Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
12
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 12 VG 6/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des dem Kläger zustehenden Grades des Schädigungsfolge und die hieraus resultierende Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Opferentschädigungsgesetz – OEG) streitig.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger begehrte am 05.10.1991 gegen 4.40 Uhr in angetrunkenem Zustand Einlass in die Diskothek "K." in O., wo ihm der Einlass verwehrt wurde. Hierauf kam es zu einem kurzen Wortwechsel in dessen Anschluss der Türsteher der Diskothek, ein Herr K., mit seinem Kopf gegen die Nasenwurzel des Klägers stieß (sog. "Kopfnuss"). Sodann warf der Kassierer, ein Herr I., den Kläger, der bereits schwer angeschlagen war, aus dem Kassenbereich des Lokals vor die Tür. Dort misshandelten K. und I. den Kläger durch Schläge und Tritte dergestalt, dass dieser zuletzt die Besinnung verlor. Der Kläger wurde daraufhin in der Zeit vom 00.00. bis 00.00.00 im Städtischen Krankenhaus O. stationär behandelt. Ausweislich eines entsprechenden Arztberichtes des Krankenhaueses vom 00.00.0000 wurden dort eine Gehirnerschütterung (Commotio cerebri), eine Kiefergelenksprellung (Kiefergelenkskontusion) eine Kronenabsprengung an den Zähnen 43, 41, 32 und eine Unterschenkelprellung rechts diagnostiziert. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus begab sich der Kläger am 00.00.00 in Behandlung des HNO-Arztes Dr. T., der beim Kläger einen Zustand nach Nasenbeinfraktur mit Verkrümmung der Nasenscheidewand (Septumdeviation) nach links und eingeschränkter Mundöffnung aufgrund einer Kieferfraktur feststellte. Es zeigten sich überdies ein massives hochfrequentes Ohrgeräusch (Tinnitus) rechts und ein persistierender Schwankungsschwindel mit Übelkeit. Ebenfalls am 00.00.0000 stellte sich der Kläger bei der Augenärztin Dr. S. vor, die auf dem rechten Auge Merkmale einer abheilenden Prellung des Augapfels (Contusio bulbi) mit Restprellmarken und Blutergüssen (Hämatomen) feststellte. Zwecks Abklärung neurologischer oder psychischer Beeinträchtigungen überwies der behandelnde Internist des Klägers diesen Anfang 0000 an Herrn Dr.med. Dipl.-Psych. C., der eine Commotio cerebri, bei nicht sicherem Hinweis für einen cerebralen Herdbefund feststellte und einen Verdacht auf ein hirnorganisches Psychosyndrom äußerte.
Im Jahr 0000 stellte der Kläger einen Antrag auf Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB). Mit Urteilen des Amtsgerichts St. X. vom 00.00.00 und 00.00.0000 wurden die Herren K. und I. wegen gemeinschaftlich begangener Körperverletzung zum Nachteil des Klägers rechtskräftig verurteilt.
Am 00.00.0000 stellte der Kläger – unter Schilderung des Überfalls im Jahr 0000 - bei dem Versorgungsamt des Saarlandes einen Antrag auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem OEG.
Die Beklagte zog die Strafakten und sowie die Schwerbehindertenakte des Versorgungsamtes B. bei und ließ durch den Zahnarzt S. am 00.00.0000 ein zahnärztliches, sowie am 00.00.0000 durch Herrn Dr. T. ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten erstellen. Herr S. kam zu der Einschätzung, als Schädigungsfolge seien beim Kläger leichte Vernarbungen am rechten Unterkiefer sowie Schmelzabsplitterungen an den Zähnen 32, 42, 43, 44, 45 anzuerkennen. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE; heute: Grad der Schädigungsfolge – GdS) resultiere hieraus nicht. Dr. T. kam zu der Einschätzung beim Kläger sei eine Posttraumatische Belastungsstörung als Schädigungsfolge anzuerkennen. Diese bedinge eine MdE von 30. Daneben lägen beim Kläger als Nichtschädigungsfolgen eine Sehschwäche, Herz-Kreislauf-Störungen, Bewegungseinschränkungen der oberen Gliedmaße mit Nerven- und Sehbehinderung, beidseitige Schwerhörigkeit, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule sowie eine Funktionsbehinderungen der linken unteren Gliedmaße vor. Zu diesen Gutachten nahm Frau S.-T. für den ärztlichen Dienst des Beklagten Stellung und kam ebenfalls zu der Einschätzung, die MdE des Klägers sei mit 30 zu bewerten.
Mit Bescheid vom 00.00.0000 wurden folgende Schädigungsfolgen durch den Beklagten anerkannt:
1. Leichte Vernarbung am rechten Unterkiefer 2. Schmelzabsplitterungen an den Zähnen 32, 42, 43, 44 und 45 3. Posttraumatische Belastungsstörung
Die MdE wurde mit 30 bewertet und dem Kläger ab März 0000 auf Grundlage dieser MdE eine monatliche Beschädigtenversorgung bewilligt.
Am 00.00.0000 stellte der Kläger einen Änderungsantrag, in dem er angab, seine Beschwerden hätten sich verschlimmert. Der Beklagte holte daraufhin Befundberichte des Allgemeinmediziners und Phlebologen Dr. E., der Dipl.-Psychologin B. und einen Reha-Entlassungsbericht der Fachklinik I. ein. Im Anschluss beauftragte er die Erstellung eines Gutachtens durch Herrn Dr. T., welches dieser am 00. 00.0000 erstattete. Herr Dr. T. stellte fest, dass sich beim Kläger zu der vorhandenen Posttraumatischen Belastungsstörung eine Psychose entwickelt habe. Die MdE sei nunmehr mit 40 zu bewerten. Der Beklagte holte sodann ein weiteres Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. K. ein. Dieser kam zu der Einschätzung, dass die nach Angaben des Klägers 0000 erlebte Flugzeugkatastrophe in S., bei der die schwangere Freundin des Klägers ums Leben gekommen sei, einen größeren Einfluss auf die beim Kläger vorliegende komplexe und schwere Form der Posttraumatischen Belastungsstörung habe, als bislang angenommen. Insgesamt sei die MdE mit 40 einzuschätzen.
Nach entsprechender Stellungnahme des ärztlichen Dienstes stellte der Beklagte mit Bescheid vom 00.00.0000 eine MdE von 40 beim Kläger fest.
Am 00.00.0000 stellte der Kläger erneut einen Änderungsantrag, in dem er angab, die psychischen Folgen der Tat seien mit einer MdE von 40 nicht hinreichend bewertet. Der Beklagte holte einen Befundbericht der Dipl.-Psychologin B., der Dres. E. und M. sowie des Neurologen und Psychiaters Dr. C. ein und ließ ein Gutachten nach Aktenlage durch Herrn Dr. K. erstellen. Dieser kam zu der Einschätzung, Der Kläger leide nunmehr auch unter einer floriden paranoid-halluzinatorischen Psychose. Hierbei handele es sich indes nicht um eine Schädigungsfolge sondern um ein eigenständiges Leiden mit eigener Dynamik. Nach entsprechender Stellungnahme durch den ärztlichen Dienst, in welche auch eine ärztliche Stellungnahme des Alexianer-Krankenhauses aus dem Jahre 0000 einfloss, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 00.00.0000 die Feststellung einer höheren MdE ab. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 00.00.0000 als unbegründet zurückgewiesen.
Am 00.00.0000 erhob der Kläger vor dem Sozialgericht B. Klage wegen der zwischenzeitlich erfolgten Ablehnung weiterer psychotherapeutischer Behandlungen. Im Rahmen dieses Verfahrens (S 25 VG 28/08) holte das Gericht ein Gutachten des Psychiaters und Psychotherapeuten S. ein, der eine Weiterführung der Therapie befürwortete und darüber hinaus zu der Einschätzung kam, die MdE sei nunmehr mit 70 zu bewerten.
Mit Schriftsatz vom 00.00.0000 stellte der Kläger unter Bezugnahme auf das Gutachten des Herrn S. im Verfahren S 25 VG 28/08, einen Änderungsantrag mit dem Begehren, die MdE des Klägers mit 70 zu bewerten. Der Beklagte holte Befundberichte des Psychiaters O. und der Dipl.-Psychologin B. ein und nahm hierzu durch seinen ärztlichen Dienst Stellung. Mit Bescheid vom 00.00.0000 stellte die StädteRegion B. beim Kläger einen GdB von 90 fest
Mit Bescheid vom 00.00.0000 lehnte der Beklagte sodann die Feststellung einer höheren MdE ab. Der hiergegen am 00.00.0000 eingelegte Widerspruch wurde nach Auswertung des Gutachtens des Herrn S. durch den ärztlichen Dienst des Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 00.00.0000 als unbegründet zurückgewiesen. Im Rahmen der hiergegen am 00.00.0000 erhobene Klage (S 12 VG 4/10) wurden Befundberichte des Herr O., des Herrn Dr. E. und der Frau Dr. I.-C. eingeholt und darüber hinaus von Amts wegen ein Gutachten der Neurologin, Psychiaterin und Psychotherapeutin Dr. T. in Auftrag gegeben. Der Kläger beantragte seinerseits die Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG zunächst vom Neurologen, Psychiater und Psychotherapeuten Dr. H., der indes mitteilte, er halte das Gutachten der Frau Dr. T. für sehr sorgfältig und gewissenhaft erstellt und er werde daher wohl zum selben Ergebnis kommen. Daraufhin beantragte der Kläger, Herrn PD Dr. G. als Gutachter nach § 109 SGG zu beauftragen. Diesem Antrag wurde stattgegeben. Mit Urteil vom 00.00.0000 wurde die Klage die Klage abgewiesen. Im Rahmen des Berufungsverfahrens (L 13 VG 83/11) schlossen die Beteiligten einen Vergleich, dass – bei Beibehaltung der Schädigungsfolgen – der GdS mit 50 festgestellt werde.
Am 00.00.0000 stellte der Kläger beim Beklagten einen Antrag auf Feststellung eines höheren GdS. Zur Begründung verwies er auf das Gutachten des Dr. S. aus 0000 sowie das Gutachten des PD Dr. G. aus 0000. Der Kläger legte Arztberichte des Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. X. vom 00.00.00, der Marienhausklinik, M. vom 00.00.00 sowie des Universitätsklinikums des M., Abt. Innere Medizin, I./T., 0000 sowie einen eine Entlassbericht der Fachklink I. betreffend den Aufenthalt des Klägers vom 00.00.0000 bis 00.00.0000 vor. Der Beklagte zog die Schwerbehindertenakte des Klägers bei und nahm zu den Unterlagen durch seinen ärztlichen Dienst Stellung. Eine wesentliche Änderung der Schädigungsfolgen im Sinne einer Verschlimmerung oder des Hinzutretens neuer Schädigungsfolgen sei nicht zu erkennen.
