S 14 AS 898/16

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
14
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 14 AS 898/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten, ein zwischen ihr und der gemäß § 75 Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Beigeladenen (Träger i. S. d. § 12 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung) bestehendes Ausbildungsverhältnis über den 27.01.2016 hinaus zu fördern.

Der Beklagte schlug der Beigeladenen nach einem Erstgespräch mit der Klägerin diese für eine Ausbildung in einer außerbetrieblichen Einrichtung (BaE) im kooperativen Modell vor bzw. "wies" sie der Beigeladenen einvernehmlich auf Grundlage eines nach Abschluss eines Vergabeverfahrens geschlossenen Vertrages zwischen der Beigeladenen und der Bundesagentur für Arbeit "zu" (vgl. § 18 der Vertragsbedin-gungen, Stand 07.03.2012). In der Folge wurde zwischen der Klägerin und der Bei-geladenen mit im Januar 2015 ausbildungsvertraglich zunächst ein dreijähriges Ausbildungsverhältnis zur Malerin und Lackiererin begründet. Unter Abstimmung mit dem Beklagten. In Abstimmung mit dem Beklagten wechselte die Klägerin durch einen Ausbildungsvertrag mit der Beigeladenen vom 05.05.2015 aufgrund schulischer und gesundheitlicher Schwierigkeiten in ein Ausbildungsverhältnis zur Verkäuferin. Das Ausbildungsverhältnis wurde bis zum 30.09.2017 verlängert. Der Beklagte förderte die Ausbildungen durch Zahlungen an die Beigeladene - ohne hierüber der Klägerin oder der Beigeladenen gegenüber schriftlich gesondert zu entscheiden - auf Grundlage des zwischen der Bundesagentur für Arbeit und der Beigeladenen geschlossenen Vertrages.

Ende Mai 2015 berichtete die Beigeladene dem Beklagten von Schwierigkeiten im Rahmen des Ausbildungsverhältnisses, insbesondere von gehäuften, nicht durch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen belegten krankheitsbedingten Fehlzeiten.

Mitte Juni 2015 wurde dieses Verhalten zwischen der Klägerin und ihrem Fallmana-ger beim Beklagten besprochen und in einer Verhandlungsniederschrift festgehalten, dass die Klägerin ihr Verhalten bessere, da ansonsten eine Beendigung der Berufs-ausbildung in einer außerbetrieblichen Einrichtung erfolgen müsse. Nach einer vorü-bergehenden Verhaltensänderung bei der Klägerin, wurde im November 2015 unter Zustimmung des Beklagten eine weitere Verlängerung der Ausbildung vereinbart, da eine Prüfungszulassung aufgrund der Fehlzeiten von 45,5 % unwahrscheinlich ge-wesen wäre.

Nach einem erneuten unentschuldigten Fehlen der Klägerin am im Januar 2016 si-cherte die Beigeladene dem Beklagten jedoch zu, der Klägerin gegenüber eine Kün-digung auszusprechen. Mit Schreiben vom 27.01.2016 kündigte die Beigeladene den Ausbildungsvertrag zur Verkäuferin mit der Klägerin fristlos mit der Begründung, dass die Klägerin seit Beginn ihrer Ausbildung zur Verkäuferin an insgesamt 40,9 % der Arbeitstage gefehlt habe, davon in 9 % der Fälle ohne Entschuldigung. Aufgrund der fehlenden Bemühungen sei die Beigeladene mit der Beklagten übereingekommen, dass die Wahrscheinlichkeit, die Ausbildung erfolgreich zu beenden, nicht mehr gegeben sei. Der Beklagte stellte daraufhin die Förderung des Arbeitsverhältnisses ein.

