S 11 AS 136/07

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 11 AS 136/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 15.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.05.2007 verpflichtet, an den Kläger für den Zeitraum März 2007 bis Januar 2008 einen Zuschuss zu seinen Unterkunftskosten nach § 22 Abs. 7 SGB II in Höhe von 44,05 EURO monatlich zu zahlen. Die Beklagte hat die Kosten des Klägers dem Grunde nach zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt einen Zuschuss zu seinen Kosten der Unterkunft.

Der derzeit 22-jährige Kläger beantragte erstmalig am 01.03.2007 Leistungen nach dem SGB II. Der Kläger wohnt in einer Wohngemeinschaft mit Frau F. L. Diese hatte zum 01.12.2005 einen Mietvertrag für die von ihr und dem Kläger bewohnte 3-Zimmer-Wohnung abgeschlossen. Darin war eine Miete von 390,00 EURO, zzgl. 60,00 EURO Nebenkosten (inkl. Heizkosten von 30,00 EURO) vereinbart. Der Kläger schloss mit Frau L. einen Untermietvertrag ab und verpflichtete sich für 39,5 m² 270,00 EURO Miete und 30,00 EURO Nebenkosten zu zahlen. Er trägt somit 300,00 EURO von den insgesamt zu zahlenden 450,00 EURO.

Zum Zeitpunkt der Antragstellung machte der Kläger eine Ausbildung zum Elektroniker und erhielt hierfür eine Ausbildungsvergütung in wechselnder Höhe von rund 650,00 EURO bis 700,00 EURO brutto bzw. 455,00 bis 515,00 EURO netto. Außerdem erhielt er seit Dezember 2005 von der Bundesagentur für Arbeit eine Berufsausbildungsbeihhilfe in Höhe von zunächst 94,00 EURO pro Monat und später 20,00 EURO pro Monat bzw. 72,00 EURO pro Monat. Des Weiteren bezog er 154,00 EURO pro Monat Kindergeld, das ihm zunächst sein Vater weiterleitete und später die Familienkasse direkt gewährte. Bei der Berechnung der Berufsausbildungsbeihilfe wurden laut Bewilligungsbescheid der Bundesagentur für Arbeit Kosten der Unterkunft in Höhe von 197,00 EURO berücksichtigt. Seit Februar 2008 ist der Kläger als Elektroniker beschäftigt und nicht mehr hilfebedürftig.

Bei der Berechnung eines etwaigen Anspruchs auf einen Zuschuss zu den Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 7 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) legte die Beklagte die Gesamtmiete von 420,00 EURO sowie Heizkosten von 24,60 EURO (bereinigt um 18 % Warmwasserkosten) zu Grunde und teilte die Beträge durch zwei. Sie ermittelte hieraus tatsächliche Kosten der Unterkunft in Höhe von 222,30 EURO. Die angemessene Kosten der Unterkunft setzte sie in Höhe von 194,80 EURO an. Dabei ging sie von der Wohngeldtabelle aus und legte als angemessen eine Wohnung von 60 m² für 365,00 EURO für zwei Personen zu Grunde und halbierte den so ermittelten Betrag. Hieraus ergaben sich 182,50 EURO für die Bruttokaltmiete und 12,30 für die Heizung. Sie legte die 194,80 EURO ihrer Berechnung zu Grunde und lehnte mit Bescheid vom 15.03.2007 den Antrag des Klägers ab. Die Beklagte kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger 111,42 EURO seiner angemessenen Kosten der Unterkunft aus seiner Ausbildungsvergütung nicht tragen könne, dieser Betrag jedoch durch das Kindergeld gedeckt werde. Der vom Kläger hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Bescheid vom 21.05.2007 als unbegründet zurückgewiesen, der der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 24.05.2007 zuging.