Mit Bescheid vom 00.00.0000 lehnte der Beklagte einen Anspruch des Klägers auf höhere Leistungen nach dem OEG i. V. m. BVG ab. Als Schädigungsleiden sei weiterhin "leichte Vernarbung am rechten Unterkiefer Schmelzabsplitterungen an den Zähnen 32, 42, 43, 44 und 45 und Posttraumatische Belastungsstörung" anerkannt. Der GdS betrage weiterhin 50.
Hiergegen legte der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, am 00.00.0000 Widerspruch ein, der nach Stellungnahme des ärztlichen Dienstes des Beklagten, mit Widerspruchsbescheid vom 00.00.0000 als unbegründet zurückgewiesen wurde.
Am 00.00.0000 hat der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, Klage erhoben.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten des Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. X., des Hausarztes und Internisten Dr. K. und der Psychologin M. sowie eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens der Frau Dr. M.-M. nebst neuropsychologischen Zusatzgutachtens des PD Dr. L ... Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat es zudem ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten der Frau Dr. I. in Auftrag gegeben, welches diese im März 0000 gegenüber dem Gericht erstattet hat.
Im Rahmen des Termins zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 00.00.0000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 00.00.0000 zu verurteilen, bei ihm – unter Beibehaltung der Schädigungsfolgen – einen GdS von mindestens 60 zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Verfahrensakten S 18 VG 130/03, S 25 VG 28/08 und S 12 VG 4/10 Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 00.00.0000 gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in seinen Rechten verletzt, da diese rechtmäßig sind. Der Kläger hat keinen Anspruch Feststellung eines höheren GdS als 50.
Gemäß § 48 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Eine wesentliche Änderung ist dabei dann anzunehmen, wenn sich durch eine Besserung oder Verschlechterung eine Herabsetzung oder Erhöhung des Gesamtgrades der Schädigungsfolge um wenigstens 10 ergibt, vgl. Teil A Nr. 7 lit. a) Teil A Ziffer 3 der Anlage zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (BGBl. I 2008, S. 2412 - Versorgungsmedizin-Verordnung) vom 10.12.2008 (Versorgungsmedizinische Grundsätze). Für die wesentliche Änderung kommt es weder auf den Inhalt des Vergleichsbescheides noch auf die von der Behörde bei der Bewilligung oder später angenommenen Verhältnisse, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse und deren objektive Änderung an (Steinwedel, in: Kasseler Kommentar, SGB X, Stand: März 2017, § 48 Rn. 14 m. w. N.).
Eine entsprechende Änderung der Verhältnisse im Hinblick auf den GdS sieht die Kammer als nicht nachgewiesen an.
Der Kläger unterfällt zweifelsohne dem Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 OEG. Nach dieser Vorschrift erhält eine Person, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG.
Das Vorliegen eines vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen den Kläger ist zwischen den Beteiligen unstreitig und auch das Gericht sieht es – unter Berücksichtigung der Feststellungen in den rechtskräftigen Urteile des Amtsgerichts St. X. vom 00.00.0000 und 00.00.0000 – als nachgewiesen an, dass der Kläger am 00.00.0000 Opfer einer brutalen Gewalttat geworden ist. So hat der Kläger vom damaligen Türsteher der Diskothek einen schweren Kopfstoß gegen die Nase erhalten und wurde von diesem und dem damaligen Kassierer durch Schläge und Tritte dergestalt misshandelten, dass er zuletzt die Besinnung verlor.
Die Kammer geht darüber hinaus aus, dass der Kläger neben dieser Gewalttat auch anderen erheblich belastenden Situationen ausgesetzt war, die indes nicht die Voraussetzungen für das Vorliegen eines vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriffs erfüllten (dazu unten mehr).
Weiteres Tatbestandsmerkmal ist das Vorliegen von gesundheitlichen Schädigungen. Beim Kläger liegen derzeit im Wesentlichen folgende gesundheitlichen Beeinträchtigungen vor:
1. Posttraumatische Belastungsstörung 2. Anhaltende wahnhafte Störung bei einer Persönlichkeitsakzentuierung mit schizoiden, emotional-instabilen und selbstunsicher-ängstlichen Merkmalen 3. Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode 4. Schädlicher Gebrauch von Alkohol, Cannabinoiden, Hypnotika 5. NSTEMI bei beginnender koronarer Herzkrankheit mit subtotaler Stenose des zweiten Septumastes, Mai 0000 6. Fortgeschrittene degenerative Veränderungen der HWS ohne neurologischen Reiz- oder Ausfallsymptome 7. Bandscheibenvorfall L4/5 rechts und mikrochirurgische Dekompression mit Sequestrektomie und Nervenwurzeldekompression, Mai 0000 8. Manifeste Hypothyreose 9. Leichte Vernarbung am rechten Unterkiefer 10. Schmelzabsplitterungen an den Zähnen 32, 42, 43, 45 und 45
Das Vorliegen dieser Gesundheitsbeeinträchtigungen steht nach Auffassung der Kammer aufgrund der im Verwaltungs- und Klageverfahren eingeholten Befund- und Arztberichte, sowie der Gutachten der Dr. Lehr-Ludwig sowie der Dr. I. fest. Die Gutachten beruhen auf umfangreichen Untersuchungen erfahrener gerichtlicher Sachverständigen, die unter Einsatz von diversen Hilfsmitteln durchgeführt worden sind. Die Kammer hat keinen Anlass an der Richtigkeit der in den Gutachten erhobenen medizinischen Befunde und gestellten Diagnosen zu zweifeln. Die Beteiligten haben auch keine substantiierten Einwände gegen die medizinischen Feststellungen erhoben.
Maßgeblich für das soziale Entschädigungsrecht sind von diesen gesundheitlichen Beeinträchtigungen freilich nur diejenigen, die kausal durch die maßgebliche Gewalttat von 0000 hervorgerufen worden sind.
Für die Frage der Kausalität gilt die sog. "Theorie der wesentlichen Bedingung". Eine Bedingung ist danach dann wesentlich - und damit im Entschädigungsrecht beachtlich - wenn sie neben anderen Bedingungen für den Eintritt der Rechtsfolge annähernd gleichwertig ist und innerhalb der Grenze liegt, die durch den Schutzzweck der Rechtsnorm gezogen wird (so Rohr/Sträßer/Dahm, Bundesversorgungsgesetz,7. Aufl., Stand: August 2016, § 1-58, m.w.N.; Gelhausen/Weiner, Kommentar zum OEG, 6. Aufl. 2015, B I 3 Rn. 16.).
Es genügt insoweit die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs, d. h. es muss nach der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang sprechen (vgl. Bundessozialgericht – BSG – Urteil vom 15.12.1999, B 9 VS 2/98 R = juris). Dabei ist insbesondere bei seelischen Beeinträchtigungen, anders als bei körperlichen Beschwerden, in der Regel – wie auch im vorliegenden Fall – besonders problematisch, den rechtlich nach den jeweiligen Entschädigungsgesetzen entscheidenden Vorgang - also das die Entschädigungspflicht auslösende Ereignis - als die wesentliche medizinische Ursache festzustellen. Es verbleibt – worauf das Bundessozialgericht in einschlägigen Fällen zu Recht hinweist - die Frage, ob nicht andere wesentlich mitwirkende Bedingungen, etwa eine bereits vorbestehende Anlage von Krankheitswert, für die Ausbildung einer seelischen Dauererkrankung vorhanden sind (BSG Urteil vom 12.06.2003, B 9 VG 1/02 R = juris ).
Teil C Ziffer 7 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze formuliert in diesem Zusammenhang:
"Die Anerkennung einer Gesundheitsstörung im Sinne der Entstehung setzt voraus, dass zur Zeit der Einwirkung des schädigenden Vorganges noch kein dieser Gesundheitsstörung zugehöriges pathologisches physisches oder psychisches Geschehen vorhanden war. Dies gilt auch, wenn auf eine Disposition zu der Gesundheitsstörung geschlossen werden kann. Sofern zur Zeit der Einwirkung des schädigenden Vorganges bereits ein einer Gesundheitsstörung zugehöriges pathologisches physisches oder psychisches Geschehen, wenn auch noch nicht bemerkt, vorhanden war, kommt nur eine Anerkennung im Sinne der Verschlimmerung in Frage, falls die äußere Einwirkung entweder den Zeitpunkt vorverlegt hat, an dem das Leiden sonst in Erscheinung getreten wäre, oder das Leiden in schwererer Form aufgetreten ist, als es sonst zu erwarten gewesen wäre. Von diesem Begriff der Verschlimmerung ist der Begriff der Verschlimmerung im Sinne einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse zu unterscheiden".
Unstreitig kausale Folge des Angriffs von 0000 sind beim Kläger die leichte Vernarbung am rechten Unterkiefer sowie die Schmelzabsplitterungen an den Zähnen 32, 42, 43, 45 und 45. Ein GdS resultiert unter Zugrundelegung Versorgungsmedizinischen Grundsätze hieraus indes nicht. Die übrigen körperlichen Beeinträchtigungen des Funktionssystems des Wirbelsäule und des Herz-Kreislauf-Systems sind, dies zur Überzeugung aufgrund der durchgeführten Ermittlungen fest, zweifelsfrei nicht auf das schädigende Ereignis von 0000 zurückzuführen sondern haben sich hiervon unabhängig entwickelt.
Es war für die Kammer mithin zu klären, ob die beim Kläger im Vordergrund stehenden psychischen Beeinträchtigungen allesamt im Sinne einer Entstehung oder aber im Sinne einer Verschlimmerung auf den Überfall von 0000 zurückzuführen sind.
Unter Berücksichtigung der im Rahmen dieses Verfahrens eingeholten Gutachten und Arztberichte sowie den ebenfalls umfangreichen medizinischen Ermittlungen in den Vorverfahren steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass bei dem Kläger ein komplexes psychisches Beschwerdebild besteht, welches aber nicht monokausal auf die Gewalttat 0000 zurückzuführen ist, sondern bei dem auch anderen Faktoren eine maßgebliche Rolle spielen. Beim Kläger findet sich nämlich eine Gemengelage psychischer Belastungssituationen. Maßgeblich für die Bewertung des GdS ist dabei freilich – wie oben ausgeführt – allein der Anteil des nach dem OEG maßgeblichen Ereignisses, konkret der Gewalttat von 0000.
Insoweit sind die Einflüsse der erheblichen schädigungsunabhängigen Vorbelastungen und Risikofaktoren des Klägers abzuschichten.
