S 4 (11) RJ 147/03

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 4 (11) RJ 147/03
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 10.532,96 Euro.

Der Kläger befasste sich Ende 2002 mit der Renovierung und dem Umbau eines von ihm erworbenen Mehrfamilienhauses. Dabei beauftragte er die aus Kroatien stammenden Brüder J. und W. F. mit der Durchführung von Umbauarbeiten. Nach den Quittungen vom 29.10.2002, 17.10.2002, 23.09.2002 und 18.11.2002 zahlte der Kläger an den J. F. insgesamt 10.000,00 Euro. Am 21.11.2002 wurden bei einer Baustellenkontrolle durch Beamte des Hauptzollamtes die Brüder F. festgenommen. Sie waren nicht im Besitz von gültigen Aufenthalts- bzw. Arbeitsgenehmigungen. In der Vernehmung gaben sie an, bereits seit 10 – 15 Tagen für den Kläger gearbeitet zu haben, insbesondere Abbrucharbeiten, Verputzarbeiten, Regipsarbeiten und Spachtelarbeiten durchgeführt zu haben.

Nach entsprechender Anhörung forderte die Beklagte mit Bescheid vom 12.05.2003 die Nachzahlung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 10.532,96 Euro. Hierbei legte sie die 10.000,00 Euro als Nettobezüge zugrunde und errechnete somit Bruttobezüge in Höhe von ca. 25.000,00 Euro, wovon die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge berechnet wurden. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Er trug vor, er habe gedacht, die Brüder F. seien eine Baufirma. Er habe lediglich einen Vorschuß geleistet. Der Handwerkerlohn für zwei Leute für eine 14-tätige Arbeit müsste wesentlich geringer ausfallen. Er habe versucht, eine eigenständige Existenz aufzubauen und dies mit Erwerb und Umbau eines Hauses zu begründen. Er sei in diesen Sachen nicht erfahren und zu naiv herangegangen. Er habe bereits erheblichen Schaden dadurch erlitten, dass die Brüder F. bereits überzahlt wurden und nicht mehr erreichbar seien.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV gelte ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart, wenn bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden sind.

Hiergegen richtet sich die am 03.12.2003 erhobene Klage. Der Kläger behauptet, die von den Gebrüdern F. geleisteten Arbeiten seien allenfalls 5.000,00 Euro wert. Sie hätten ihre Arbeiten bei weitem nicht abgeschlossen, bestenfalls angefangen. Es handelte sich lediglich um Entrümpelungs- und Aufräumarbeiten. Mehr als fraglich sei, ob dafür überhaupt eine tarifliche Entlohnung anstehe. Der Kläger glaubte mit den Brüdern F. eine selbständige Firma beauftragt und keine abhängigen Beschäftigungsverhältnisse gegründet zu haben. Herr J. F. habe eingestanden, allenfalls Arbeiten im Wert von 5.000,00 Euro verrichtet zu haben.

Der Kläger beantragt

den Bescheid vom 12.05.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2003 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Auffassung des Klägers, dass es sich bei den Brüdern F. um Selbständige gehandelt habe, stünden die Angaben der Brüder F. anlässlich der Vernehmung durch das Hauptzollamt der Stadt Aachen entgegen. In den Auszahlungsbeträgen seien keine Werkzeug- und Materialkosten enthalten, da es dem Kläger an glaubhaften Argumenten und Nachweisen hierzu fehle.

Das Gericht hat die zuständige Krankenkasse und Pflegekasse sowie das Arbeitsamt und die Brüder F. beigeladen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist nicht rechtswidrig im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die Beklagte war gemäß § 28 p Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 SGB IV berechtigt, bei dem Kläger eine Betriebsprüfung durchzuführen und gemäß § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV die sich anlässlich der Betriebsprüfung ergebenen Beitragsforderungen per Bescheid festzustellen und einzuziehen.

Die Beitragsnachforderung ist rechtsmäßig. Wie zwischen den Beteiligten unstreitig und vom Kläger auch selbst eingeräumt, hat er an die Gebrüder F. insgesamt 10.000,00 Euro geleistet. Hierbei handelte es sich um Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 SGB IV. Es waren Zahlungen für eine Beschäftigung, nämlich die Bauarbeiten am Mehrfamilienhaus des Klägers. Die Gebrüder F. waren keine selbständige Firma. Eine entsprechende Gewerbeerlaubnis lag nicht vor, die Brüder waren auch nicht im Handelsregister eingetragen. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV kommt es nicht darauf an, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen bestand, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet wurden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Demgemäß ist unbeachtlich, ob der Kläger die von ihm geleisteten Zahlungen als Vorschuß oder ähnliches bezeichnet. Entscheidend ist, dass die Zahlungen für die Arbeiten der Gebrüder F. an dem Haus des Klägers geleistet wurden. Dementsprechend sind auch Sozialversicherungsbeiträge abzuführen.

§ 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV bestimmt, dass bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart gilt, wenn Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden sind. Bei dem Beschäftigungsverhältnis des Klägers mit den Gebrüdern F. handelte es sich um ein illegales Beschäftigungsverhältnis. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die Gebrüder F. weder im Besitz von gültigen Aufenthalts- bzw. Arbeitsgenehmigungen waren und sich zudem illegal in Deutschland aufhielten. Zudem wurden weder Steuern noch Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung vereinbart und geleistet. Demnach gelten die gezahlten 10.000,00 Euro als Nettoarbeitsentgelt. Auf ein persönliches Verschulden oder Vorsatz seitens des Klägers bezüglich der Illegalität im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV kommt es nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nicht an. Maßgebend sind allein die objektiven Gegebenheiten im Hinblick auf die Nichtzahlung von Steuern und Beiträgen. Der Gesetzgeber hat dort, wo zusätzliche subjektive Voraussetzungen für den Eintritt oder die Bewirkung von Rechtsfolgenvoraussetzung sein sollen, die jeweils ausdrücklich normiert (zum Beispiel § 266 a Abs. 1 StGB, § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Von dem Nettoarbeitsentgelt von 10.000,00 Euro hat die Beklagte in zutreffender Weise die Beiträge zu allen Zweigen der Sozialversicherung festgesetzt (§ 226 Abs. 1, 242 SGB IV, §§ 161, 162 Nr. 1 SGB VI, §§ 57 Abs. 1 SGB XI, 341 Abs. 3, 342 SGB III).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 197 a I Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 VwGO. Der Kläger war im Verfahren insgesamt unterlegen und erhält daher keine Kosten seitens der Beklagten erstattet. Der Kläger hat die Gerichtskosten zu tragen.
Rechtskraft
Aus
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