Hiergegen hat der Kläger am 25.06.2007 Klage erhoben. Er ist der Ansicht, dass seine Kosten der Unterkunft mit 300,00 EURO anzusetzen seien. Auf Nachfrage durch das Gericht wurden ferner diverse Zeugen dafür benannt, dass der Kläger und Frau L. keine Partnerschaft haben, sondern lediglich miteinander befreundete WG-Bewohner sind. Der Kläger zahle mehr an Miete als Frau L., weil ihm an sich das Wohnzimmer zur alleinigen Nutzung zur Verfügung stünde. Er erlaube Frau L. jedoch, dass Wohnzimmer ebenfalls zu nutzen. Strom und Nebenkosten aus dem Hauptmietvertrag würden hälftig geteilt, genauso wie Telefonkosten in Form einer eingerichteten Flatrate.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheids vom 15.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.05.2007 für den Zeitraum März 2007 bis Januar 2008 einen Zuschuss zu seinen Unterkunftskosten nach § 22 Abs. 7 SGB II in Höhe von 44,05 EURO monatlich zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zwischenzeitlich hat die Beklagte ihre Richtlinien zur Höhe der angemessenen Kosten der Unterkunft geändert. Es werden jetzt 4,75 EURO pro m² als angemessene Nettokaltmiete anerkannt. Nebenkosten werden in tatsächlicher Höhe übernommen, sofern sie einen Betrag von 2,00 EURO pro m² nicht überschreiten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist sie fristgemäß. Da die Klagefrist an sich am 24.06.2007 endete und dies ein Sonntag war, lief die Klagefrist erst am 25.06.2007 ab. Die Klage ist auch begründet. Der angegriffene Bescheid ist rechtswidrig und der Kläger in seinen Rechten gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verletzt. Der Kläger hat Anspruch auf einen Zuschuss zu seinen ungedeckten Kosten der Unterkunft in Höhe von 44,05 EURO pro Monat.

Gemäß § 22 Abs. 7 SGB II erhalten abweichend von § 7 Abs. 5 Auszubildende, die Berufsausbildungsbeihilfe oder Ausbildungsgeld nach dem Dritten Buch oder Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten und deren Bedarf sich nach § 65 Abs. 1, § 66 Abs. 3, § 101 Abs. 3, § 105 Abs. 1 Nr. 1, 4, § 106 Abs. 1 Nr. 2 des Dritten Buches oder nach § 12 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und 3, § 13 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst, einen Zuschuss zu ihren ungedeckten angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 22 Abs. 1 Satz 1). Auszubildende haben keinen Anspruch auf einen solchen Zuschuss, wenn die Übernahme der Leistungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 2a ausgeschlossen ist. Der Leistungsausschluss nach § 22 Abs. 2a SGB II, greift im Falle des Klägers jedoch nicht, da § 22 Abs. 2a SGB II gemäß § 68 Abs. 2 SGB II nicht für Personen gilt, die am 17.02.2006 bereits nicht mehr zum Haushalt der Eltern oder eines Elternteils gehören.

Der Kläger war demnach jedenfalls dem Grunde nach anspruchsberechtigt. Er hat der Höhe nach einen Leistungsanspruch auf Basis der tatsächlich nach dem Untermietvertrag geschuldeten Kosten der Unterkunft (hierzu unter 1.), gedeckelt auf den Betrag der angemessenen Kosten der Unterkunft (hierzu unter 2.), die auf Basis einer 45 m² großen Wohnung (hierzu unter 3.) und dem hiermit zu multiplizierenden angemessenen m²-Preis (hierzu unter 4.) zu ermitteln waren und von denen anschließend die nach den Vorschriften des Bundesausbildungsförderungsgesetz berücksichtigten Kosten der Unterkunft (197,00 EURO) abzuziehen waren (hierzu unter 5.).