Hierbei ist zum einen zu berücksichtigen, dass der Kläger als Kind unter Sprachstörungen litt, die ein solches Ausmaß erreichten, dass der Kläger erst verspätet eingeschult werden konnte. Eine genaue Diagnostik der seinerzeit zugrundeliegenden Störung ist nicht vorhanden und retrospektiv auch wohl nicht mehr möglich (vgl. zur Möglichkeit von Sprachstörungen als Ausdruck kindlicher Psychosen etwa, Seidner, Neurotische und psychotische Störungen der Sprache, in: Wendler, Lehrbuch der Phoniatrie und Pädaudiologie, 4. Aufl. 2005, S. 323 ff [325]; zur kindlichen Sprachstörung als Risikofaktor für die Entwicklung wahnhafter Symptomatiken, vgl. Gutachten der Dr. M.-M., S. 142 f. unter Hinweis auf Nickl-Jockschat/Schneider, Klinikmanual Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, 2016; Schultze-Lutter/Schmidt, Ätiologie der Psychosen, in: Psychotherapie im Dialog 16 [03], 16 ff).
Soweit der Kläger im Laufe des Verwaltungsverfahrens und den verschiedensten Untersuchungen zahlreiche weitere Gewalterlebnisse aus seiner Kindheit und Jugend geschildert hat, hat die Kammer – mit dem Vorgutachter Dr. G. – Zweifel daran, ob und inwieweit diese Schilderungen als real erlebt eingeschätzt werden können oder ob es sich vielmehr um den Ausdruck krankheitsbedingter Wahnideen handelt. So sei seine Tante Opfer eines Gewaltverbrechens geworden (sie sei verbrannt aufgefunden worden), er habe mit anderen Kindern Leichenteile gefunden, er sei als Kind, als er mit seinem Dreirad fuhr, mit heißem Wasser verbrüht worden, auf ihn sei beim Spielen im Wald mit anderen Kindern geschossen worden, die Mutter eines Freundes habe sich angezündet, er sei als Kind von einem Auto angefahren worden. Es ist nach Ansicht der Kammer auffällig, dass es sich häufig um Vorfälle, die mit Feuer oder Verbrühungen zu tun haben, handelt. Insgesamt sieht die Kammer in der Schilderung dieser Erlebnisse mangels hinreichender Sicherheit insbesondere aber keinen Anknüpfungspunkt für etwaige Ansprüche nach dem OEG, etwa im Hinblick auf sog. "Schockschäden" (vgl. dazu allgemein Bischofs, SGb 2010, 693 ff.).
Als sicheres und einschneidendes Erlebnis ist der nach Auffassung der Kammer aber der Tod des Vaters zu sehen. Hier ist freilich auffällig, dass der Kläger in der aktuellen Begutachtung durch Dr. I. hierzu einen völlig anderen Sachverhalt schildert als bislang durchgängig.
Zum Tod des Vaters erklärte der Kläger noch 0000 gegenüber der Vorgutachterin Dr. T., dass er es damals nicht fertig gebracht habe, sich mit der Krankheit des Vaters auseinanderzusetzen. Er habe ihn auch nie im Krankenhaus besucht. Damit – so folgerte Dr. T. damals - erfuhr er kaum eine väterliche Identifikation. Zuvor, in der Rehabilitation 0000 in der Fachklinik I., beklagte sich der Kläger sogar insgesamt über einen Mangel an elterlicher Unterstützung und Anerkennung. Die ihn seinerzeit behandelnden Ärzte führten die beim Kläger vorhandenen "dysfunktionale Schemata" auch auf diese biographischen Gegebenheiten zurück. Auch der Vorgutachter Dr. G. kam 0000 ebenfalls zu der Einschätzung, dass der frühe Tod des Vaters einen entsprechenden Belastungsfaktor darstellt. Der Kläger habe diesen, als 12-Jähriger, weitgehend verdrängt, was rückblickend als Ausdruck der damit verbundenen Schwere der Belastung verstanden werden müsse.
Nun schildert der Kläger gegenüber der Gutachterin nach § 109 SGG, Frau Dr. I., völlig konträr zu den bisher durchgängig gemachten Schilderungen, dass er häufig gemeinsam mit der Mutter beim Vater im Krankenhaus gewesen sei. Insgesamt habe er ein sehr gutes Verhältnis zu seinen Eltern gehabt. Während der Kläger bislang durch seine Aussagen hatte deutlich werden lassen, er habe eine Auseinandersetzung mit der Erkrankung des Vaters und dessen Tod völlig abgewehrt, schildert er nun ein letztlich weitgehend normales Trauerverhalten. Diese Diskrepanz wird von der Gutachterin Dr. I. zwar festgestellt und– ohne dies erkennbar näher zu hinterfragen – der Beurteilung zugrunde gelegt. Dieses Vorgehen, welches sich im Gutachten der Frau Dr. I. auch an anderen Stellen wiederfindet, überzeugt die Kammer letztlich methodisch nicht. Die Kammer geht vielmehr davon aus, dass der Kläger zwischenzeitlich im Rahmen der verschiedenen Verfahren gelernt hat, seinen Vortrag anzupassen. Die Kammer geht mithin davon aus, dass der Tod des Vaters weiterhin ein einschneidendes Erlebnis für den Kläger war, welches er seinerzeit nicht hinreichend verarbeitet hat.
Für die Kammer steht des Weiteren hinreichend sicher fest, dass der Kläger Augenzeuge des S.-Unglücks vom 00.00.0000 geworden ist, bei dem seine damals schwangere Freundin ums Leben kam. Insbesondere dieses Ereignis hat den Kläger – davon geht die Kammer – unter Berücksichtigung der Vorgutachten sowie auch der aktuell eingeholten Gutachten der Dr. M.-M. und der Dr. I. aus – schwer traumatisiert. Es zeigten sich diesbezüglich beim Kläger während eines Aufenthalts in der Fachklinik I. im Jahr 0000, somit 15 Jahre nach dem Unglück, massive Flashbacks mit akustischen Halluzinationen und starker innerer Unruhe (vgl. Gutachten Dr. T. 0000). Der Vorgutachter Dr. G. berichtete in seinem Gutachten 0000, der Kläger leide insoweit – im Hinblick auf die ihn verfolgenden Bilder eines verbrennenden Mädchens, das ihn um Hilfe bat, während er von seinem Freund von der Unglücksstelle weggezogen wurde – unter einer schuldhaften Selbstwahrnehmung ("lieber wäre ich verbrannt als dem Kind nicht helfen zu können"). Das Unglück von S. stellt freilich – mangels vorsätzlicher Gewalttat - ebenfalls keinen Tatbestand dar, welcher im Rahmen des OEG als anspruchsbegründendes Ereignis in Betracht käme.
Schließlich sieht die Kammer eine weitere erhebliche Vorbelastung in dem vom Kläger betriebenen Alkohol- und Cannabismissbrauch. Diesbezüglich steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass dieser nicht erst im Nachgang zur Gewalttat 0000 eingesetzt hat, sondern dass der Kläger auch bereits vor dieser Zeit in erheblichem Maße auf Alkohol und Cannabis zurückgegriffen hat, und zwar konkret nach den Erlebnissen in S. So schilderte der Kläger gegenüber PD Dr. G. bei der Begutachtung 0000 er habe
"in der Nachfolge der S.-Katastrophe ( ) keine therapeutische Hilfe in Anspruch genommen, aber viele Drogen, vor allem Haschisch konsumiert. Damit sei es ihm irgendwie möglich geworden, das Ereignis zu überstehen."
In den aktuellen Begutachtungen schildert der Kläger auch insoweit ein völlig anderes Geschehen. So habe er vor dem Überfall lediglich mal ein Cola-Bier getrunken, Haschisch habe er vorher nicht geraucht sondern erst danach. Die Kammer wertet dies ebenfalls als eine zielgerichtete, an die Ergebnisse der letzten Begutachtungen angepasste, Behauptung des Klägers. Der Kläger hat in den zahlreichen Verfahren mittlerweile gelernt, welche Aspekte seines Vortrags in der Vergangenheit dazu geführt haben, dass ein höherer GdS von Seiten des Beklagten und der Gerichte nicht anerkannt worden ist. Es mag sich bei dem Kläger zwar, wie von der Gutachterin Dr. I. ausgeführt, um einen "einfach strukturierten Probanden" handeln. Dr. I. stellt aber auch fest, dass der Kläger in seinem Vortrag – und auch mit der Darstellung, er benötige mindestens einen GdS von 60 – durchaus zielgerichtet ist. Frau Dr. I. spricht in diesem Zusammenhang von einer "Schlitzohrigkeit" des Klägers. Die Kammer ist überzeugt davon, dass der Kläger im Rahmen der Begutachtungen versucht hat, nunmehr seine Angaben – mit dem Ziel der Erreichung eines höheren GdS – zu modifizieren und Aspekte, die sich in der Vergangenheit zu seinen Lasten ausgewirkt haben, nunmehr anders darzustellen. In diesem Zusammenhang verweist die Kammer auch darauf, dass durch den Gutachter PD Dr. L. Auffälligkeiten im Rahmen der testpsychologischen Untersuchung festgestellt worden sind, die eine gewisse Aggravation beim Kläger nicht ausgeschlossen erscheinen lassen.
Terminologisch ist in diesem Zusammenhang zwischen Simulation, Aggravation und dem Bestehen von Verdeutlichungstendenzen zu unterscheiden. Unter Simulation versteht man dabei im Allgemeinen das bewusste und absichtliche Präsentieren von Beschwerden, die tatsächlich nicht erlebt werden (vgl. Widder/Gaidzik, Begutachtung in der Neurologie, 2. Aufl. 2011, S. 65 ff.; Hausotter, Neurologische Begutachtung, 2006, S. 158; Nedopill/Müller, Forensische Psychiatrie, 4. Aufl.2012, S. 213 ff.; Venlaff/Foerster/Dreßing/Habermeyer, Psychiatrische Begutachtung, 6. Aufl. 2015, S. 23). Aggravation meint demgegenüber die verschlimmernde bzw. überhöhende Darstellung tatsächlich vorhandener krankhaften Störungen zum Zweck der Erlangung von Vorteilen (vgl. Widder/Gaidzik, Begutachtung in der Neurologie, 2. Aufl. 2011, S. 66 ff.; Venlaff/Foerster/Dreßing/Habermeyer, Psychiatrische Begutachtung, 6. Aufl. 2015, S. 23; vgl. auch Hausotter, Neurologische Begutachtung, 2006, S. 158; Nedopill/Müller, Forensische Psychiatrie, 4. Aufl.2012, S. 213 ff.). Bei Verdeutlichungstendenzen handelt es sich um den mehr oder weniger bewussten Versuch, den Gutachter vom Vorhandensein der geklagten Symptome zu überzeugen. Letzteres ist in Begutachtungssituationen durchaus üblich und nicht mit einer Simulation oder Aggravation zu verwechseln (Venlaff/Foerster/Dreßing/Habermeyer, Psychiatrische Begutachtung, 6. Aufl. 2015, S. 23). Ausgehend von den Ergebnissen des Zusatzgutachtens des PD Dr. L. sind beim Kläger Aggravationstendenzen jedenfalls nicht ausgeschlossen. Die Gutachterin M.-M. schließt sich dieser Einschätzung an. Demgegenüber kann Dr. I. entsprechende Tendenzen nicht feststellen. Nun gibt der Kläger freilich ihr gegenüber auch an, er habe bei der Untersuchung durch PD Dr. L. letztlich nur schnell fertig werden wollen und mithin nicht adäquat geantwortet. Diese Erklärung für das Ergebnis des Gutachtens wird nach Auffassung der Kammer aber nicht den hohen Standards des Gutachtens des erfahrenen Gutachters Dr. L. und der darin verwendeten Testungen gerecht. Vielmehr ist die Annahme von jedenfalls Aggravation durchaus kongruent mit den oben geschilderten "angepassten" Sachverhaltsschilderungen.