Gegen die Kündigung der Beigeladenen wandte die Klägerin sich, indem sie den bei der Industrie – und Handelskammer B. angesiedelten Ausschuss zur Beilegung von Streitigkeiten aus einem Berufsausbildungsverhältnis anrief. Mit einem Schreiben vom 18.02.2016 teilte die Beigeladene dem Bevollmächtigten der Klägerin mit, durch die Einstellung der Förderung durch den Beklagten entstehe eine Kostentragungspflicht der Klägerin. Im Rahmen einer Einigungsverhandlung am 30.03.2016 schlossen die Klägerin und die Beigeladene einen Widerrufsvergleich. Die fristlose Kündigung wurde zurückgenommen und in eine Abmahnung umgewandelt. Sofern die Klägerin in der Folge unentschuldigt fehle oder Fehlzeiten nicht fristgemäß melde, führe dies automatisch zu einer fristlosen Kündigung. Das Ausbil-dungsverhältnis wurde bis zum 31.01.2018 verlängert. Mündlich sicherte die Beige-ladene dem Bevollmächtigten der Klägerin darüber hinaus zu, sich bei dem Beklag-ten für die Fortführung der Förderung des Ausbildungsverhältnisses einzusetzen. Von dem Widerrufsrecht wurde in der Folge nicht Gebrauch gemacht.

Die Beigeladene wandte sich Anfang April 2016 an den Beklagten, unterrichtete die-sen von der Schlichtung und bat darum zu prüfen, ob grundsätzlich eine Wiederherstellung der Förderung der BaE für die Klägerin möglich wäre.

Der Beklagte teilte der Beigeladenen in einer Email mit, dass eine Förderung trotz der Einigung zwischen der Beigeladenen und der Klägerin nicht wieder aufgenommen werde. Nach dem maßgeblichen Vertrag zwischen der Bundesagentur für Arbeit und der Beigeladenen entscheide der Bedarfsträger und somit der Beklagte über die vorzeitige Beendigung der Förderung, wenn der Erfolg der Maßnahme durch das Verhalten des Auszubildenden gefährdet sei. Davon sei aus näher dargelegten Gründen vorliegend auszugehen.

Mit Schreiben vom 13.04.2016 teilte die Beigeladene der Klägerin daraufhin mit, dass die Weiterfinanzierung durch den Beklagten nicht mehr erfolgen werde, eine Ausbildungsvergütung somit nicht mehr bezahlt werde, ferner die Klägerin die Kosten der Ausbildung für die verbleibende Zeit in Höhe von 11.166,96 EUR (Lehrgangsgebühren in Höhe von monatlich 333,01 EUR und Arbeitgeber – Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von monatlich 132,28 EUR) selber tragen müsse. Diese Kosten würden hiermit in Rechnung gestellt. Es werde um Bestätigung der Übernahme der vorstehenden Gesamtkosten durch Unterschrift der Klägerin gebeten. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 20.04.2016 und forderte die Beige-ladene auf, sich bei dem Beklagten für die Förderung des Ausbildungsverhältnisses einzusetzen.

Am 04.05.2016 hat die Klägerin über ihren Bevollmächtigten Klage beim Sozialgericht Aachen erhoben.

Der Bevollmächtigte der Klägerin ist der Ansicht, die Klägerin sei darauf angewiesen, den Beklagten klageweise in Anspruch zu nehmen, um die Fortführung der Kostenfi-nanzierung zu erzielen und damit die Kostenforderung der Beigeladenen an sie abzuwenden. Da das Ausbildungsverhältnis nun doch nicht beendet worden sei, könne der Beklagte nicht ohne weiteres die finanzielle Förderung des Ausbildungsverhält-nisses verweigern.

Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verpflichten, die finanzielle Förderung des zwischen der Klägerin und der Deutschen Angestellten – Akademie GmbH (Beigeladene) mit Ausbildungsvertrag vom 07.01.2015 begründeten Arbeitsverhältnisses über den 27.01.2016 hinaus weiterzuführen.

Der Vertreter der Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zwischen der Klägerin und dem Beklagten habe zu keiner Zeit ein Förderungsverhältnis bestanden. Leistungsempfänger/– berechtigter sei die Beigeladene gewesen.

Die (einfach) Beigeladene stellt keinen Antrag.