1. Zunächst ist festzuhalten, dass der vom Kläger mit Frau L. im Jahr 2005 abgeschlossene und ausweislich der in den Akten befindlichen Kontoauszügen offenbar auch tatsächlich wie vertraglich vereinbart praktizierte Untermietvertrag im Rahmen der Beurteilung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft auch gegenüber der Beklagten bindend ist (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.10.2007, L 28 AS 1059/07; zitierte Entscheidungen ohne nähere Quellenangabe sind zu finden unter www.sozialgerichtsbarkeit.de). Zwar gibt es bereits eine Vielzahl von Entscheidungen, denen zu Folge bei einem Zusammenwohnen mehrerer Personen in einer Wohnung auch dann eine Aufteilung nach Kopfteilen vorzunehmen ist, wenn diese keine Bedarfsgemeinschaft bilden. Diese Entscheidungen betrafen jedoch - soweit ersichtlich - Fallkonstellationen, in denen miteinander verwandte Personen eine Wohnung bewohnen und untereinander eine von Kopfteilen abweichende Mietzahlung vereinbart haben (vgl. nur LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14.07.2006, L 1 B 23/06 AS ER; Bayerisches LSG, Beschluss vom 15.09.2005, L 10 B 429/05 AS ER). Die Kammer hielt es nicht für gerechtfertigt, bei einem wirksam vereinbarten und auch tatsächlich gelebten Untermietvertrag zwischen Personen, die nicht miteinander verwandt oder verschwägert sind und auch sonst nicht in einem vergleichbar engen Verhältnis zueinander stehen, das eine Gleichsetzung mit einer Bedarfsgemeinschaft rechtfertigen könnte (z.B. Pflegefamilien) - im Folgenden zum Zwecke der Verständlichkeit "reine Mitbewohner" genannt -, die tatsächlichen Kosten der Unterkunft abweichend von der vertraglichen Vereinbarung zu bestimmen. Eine Aufteilung nach Kopfteilen dürfte bei reinen Mitbewohnern, nur dann in Betracht kommen, wenn es sich bei dem Untermietvertrag um ein Scheingeschäft nach § 117 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) handelt (zum Scheingeschäft bei Verwandten: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.09.2006, L 8 AS 5071/05). Auch das Bundessozialgericht hat anerkannt, dass es Sonderfälle geben kann, in denen keine Aufteilung nach Kopfteilen vorzunehmen ist, auch wenn eine solche Aufteilung im Regelfall vorzunehmen sei (BSG, Urteil vom 23.11.2006, B 11b AS 1/06 R).

Zur Entscheidung der Kammer hat maßgeblich beigetragen, dass dem Gericht die genau gegenteilig zum hiesigen Fall praktizierte Verwaltungspraxis verschiedener Leistungsträger aus anderen Verfahren bekannt ist, wenn der Hilfebedürftige zunächst eine unangemessene Wohnung bewohnt und anschließend - zum Zwecke der Kostensenkung - einen Untermieter aufnimmt, der nicht die Hälfte der Miete an Untermiete zahlt. In solchen Fällen wird von der tatsächlichen Miete nur der Betrag von den Kosten der Unterkunft des Hilfeempfängers abgezogen, den der Untermieter an ihn laut Untermietvertrag schuldet und es wird keine Aufteilung nach Kopfteilen vorgenommen. Es gibt nach Auffassung der Kammer keinen Grund, die Sache anders zu handhaben, wenn der Hilfeempfänger von Beginn an in einem solchen Untermietverhältnis steht. Dabei kann es auch keinen Unterschied machen, ob der Hilfeempfänger derjenige ist, der den größeren Anteil der Miete zahlt, so lange keine Anhaltspunkte für ein Scheingeschäft zu Lasten der Staatskasse bestehen.

Vorliegend bestanden keine Anhaltspunkte für ein solcher Scheingeschäft, da der Untermietvertrag schon seit Ende 2005 besteht und der hier in Streit stehende Anspruch erst Anfang 2007 geltend gemacht wurde. Auch für die Höhe der Berufsausbildungsbeiheilfe spielte die Gestaltung des Mietvertrags keine Rolle, da der Kläger sowohl bei der letztlich vertraglich vereinbarten Miete als auch bei einer hälftigen Teilung der Kosten wegen der Deckelung der berücksichtigungsfähigen Kosten der Unterkunft auf 197,00 EURO den gleichen Betrag bewilligt bekommen hätte. Die Kammer war daher davon überzeugt, dass die Aufteilung der Kosten in 1/3 und 2/3 allein darauf zurückzuführen war, dass dem Kläger ein zusätzliches Zimmer eingeräumt wurde. Die Beklagte musste daher zunächst von tatsächlichen Kosten des Unterkunft in Höhe von 297,30 EURO ausgehen (270,00 EURO Miete, 15,00 EURO Nebenkosten und 12,30 EURO Heizkosten).