Auffällig ist für die Kammer auch, dass der Kläger angibt, er sei "durch seinen Prozessbevollmächtigten bedrängt" worden, sich weiter untersuchen zu lassen. Dies erachtet die Kammer, nach Einholung einer Stellungnahme des Prozessbevollmächtigten im Rahmen der mündlichen Verhandlung, für unzutreffend. Von Seiten des Prozessbevollmächtigten ist der Kläger vielmehr lediglich auf die prozessualen Möglichkeiten, die dem Kläger aus anderen Verfahren auch bekannt waren, hingewiesen worden. Von einem "Drängen" in die vom Kläger nach eigenen Angaben als so belastend empfundene Gutachtensituation kann nach Auffassung der Kammer vor dem Hintergrund der Darstellung des Prozessbevollmächtigten, an deren Richtigkeit kein Grund zum Zweifeln besteht, nicht gesprochen werden. Hier versucht der Kläger nach Einschätzung der Kammer gegenüber der Gutachterin vielmehr in die Rolle eines Getriebenen in diesem Prozess statt des tatsächlich agierenden aktiven Klägers zu schlüpfen.
Nach alledem steht zur Überzeugung der Kammer unter Berücksichtigung der vorliegenden medizinischen Unterlagen, insbesondere unter Auswertung der Gutachten und Stellungnahmen des Dr. T., des Dr. K., des Herrn S., der Dr. T., des Dr. H., des PD Dr. G., der Dr. M.-M. und der Dr. I. sowie auch der Befundberichte der behandelnden Ärzte und Psychotherapeuten fest, dass beim Kläger insgesamt bereits vor der Gewalttat von 0000 erhebliche psychische Vorbelastungen bestanden (insbesondere die kindliche Entwicklungsstörung, der frühe Tod des Vater, die Katastrophe von S. und der Missbrauch von Alkohol und insbesondere Haschisch),die im Hinblick auf das aktuell festzustellende psychische Bild des Klägers eine maßgebliche Rolle spielen.
Es steht zur Überzeugung der Kammer in diesem Zusammenhang auch fest, dass eine Einbeziehung der anhaltenden wahnhaften Störung des Klägers bei einer Persönlichkeitsakzentuierung mit schizoid, emotional-instabilen und selbstunsicher-ängstlichen Merkmalen sowie der rezidivierenden depressiven Störung, (gegenwärtig mittelgradige Episode) nicht als eigenständige Schädigungsfolgen in Betracht kommt, da diesbezüglich nach der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung keinesfalls mehr für als gegen einen Zusammenhang dieser Erkrankung mit der Gewalttat spricht.
Nach den Darstellungen der Gutachterin Dr. M.-M., der sich die Kammer anschließt, ist ätiologisch für wahnhafte Störung auf ein komplexes Zusammenspiel genetischer und umweltassoziierter Risikofaktoren hinzuweisen. Bei letztgenannten sind insbesondere der Konsum von illegalen Drogen, vor allem Cannabis, Amphetamine und psychosozialer Stress, aber auch – in jüngeren Jahren – verzögerte sprachliche und motorische Entwicklung, geringer IQ sowie die Vernachlässigung und früher Verlust von Eltern zu nennen (M.-M ... S. 142 f., unter Hinweis auf Nickl-Jockschat/Schneider, Klinikmanual Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, 2016; Schultze-Lutter/Schmidt, Ätiologie der Psychosen, in: Psychotherapie im Dialog 16 [03], 16 ff.).
Es zeigt sich mithin, dass die Annahme einer monokausalen Entstehungsbedingung für Psychosen nicht statthaft ist, sondern auch insoweit von einer multifaktoriellen Genese auszugehen ist. Wie bereits oben dargelegt, finden sich eine Vielzahl von – vom schädigenden Ereignis unabhängigen – Risikofaktoren beim Kläger, wie etwa der frühe Verlust des Vaters, die verzögerte sprachliche Entwicklung und der nach der S.-Katastrophe einsetzende Konsum von Cannabis. Als ein weiterer Aspekt ist in diesem Zusammenhang dann auch die Gewalttat von 1991 zu nennen. Mit der Gutachterin Dr. M.-M. – und im Ergebnis im Übrigen auch mit Frau Dr. I. - ist es nach Auffassung der Kammer vor diesem Hintergrund nicht zulässig, die Wahnvorstellungen als eigene Schädigungsfolge anzuerkennen. Es ist vielmehr weiterhin so, wie bereits von Frau Dr. T. in ihrem Gutachten 0000 festgestellt, dass es bei bestehender Vulnerabilität des Klägers nach 0000 zu einer Verschlimmerung eines vorhandenen Vorschadens gekommen ist.
Dies vorausgeschickt, ist nach Auffassung der Kammer eine wesentliche Verschlimmerung der kausal mit dem schädigenden Ereignis verbundenen Beeinträchtigungen seit dem letzten maßgeblichen Bescheid nicht hinreichend objektiviert.
Schon damals wurden die Verfolgungsideen des Klägers beschrieben. Aus diesem Grund war der Kläger bereits häufig umgezogen und achtet darauf, dass seine Adresse nicht Dritten bekannt wird. Er beschrieb auch bereits damals schwankenden Stimmungen. Während er seinerzeit freilich noch ausführte, nach dem tragischen Ende seiner ersten Beziehung, seien weitere Beziehungen allesamt zerbrochen und er sei daher nicht an einer neuen Beziehung interessiert, hat sich dies zwischenzeitlich offenbar geändert, ist der Kläger doch am 00.00.0000 eine Ehe eingegangen. Diese, so ließ er nun freilich im Rahmen der mündlichen Verhandlung vortragen, sei mittlerweile aufgrund seines psychischen Zustands ebenfalls gescheitert. Der Kläger arbeitet nach eigenen Angaben seit nunmehr 30 Jahren in derselben Firma, derzeit von ca. morgens um 7.00 Uhr bis 17.00 Uhr. Abends schaue er Fernsehen; Er kümmert sich selbst um seine Verpflegung auf der Arbeit und auch im die Einnahme seiner Medikamente. Der Kläger fährt noch selbst einen PKW. Er wohne bei seiner Mutter, die ihn bislang bekocht habe; nun koche seine Ehefrau. Seine Wohnung mache er selbst sauber, bzw. nun übernehme das seine Ehefrau. Diese habe einen "Putzfimmel". Zu Hobbies befragt, führt der Kläger aus, dass er in der Vergangenheit einen Schäferhund gehabt habe. Diesen habe er zwischenzeitlich eingeschläfert. Er habe nun keine Zeit mehr für einen Hund; er habe eine Katze. Hobbies habe er im Übrigen nicht mehr. Als Freund bezeichnet der Kläger nur eine Person, andere Freunde habe er nicht. Eine wesentliche Verschlimmerung, insbesondere im Hinblick auf die Schädigungsfolgen, vermag die Kammer hier nicht zu erkennen.
Die beim Kläger bestehende Schädigungsfolge der posttraumatischen Belastungsstörung, bedingt, nach Auffassung der Kammer weiterhin gemäß Teil B Ziffer 3.7 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze einen GdS von 50.
Der Kläger leidet, dies erkennt auch die Kammer an, weiter an erheblichen psychischen Beeinträchtigungen, insbesondere den wahnhaften Vorstellungen. Durch diese wird der Kläger wesentlich in seiner Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit eingeschränkt. Indes ist zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits zuvor durch die oben ausführlich geschilderten Faktoren erheblich psychisch vorgeschädigt war. Der Kläger versuchte zuvor die vorhandenen – nicht auf ein nach dem OEG relevantes Schädigungsereignis zurückzuführenden – Traumen mit Medikamenten- und Drogenkonsums (einschließlich Alkohols) selbst zu behandeln. Auch die beschriebenen Halluzinationen in der Fachklinik Hochsauerland im Zusammenhang mit den Hubschraubergeräuschen deuten nach Einschätzung der Kammer – wie auch schon 0000 – weiterhin darauf hin, dass die psychotische Dekompensation des Klägers eine innerliche inhaltliche Nähe zur S.-Katastrophe hat. Dieser und die anderen Vorschäden sind, dies steht für die Kammer aufgrund des Gutachtens der Frau Dr. M.-M. fest, maßgeblich für den psychischen Zustand des Klägers, was bei der Frage der Höhe des GdS zu berücksichtigen ist. Der Kläger leidet zweifellos erheblich unter den Verfolgungsvorstellungen; auf der anderen Seite gelingt es ihm durchaus noch Gewinn und Freude aus seiner Arbeit zu ziehen und ihm ist es in der Zwischenzeit gelungen, sich einem weiteren Menschen, seiner Ehefrau zu öffnen. Wenngleich insgesamt die psychische Beeinträchtigungen insgesamt mit einem GdB von mehr als 50 zu beschreiben sind, so sind – wie bereits mehrfach ausgeführt – hier lediglich die auf den Überfall zurückzuführenden Beeinträchtigungen maßgeblich.
Diese bedingen indes unter Berücksichtigung des Gutachtens der Frau Dr. M.-M. weiterhin keinen GdS von mehr als 50, da ein wesentlicher Teil der Beeinträchtigungen mit großer Wahrscheinlichkeit schädigungsunabhängig auf dem vorhandenen Vorschaden beruht. Ein GdS von 50 beschreibt aber nach Auffassung der Kammer – eingedenk der bereits oben beschriebenen Abgrenzungsschwierigkeiten - die im Hinblick auf das schädigende Ereignis kausal entstandenen Beeinträchtigungen durchaus noch zutreffend. Hierbei wird Bezug genommen auf Ziffer 3.7 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze und vergleichend auf Ziffer 3.6. Soweit die Gutachterin Dr. I., hier einen – ebenfalls im maßgeblichen Bewertungskorridor 50 bis 70 liegenden – GdS von 60 vorschlägt, entbehrt dieser nach Auffassung der Kammer einer hinreichend sicheren Grundlage, geht die Gutachterin doch weitgehend ungeprüft von einem neuen Sachverhalt aus, den der Kläger ihr präsentiert (vgl. dazu bereits oben). Nach Auffassung der Kammer ist hierdurch aber eine Verschlechterung des Grades der Schädigungsfolge nicht hinreichend objektiviert.