Sie verweist auf ein zwischen der Klägerin und dem Beklagten bestehendes Förde-rungsverhältnis, auf das sie keinen Einfluss habe. Der Beklagte bediene sich des Leistungsträgers für die der Klägerin gewährte berufsfördernde Leistung "Berufsaus-bildung". Dies ergebe sich aus dem zwischen ihr und der Bundesagentur für Arbeit geschlossenen Vertrag zur Übertragung und Durchführung der Arbeitsmarktdienst-leistung sowie den Geschäftsanweisungen der Bundesagentur.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird auf die Ge-richtsakte sowie die Akten des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist (im Hauptantrag) unzulässig, da der Klägerin die notwendige Klagebe-fugnis für das Begehren der Förderung ihres Ausbildungsverhältnisses mit der Beige-ladenen durch den Beklagten fehlt.

Bei einer echten Leistungsklage, wie sie die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten erhoben hat und mit der gem. § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden kann, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte, setzt die u. a. für die Zulässigkeit erforderliche Klagebefugnis entsprechend § 54 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 SGG voraus, dass jedenfalls die Möglichkeit besteht, dass ein subjektives Recht der Klägerin auf die begehrte Leistung gegen den Beklagten besteht. Die Klägerin muss ihr Begehren auf eine in der Rechtsordnung objektiv vorhandene Anspruchsgrundlage (aus dem Gesetz, einem Verwaltungsakt, einem öffentlich-rechtlichen Vertrag) stüt-zen und durch die Ablehnung der (schlichten) Amtshandlung in einem solchen Recht subjektiv verletzt sein können (BSG, Urteil vom 20. Dezember 2001 – B 4 RA 6/01 R –, SozR 3-8570 § 8 Nr 7, SozR 3-8570 § 5 Nr. 7, Rn. 47; BSG, Urteil vom 15. De-zember 1994 – 4 RA 67/93 –, BSGE 75, 262-277, SozR 3-8560 § 26 Nr 2, Rn. 21). Die Klagebefugnis fehlt demgegenüber, wenn der Klägerin die begehrte Leistung unter keinem Gesichtspunkt zustehen kann. Das ist der Fall, wenn das geltend gemachte Recht entweder offensichtlich nicht entstanden, nicht durchsetzbar, unterge-gangen oder erloschen ist bzw. offensichtlich nicht dem Kläger, sondern einem Dritten, zusteht (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 54, Rn. 41a, 22 m. w. Nachw.; Böttiger in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 54, Rn. 124 m. w. Nachw.).

I. Die Klägerin hat durch ihren Bevollmächtigten ein subjektives Recht auf die begehrte Fortsetzung der Förderung ihres Ausbildungsverhältnisses durch Leistungen des Beklagten an die Beigeladene nicht aufzuzeigen vermocht. Eine Anspruchsgrundlage zugunsten der Klägerin besteht für das Klagebegehren auch nicht.

1. Rechtsgrundlage für die begehrte Förderung ist § 16 Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) i.V.m. § 76 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III). Gemäß § 16 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 Alt. 1 SGB II kann die Bundesagentur für Arbeit bzw. das Jobcenter als gemeinsame Einrichtung der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende (vgl. §§ 44b Abs. 1 S. 2, § 6 Abs. 1, 6 d SGB II) Leistungen zur Berufsausbildung nach dem Vierten Unterabschnitt des Dritten Abschnittes des Dritten Kapitels des Dritten Sozialgesetzbuches erbringen. § 16 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 Alt. 1 SGB II verweist damit auf die §§ 73-80 SGB III. Zuständig ist nach § 327 Abs. 5 SGB III der Leistungsträger, in dessen Bezirk die Maßnahme durchgeführt wird.

