrechnung des Einkommens der Klägerin im Streit war. Eigene fehlerhafte Berechnungen hatte die Beklagte im Widerspruchsbescheid berichtigt. Die Klägerin hatte es stets in der Hand, die von ihr mehrfach angeforderten Einkommensbescheinigungen vorzulegen und die verbleibenden Streitpunkte damit zu klären. Dass das Einkommen durch Nachweis des Einkommens und nicht der darauf gezahlten Umsatzsteuer nachzuweisen war, konnte kaum missverstanden werden. Außerdem hatte die Klägerin ja für Dezember 2005 eine Einkommensbescheinigung vorgelegt und wusste demnach sehr genau, was von ihr erwartet wurde.
Anders liegt der Fall hinsichtlich der Heizkosten. Immer wieder hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass sie nicht verstehe, warum sie nicht den vollen Abschlag von 48 EUR erhalte. Zu keiner Zeit ist in der Akte erkennbar, dass der Klägerin erklärt worden wäre, dass es sich um den 10%igen Abschlag für Warmwasserkosten handelt. Nicht einmal im Widerspruchsbescheid wird dieser Abzug erklärt, obwohl im Tatbestand die entsprechende Auskunftsbitte der Klägerin erwähnt ist. Zwar erweist sich insoweit der angefochtene Bescheid nicht als rechtswidrig, denn der Abzug ist gerechtfertigt. Dennoch konnte die Klägerin Klarheit offenbar nur durch Klageerhebung erlangen, so dass die Beklagte insoweit die Klage mit veranlasst hat. Der streitige Betrag ist allerdings im Verhältnis zum Gesamtstreitwert nur gering (4,80 EUR mtl., zuletzt sogar nur noch 0,80 EUR, da die Beklagte eine Absenkung der Gaskostenvorauszahlung ab April 2006 übersehen hat), so dass er sich auf die Kostenquote nur im tenorierten Umfang auswirkt.
Gründe:
I.
Streitig war die Höhe des der Klägerin zu zahlenden Arbeitslosengeldes II im ersten Halbjahr 2006.
Die Klägerin wandte sich mit Widerspruch vom 05.01.2006 gegen einen nicht aktenkundigen Bescheid vom 19.12.2005, da die Kosten der Unterkunft und Heizung falsch berechnet seien. Die Beklagte änderte die Bewilligung mit Bescheid vom 03.03.2006 insoweit ab, als der der Klägerin gewährte Zuschlag wegen früheren Arbeitslosengeldbezuges wegen Ablauf der Zweijahresfrist ab 11.01.2006 aberkannt wurde. Zugleich wurde die Klägerin aufgefordert, monatliche Nachweise über ihr Nebeneinkommen bis 17.04.2006 vorzulegen und sie wurde angehört bezüglich einer im Januar und Februar wegen dieses Nebeneinkommens möglicherweise entstandenen Überzahlung. Hierauf teilte die Klägerin mit, es stehe immer noch die Entscheidung über ihren Widerspruch wegen der Heizkosten aus; nun erhalte sie einen Änderungsbescheid in dem die Miete für Januar mit 249,32 Euro, für Februar bis Juni 2006 mit 276,90 Euro berechnet sei, was sie nicht verstehe. Im Dezember habe sie 170,- Euro Nebeneinkommen gehabt, davon seien 25,60 Euro Umsatzsteuer abzuziehen gewesen, es seien aber 188,70 Euro angerechnet worden, auch dies verstehe sie nicht. Insgesamt könne sie die Anrechnung des Nebeneinkommens nicht nachvollziehen. Sie legte Kopien einiger Umsatzsteuer-Überweisungen an das Finanzamt vor.
Unter dem 10.05.2006 forderte die Beklagte erneut Nachweise über Nebenverdienst und Miete u. a. für das erste Halbjahr 2006 an. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.06.2006 berichtigte die Beklagte die Einkommensanrechnung für Januar 2006, sie habe ein Einkommen von 260,- Euro statt richtig 160,- Euro zugrunde gelegt. Im "streitigen Zeitraum" habe die Miete wegen der Minderung nur 206,13 Euro betragen zuzüglich Heizkosten von 43,20 Euro, demnach 249,32 Euro. Der weitergehende Widerspruch wurde zurückgewiesen. Mit weiterem Bescheid vom 27.06.2006 änderte die Beklagte entsprechend der Stattgabeentscheidung im Widerspruchsbescheid die Einkommensanrechnung für Januar 2006. Dabei berücksichtigte sie Pauschalen für Werbungskosten und Versicherung.