Da die Schädigungsfolgen auf körperlichem Gebiet keinen GdS rechtfertigen ist mithin insgesamt weiterhin ein GdS von 50 in Ansatz zu bringen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des dem Kläger zustehenden Grades des Schädigungsfolge und die hieraus resultierende Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Opferentschädigungsgesetz – OEG) streitig.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger begehrte am 05.10.1991 gegen 4.40 Uhr in angetrunkenem Zustand Einlass in die Diskothek "K." in O., wo ihm der Einlass verwehrt wurde. Hierauf kam es zu einem kurzen Wortwechsel in dessen Anschluss der Türsteher der Diskothek, ein Herr K., mit seinem Kopf gegen die Nasenwurzel des Klägers stieß (sog. "Kopfnuss"). Sodann warf der Kassierer, ein Herr I., den Kläger, der bereits schwer angeschlagen war, aus dem Kassenbereich des Lokals vor die Tür. Dort misshandelten K. und I. den Kläger durch Schläge und Tritte dergestalt, dass dieser zuletzt die Besinnung verlor. Der Kläger wurde daraufhin in der Zeit vom 00.00. bis 00.00.00 im Städtischen Krankenhaus O. stationär behandelt. Ausweislich eines entsprechenden Arztberichtes des Krankenhaueses vom 00.00.0000 wurden dort eine Gehirnerschütterung (Commotio cerebri), eine Kiefergelenksprellung (Kiefergelenkskontusion) eine Kronenabsprengung an den Zähnen 43, 41, 32 und eine Unterschenkelprellung rechts diagnostiziert. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus begab sich der Kläger am 00.00.00 in Behandlung des HNO-Arztes Dr. T., der beim Kläger einen Zustand nach Nasenbeinfraktur mit Verkrümmung der Nasenscheidewand (Septumdeviation) nach links und eingeschränkter Mundöffnung aufgrund einer Kieferfraktur feststellte. Es zeigten sich überdies ein massives hochfrequentes Ohrgeräusch (Tinnitus) rechts und ein persistierender Schwankungsschwindel mit Übelkeit. Ebenfalls am 00.00.0000 stellte sich der Kläger bei der Augenärztin Dr. S. vor, die auf dem rechten Auge Merkmale einer abheilenden Prellung des Augapfels (Contusio bulbi) mit Restprellmarken und Blutergüssen (Hämatomen) feststellte. Zwecks Abklärung neurologischer oder psychischer Beeinträchtigungen überwies der behandelnde Internist des Klägers diesen Anfang 0000 an Herrn Dr.med. Dipl.-Psych. C., der eine Commotio cerebri, bei nicht sicherem Hinweis für einen cerebralen Herdbefund feststellte und einen Verdacht auf ein hirnorganisches Psychosyndrom äußerte.
Im Jahr 0000 stellte der Kläger einen Antrag auf Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB). Mit Urteilen des Amtsgerichts St. X. vom 00.00.00 und 00.00.0000 wurden die Herren K. und I. wegen gemeinschaftlich begangener Körperverletzung zum Nachteil des Klägers rechtskräftig verurteilt.
Am 00.00.0000 stellte der Kläger – unter Schilderung des Überfalls im Jahr 0000 - bei dem Versorgungsamt des Saarlandes einen Antrag auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem OEG.
Die Beklagte zog die Strafakten und sowie die Schwerbehindertenakte des Versorgungsamtes B. bei und ließ durch den Zahnarzt S. am 00.00.0000 ein zahnärztliches, sowie am 00.00.0000 durch Herrn Dr. T. ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten erstellen. Herr S. kam zu der Einschätzung, als Schädigungsfolge seien beim Kläger leichte Vernarbungen am rechten Unterkiefer sowie Schmelzabsplitterungen an den Zähnen 32, 42, 43, 44, 45 anzuerkennen. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE; heute: Grad der Schädigungsfolge – GdS) resultiere hieraus nicht. Dr. T. kam zu der Einschätzung beim Kläger sei eine Posttraumatische Belastungsstörung als Schädigungsfolge anzuerkennen. Diese bedinge eine MdE von 30. Daneben lägen beim Kläger als Nichtschädigungsfolgen eine Sehschwäche, Herz-Kreislauf-Störungen, Bewegungseinschränkungen der oberen Gliedmaße mit Nerven- und Sehbehinderung, beidseitige Schwerhörigkeit, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule sowie eine Funktionsbehinderungen der linken unteren Gliedmaße vor. Zu diesen Gutachten nahm Frau S.-T. für den ärztlichen Dienst des Beklagten Stellung und kam ebenfalls zu der Einschätzung, die MdE des Klägers sei mit 30 zu bewerten.
Mit Bescheid vom 00.00.0000 wurden folgende Schädigungsfolgen durch den Beklagten anerkannt:
1. Leichte Vernarbung am rechten Unterkiefer 2. Schmelzabsplitterungen an den Zähnen 32, 42, 43, 44 und 45 3. Posttraumatische Belastungsstörung
Die MdE wurde mit 30 bewertet und dem Kläger ab März 0000 auf Grundlage dieser MdE eine monatliche Beschädigtenversorgung bewilligt.
Am 00.00.0000 stellte der Kläger einen Änderungsantrag, in dem er angab, seine Beschwerden hätten sich verschlimmert. Der Beklagte holte daraufhin Befundberichte des Allgemeinmediziners und Phlebologen Dr. E., der Dipl.-Psychologin B. und einen Reha-Entlassungsbericht der Fachklinik I. ein. Im Anschluss beauftragte er die Erstellung eines Gutachtens durch Herrn Dr. T., welches dieser am 00. 00.0000 erstattete. Herr Dr. T. stellte fest, dass sich beim Kläger zu der vorhandenen Posttraumatischen Belastungsstörung eine Psychose entwickelt habe. Die MdE sei nunmehr mit 40 zu bewerten. Der Beklagte holte sodann ein weiteres Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. K. ein. Dieser kam zu der Einschätzung, dass die nach Angaben des Klägers 0000 erlebte Flugzeugkatastrophe in S., bei der die schwangere Freundin des Klägers ums Leben gekommen sei, einen größeren Einfluss auf die beim Kläger vorliegende komplexe und schwere Form der Posttraumatischen Belastungsstörung habe, als bislang angenommen. Insgesamt sei die MdE mit 40 einzuschätzen.
Nach entsprechender Stellungnahme des ärztlichen Dienstes stellte der Beklagte mit Bescheid vom 00.00.0000 eine MdE von 40 beim Kläger fest.
Am 00.00.0000 stellte der Kläger erneut einen Änderungsantrag, in dem er angab, die psychischen Folgen der Tat seien mit einer MdE von 40 nicht hinreichend bewertet. Der Beklagte holte einen Befundbericht der Dipl.-Psychologin B., der Dres. E. und M. sowie des Neurologen und Psychiaters Dr. C. ein und ließ ein Gutachten nach Aktenlage durch Herrn Dr. K. erstellen. Dieser kam zu der Einschätzung, Der Kläger leide nunmehr auch unter einer floriden paranoid-halluzinatorischen Psychose. Hierbei handele es sich indes nicht um eine Schädigungsfolge sondern um ein eigenständiges Leiden mit eigener Dynamik. Nach entsprechender Stellungnahme durch den ärztlichen Dienst, in welche auch eine ärztliche Stellungnahme des Alexianer-Krankenhauses aus dem Jahre 0000 einfloss, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 00.00.0000 die Feststellung einer höheren MdE ab. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 00.00.0000 als unbegründet zurückgewiesen.
Am 00.00.0000 erhob der Kläger vor dem Sozialgericht B. Klage wegen der zwischenzeitlich erfolgten Ablehnung weiterer psychotherapeutischer Behandlungen. Im Rahmen dieses Verfahrens (S 25 VG 28/08) holte das Gericht ein Gutachten des Psychiaters und Psychotherapeuten S. ein, der eine Weiterführung der Therapie befürwortete und darüber hinaus zu der Einschätzung kam, die MdE sei nunmehr mit 70 zu bewerten.
Mit Schriftsatz vom 00.00.0000 stellte der Kläger unter Bezugnahme auf das Gutachten des Herrn S. im Verfahren S 25 VG 28/08, einen Änderungsantrag mit dem Begehren, die MdE des Klägers mit 70 zu bewerten. Der Beklagte holte Befundberichte des Psychiaters O. und der Dipl.-Psychologin B. ein und nahm hierzu durch seinen ärztlichen Dienst Stellung. Mit Bescheid vom 00.00.0000 stellte die StädteRegion B. beim Kläger einen GdB von 90 fest
Mit Bescheid vom 00.00.0000 lehnte der Beklagte sodann die Feststellung einer höheren MdE ab. Der hiergegen am 00.00.0000 eingelegte Widerspruch wurde nach Auswertung des Gutachtens des Herrn S. durch den ärztlichen Dienst des Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 00.00.0000 als unbegründet zurückgewiesen. Im Rahmen der hiergegen am 00.00.0000 erhobene Klage (S 12 VG 4/10) wurden Befundberichte des Herr O., des Herrn Dr. E. und der Frau Dr. I.-C. eingeholt und darüber hinaus von Amts wegen ein Gutachten der Neurologin, Psychiaterin und Psychotherapeutin Dr. T. in Auftrag gegeben. Der Kläger beantragte seinerseits die Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG zunächst vom Neurologen, Psychiater und Psychotherapeuten Dr. H., der indes mitteilte, er halte das Gutachten der Frau Dr. T. für sehr sorgfältig und gewissenhaft erstellt und er werde daher wohl zum selben Ergebnis kommen. Daraufhin beantragte der Kläger, Herrn PD Dr. G. als Gutachter nach § 109 SGG zu beauftragen. Diesem Antrag wurde stattgegeben. Mit Urteil vom 00.00.0000 wurde die Klage die Klage abgewiesen. Im Rahmen des Berufungsverfahrens (L 13 VG 83/11) schlossen die Beteiligten einen Vergleich, dass – bei Beibehaltung der Schädigungsfolgen – der GdS mit 50 festgestellt werde.
Am 00.00.0000 stellte der Kläger beim Beklagten einen Antrag auf Feststellung eines höheren GdS. Zur Begründung verwies er auf das Gutachten des Dr. S. aus 0000 sowie das Gutachten des PD Dr. G. aus 0000. Der Kläger legte Arztberichte des Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. X. vom 00.00.00, der Marienhausklinik, M. vom 00.00.00 sowie des Universitätsklinikums des M., Abt. Innere Medizin, I./T., 0000 sowie einen eine Entlassbericht der Fachklink I. betreffend den Aufenthalt des Klägers vom 00.00.0000 bis 00.00.0000 vor. Der Beklagte zog die Schwerbehindertenakte des Klägers bei und nahm zu den Unterlagen durch seinen ärztlichen Dienst Stellung. Eine wesentliche Änderung der Schädigungsfolgen im Sinne einer Verschlimmerung oder des Hinzutretens neuer Schädigungsfolgen sei nicht zu erkennen.