Während § 73 SGB III Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung behinderter und schwerbehinderter Menschen regelt, stellt der hier maßgebliche § 74 SGB III die Einweisungsnorm für die trägerbezogene Förderung einer Berufsausbildung förde-rungsbedürftiger junger Menschen bzw. die Anspruchsgrundlage dar (Knickrehm in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 1. Aufl. 2014, § 74 SGB III, Rn. 3, 6). Nach Absatz 1 der Norm können Träger von Maßnahmen Zuschüsse erhalten und Maßnahmekosten erstattet bekommen, wenn sie förderungsbedürftige junge Menschen mit ausbildungsbegleitenden Hilfen bei ihrer betrieblichen Berufsausbildung oder ihrer Einstiegsqualifizierung unterstützen oder ihre Eingliederungsaussichten in Berufsausbildung oder Arbeit verbessern (Nr. 1) oder – wie hier - anstelle einer Berufsausbildung in einem Betrieb in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausbilden (Nr. 2). In der Praxis wird die außerbetriebliche Berufsausbildung in zwei Formen – kooperativ oder integrativ – durchgeführt. Das kooperative Modell sieht vor, dass die fachpraktische Unterweisung in den betrieblichen Phasen durch so genannte Koope-rationsbetriebe durchgeführt wird. Beim integrativen Modell erfolgt Ausbildung beim Träger der Maßnahme selbst. (Becker, in: Eicher/ Schlegel, SGB III, Stand April 2013, § 76, Rn. 44 ff.).

Die §§ 74 Abs. 2 i.V.m. § 57 Abs. 1 SGB III, 75 – 79 SGB III enthalten im Wesentlichen Legaldefinitionen (§§ 74 Abs. 2 i.V.m. 57 Abs. 1 SGB III, 75 Abs. 1 SGB III) zu § 74 Abs. 1 SGB III, ergänzen dessen Förderungsvoraussetzungen in Bezug auf die förderungsbedürftigen jungen Menschen (§ 78 SGB III) und die förderungsfähigen Maßnahmen (§§ 75 Abs. 2, § 76 Abs. 1-3, 77) bzw. konkretisieren den Inhalt der Förderung (§ 79). § 80 schließlich enthält eine Ermächtigung der Bundesagentur für Arbeit, durch Anordnung das Nähere über Voraussetzungen, Art, Umfang und Verfahren der Förderung zu bestimmen. Von dieser Ermächtigung hat die Bundesagentur für Arbeit bislang keinen Gebrauch gemacht. (vgl. Knickrehm in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 1. Aufl. 2014, § 74 SGB III, Rn. 6; § 80 SGB III, Rn. 4; Becker, in: Eicher/Schlegel, SGB III, Stand April 2013, § 74, Rn. 5).

Zwar ist es Ziel der Leistungen nach §§ 74 ff. SGB III, die Berufsausbildung von förderungsbedürftigen jungen Menschen zu unterstützen und zu fördern und diese da-durch beruflich einzugliedern (Knickrehm in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 1. Aufl. 2014, § 74 SGB III, Rn. 19; vgl. BT-Drs- 16/10810, S. 42). Gleichwohl ist An-spruchsberechtigter der durch die Bundesagentur für Arbeit bzw. das Jobcenter er-brachten Leistungen nach § 79 SGB III ausschließlich der Maßnahmeträger. Die Förderung des jungen Menschen erfolgt nach der Konzeption des Gesetzes im Gegensatz zu der Förderung nach § 56 ff. SGB III (Berufsausbildungsbeihilfe) insofern mittelbar (Becker, in: Eicher/Schlegel, SGB III, Stand April 2013, § 74, Rn. 4; Harks in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 16, Rn. 57; Petzold, in: Hauck/Noftz, SGB III, Stand 7/2016, § 74, Rn. 2; Kühl, in: Brandt, SGB III, 7. Aufl. 2015, § 74, Rn. 4, 10), in dem Träger als Leistungsberechtigte gem. § 21 SGB III Ansprüche auf die Leistungen nach den §§ 74 Abs. 1, 79 SGB III haben, wenn sich die Maßnahmen an förderungsbedürftige Personen i. S. d. § 78 SGB III richten (Knickrehm in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 1. Aufl. 2014, § 74 SGB III, Rn. 8; Janda in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 1. Aufl. 2014, § 21 SGB III, Rn. 20).

Dies folgt aus der Struktur des § 74 Abs. 1 SGB III, der nach der bereits dargestellten Systematik der § 74 ff. SGB III die grundlegende Einweisungsnorm und Anspruchsgrundlage für die §§ 75 ff. bildet (Knickrehm in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 1. Aufl. 2014, § 74 SGB III, Rn. 6).