2. Da § 22 Abs. 7 SGB II anders als Abs. 1 keine Regelung zur vorübergehenden Übernahme von unangemessen hohen Kosten der Unterkunft enthält, sind jedoch von Anfang an nur die angemessenen Kosten der Unterkunft zu übernehmen (SG Berlin, Beschlus vom 23.03.2007, S 37 AS 2804/07 ER; siehe auch BT-Drucks. 16/1410, S. 24) Welche Aufwendungen im Einzelfall angemessen sind, errechnet sich aus dem Produkt aus der für den Leistungsempfänger abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und dem nach den örtlichen Verhältnissen angemessenen Mietzins pro m² (sogenannte "Produkttheorie", vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 18/06 R; LSG Nordrhein Westfalen, Beschluss vom 01.08.2005, L 19 B 21/05).

3. Zur Bestimmung der angemessenen Wohnfläche kann auf die Werte in den landesrechtlichen Vorschriften zu § 5 Abs. 2 des Gesetzes zur Sicherung der Zweckbestimmung von Sozialwohnungen (Wohnungsbindungsgesetz "WoBindG") zurückgegriffen werden (BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 18/06 R). Für eine Person ist hiernach eine Wohnungsgröße von 45 m² angemessen. Dies ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung des § 5 Wohnungsbindungsgesetz i.V.m. § 27 Wohnraumförderungsgesetz i.V.m. Ziffer 5.71 c der nordrhein-westfälischen Verwaltungsvorschriften zum WoBindG. Die entsprechende Anwendung der genannten Vorschriften für existenzsichernde Leistungen entspricht der bisherigen Rechtsprechung der nordrhein-westfälischen Sozialgerichtsbarkeit (vgl. nur LSG Nordrhein Westfalen, Beschluss vom 23.08.2006, L 20 B 184/06 AS-ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.01.2008, L 12 AS 77/06). Soweit hiervon abweichend im Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 26.02.2007 (9 B 184/06 AS) auf die um 2 m² höher liegenden Wohnraumförderungsbestimmungen des Landes abgestellt wird, sieht die Kammer keinen Anlass, dem zu folgen. In Nordrhein-Westfalen gelten beim Bau von Sozialwohnungen andere m²-Richtwerte als bei deren Belegung. Der Frage der Angemessenheit einer Wohnung für Empfänger, die existenzsichernde Leistungen beziehen, ist die Frage der Belegung von Sozialwohnungen, mithin die in den Verwaltungsvorschriften zum Wohnungsbindungsgesetz geregelten m²-Richtwerte für den Wohnungsberechtigungsschein, sachnäher als die Vorschriften zum Bau von Sozialwohnungen (vgl. ausführlich SG Gelsenkirchen, Urteil vom 29.06.2007, S 20 AS 177/06, offengelassen in LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.09.2007, L 7 B 233/07 AS ER).

Soweit die Beklagte die angemessene Miete wegen des Bewohnens der Wohnung mit zwei Personen auf Basis von 60 m² ermittelt und den sich hieraus ergebenden Wert halbiert hat, hielt die Kammer dies für unzulässig. Bei Alleinstehenden, die zur Untermiete bei einem anderen einziehen oder als Teil einer Wohngemeinschaft eine Wohnung gemeinsam anmieten, ist die Höhe der angemessenen Miete ebenso wie bei allein wohnenden Alleinstehenden auf Basis von 45 m² zu berechnen (vgl. auch Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 14.09.2006, L 6 AS 6/06; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.10.2007, L 28 AS 1059/07). Zum einen fand die Kammer die Argumentation des LSG Berlin-Brandenburg überzeugend, dass der Hilfebedürftige wegen der "Produkttheorie" die für ihn als abstrakt angemessene errechnete Miete für verschiedenste Wohnungen verwenden kann und es ihm ebenso frei steht, sich durch den Verzicht auf Privatsphäre den Vorteil zu "erkaufen" beispielsweise in eine Wohnung in teurerer Lage oder mit größerer Wohnfläche innerhalb einer Wohngemeinschaft bzw. zur Untermiete zu ziehen.