Mit Bescheid vom 00.00.0000 lehnte der Beklagte einen Anspruch des Klägers auf höhere Leistungen nach dem OEG i. V. m. BVG ab. Als Schädigungsleiden sei weiterhin "leichte Vernarbung am rechten Unterkiefer Schmelzabsplitterungen an den Zähnen 32, 42, 43, 44 und 45 und Posttraumatische Belastungsstörung" anerkannt. Der GdS betrage weiterhin 50.
Hiergegen legte der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, am 00.00.0000 Widerspruch ein, der nach Stellungnahme des ärztlichen Dienstes des Beklagten, mit Widerspruchsbescheid vom 00.00.0000 als unbegründet zurückgewiesen wurde.
Am 00.00.0000 hat der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, Klage erhoben.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten des Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. X., des Hausarztes und Internisten Dr. K. und der Psychologin M. sowie eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens der Frau Dr. M.-M. nebst neuropsychologischen Zusatzgutachtens des PD Dr. L ... Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat es zudem ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten der Frau Dr. I. in Auftrag gegeben, welches diese im März 0000 gegenüber dem Gericht erstattet hat.
Im Rahmen des Termins zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 00.00.0000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 00.00.0000 zu verurteilen, bei ihm – unter Beibehaltung der Schädigungsfolgen – einen GdS von mindestens 60 zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Verfahrensakten S 18 VG 130/03, S 25 VG 28/08 und S 12 VG 4/10 Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 00.00.0000 gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in seinen Rechten verletzt, da diese rechtmäßig sind. Der Kläger hat keinen Anspruch Feststellung eines höheren GdS als 50.
Gemäß § 48 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Eine wesentliche Änderung ist dabei dann anzunehmen, wenn sich durch eine Besserung oder Verschlechterung eine Herabsetzung oder Erhöhung des Gesamtgrades der Schädigungsfolge um wenigstens 10 ergibt, vgl. Teil A Nr. 7 lit. a) Teil A Ziffer 3 der Anlage zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (BGBl. I 2008, S. 2412 - Versorgungsmedizin-Verordnung) vom 10.12.2008 (Versorgungsmedizinische Grundsätze). Für die wesentliche Änderung kommt es weder auf den Inhalt des Vergleichsbescheides noch auf die von der Behörde bei der Bewilligung oder später angenommenen Verhältnisse, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse und deren objektive Änderung an (Steinwedel, in: Kasseler Kommentar, SGB X, Stand: März 2017, § 48 Rn. 14 m. w. N.).
Eine entsprechende Änderung der Verhältnisse im Hinblick auf den GdS sieht die Kammer als nicht nachgewiesen an.
Der Kläger unterfällt zweifelsohne dem Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 OEG. Nach dieser Vorschrift erhält eine Person, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG.
Das Vorliegen eines vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen den Kläger ist zwischen den Beteiligen unstreitig und auch das Gericht sieht es – unter Berücksichtigung der Feststellungen in den rechtskräftigen Urteile des Amtsgerichts St. X. vom 00.00.0000 und 00.00.0000 – als nachgewiesen an, dass der Kläger am 00.00.0000 Opfer einer brutalen Gewalttat geworden ist. So hat der Kläger vom damaligen Türsteher der Diskothek einen schweren Kopfstoß gegen die Nase erhalten und wurde von diesem und dem damaligen Kassierer durch Schläge und Tritte dergestalt misshandelten, dass er zuletzt die Besinnung verlor.
Die Kammer geht darüber hinaus aus, dass der Kläger neben dieser Gewalttat auch anderen erheblich belastenden Situationen ausgesetzt war, die indes nicht die Voraussetzungen für das Vorliegen eines vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriffs erfüllten (dazu unten mehr).
Weiteres Tatbestandsmerkmal ist das Vorliegen von gesundheitlichen Schädigungen. Beim Kläger liegen derzeit im Wesentlichen folgende gesundheitlichen Beeinträchtigungen vor:
1. Posttraumatische Belastungsstörung 2. Anhaltende wahnhafte Störung bei einer Persönlichkeitsakzentuierung mit schizoiden, emotional-instabilen und selbstunsicher-ängstlichen Merkmalen 3. Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode 4. Schädlicher Gebrauch von Alkohol, Cannabinoiden, Hypnotika 5. NSTEMI bei beginnender koronarer Herzkrankheit mit subtotaler Stenose des zweiten Septumastes, Mai 0000 6. Fortgeschrittene degenerative Veränderungen der HWS ohne neurologischen Reiz- oder Ausfallsymptome 7. Bandscheibenvorfall L4/5 rechts und mikrochirurgische Dekompression mit Sequestrektomie und Nervenwurzeldekompression, Mai 0000 8. Manifeste Hypothyreose 9. Leichte Vernarbung am rechten Unterkiefer 10. Schmelzabsplitterungen an den Zähnen 32, 42, 43, 45 und 45
Das Vorliegen dieser Gesundheitsbeeinträchtigungen steht nach Auffassung der Kammer aufgrund der im Verwaltungs- und Klageverfahren eingeholten Befund- und Arztberichte, sowie der Gutachten der Dr. Lehr-Ludwig sowie der Dr. I. fest. Die Gutachten beruhen auf umfangreichen Untersuchungen erfahrener gerichtlicher Sachverständigen, die unter Einsatz von diversen Hilfsmitteln durchgeführt worden sind. Die Kammer hat keinen Anlass an der Richtigkeit der in den Gutachten erhobenen medizinischen Befunde und gestellten Diagnosen zu zweifeln. Die Beteiligten haben auch keine substantiierten Einwände gegen die medizinischen Feststellungen erhoben.
Maßgeblich für das soziale Entschädigungsrecht sind von diesen gesundheitlichen Beeinträchtigungen freilich nur diejenigen, die kausal durch die maßgebliche Gewalttat von 0000 hervorgerufen worden sind.
Für die Frage der Kausalität gilt die sog. "Theorie der wesentlichen Bedingung". Eine Bedingung ist danach dann wesentlich - und damit im Entschädigungsrecht beachtlich - wenn sie neben anderen Bedingungen für den Eintritt der Rechtsfolge annähernd gleichwertig ist und innerhalb der Grenze liegt, die durch den Schutzzweck der Rechtsnorm gezogen wird (so Rohr/Sträßer/Dahm, Bundesversorgungsgesetz,7. Aufl., Stand: August 2016, § 1-58, m.w.N.; Gelhausen/Weiner, Kommentar zum OEG, 6. Aufl. 2015, B I 3 Rn. 16.).
Es genügt insoweit die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs, d. h. es muss nach der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang sprechen (vgl. Bundessozialgericht – BSG – Urteil vom 15.12.1999, B 9 VS 2/98 R = juris). Dabei ist insbesondere bei seelischen Beeinträchtigungen, anders als bei körperlichen Beschwerden, in der Regel – wie auch im vorliegenden Fall – besonders problematisch, den rechtlich nach den jeweiligen Entschädigungsgesetzen entscheidenden Vorgang - also das die Entschädigungspflicht auslösende Ereignis - als die wesentliche medizinische Ursache festzustellen. Es verbleibt – worauf das Bundessozialgericht in einschlägigen Fällen zu Recht hinweist - die Frage, ob nicht andere wesentlich mitwirkende Bedingungen, etwa eine bereits vorbestehende Anlage von Krankheitswert, für die Ausbildung einer seelischen Dauererkrankung vorhanden sind (BSG Urteil vom 12.06.2003, B 9 VG 1/02 R = juris ).
Teil C Ziffer 7 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze formuliert in diesem Zusammenhang:
"Die Anerkennung einer Gesundheitsstörung im Sinne der Entstehung setzt voraus, dass zur Zeit der Einwirkung des schädigenden Vorganges noch kein dieser Gesundheitsstörung zugehöriges pathologisches physisches oder psychisches Geschehen vorhanden war. Dies gilt auch, wenn auf eine Disposition zu der Gesundheitsstörung geschlossen werden kann. Sofern zur Zeit der Einwirkung des schädigenden Vorganges bereits ein einer Gesundheitsstörung zugehöriges pathologisches physisches oder psychisches Geschehen, wenn auch noch nicht bemerkt, vorhanden war, kommt nur eine Anerkennung im Sinne der Verschlimmerung in Frage, falls die äußere Einwirkung entweder den Zeitpunkt vorverlegt hat, an dem das Leiden sonst in Erscheinung getreten wäre, oder das Leiden in schwererer Form aufgetreten ist, als es sonst zu erwarten gewesen wäre. Von diesem Begriff der Verschlimmerung ist der Begriff der Verschlimmerung im Sinne einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse zu unterscheiden".
Unstreitig kausale Folge des Angriffs von 0000 sind beim Kläger die leichte Vernarbung am rechten Unterkiefer sowie die Schmelzabsplitterungen an den Zähnen 32, 42, 43, 45 und 45. Ein GdS resultiert unter Zugrundelegung Versorgungsmedizinischen Grundsätze hieraus indes nicht. Die übrigen körperlichen Beeinträchtigungen des Funktionssystems des Wirbelsäule und des Herz-Kreislauf-Systems sind, dies zur Überzeugung aufgrund der durchgeführten Ermittlungen fest, zweifelsfrei nicht auf das schädigende Ereignis von 0000 zurückzuführen sondern haben sich hiervon unabhängig entwickelt.
Es war für die Kammer mithin zu klären, ob die beim Kläger im Vordergrund stehenden psychischen Beeinträchtigungen allesamt im Sinne einer Entstehung oder aber im Sinne einer Verschlimmerung auf den Überfall von 0000 zurückzuführen sind.
Unter Berücksichtigung der im Rahmen dieses Verfahrens eingeholten Gutachten und Arztberichte sowie den ebenfalls umfangreichen medizinischen Ermittlungen in den Vorverfahren steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass bei dem Kläger ein komplexes psychisches Beschwerdebild besteht, welches aber nicht monokausal auf die Gewalttat 0000 zurückzuführen ist, sondern bei dem auch anderen Faktoren eine maßgebliche Rolle spielen. Beim Kläger findet sich nämlich eine Gemengelage psychischer Belastungssituationen. Maßgeblich für die Bewertung des GdS ist dabei freilich – wie oben ausgeführt – allein der Anteil des nach dem OEG maßgeblichen Ereignisses, konkret der Gewalttat von 0000.
Insoweit sind die Einflüsse der erheblichen schädigungsunabhängigen Vorbelastungen und Risikofaktoren des Klägers abzuschichten.