Im Unterschied zur Vorgängervorschrift des § 240 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31.07.2009 geltenden Fassung, wonach Träger durch Zuschüsse "gefördert" wurden, hat der Gesetzgeber seinem Willen gemäß zwar durch die Formulierung "Zuschüsse erhalten und Maßnahmekosten erstattet bekommen" in § 240 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31.03.2012 geltenden Fassung bzw. § 74 Abs. 1 SGB III das indes bereits zuvor bestehende Telos, förderungsbedürftige junge Menschen beruflich einzuglie-dern und nicht Träger von Maßnahmen zu fördern, verdeutlicht, nicht aber die rechtstechnische Ausgestaltung verändert, zumal bis zum 01.04.2012 das SGB III zunächst weiterhin durch die Differenzierung der Leistungsberechtigten strukturiert wurde und sich die §§ 240 ff. SGB III a. F. als Vorgängervorschriften zu den §§ 74 ff. SGB III im sechsten Kapitel "Leistungen an Träger" befanden. Weiterhin blieb die Förderung der Zielgruppe also eine "durch" Maßnahmen anspruchsberechtigter Träger vermittelte (BT-Drs. 16/10810, S. 40; Kühl, in: Brandt, SGB III, 7. Aufl. 2015, § 74, Rn. 9).

Die im Leistungssystem des SGB III ursprünglich angelegte Differenzierung zwischen den jeweils Leistungsberechtigten – Leistungen an Arbeitnehmer (§ 3 Abs. 1 SGB III a. F), Leistungen an Arbeitgeber (§ 3 Abs. 2 SGB III a. F.) und Leistungen an Träger (§ 3 Abs. 3 a. F.) ist mit Wirkung zum 01.04.2012 zwar aufgegeben worden und die arbeitsmarktpolitischen Instrumente werden seither u. a. mit dem Ziel der Tranzparenz nach Unterstützungsleistungen geordnet (BT-Drs. 17/6277, S. 157 f.). Dessen unbeschadet stellt § 74 Abs. 1 SGB III jedoch weiterhin klar, dass rechts-technisch nur der Träger der Maßnahme als Berechtigter i. S. d. § 21 SGB III (erstes Kapitel Zweiter Abschnitt "Berechtigte") infrage kommt. Der Träger der Maßnahme kann nach dem Wortlaut der Norm Zuschüsse erhalten und Maßnahmekosten erstattet bekommen. Ihm werden die Leistungen erbracht (Becker, in: Eicher/Schlegel, SGB III, Stand April 2013, § 74, Rn. 4). § 74 Abs. 1 SGB III entspricht der Vorgängervorschrift des § 240 SGB III in der bis zum 31.03.2012 geltenden Fassung zudem in der Struktur und ist sogar im Wortlaut weitgehend unverändert geblieben (jeweils: "Träger von Maßnahmen können Zuschüsse erhalten und Maßnahmekosten erstattet bekommen, wenn sie förderungsbedürftige" Jugendliche bzw. junge Menschen [ ]). Auch entspricht die Systematik zu den Folgevorschriften des § 74 SGB III der Systematik des § 240 SGB III a. F. zu dessen Folgevorschriften. § 245 SGB III in der bis zum 31.03.2012 gültigen Fassung enthielt dabei insbesondere eine § 78 SGB III entsprechende Definition der Förderungsbedürftigen. Zwar ist der bislang in § 240 Abs. 3 SGB III a. F. enthaltene Hinweis auf das Vergaberecht - der nur vor dem Hintergrund einer Anspruchsberechtigung des Maßnahmenträgers Sinn ergibt – zum 01.04.2012 entfallen. In der Sache hat sich diesbezüglich aber nichts geändert, da diese Vorschrift ohnehin nur deklaratorischen Charakter hatte (BT-Drs. 17/6277, S. 100). Das Vergaberecht ist auch weiterhin anwendbar (Becker, in: Eicher/Schlegel, SGB III, Stand April 2013, § 74, Rn. 8), das Rechtsverhältnis zwischen der Beigeladenen und der Beklagten tatsächlich im Anschluss an ein Vergabeverfahren (der Bundesagentur für Arbeit) begründet worden. Zuletzt wird der Leistungskatalog des § 246 SGB III in der bis 31.03.2012 gültigen Fassung bzw. § 79 SGB III - ebenfalls nur vor dem Hintergrund einer Anspruchsberechtigung des Maßnahmeträgers verständ-lich. Die Leistungen umschließen gemäß § 79 Abs. 1 SGB III (vgl. § 246 Abs. 1 SGB III a. F.) bei ausbildungsbegleitenden Maßnahmen die Maßnahmekosten, bei einer außerbetrieblichen Berufsausbildung die Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung zu-züglich eines Gesamtsozialversicherungsbeitrages sowie die Maßnahmekosten. Gemäß Abs. 3 des § 79 (vgl. § 246 Abs. 3 SGB III a. F.) werden als Maßnahmekosten Kosten für das Ausbildungs– und Verwaltungspersonal (des Maßnahmeträgers) und angemessene Sach – und Verwaltungskosten erstattet sowie eine Pauschale für jede vorzeitige und nachhaltige Vermittlung (des förderungsbedürftigen Menschen durch den Maßnahmeträger) aus einer geförderten außerbetrieblichen in eine betriebliche Berufsausbildung gezahlt.

