Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 6 U 284/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Anerkennung eines Arbeitsunfalls sowie stationäre und ambulante Maßnahmen zur medizinischen Rehabilitation.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger leidet an einer Polyneuropathie, die seine Mobilität einschränkt. Er ist deshalb zur Fortbewegung auf einen Elektrorollstuhl angewiesen. Zur Behandlung der Polyneuropathie waren ihm stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in der Dr. C. Rhein-Sieg-Klinik in M. gewährt worden. Am 00.00.0000 hatte der Kläger dort mit seinem Elektrorollstuhl den Speisesaal angesteuert. Im Speisesaal erhielt er im dichten Gedränge vor der Essensausgabe unvermittelt einen Stoß von hinten und bestätigte daraufhin instinktiv den Steuerungsknauf des Elektrorollstuhls. Um den eintretenden Beschleunigungsvorgang abzubremsen, setzte er den Fuß nach unten und fiel nach vorne aus seinem Elektrorollstuhl heraus. Der Bericht des Durchgangsarztes Dr. T., H. spricht von einer undislozierten bimalleolären Fraktur des rechten oberen Sprunggelenks mit Schwellung und Schmerzen sowie einer hämatösen Verfärbung. Die Beklagte zog einen weiteren Bericht des H-Arztes Prof. Dr. Q., M., vom 00.00.0000 bei und wies die Dr. C. Rhein-Sieg Klinik unter dem 00.00.0000 an, keine Behandlungen mehr zu ihren Lasten durchzuführen, da es sich nicht um einen Arbeitsunfall handele. Mit Bescheid vom 00.00.0000 lehnte es die Beklagte ab, den Sturz als Versicherungsfall anzuerkennen. Zur Begründung führte sie aus, zwar sei der Weg von und zu der Kantine in der Gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Die Nahrungsaufnahme selbst sei indessen dem unversicherten Lebensbereich zuzurechnen. Der Aufenthalt des Klägers in der Kantine sei daher nicht versichert. Da es an einem Versicherungsfall mangele, komme eine Entschädigung nicht in Betracht. Der Kläger legte am 00.00.0000 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 00.00.0000 unter Vertiefung ihrer Ausführungen zurückwies.
Hiergegen richtet sich die am 00.00.0000 erhobene Klage.
Der Kläger ist der Auffassung, durch die Notwendigkeit der Heilbehandlung in der Reha-Klinik sei er gezwungen gewesen, seine Mahlzeiten an einem besonderen Ort – der Kantine der Klinik – einzunehmen. Deshalb hätten betriebliche Umstände die Einnahme des Essens wesentlich mitbestimmt.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 00.00.0000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 00.00.0000 zu verurteilen, das Ereignis vom 00.00.0000 als Arbeitsunfall anzuerkennen und ihm wegen der hieraus resultierenden Folgen stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie eine ambulante medizinische Anschluss-Rehabilitation nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hält an ihrer bisherigen Auffassung fest.
Das Gericht hat den Kläger mit Schreiben vom 00.00.0000 (dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 00.00.0000) aufgefordert, binnen drei Monaten ab Zustellung jenes Schreibens alle erheblichen Tatsachen zu benennen und sämtliche erforderlichen Beweismittel anzugeben. Gleichzeitig hat es darauf hingewiesen, das Erklärungen oder Beweismittel, die nach Ablauf der Frist vorgebracht werden, als verspätet zurückgewiesen werden können, wenn die Verspätung nicht genügend entschuldigt wird.
Am 00.00.0000 – vier Tage vor der mündlichen Verhandlung – hat der Kläger geltend gemacht, es gehöre zum Therapiekonzept der Dr. C. Rhein-Sieg-Klinik, dass die Patienten zur gemeinsamen Essensaufnahme in die Kantine kommen, um sie damit "zur Teilhabe am Leben der Gemeinschaft innerhalb der Klinik zu motivieren". Die Klinik bemühe sich ausdrücklich, einen "inneren Zusammenhang" zwischen der Therapie und der Essensaufnahme herzustellen. Gleichzeitig hat der Kläger hierfür Beweis angeboten durch sachverständiges Zeugnis des Chefarztes der Dr. C. -Rhein-Sieg-Klinik, Herrn Dr. F.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Er hat keinen Anspruch auf Anerkennung des Sturzes am 00.00.0000 als Arbeitsunfall und er hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf ambulante oder stationäre Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation wegen der Folgen des Sturzes.
Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Das Wort "infolge" bringt hierbei zum Ausdruck, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen der im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehenden Verrichtung und dem Unfall erforderlich ist (siehe statt vieler BSG, Urteil vom 07.11.2000 – B 2 U 39/99 R = juris; BSG, Urteil vom 04.06.2002 – B 2 U 24/01 R = juris). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist danach in der Regel Voraussetzung, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, und dass diese Tätigkeit den Unfall herbeigeführt hat. Es muss also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen – ein innerer bzw. sachlicher Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund (siehe zum Ganzen BSG, Urteil vom 24.02.2000 – B 2 U 20/99 R = juris; BSG, Urteil vom 24.06.2003 – B 2 U 24/02 R = juris).
Was die Einnahme von Mahlzeiten anbelangt, so ist diese selbst nicht in der Gesetzlichen Unfallversicherung versichert, weil die Nahrungsaufnahme für jeden Menschen Grundbedürfnis ist und somit betriebliche Belange, etwa das betriebliche Interesse an der Erhaltung der Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers, regelmäßig zurücktreten (BSG, Urteil vom 24.02.2000 – B 2 U 20/99 R = juris). Zwar unterliegen Wege zur oder von der Nahrungsaufnahme dem Versicherungsschutz; dieser beginnt bzw. endet jedoch grundsätzlich an der Außentür der Kantine (BSG, Urteil vom 24.06.2003 – B 2 U 24/02 R = juris).
Unter Zugrundelegung dieser Maßgaben fehlt es im vorliegenden Fall an einem inneren Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Klägers, bei dem sich am 00.00.0000 der Sturz ereignet hat und der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit. Der Kläger war hier nach § 2 Abs. 1 Nr. 15 lit a) SGB VII kraft Gesetzes versichert. Gleichwohl liegt keine sachliche Verbindung zwischen der Essenseinnahme in der Kantine der Dr. C. Rhein-Sieg-Klinik und der Maßnahme zur stationären medizinischen Rehabilitation vor. Der Kläger befand sich zum Zeitpunkt des Sturzes innerhalb der Kantine zur Nahrungsaufnahme. Sein Verhalten diente damit eigenen und nicht betrieblichen Belangen.
Soweit der Kläger ausführt, allein durch den Aufenthalt in der Dr. C. Rhein-Sieg-Klinik sei er gezwungen gewesen, seine Mahlzeiten an einem bestimmten Ort einzunehmen und deshalb hätten betriebliche Umstände die Einnahme des Essens wesentlich mitbestimmt, vermag sich die Kammer dem nicht anzuschließen. Denn für einen inneren Zusammenhang reicht ein nur zeitlicher und örtlicher Zusammenhang gerade nicht aus (BSG, Urteil vom 17.10.1990 – 2 RU 61/89 = juris). Ebenso wie die Nahrungsaufnahme nicht bereits deshalb der betrieblichen Tätigkeit zuzurechnen ist, weil Essen oder Trinken in einer Werkskantine eingenommen wird (dazu BSG, Urteil vom 24.02.2000 – B 2 U 20/99 R = juris), steht die Nahrungsaufnahme nicht bereits deshalb in einem inneren Zusammenhang mit einem stationären Kuraufenthalt, weil sie in der Klinik erfolgt.
An der fehlenden inneren Verbindung vermag weiter die Tatsache nichts zu ändern, dass der Kläger angesichts seiner eingeschränkten Mobilität auf einen (Elektro)Rollstuhl angewiesen ist. Denn dieser Umstand führt nicht zu einer Änderung des mit dem Verhalten des Klägers verfolgten Zwecks. Er hat sich allein zur Nahrungsaufnahme in die Kantine begeben.