Zum anderen greift auch hier die bereits unter 1. stehende Argumentation, der sachwidrigen Ungleichbehandlung im Vergleich zu Hilfebedürftigen, die während des Leistungsbezugs zur Kostensenkung einen Untermieter bei sich aufnehmen. In diesen Fällen wird nämlich keine Neuberechnung der angemessenen Miete auf Basis von nunmehr zwei Personen durchgeführt. Diese Ungleichbehandlung kann auch nicht dadurch behoben werden, dass auch bei Hilfeempfängern, die während der Zeit des Leistungsbezugs eine Wohngemeinschaft bilden bzw. einen Untermieter aufnehmen, die angemessene Miete auf Basis der dann in der Wohnung lebenden Personen berechnet wird. Denn eine solche Neuberechnung kann zu folgendem sachwidrigen Ergebnis führen, das anhand eines Beispielsfalls offenkundig wird: Ein Hilfebedürftiger bewohnt als Einzelperson eine 3-Zimmer-Wohnung mit einer Nettokaltmiete von 450,00 EURO in einer Stadt, in der 5,00 EURO Nettokaltmiete pro m² als angemessen gelten, und wird aufgefordert, seine Kosten der Unterkunft zu senken, weil nur 225,00 EURO Nettokaltmiete (45 m² x 5,00 EURO) angemessen sind. Er kommt seiner Pflicht zur Kostensenkung nach, nimmt einen Untermieter bei sich auf, der ihm die Hälfte zahlt, und reduziert somit seine Miete auf den bisher als angemessen anerkannten Betrag. Ginge der Leistungsträger nun - entsprechend dem hiesigen Fall - davon aus, dass bei einem Untermietverhältnis oder einer Wohngemeinschaft die Angemessenheit der Wohnung auf Basis von 60 m² zu berechnen und dieser Betrag anschließend zu halbieren ist, läge die angemessene Miete des Hilfebedürftigen nunmehr bei 150,00 EURO (5,00 EURO x 60 m²: 2) und somit erneut unter dem von ihm an Miete zu zahlenden Betrag. Nähme er nun - da seine Miete schließlich erneut unangemessen wäre - einen zweiten Untermieter auf und die Miete würde nunmehr gedrittelt, müsste der Kläger nur noch 150,00 EURO an Miete zahlen. Nun leben jedoch drei Personen in der Wohnung mit der Folge, dass - der hier von der Beklagten vorgenommen Praxis entsprechend - die Miete auf Basis von 75 m² zu ermitteln und dann zu dritteln wäre. Dies ergäbe eine angemessene Nettokaltmiete von 125,00 EURO (5,00 EURO x 75 m²: 3) und somit erneut weniger, als der Hilfebedürftige an Miete zu tragen hat. Dieses Ergebnis ist absurd und zeigt, dass es sachwidrig ist, bei reinen Mitbewohnern die dem Einzelnen zustehende angemessene Miete nicht auf Basis der für Einzelpersonen geltende Werte zu berechnen.

Da es keinen sachlichen Grund gibt, Leistungsempfänger, die im Leistungsbezug eine Wohngemeinschaft bilden bzw. einen Untermieter aufnehmen, anders zu behandeln als solche, die schon bei Beginn des Leistungsbezugs in einem Untermietverhältnis stehen bzw. in einer Wohngemeinschaft wohnen, ist für alleinstehende, jedenfalls wenn sie mit den Mitbewohnern nicht verwandt oder verschwägert sind und auch nicht in einem ähnlichen engen Verhältnis zueinander zu stehen die angemessene Miete auf Basis von 45 m² zu ermitteln.