Hierbei ist zum einen zu berücksichtigen, dass der Kläger als Kind unter Sprachstörungen litt, die ein solches Ausmaß erreichten, dass der Kläger erst verspätet eingeschult werden konnte. Eine genaue Diagnostik der seinerzeit zugrundeliegenden Störung ist nicht vorhanden und retrospektiv auch wohl nicht mehr möglich (vgl. zur Möglichkeit von Sprachstörungen als Ausdruck kindlicher Psychosen etwa, Seidner, Neurotische und psychotische Störungen der Sprache, in: Wendler, Lehrbuch der Phoniatrie und Pädaudiologie, 4. Aufl. 2005, S. 323 ff [325]; zur kindlichen Sprachstörung als Risikofaktor für die Entwicklung wahnhafter Symptomatiken, vgl. Gutachten der Dr. M.-M., S. 142 f. unter Hinweis auf Nickl-Jockschat/Schneider, Klinikmanual Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, 2016; Schultze-Lutter/Schmidt, Ätiologie der Psychosen, in: Psychotherapie im Dialog 16 [03], 16 ff).
Soweit der Kläger im Laufe des Verwaltungsverfahrens und den verschiedensten Untersuchungen zahlreiche weitere Gewalterlebnisse aus seiner Kindheit und Jugend geschildert hat, hat die Kammer – mit dem Vorgutachter Dr. G. – Zweifel daran, ob und inwieweit diese Schilderungen als real erlebt eingeschätzt werden können oder ob es sich vielmehr um den Ausdruck krankheitsbedingter Wahnideen handelt. So sei seine Tante Opfer eines Gewaltverbrechens geworden (sie sei verbrannt aufgefunden worden), er habe mit anderen Kindern Leichenteile gefunden, er sei als Kind, als er mit seinem Dreirad fuhr, mit heißem Wasser verbrüht worden, auf ihn sei beim Spielen im Wald mit anderen Kindern geschossen worden, die Mutter eines Freundes habe sich angezündet, er sei als Kind von einem Auto angefahren worden. Es ist nach Ansicht der Kammer auffällig, dass es sich häufig um Vorfälle, die mit Feuer oder Verbrühungen zu tun haben, handelt. Insgesamt sieht die Kammer in der Schilderung dieser Erlebnisse mangels hinreichender Sicherheit insbesondere aber keinen Anknüpfungspunkt für etwaige Ansprüche nach dem OEG, etwa im Hinblick auf sog. "Schockschäden" (vgl. dazu allgemein Bischofs, SGb 2010, 693 ff.).
Als sicheres und einschneidendes Erlebnis ist der nach Auffassung der Kammer aber der Tod des Vaters zu sehen. Hier ist freilich auffällig, dass der Kläger in der aktuellen Begutachtung durch Dr. I. hierzu einen völlig anderen Sachverhalt schildert als bislang durchgängig.
Zum Tod des Vaters erklärte der Kläger noch 0000 gegenüber der Vorgutachterin Dr. T., dass er es damals nicht fertig gebracht habe, sich mit der Krankheit des Vaters auseinanderzusetzen. Er habe ihn auch nie im Krankenhaus besucht. Damit – so folgerte Dr. T. damals - erfuhr er kaum eine väterliche Identifikation. Zuvor, in der Rehabilitation 0000 in der Fachklinik I., beklagte sich der Kläger sogar insgesamt über einen Mangel an elterlicher Unterstützung und Anerkennung. Die ihn seinerzeit behandelnden Ärzte führten die beim Kläger vorhandenen "dysfunktionale Schemata" auch auf diese biographischen Gegebenheiten zurück. Auch der Vorgutachter Dr. G. kam 0000 ebenfalls zu der Einschätzung, dass der frühe Tod des Vaters einen entsprechenden Belastungsfaktor darstellt. Der Kläger habe diesen, als 12-Jähriger, weitgehend verdrängt, was rückblickend als Ausdruck der damit verbundenen Schwere der Belastung verstanden werden müsse.
Nun schildert der Kläger gegenüber der Gutachterin nach § 109 SGG, Frau Dr. I., völlig konträr zu den bisher durchgängig gemachten Schilderungen, dass er häufig gemeinsam mit der Mutter beim Vater im Krankenhaus gewesen sei. Insgesamt habe er ein sehr gutes Verhältnis zu seinen Eltern gehabt. Während der Kläger bislang durch seine Aussagen hatte deutlich werden lassen, er habe eine Auseinandersetzung mit der Erkrankung des Vaters und dessen Tod völlig abgewehrt, schildert er nun ein letztlich weitgehend normales Trauerverhalten. Diese Diskrepanz wird von der Gutachterin Dr. I. zwar festgestellt und– ohne dies erkennbar näher zu hinterfragen – der Beurteilung zugrunde gelegt. Dieses Vorgehen, welches sich im Gutachten der Frau Dr. I. auch an anderen Stellen wiederfindet, überzeugt die Kammer letztlich methodisch nicht. Die Kammer geht vielmehr davon aus, dass der Kläger zwischenzeitlich im Rahmen der verschiedenen Verfahren gelernt hat, seinen Vortrag anzupassen. Die Kammer geht mithin davon aus, dass der Tod des Vaters weiterhin ein einschneidendes Erlebnis für den Kläger war, welches er seinerzeit nicht hinreichend verarbeitet hat.
Für die Kammer steht des Weiteren hinreichend sicher fest, dass der Kläger Augenzeuge des S.-Unglücks vom 00.00.0000 geworden ist, bei dem seine damals schwangere Freundin ums Leben kam. Insbesondere dieses Ereignis hat den Kläger – davon geht die Kammer – unter Berücksichtigung der Vorgutachten sowie auch der aktuell eingeholten Gutachten der Dr. M.-M. und der Dr. I. aus – schwer traumatisiert. Es zeigten sich diesbezüglich beim Kläger während eines Aufenthalts in der Fachklinik I. im Jahr 0000, somit 15 Jahre nach dem Unglück, massive Flashbacks mit akustischen Halluzinationen und starker innerer Unruhe (vgl. Gutachten Dr. T. 0000). Der Vorgutachter Dr. G. berichtete in seinem Gutachten 0000, der Kläger leide insoweit – im Hinblick auf die ihn verfolgenden Bilder eines verbrennenden Mädchens, das ihn um Hilfe bat, während er von seinem Freund von der Unglücksstelle weggezogen wurde – unter einer schuldhaften Selbstwahrnehmung ("lieber wäre ich verbrannt als dem Kind nicht helfen zu können"). Das Unglück von S. stellt freilich – mangels vorsätzlicher Gewalttat - ebenfalls keinen Tatbestand dar, welcher im Rahmen des OEG als anspruchsbegründendes Ereignis in Betracht käme.
Schließlich sieht die Kammer eine weitere erhebliche Vorbelastung in dem vom Kläger betriebenen Alkohol- und Cannabismissbrauch. Diesbezüglich steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass dieser nicht erst im Nachgang zur Gewalttat 0000 eingesetzt hat, sondern dass der Kläger auch bereits vor dieser Zeit in erheblichem Maße auf Alkohol und Cannabis zurückgegriffen hat, und zwar konkret nach den Erlebnissen in S. So schilderte der Kläger gegenüber PD Dr. G. bei der Begutachtung 0000 er habe
"in der Nachfolge der S.-Katastrophe ( ) keine therapeutische Hilfe in Anspruch genommen, aber viele Drogen, vor allem Haschisch konsumiert. Damit sei es ihm irgendwie möglich geworden, das Ereignis zu überstehen."
In den aktuellen Begutachtungen schildert der Kläger auch insoweit ein völlig anderes Geschehen. So habe er vor dem Überfall lediglich mal ein Cola-Bier getrunken, Haschisch habe er vorher nicht geraucht sondern erst danach. Die Kammer wertet dies ebenfalls als eine zielgerichtete, an die Ergebnisse der letzten Begutachtungen angepasste, Behauptung des Klägers. Der Kläger hat in den zahlreichen Verfahren mittlerweile gelernt, welche Aspekte seines Vortrags in der Vergangenheit dazu geführt haben, dass ein höherer GdS von Seiten des Beklagten und der Gerichte nicht anerkannt worden ist. Es mag sich bei dem Kläger zwar, wie von der Gutachterin Dr. I. ausgeführt, um einen "einfach strukturierten Probanden" handeln. Dr. I. stellt aber auch fest, dass der Kläger in seinem Vortrag – und auch mit der Darstellung, er benötige mindestens einen GdS von 60 – durchaus zielgerichtet ist. Frau Dr. I. spricht in diesem Zusammenhang von einer "Schlitzohrigkeit" des Klägers. Die Kammer ist überzeugt davon, dass der Kläger im Rahmen der Begutachtungen versucht hat, nunmehr seine Angaben – mit dem Ziel der Erreichung eines höheren GdS – zu modifizieren und Aspekte, die sich in der Vergangenheit zu seinen Lasten ausgewirkt haben, nunmehr anders darzustellen. In diesem Zusammenhang verweist die Kammer auch darauf, dass durch den Gutachter PD Dr. L. Auffälligkeiten im Rahmen der testpsychologischen Untersuchung festgestellt worden sind, die eine gewisse Aggravation beim Kläger nicht ausgeschlossen erscheinen lassen.
Terminologisch ist in diesem Zusammenhang zwischen Simulation, Aggravation und dem Bestehen von Verdeutlichungstendenzen zu unterscheiden. Unter Simulation versteht man dabei im Allgemeinen das bewusste und absichtliche Präsentieren von Beschwerden, die tatsächlich nicht erlebt werden (vgl. Widder/Gaidzik, Begutachtung in der Neurologie, 2. Aufl. 2011, S. 65 ff.; Hausotter, Neurologische Begutachtung, 2006, S. 158; Nedopill/Müller, Forensische Psychiatrie, 4. Aufl.2012, S. 213 ff.; Venlaff/Foerster/Dreßing/Habermeyer, Psychiatrische Begutachtung, 6. Aufl. 2015, S. 23). Aggravation meint demgegenüber die verschlimmernde bzw. überhöhende Darstellung tatsächlich vorhandener krankhaften Störungen zum Zweck der Erlangung von Vorteilen (vgl. Widder/Gaidzik, Begutachtung in der Neurologie, 2. Aufl. 2011, S. 66 ff.; Venlaff/Foerster/Dreßing/Habermeyer, Psychiatrische Begutachtung, 6. Aufl. 2015, S. 23; vgl. auch Hausotter, Neurologische Begutachtung, 2006, S. 158; Nedopill/Müller, Forensische Psychiatrie, 4. Aufl.2012, S. 213 ff.). Bei Verdeutlichungstendenzen handelt es sich um den mehr oder weniger bewussten Versuch, den Gutachter vom Vorhandensein der geklagten Symptome zu überzeugen. Letzteres ist in Begutachtungssituationen durchaus üblich und nicht mit einer Simulation oder Aggravation zu verwechseln (Venlaff/Foerster/Dreßing/Habermeyer, Psychiatrische Begutachtung, 6. Aufl. 2015, S. 23). Ausgehend von den Ergebnissen des Zusatzgutachtens des PD Dr. L. sind beim Kläger Aggravationstendenzen jedenfalls nicht ausgeschlossen. Die Gutachterin M.-M. schließt sich dieser Einschätzung an. Demgegenüber kann Dr. I. entsprechende Tendenzen nicht feststellen. Nun gibt der Kläger freilich ihr gegenüber auch an, er habe bei der Untersuchung durch PD Dr. L. letztlich nur schnell fertig werden wollen und mithin nicht adäquat geantwortet. Diese Erklärung für das Ergebnis des Gutachtens wird nach Auffassung der Kammer aber nicht den hohen Standards des Gutachtens des erfahrenen Gutachters Dr. L. und der darin verwendeten Testungen gerecht. Vielmehr ist die Annahme von jedenfalls Aggravation durchaus kongruent mit den oben geschilderten "angepassten" Sachverhaltsschilderungen.