Das Verwaltungsrechtsverhältnis für Leistungen nach § 74 Abs. 1, 79 SGB III besteht insofern nach Wortlaut, Systematik und Historie unverändert zwischen Maßnahme- und Leistungsträger. Mit der Verantwortung und den daraus resultierenden Pflichten gegenüber der Bundesagentur bzw. dem Beklagten korrelieren entsprechende Rechte des Maßnahmeträgers. Der Anspruchsberechtigung aus § 74 Abs. 1 SGB III auf ermessensfehlerfreie Entscheidung steht etwa die Pflicht zur Gesamtabrechnung nach § 326 SGB III gegenüber. Allein der Maßnahmeträger ist insofern möglicher Antragsteller im Sinne des § 323 SGB III und möglicher Adressat und Begünstigter eines Bewilligungsbescheides bzw. spiegelbildlich Betroffener eines Aufhebungsbescheides (Becker, in: Eicher/Schlegel, SGB III, Stand April 2013, § 74, Rn. 36; Knickrehm in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 1. Aufl. 2014, § 74 SGB III, Rn. 7; vgl. BAG, Urteil vom 06. September 1989 – 5 AZR 611/88 –, Rn. 18, juris).

Da hiernach ausschließlich der Maßnahme- Rechtsträger eines Anspruches aus (§16 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 Alt. 1 SGB II i. V. m.) § 74 ff. SGB III ist (Kühl, in: Brandt, SGB III, 7. Auflage 2015, § 74, Rn. 4), kann auch allein er geltend machen, durch die Ablehnung oder Aufhebung der begehrten Förderung in einem subjektiv öffentlichen Recht verletzt zu sein. Dem final zu fördernden jungen Menschen respektive der Klägerin fehlt hingegen die Klagebefugnis, um eine Förderung gerichtlich zu erstreiten (Becker, in: Eicher/Schlegel, SGB III, Stand April 2013, § 74, Rn. 4; Knickrehm in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 1. Aufl. 2014, § 74 SGB III, Rn. 20).

2. Entgegen der Ansicht der Beigeladenen kann etwas anderes auch nicht aus den Geschäftsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit zur BaE (Stand 2013) (siehe http://www.tiaw.de/docs/arbeitsforderung2013/GA-Au%C3%9Ferbetriebliche%20Berufsausbildung%20%28BaE%29%20nach%20den%20%C2%A7%C2%A7%2057,59,74%20und%2076%20bis%2080%20SGB%20III.pdf) folgen. Als ermessenslenkende Weisungen haben können sie die gesetzliche Gestaltung des Anspruchsberechtigten für Leistungen nach § 74 Abs. 1, 79 SGB II von vorneherein nicht verändern (vgl. Knickrehm in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 1. Aufl. 2014, § 80 SGB III, Rn. 9).