Es ist schließlich auch nicht ein Ausnahmefall im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts anzuerkennen, welcher zur Annahme eines (auch) anderen Zwecks zwingt. Da zu den versicherten Tätigkeiten der Teilnehmer an einer medizinischen Rehabilitation alles das gehört, was sie im inneren Zusammenhang mit der stationären Heilbehandlung verrichten, hat das Bundessozialgericht Ausnahmen für den Fall angenommen, dass die unfallbringende Tätigkeit den Verrichtungen zuzuordnen ist, zu denen die Kurteilnehmer im Rahmen ihrer Mitwirkungspflichten zur Erreichung des Kurerfolges verpflichtet sind. Darüber hinaus soll ein innerer Zusammenhang auch dann gegeben sein, wenn die unfallbringende Tätigkeit unabhängig von einer direkten Weisung im Einzelfall der stationären Behandlung zu dienen bestimmt ist (BSG, Urteil vom 17.10.1990 – 2 RU 61/89 = juris; BSG, Urteil vom 18.06.2013 – B 2 U 7/12 R = juris). Im vorliegenden Fall jedoch sind diese Kriterien selbst dann nicht erfüllt, wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass der Chefarzt Dr. F. die Patienten ausdrücklich zur gemeinsamen Essensaufnahme in der Kantine der Klinik ermutigt hat.
Der Kläger ist mit diesem Sachvortrag und dem gleichzeitig angebotenen Beweis durch Zeugnis des Chefarztes Dr. F. nicht nach § 106a Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 SGG präkludiert. Denn eine Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits nach § 106a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGG würde hierdurch nicht eintreten. Das Gericht kann nämlich den Sachvortrag des Klägers als wahr unterstellen, ohne dass dies an der rechtlichen Bewertung etwas ändern würde.
Entscheidend für die in der Rechtsprechung des BSG anerkannten Ausnahmefälle ist, dass betriebliche Umstände die Einnahme des Essens wesentlich mitbestimmten (BSG, Urteil vom 18.06.2013 – B 2 U 7/12 R = juris; BSG, Urteil vom 24.02.2000 – B 2 U 20/99 R = juris). Hiervon indessen ist im vorliegenden Fall nicht auszugehen. Vom Kläger ist nicht vorgetragen worden und es ist auch nicht ersichtlich, dass die Einnahme der Mahlzeiten in der Kantine der Dr. C. Rhein-Sieg-Klinik im Rahmen der stationären Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation "verordnet", also zwingend vorgeschrieben war. Die vom Kläger geltend gemachte Empfehlung von Dr. F. hingegen reicht für die Annahme eines auch betrieblichen Zwecks nicht aus. Hierfür wäre nach Auffassung der Kammer zu fordern, dass die Essensaufnahme in unmittelbaren Zusammenhang mit dem therapeutischen Ziel der Reha-Maßnahme steht. Dies wäre etwa anzunehmen bei der Einnahme von Schonkost oder anderer spezieller Krankenkost, die angesichts der im Rahmen der Rehabilitationsmaßnahme zu therapierenden Leiden aus medizinischen Gründen erforderlich ist (etwa in Kliniken, welche auf die Therapie gastroenterologischer Leiden ausgerichtet sind). So liegen die Dinge indessen hier nicht. Es besteht kein Zusammenhang zwischen den Leiden des Klägers, deretwegen er die Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation in Anspruch genommen hat, und der Empfehlung des Chefarztes Dr. F. Vielmehr soll die gemeinsame Einnahme des Essens offenbar dazu führen, dass die Patienten am sozialen Leben innerhalb der Klinik teilhaben und sich nicht allein auf ihre Zimmer zurückziehen. Diese Zielsetzung indessen steht in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem therapeutischen Erfolg des Klinikaufenthalts. Zwar mögen die Patienten von der Teilnahme am sozialen Leben innerhalb der Klinik letztendlich profitieren. Davon, dass die betrieblichen Umstände hier die Einnahme des Essens wesentlich mitbestimmen bzw. dass die gemeinsame Einnahme der Mahlzeiten der stationären Behandlung zu dienen bestimmt sind, kann indessen keine Rede sein.