Mit der Klage hat die Klägerin die Kosten der Unterkunft als zu niedrig beanstandet und - erstmals - ihre Einkünfte im Februar bis Juni 2006 vollständig dargelegt und nachgewiesen. Die Beklagte hat daraufhin den Anspruch der Klägerin neu berechnet mit dem Ergebnis, dass im ersten Halbjahr 2006 eine Überzahlung entstanden sei. Nachdem die Beklagte ihre Berechnung noch näher erläutert hat, hat die Klägerin das Klageverfahren für erledigt erklärt und beantragt,
die Kosten der Beklagten aufzuerlegen.
Die Beklagte lehnt eine Kostenerstattung ab. Sie habe das Klageverfahren nicht veranlasst. Vielmehr habe es die Klägerin versäumt, rechtzeitig Einkommensnachweise vorzulegen. Die Kosten der Unterkunft seien zutreffend berechnet, der monatliche Heizkostenabschlag von 48,- Euro abzüglich des üblichen Pauschbetrages in Höhe von 10 % für die Warmwasseraufbereitung richtig mit 43,20 Euro bei der Leistung berücksichtigt worden.
II.
Die Entscheidung des Gerichts darüber, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, richtet sich nach § 193 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Sie ist nach freiem Ermessen des Gerichts unter Würdigung der Gesamtsituation zu treffen, so dass eine ähnlich strenge Bindung wie im Zivilprozess nicht besteht. Entsprechend dem Grundgedanken des Kostenrechts, dass der Unterlegene in der Regel die Kosten zu tragen hat, ist der voraussichtliche Verfahrensgang zu beachten.
Der Rechtsstreit ist in der Hauptsache erledigt, nachdem die Klägerin erkannt hat, dass sie nicht zu wenig Leistungen von der Beklagten erhalten und deshalb den Rechtsstreit für erledigt erklärt hat. Der Sache nach ist dies eine Klagerücknahme.
Es ist jedoch billig, dass die Beklagte einen - geringen - Teil der Kosten trägt.
Der Beklagten ist zuzugeben, dass sie den Rechtsstreit nicht veranlasst hat, soweit die Anrechnung des Einkommens der Klägerin im Streit war. Eigene fehlerhafte Berechnungen hatte die Beklagte im Widerspruchsbescheid berichtigt. Die Klägerin hatte es stets in der Hand, die von ihr mehrfach angeforderten Einkommensbescheinigungen vorzulegen und die verbleibenden Streitpunkte damit zu klären. Dass das Einkommen durch Nachweis des Einkommens und nicht der darauf gezahlten Umsatzsteuer nachzuweisen war, konnte kaum missverstanden werden. Außerdem hatte die Klägerin ja für Dezember 2005 eine Einkommensbescheinigung vorgelegt und wusste demnach sehr genau, was von ihr erwartet wurde.
Anders liegt der Fall hinsichtlich der Heizkosten. Immer wieder hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass sie nicht verstehe, warum sie nicht den vollen Abschlag von 48 EUR erhalte. Zu keiner Zeit ist in der Akte erkennbar, dass der Klägerin erklärt worden wäre, dass es sich um den 10%igen Abschlag für Warmwasserkosten handelt. Nicht einmal im Widerspruchsbescheid wird dieser Abzug erklärt, obwohl im Tatbestand die entsprechende Auskunftsbitte der Klägerin erwähnt ist. Zwar erweist sich insoweit der angefochtene Bescheid nicht als rechtswidrig, denn der Abzug ist gerechtfertigt. Dennoch konnte die Klägerin Klarheit offenbar nur durch Klageerhebung erlangen, so dass die Beklagte insoweit die Klage mit veranlasst hat. Der streitige Betrag ist allerdings im Verhältnis zum Gesamtstreitwert nur gering (4,80 EUR mtl., zuletzt sogar nur noch 0,80 EUR, da die Beklagte eine Absenkung der Gaskostenvorauszahlung ab April 2006 übersehen hat), so dass er sich auf die Kostenquote nur im tenorierten Umfang auswirkt.
Rechtskraft
Aus
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