3. Eine Anspruchsgrundlage der Klägerin gegenüber der Beklagten mit dem Inhalt der Leistung "Berufsausbildung", wie sie die Beigeladene offenbar unter Rückgriff auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 15.11.2000 (BAG, Urteil vom 15. Novem-ber 2000 – 5 AZR 296/99 –, BAGE 96, 237-248, Rn. 34) als Grundlage eines die Förderung der Berufsausbildung durch ein Verwaltungsrechtsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten annimmt, existiert im SGB III nicht. Die im Vierten Unterabschnitt des Dritten Abschnittes des Dritten Kapitels unter der Überschrift "Be-rufsausbildung" geregelten Leistungen sehen entgegen des Entwurfes der Beigeladenen dogmatisch nicht vor, dass die Bundesagentur für Arbeit bzw. der Beklagte eine außerbetriebliche Berufsausbildung der förderungswürdigen jungen Menschen grundsätzlich selbst vornimmt oder als Leistung gewährt und sich des Trägers als Gehilfen bedient. Vielmehr erfolgt die Förderung des jungen Menschen durch außer-betriebliche Ausbildung – wie dargelegt – mittelbar, nämlich über Ansprüche des Ausbildungsträgers, der mit dem Auszubildenden einen Ausbildungsvertrag schließt. Die Rechte und Pflichten des jungen Menschen ergeben sich hiernach aus dem Ausbildungsvertrag.

4. Dass hinter dem Klagebegehren der Klägern stehende Interesse, nämlich die Auszahlung einer ausbildungsvertraglich mit dem einfach beigeladenen Maßnahmeträger vereinbarten Ausbildungsvergütung bzw. die Abwehr der an sie durch die Beigeladene (ohne Aufzeigen einer entsprechenden Rechtsgrundlage) ge-richteten Forderung der Erstattung der Maßnahmekosten aufgrund der Beendigung der Förderung der außerbetrieblichen Ausbildung durch den Beklagten, hat die Klägerin im Rechtsverhältnis mit ihrem Vertragspartner, der Beigeladenen, gegebenen-falls mit arbeitsgerichtlichen Schritten zu verfolgen (vgl. BAG, Urteil vom 22. Januar 2008 – 9 AZR 999/06 –, BAGE 125, 285-299; BAG, Urteil vom 15. November 2000 – 5 AZR 296/99 –, BAGE 96, 237-248). Die unter Zitat des vorstehenden Urteils des Bundesarbeitsgerichtes vom 15.11.2000 ausgeführte Auffassung der Beigeladenen zu einer fehlenden Vergütungspflicht bzw. eines Anspruches auf Kostentragung der Maßnahme durch die Klägerin nach Einstellung der Förderung durch den Beklagten bzw. die klägerseitig vorgetragene Ansicht, es sei die Pflicht der Beigeladenen, den Beklagten spätestens nach der Einigungsverhandlung über eigenes rechtswidriges Handeln hinsichtlich der fehlerhaft ausgesprochenen Kündigung zu unterrichten, jedenfalls habe die Beigeladene im Wissen darum, dass die Finanzierung nicht weiter fortgeführt werde, den Vergleich vor dem Einigungsausschuss der Industrie und Handelskammer nicht aufrechterhalten dürfen, betreffen gerade das arbeitsrechtliche Vertragsverhältnis zwischen der Beigeladenen und der Klägerin.

5. Die Klägerin kann ein subjektiv – öffentliches Recht auf Fortführung der Förderung ihrer außerbetrieblichen Ausbildung durch den Beklagten über den 27.01.2016 hin-aus auch nicht aus einem öffentlich – rechtlichen Vertrag herleiten.

Insbesondere hat die Klägerin mit dem Beklagten keine Eingliederungsvereinbarung (zur Qualifizierung als öffentlich – rechtlichen Vertrag: BSG, Urteil vom 06. Dezember 2012 – B 11 AL 15/11 R –, BSGE 112, 241-251, SozR 4-1300 § 59 Nr 1, Rn. 21; BSG, Urteil vom 14. Februar 2013 – B 14 AS 195/11 R –, BSGE 113, 70-75, SozR 4-4200 § 15 Nr 2; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 05. Dezember 2012 – L 16 AS 927/11 –, Rn. 20, juris; Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 26. Mai 2011 – L 3 AL 120/09 –, Rn. 29, juris; Banafsche, SR 2013, 121, 126 f.) geschlossen, durch die ein solches Recht begründet worden wäre.