Auffällig ist für die Kammer auch, dass der Kläger angibt, er sei "durch seinen Prozessbevollmächtigten bedrängt" worden, sich weiter untersuchen zu lassen. Dies erachtet die Kammer, nach Einholung einer Stellungnahme des Prozessbevollmächtigten im Rahmen der mündlichen Verhandlung, für unzutreffend. Von Seiten des Prozessbevollmächtigten ist der Kläger vielmehr lediglich auf die prozessualen Möglichkeiten, die dem Kläger aus anderen Verfahren auch bekannt waren, hingewiesen worden. Von einem "Drängen" in die vom Kläger nach eigenen Angaben als so belastend empfundene Gutachtensituation kann nach Auffassung der Kammer vor dem Hintergrund der Darstellung des Prozessbevollmächtigten, an deren Richtigkeit kein Grund zum Zweifeln besteht, nicht gesprochen werden. Hier versucht der Kläger nach Einschätzung der Kammer gegenüber der Gutachterin vielmehr in die Rolle eines Getriebenen in diesem Prozess statt des tatsächlich agierenden aktiven Klägers zu schlüpfen.
Nach alledem steht zur Überzeugung der Kammer unter Berücksichtigung der vorliegenden medizinischen Unterlagen, insbesondere unter Auswertung der Gutachten und Stellungnahmen des Dr. T., des Dr. K., des Herrn S., der Dr. T., des Dr. H., des PD Dr. G., der Dr. M.-M. und der Dr. I. sowie auch der Befundberichte der behandelnden Ärzte und Psychotherapeuten fest, dass beim Kläger insgesamt bereits vor der Gewalttat von 0000 erhebliche psychische Vorbelastungen bestanden (insbesondere die kindliche Entwicklungsstörung, der frühe Tod des Vater, die Katastrophe von S. und der Missbrauch von Alkohol und insbesondere Haschisch),die im Hinblick auf das aktuell festzustellende psychische Bild des Klägers eine maßgebliche Rolle spielen.
Es steht zur Überzeugung der Kammer in diesem Zusammenhang auch fest, dass eine Einbeziehung der anhaltenden wahnhaften Störung des Klägers bei einer Persönlichkeitsakzentuierung mit schizoid, emotional-instabilen und selbstunsicher-ängstlichen Merkmalen sowie der rezidivierenden depressiven Störung, (gegenwärtig mittelgradige Episode) nicht als eigenständige Schädigungsfolgen in Betracht kommt, da diesbezüglich nach der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung keinesfalls mehr für als gegen einen Zusammenhang dieser Erkrankung mit der Gewalttat spricht.
Nach den Darstellungen der Gutachterin Dr. M.-M., der sich die Kammer anschließt, ist ätiologisch für wahnhafte Störung auf ein komplexes Zusammenspiel genetischer und umweltassoziierter Risikofaktoren hinzuweisen. Bei letztgenannten sind insbesondere der Konsum von illegalen Drogen, vor allem Cannabis, Amphetamine und psychosozialer Stress, aber auch – in jüngeren Jahren – verzögerte sprachliche und motorische Entwicklung, geringer IQ sowie die Vernachlässigung und früher Verlust von Eltern zu nennen (M.-M ... S. 142 f., unter Hinweis auf Nickl-Jockschat/Schneider, Klinikmanual Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, 2016; Schultze-Lutter/Schmidt, Ätiologie der Psychosen, in: Psychotherapie im Dialog 16 [03], 16 ff.).
Es zeigt sich mithin, dass die Annahme einer monokausalen Entstehungsbedingung für Psychosen nicht statthaft ist, sondern auch insoweit von einer multifaktoriellen Genese auszugehen ist. Wie bereits oben dargelegt, finden sich eine Vielzahl von – vom schädigenden Ereignis unabhängigen – Risikofaktoren beim Kläger, wie etwa der frühe Verlust des Vaters, die verzögerte sprachliche Entwicklung und der nach der S.-Katastrophe einsetzende Konsum von Cannabis. Als ein weiterer Aspekt ist in diesem Zusammenhang dann auch die Gewalttat von 1991 zu nennen. Mit der Gutachterin Dr. M.-M. – und im Ergebnis im Übrigen auch mit Frau Dr. I. - ist es nach Auffassung der Kammer vor diesem Hintergrund nicht zulässig, die Wahnvorstellungen als eigene Schädigungsfolge anzuerkennen. Es ist vielmehr weiterhin so, wie bereits von Frau Dr. T. in ihrem Gutachten 0000 festgestellt, dass es bei bestehender Vulnerabilität des Klägers nach 0000 zu einer Verschlimmerung eines vorhandenen Vorschadens gekommen ist.
Dies vorausgeschickt, ist nach Auffassung der Kammer eine wesentliche Verschlimmerung der kausal mit dem schädigenden Ereignis verbundenen Beeinträchtigungen seit dem letzten maßgeblichen Bescheid nicht hinreichend objektiviert.
Schon damals wurden die Verfolgungsideen des Klägers beschrieben. Aus diesem Grund war der Kläger bereits häufig umgezogen und achtet darauf, dass seine Adresse nicht Dritten bekannt wird. Er beschrieb auch bereits damals schwankenden Stimmungen. Während er seinerzeit freilich noch ausführte, nach dem tragischen Ende seiner ersten Beziehung, seien weitere Beziehungen allesamt zerbrochen und er sei daher nicht an einer neuen Beziehung interessiert, hat sich dies zwischenzeitlich offenbar geändert, ist der Kläger doch am 00.00.0000 eine Ehe eingegangen. Diese, so ließ er nun freilich im Rahmen der mündlichen Verhandlung vortragen, sei mittlerweile aufgrund seines psychischen Zustands ebenfalls gescheitert. Der Kläger arbeitet nach eigenen Angaben seit nunmehr 30 Jahren in derselben Firma, derzeit von ca. morgens um 7.00 Uhr bis 17.00 Uhr. Abends schaue er Fernsehen; Er kümmert sich selbst um seine Verpflegung auf der Arbeit und auch im die Einnahme seiner Medikamente. Der Kläger fährt noch selbst einen PKW. Er wohne bei seiner Mutter, die ihn bislang bekocht habe; nun koche seine Ehefrau. Seine Wohnung mache er selbst sauber, bzw. nun übernehme das seine Ehefrau. Diese habe einen "Putzfimmel". Zu Hobbies befragt, führt der Kläger aus, dass er in der Vergangenheit einen Schäferhund gehabt habe. Diesen habe er zwischenzeitlich eingeschläfert. Er habe nun keine Zeit mehr für einen Hund; er habe eine Katze. Hobbies habe er im Übrigen nicht mehr. Als Freund bezeichnet der Kläger nur eine Person, andere Freunde habe er nicht. Eine wesentliche Verschlimmerung, insbesondere im Hinblick auf die Schädigungsfolgen, vermag die Kammer hier nicht zu erkennen.
Die beim Kläger bestehende Schädigungsfolge der posttraumatischen Belastungsstörung, bedingt, nach Auffassung der Kammer weiterhin gemäß Teil B Ziffer 3.7 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze einen GdS von 50.
Der Kläger leidet, dies erkennt auch die Kammer an, weiter an erheblichen psychischen Beeinträchtigungen, insbesondere den wahnhaften Vorstellungen. Durch diese wird der Kläger wesentlich in seiner Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit eingeschränkt. Indes ist zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits zuvor durch die oben ausführlich geschilderten Faktoren erheblich psychisch vorgeschädigt war. Der Kläger versuchte zuvor die vorhandenen – nicht auf ein nach dem OEG relevantes Schädigungsereignis zurückzuführenden – Traumen mit Medikamenten- und Drogenkonsums (einschließlich Alkohols) selbst zu behandeln. Auch die beschriebenen Halluzinationen in der Fachklinik Hochsauerland im Zusammenhang mit den Hubschraubergeräuschen deuten nach Einschätzung der Kammer – wie auch schon 0000 – weiterhin darauf hin, dass die psychotische Dekompensation des Klägers eine innerliche inhaltliche Nähe zur S.-Katastrophe hat. Dieser und die anderen Vorschäden sind, dies steht für die Kammer aufgrund des Gutachtens der Frau Dr. M.-M. fest, maßgeblich für den psychischen Zustand des Klägers, was bei der Frage der Höhe des GdS zu berücksichtigen ist. Der Kläger leidet zweifellos erheblich unter den Verfolgungsvorstellungen; auf der anderen Seite gelingt es ihm durchaus noch Gewinn und Freude aus seiner Arbeit zu ziehen und ihm ist es in der Zwischenzeit gelungen, sich einem weiteren Menschen, seiner Ehefrau zu öffnen. Wenngleich insgesamt die psychische Beeinträchtigungen insgesamt mit einem GdB von mehr als 50 zu beschreiben sind, so sind – wie bereits mehrfach ausgeführt – hier lediglich die auf den Überfall zurückzuführenden Beeinträchtigungen maßgeblich.
Diese bedingen indes unter Berücksichtigung des Gutachtens der Frau Dr. M.-M. weiterhin keinen GdS von mehr als 50, da ein wesentlicher Teil der Beeinträchtigungen mit großer Wahrscheinlichkeit schädigungsunabhängig auf dem vorhandenen Vorschaden beruht. Ein GdS von 50 beschreibt aber nach Auffassung der Kammer – eingedenk der bereits oben beschriebenen Abgrenzungsschwierigkeiten - die im Hinblick auf das schädigende Ereignis kausal entstandenen Beeinträchtigungen durchaus noch zutreffend. Hierbei wird Bezug genommen auf Ziffer 3.7 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze und vergleichend auf Ziffer 3.6. Soweit die Gutachterin Dr. I., hier einen – ebenfalls im maßgeblichen Bewertungskorridor 50 bis 70 liegenden – GdS von 60 vorschlägt, entbehrt dieser nach Auffassung der Kammer einer hinreichend sicheren Grundlage, geht die Gutachterin doch weitgehend ungeprüft von einem neuen Sachverhalt aus, den der Kläger ihr präsentiert (vgl. dazu bereits oben). Nach Auffassung der Kammer ist hierdurch aber eine Verschlechterung des Grades der Schädigungsfolge nicht hinreichend objektiviert.
Da die Schädigungsfolgen auf körperlichem Gebiet keinen GdS rechtfertigen ist mithin insgesamt weiterhin ein GdS von 50 in Ansatz zu bringen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
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