Fehlt es damit bereits an einem Versicherungsfall in Form eines Arbeitsunfalls (§ 7 Abs. 1, 1. Alt. SGB VII), kommen ambulante oder stationäre Leistungen zur Therapie der aus dem Sturz des Klägers resultierenden Gesundheitsfolgeschäden nicht in Betracht. Denn diese setzen einen Versicherungsfall zwingend voraus, §§ 26 Abs. 2 Nr. 1, 27 Abs. 1 Nr. 6, 34 Abs. 1 Satz 1 SGB VII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Anerkennung eines Arbeitsunfalls sowie stationäre und ambulante Maßnahmen zur medizinischen Rehabilitation.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger leidet an einer Polyneuropathie, die seine Mobilität einschränkt. Er ist deshalb zur Fortbewegung auf einen Elektrorollstuhl angewiesen. Zur Behandlung der Polyneuropathie waren ihm stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in der Dr. C. Rhein-Sieg-Klinik in M. gewährt worden. Am 00.00.0000 hatte der Kläger dort mit seinem Elektrorollstuhl den Speisesaal angesteuert. Im Speisesaal erhielt er im dichten Gedränge vor der Essensausgabe unvermittelt einen Stoß von hinten und bestätigte daraufhin instinktiv den Steuerungsknauf des Elektrorollstuhls. Um den eintretenden Beschleunigungsvorgang abzubremsen, setzte er den Fuß nach unten und fiel nach vorne aus seinem Elektrorollstuhl heraus. Der Bericht des Durchgangsarztes Dr. T., H. spricht von einer undislozierten bimalleolären Fraktur des rechten oberen Sprunggelenks mit Schwellung und Schmerzen sowie einer hämatösen Verfärbung. Die Beklagte zog einen weiteren Bericht des H-Arztes Prof. Dr. Q., M., vom 00.00.0000 bei und wies die Dr. C. Rhein-Sieg Klinik unter dem 00.00.0000 an, keine Behandlungen mehr zu ihren Lasten durchzuführen, da es sich nicht um einen Arbeitsunfall handele. Mit Bescheid vom 00.00.0000 lehnte es die Beklagte ab, den Sturz als Versicherungsfall anzuerkennen. Zur Begründung führte sie aus, zwar sei der Weg von und zu der Kantine in der Gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Die Nahrungsaufnahme selbst sei indessen dem unversicherten Lebensbereich zuzurechnen. Der Aufenthalt des Klägers in der Kantine sei daher nicht versichert. Da es an einem Versicherungsfall mangele, komme eine Entschädigung nicht in Betracht. Der Kläger legte am 00.00.0000 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 00.00.0000 unter Vertiefung ihrer Ausführungen zurückwies.
Hiergegen richtet sich die am 00.00.0000 erhobene Klage.
Der Kläger ist der Auffassung, durch die Notwendigkeit der Heilbehandlung in der Reha-Klinik sei er gezwungen gewesen, seine Mahlzeiten an einem besonderen Ort – der Kantine der Klinik – einzunehmen. Deshalb hätten betriebliche Umstände die Einnahme des Essens wesentlich mitbestimmt.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 00.00.0000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 00.00.0000 zu verurteilen, das Ereignis vom 00.00.0000 als Arbeitsunfall anzuerkennen und ihm wegen der hieraus resultierenden Folgen stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie eine ambulante medizinische Anschluss-Rehabilitation nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hält an ihrer bisherigen Auffassung fest.
Das Gericht hat den Kläger mit Schreiben vom 00.00.0000 (dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 00.00.0000) aufgefordert, binnen drei Monaten ab Zustellung jenes Schreibens alle erheblichen Tatsachen zu benennen und sämtliche erforderlichen Beweismittel anzugeben. Gleichzeitig hat es darauf hingewiesen, das Erklärungen oder Beweismittel, die nach Ablauf der Frist vorgebracht werden, als verspätet zurückgewiesen werden können, wenn die Verspätung nicht genügend entschuldigt wird.
Am 00.00.0000 – vier Tage vor der mündlichen Verhandlung – hat der Kläger geltend gemacht, es gehöre zum Therapiekonzept der Dr. C. Rhein-Sieg-Klinik, dass die Patienten zur gemeinsamen Essensaufnahme in die Kantine kommen, um sie damit "zur Teilhabe am Leben der Gemeinschaft innerhalb der Klinik zu motivieren". Die Klinik bemühe sich ausdrücklich, einen "inneren Zusammenhang" zwischen der Therapie und der Essensaufnahme herzustellen. Gleichzeitig hat der Kläger hierfür Beweis angeboten durch sachverständiges Zeugnis des Chefarztes der Dr. C. -Rhein-Sieg-Klinik, Herrn Dr. F.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Er hat keinen Anspruch auf Anerkennung des Sturzes am 00.00.0000 als Arbeitsunfall und er hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf ambulante oder stationäre Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation wegen der Folgen des Sturzes.
Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Das Wort "infolge" bringt hierbei zum Ausdruck, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen der im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehenden Verrichtung und dem Unfall erforderlich ist (siehe statt vieler BSG, Urteil vom 07.11.2000 – B 2 U 39/99 R = juris; BSG, Urteil vom 04.06.2002 – B 2 U 24/01 R = juris). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist danach in der Regel Voraussetzung, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, und dass diese Tätigkeit den Unfall herbeigeführt hat. Es muss also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen – ein innerer bzw. sachlicher Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund (siehe zum Ganzen BSG, Urteil vom 24.02.2000 – B 2 U 20/99 R = juris; BSG, Urteil vom 24.06.2003 – B 2 U 24/02 R = juris).
Was die Einnahme von Mahlzeiten anbelangt, so ist diese selbst nicht in der Gesetzlichen Unfallversicherung versichert, weil die Nahrungsaufnahme für jeden Menschen Grundbedürfnis ist und somit betriebliche Belange, etwa das betriebliche Interesse an der Erhaltung der Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers, regelmäßig zurücktreten (BSG, Urteil vom 24.02.2000 – B 2 U 20/99 R = juris). Zwar unterliegen Wege zur oder von der Nahrungsaufnahme dem Versicherungsschutz; dieser beginnt bzw. endet jedoch grundsätzlich an der Außentür der Kantine (BSG, Urteil vom 24.06.2003 – B 2 U 24/02 R = juris).
Unter Zugrundelegung dieser Maßgaben fehlt es im vorliegenden Fall an einem inneren Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Klägers, bei dem sich am 00.00.0000 der Sturz ereignet hat und der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit. Der Kläger war hier nach § 2 Abs. 1 Nr. 15 lit a) SGB VII kraft Gesetzes versichert. Gleichwohl liegt keine sachliche Verbindung zwischen der Essenseinnahme in der Kantine der Dr. C. Rhein-Sieg-Klinik und der Maßnahme zur stationären medizinischen Rehabilitation vor. Der Kläger befand sich zum Zeitpunkt des Sturzes innerhalb der Kantine zur Nahrungsaufnahme. Sein Verhalten diente damit eigenen und nicht betrieblichen Belangen.
Soweit der Kläger ausführt, allein durch den Aufenthalt in der Dr. C. Rhein-Sieg-Klinik sei er gezwungen gewesen, seine Mahlzeiten an einem bestimmten Ort einzunehmen und deshalb hätten betriebliche Umstände die Einnahme des Essens wesentlich mitbestimmt, vermag sich die Kammer dem nicht anzuschließen. Denn für einen inneren Zusammenhang reicht ein nur zeitlicher und örtlicher Zusammenhang gerade nicht aus (BSG, Urteil vom 17.10.1990 – 2 RU 61/89 = juris). Ebenso wie die Nahrungsaufnahme nicht bereits deshalb der betrieblichen Tätigkeit zuzurechnen ist, weil Essen oder Trinken in einer Werkskantine eingenommen wird (dazu BSG, Urteil vom 24.02.2000 – B 2 U 20/99 R = juris), steht die Nahrungsaufnahme nicht bereits deshalb in einem inneren Zusammenhang mit einem stationären Kuraufenthalt, weil sie in der Klinik erfolgt.
An der fehlenden inneren Verbindung vermag weiter die Tatsache nichts zu ändern, dass der Kläger angesichts seiner eingeschränkten Mobilität auf einen (Elektro)Rollstuhl angewiesen ist. Denn dieser Umstand führt nicht zu einer Änderung des mit dem Verhalten des Klägers verfolgten Zwecks. Er hat sich allein zur Nahrungsaufnahme in die Kantine begeben.