Auch kann das Vertragsverhältnis der Bundesagentur für Arbeit und der Beigelade-nen der Klägerin kein subjektiv – öffentliches Recht auf Förderung ihres außerbe-trieblichen Ausbildungsverhältnisses mit der Beigeladenen durch den Beklagten ver-mitteln (§§ 61 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren Sozialdatenschutz [SGB X] i. V. m. 328 Bürgerliches Gesetzbuch[BGB]) (vgl. BAG, Urteil vom 15. November 2000 – 5 AZR 296/99 –, BAGE 96, 237-248, Rn. 32).

Die Beteiligung Dritter am Vertragsverhältnis ist in § 18 der "Vertragsbedingungen über die Durchführung von Betriebsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen" geregelt. Hiernach kann ein Dritter als Kostenträger (hier der Beklagte) anstelle der Bundesagentur für Arbeit, welche die Arbeitsmarktdienstleistung ausgeschrieben hat (Auftraggeber der Vertragsbedingungen), der Maßnahme nach § 76 Abs. 1 SGB III Teilnehmer zuweisen. Der Dritte ist in diesem Fall alleiniger Verpflichteter der Gegen-leistungen an den Auftragnehmer. Den Vertragsbedingungen lässt sich demgegen-über nicht entnehmen, dass die Klägerin als Teilnehmerin im Sinne der Vertragsbe-dingungen das Recht erwirbt, die Leistungen des § 79 SGB III, die Gegenstand des § 5 der Vertragsbedingungen sind, vom Kostenträger zu fordern. Auch aus den Um-ständen, insbesondere aus den Zwecken des Vertrages (vgl. § 328 Abs. 2 BGB), lässt sich nicht schließen, dass der Klägerin das Recht auf die seitens des Beklagten eingestellte Förderung des Ausbildungsverhältnisses mit der Beigeladenen zustehen soll. Soweit der Vertrag final der Ausbildung förderungsbedürftiger junger Menschen dienen soll, betrifft dies die durch den Auftragnehmer zu erbringenden Ausbildungs-leistungen, nicht aber die Gegenleistungen im Sinne des §§ 79 SGB III (vergleiche § 5, § 2 Abs. 1 Nr. 2 der Vertragsbedingungen i.V.m. Ziffer B. 2.9 der Leistungsbe-schreibung).

6. Soweit das Begehren der Klägerin (§ 123 SGG) in Ermangelung einer Klagebefugnis für die begehrte Förderung ihres Ausbildungsverhältnisses bei der Beigeladenen nach §§ 74 Abs. 1, 76, 79 SGB III dahingehend ausgelegt werden könnte, dass sie mit der vorliegenden Klage einen möglichen Anspruch des Maßnahmeträgers gegenüber dem Beklagten durchzusetzen sucht, fehlt ihr die Prozessführungsbefug-nis, d.h. die prozessuale Berechtigung, den Anspruch im eigenen Namen geltend zu machen (vgl. Keller, Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, vor § 51, Rn. 15). Die Prozessführungsbefugnis fällt auf Klägerseite in der Regel mit der Inhaberschaft des geltend gemachten Rechtes (Aktivlegitimation) zusammen. Etwas anderes gilt nur, wenn Rechte eines Dritten in zulässiger Prozessstandschaft verfolgt werden können (BSG, Urteil vom 23. Mai 2012 – B 14 AS 190/11 R –, BSGE 111, 72-79, SozR 4-4200 § 36a Nr 2, Rn. 13). Für eine Prozessstandschaft liegt jedoch weder eine gesetzliche Ermächtigung vor (gesetzliche Prozessstandschaft), noch ist der Klägerin durch Rechtsgeschäft mit dem beigeladenen Maßnahmeträger die Durchsetzung deren Anspruches gestattet worden (gewillkürte Prozessstandschaft) (vgl. hierzu: Keller, Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 54, Rn. 11 ff. m.w.Nachw.).

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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