4. Der von der Beklagten mittlerweile als angemessen anerkannte m²-Preis von 4,75 EURO war zwischen den Beteiligten nicht streitig. Da dem Klagebegehren auf Basis dieses m²-Werts voll entsprochen wurde, war nicht näher zu problematisieren, ob der m²-Preis gegebenenfalls zu niedrig ist. Der Vollständigkeit halber sei jedoch erwähnt, dass gegen die Höhe des Werts nach der bisherigen ständigen Rechtsprechung der 11. Kammer des SG Aachen keine Bedenken bestehen. Die angemessene Miete betrug demnach 241,05 EURO (45 x 4,75 EURO = 213,75 + 15,00 EURO Nebenkosten und 12,30 EURO Heizkosten).

5. Bei der Berechnung des Zuschusses ging die Kammer davon aus, dass der Differenzbetrag zwischen den Kosten der Unterkunft, die im Rahmen der Förderung nach berücksichtigt wurden, und den angemessen Kosten der Kosten der Unterkunft als "ungedeckte Kosten der Unterkunft" anzusehen ist (so auch Hessisches LSG, Beschluss vom 02.08.2007, L 9 AS 215/07 ER; SG Schleswig, Beschluss vom 02.07.2007, S 4 AS 364/07). Eine Bedarfsberechnung nach dem SGB II, wie sie beispielsweise das SG Berlin vornimmt (Beschluss vom 23.03.2007, S 37 AS 2804/07 ER), ist dabei nicht durchzuführen (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.06.2007, L 14 B 633/07 AS ER). Nach Auffassung der Kammer ist nicht einmal das Kindergeld, das bei der Berechnung der Leistungen nach § 65 SGB III nicht angerechnet wurde, zu berücksichtigen (vgl. auch Hessisches LSG, Beschluss vom 02.08.2007, L 9 AS 215/07 ER). Denn wenn der Gesetzgeber gewollt hätte, dass im Rahmen der Berechnung des Zuschusses nach § 22 Abs. 7 SGB II eine von den in der Vorschrift aufgeführten Förderbestimmungen abweichende Einkommensanrechnung stattfinden soll, hätte er dies regeln müssen. Der Wortlaut der Vorschrift legt es nahe, als "ungedeckt" schlicht das anzusehen, was an Kosten der Unterkunft von der sonstigen Förderung im jeweiligen Fall ungedeckt ist. Die Kammer sieht hierin auch keine ungerechtfertigte Besserstellung gegenüber den übrigen Leistungsbeziehern nach dem SGB II, da der Bedarf nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz für den Lebensunterhalt nur bei 310,00 EURO liegt und darüber hinaus vom Ausbildungseinkommen bei der Bemessung der Berufsausbildungsbeihilfe anders als bei einer Berechnung nach dem SGB II keine Freibeträge abgezogen werden.

Die dem Kläger bewilligten Berufsausbildungsbeihilfe enthielt Kosten der Unterkunft in Höhe von 197,00 EURO (§ 65 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) i.V.m. § 13 Abs. 2 Nr. 2 BAFöG; § 13 Abs. 3 BAFöG ). Dieser war von den angemessenen Kosten der Unterkunft in Höhe von 241,05 EURO abzuziehen mit der Folge, dass 44,05 EURO "ungedeckt" waren. In dieser Höhe bestand folglich ein Anspruch des Klägers.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Berufung war zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Neben den Rechtsfragen zur Berechnung der tatsächlichen und der angemessenen Kosten der Unterkunft im Rahmen eines Untermietverhältnisses zwischen reinen Mitbewohnern hielt die Kammer insbesondere die Rechtsfrage für klärungsbedürftig, wie der Zuschuss nach § 22 Abs. 7 SGB II zu berechnen ist, da hier sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Verwaltungspraxis unterschiedlichste Berechnungen existiere
Rechtskraft
Aus
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