Es ist schließlich auch nicht ein Ausnahmefall im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts anzuerkennen, welcher zur Annahme eines (auch) anderen Zwecks zwingt. Da zu den versicherten Tätigkeiten der Teilnehmer an einer medizinischen Rehabilitation alles das gehört, was sie im inneren Zusammenhang mit der stationären Heilbehandlung verrichten, hat das Bundessozialgericht Ausnahmen für den Fall angenommen, dass die unfallbringende Tätigkeit den Verrichtungen zuzuordnen ist, zu denen die Kurteilnehmer im Rahmen ihrer Mitwirkungspflichten zur Erreichung des Kurerfolges verpflichtet sind. Darüber hinaus soll ein innerer Zusammenhang auch dann gegeben sein, wenn die unfallbringende Tätigkeit unabhängig von einer direkten Weisung im Einzelfall der stationären Behandlung zu dienen bestimmt ist (BSG, Urteil vom 17.10.1990 – 2 RU 61/89 = juris; BSG, Urteil vom 18.06.2013 – B 2 U 7/12 R = juris). Im vorliegenden Fall jedoch sind diese Kriterien selbst dann nicht erfüllt, wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass der Chefarzt Dr. F. die Patienten ausdrücklich zur gemeinsamen Essensaufnahme in der Kantine der Klinik ermutigt hat.
Der Kläger ist mit diesem Sachvortrag und dem gleichzeitig angebotenen Beweis durch Zeugnis des Chefarztes Dr. F. nicht nach § 106a Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 SGG präkludiert. Denn eine Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits nach § 106a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGG würde hierdurch nicht eintreten. Das Gericht kann nämlich den Sachvortrag des Klägers als wahr unterstellen, ohne dass dies an der rechtlichen Bewertung etwas ändern würde.
Entscheidend für die in der Rechtsprechung des BSG anerkannten Ausnahmefälle ist, dass betriebliche Umstände die Einnahme des Essens wesentlich mitbestimmten (BSG, Urteil vom 18.06.2013 – B 2 U 7/12 R = juris; BSG, Urteil vom 24.02.2000 – B 2 U 20/99 R = juris). Hiervon indessen ist im vorliegenden Fall nicht auszugehen. Vom Kläger ist nicht vorgetragen worden und es ist auch nicht ersichtlich, dass die Einnahme der Mahlzeiten in der Kantine der Dr. C. Rhein-Sieg-Klinik im Rahmen der stationären Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation "verordnet", also zwingend vorgeschrieben war. Die vom Kläger geltend gemachte Empfehlung von Dr. F. hingegen reicht für die Annahme eines auch betrieblichen Zwecks nicht aus. Hierfür wäre nach Auffassung der Kammer zu fordern, dass die Essensaufnahme in unmittelbaren Zusammenhang mit dem therapeutischen Ziel der Reha-Maßnahme steht. Dies wäre etwa anzunehmen bei der Einnahme von Schonkost oder anderer spezieller Krankenkost, die angesichts der im Rahmen der Rehabilitationsmaßnahme zu therapierenden Leiden aus medizinischen Gründen erforderlich ist (etwa in Kliniken, welche auf die Therapie gastroenterologischer Leiden ausgerichtet sind). So liegen die Dinge indessen hier nicht. Es besteht kein Zusammenhang zwischen den Leiden des Klägers, deretwegen er die Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation in Anspruch genommen hat, und der Empfehlung des Chefarztes Dr. F. Vielmehr soll die gemeinsame Einnahme des Essens offenbar dazu führen, dass die Patienten am sozialen Leben innerhalb der Klinik teilhaben und sich nicht allein auf ihre Zimmer zurückziehen. Diese Zielsetzung indessen steht in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem therapeutischen Erfolg des Klinikaufenthalts. Zwar mögen die Patienten von der Teilnahme am sozialen Leben innerhalb der Klinik letztendlich profitieren. Davon, dass die betrieblichen Umstände hier die Einnahme des Essens wesentlich mitbestimmen bzw. dass die gemeinsame Einnahme der Mahlzeiten der stationären Behandlung zu dienen bestimmt sind, kann indessen keine Rede sein.
Fehlt es damit bereits an einem Versicherungsfall in Form eines Arbeitsunfalls (§ 7 Abs. 1, 1. Alt. SGB VII), kommen ambulante oder stationäre Leistungen zur Therapie der aus dem Sturz des Klägers resultierenden Gesundheitsfolgeschäden nicht in Betracht. Denn diese setzen einen Versicherungsfall zwingend voraus, §§ 26 Abs. 2 Nr. 1, 27 Abs. 1 Nr. 6, 34 Abs. 1 Satz 1 SGB VII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
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