S 1 KR 115/17

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 1 KR 115/17
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KR 645/17 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 29.11.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.03.2017 verurteilt, an das GGD Zuid M. zur anteiligen Begleichung der Rechnung vom 21.04.2016 507 EUR zu überweisen. Die Klage wird im Übrigen abgewiesen. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu ¾, im Übrigen der Kläger selbst. Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme der Kosten eines grenzüberschreitenden Rettungswageneinsatzes von den Niederlanden nach Deutschland streitig.

Der 0000 geborene Kläger erlitt am 12.04.2016 in W./Niederlande einen Schlaganfall und wurde mit einem alarmierten Rettungswagen des zuständigen Gemeenenschap-pelijike Gzondheidsdienstes (GGD) Zuid M., in das nächstgelegene Krankenhaus, das etwa 4 km entfernte Universitätsklinikum B. in Deutschland eingeliefert und dort stationär behandelt.

Unter Vorlage einer an den Kläger persönlich gerichteten Rechnung der GGD vom 21.04.2016 über 684,73 EUR beantragte der Kläger am 28.04.2016 bei der Beklagten, bei der er gesetzlich versichert ist, die Kostenübernahme. Nachdem die Beklagte den Kläger zunächst auf eine Abrechnung über seine europäische Krankenversicherungskarte verwiesen und die GGD dies abgelehnt hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29.11.2016 eine Kostenübernahme ab. Kosten des Rücktransports bei Erkrankung im Ausland seien von der Übernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) ausdrücklich ausgenommen. Der Rücktransport aus dem Ausland sei erst dann beendet, wenn der Patient einer geeigneten Behandlungsseite innerhalb des Geltungsbereichs des Sozialgesetzbuches zugeführt worden sei. Auch eine Kostenbeteiligung (ab bundesdeutscher Grenze, in Höhe vergleichbarer innerdeutscher Transporte) komme daher nicht Betracht. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbe-scheid vom 08.03.2017). Die Beklagte blieb ergänzend gestützt auf § 60 Abs. 4 SGB V, wonach keine Pflicht der gesetzlichen Krankenversicherung auf Übernahme der Kosten, die durch einen Rücktransport bei Erkrankung im Ausland entstanden sind, bestehe, bei ihrer Auffassung.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner am 24.03.2017 vor dem Sozialgericht B. er-hobenen Klage, zu deren Begründung er ausführt, er habe einen Anspruch gemäß § 60 SGB V. Der Ausnahmetatbestand des Abs. 4 der Vorschrift liege nicht vor. Es handele sich nicht um einen Rücktransport aus dem Ausland, sondern um einen Notfall verbunden mit der Fahrt zum nächstgelegenen Krankenhaus. Er habe den Rechnungsbetrag nicht überwiesen und – so seine Einlassung im Rahmen der mündlichen Verhandlung – gedenke, dies auch nicht zu tun.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 29.11.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.03.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Kosten des Kranken-transports vom 12.04.2016 i.H.v. 684,73 EUR zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat eine Auskunft der Städteregion B. vom 08.08.2017 eingeholt, wegen derer Einzelheiten auf Bl. 14 der Gerichtsakte verwiesen wird. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Gericht beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Ihre Inhalte waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Anfechtungs- und Leistungsklage ist im tenorierten Umfang begründet und im Übrigen unbegründet.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Kostenübernahme i.H.v. 507 EUR. Insoweit ist der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 29.11.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.03.2017 rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 54 Sozial-gerichtsgesetz [SGG]).

Anspruchsgrundlage ist § 60 SGB V; danach gilt soweit vorliegend einschlägig: Die Krankenkasse übernimmt die Kosten der Rettungsfahrt zum Krankenhaus abzüglich der Zuzahlung durch den Versicherten (§ 60 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 61 S. 1 SGB V). Soweit die Beklagte unter Hinweis auf § 60 Abs. 4 S. 1 SGB V eine Kostenübernahme (gänzlich) ablehnt, ist dies nicht gesetzeskonform. Zwar werden nach dieser Norm die "Kosten des Rücktransports in das Inland" nicht übernommen. Um einen solchen Rücktransport han-delt es sich indes bei der grenzüberschreitenden Inanspruchnahme eines Rettungsfahrzeugs mit dem Ziel, wie vorliegend das nächstgelegene Krankenhaus im vorliegenden Notfall zu erreichen, nicht.

Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Abs. 4 S. 1, der nicht den weiten Begriff der in Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 2 definierten "Fahrtkosten" übernimmt und daher nicht gleichzusetzen ist mit den dort umfassten Krankenfahrten (Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4), Rettungsfahrten (Abs. 2 Nr. 2) und Krankentransporte (Abs. 2 Nr. 3) – eine Dreiteilung, die sich auch in der Krankentransport-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (§ 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 12 SGB V) findet. Der Begriff des Rücktransportes in Abs. 4 ist vielmehr enger auszulegen und auf die Fälle der Krankenfahrten und -transporte im Sinne des § 60 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 SGB V zu begrenzen.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat zwar das Tatbestandsmerkmal "Rücktransport" als "jede Rückreise von einem vorübergehenden Auslandsaufenthalt in das Inland" definiert (BSG, Urteil vom 23.02.1999, B 1 KR 1/98 R, nach juris Rdnr. 22) und darunter Fahrten zur stationären Weiterbehandlung in Deutschland (etwa in den Urteilen vom 10.10.1978, 3 RK 75/77 und vom 23.02.1999, B 1 KR 1/98 R), Fahrten zur stationären Weiterbehandlung am Wohnort (Urteil vom 28.03.1979, 3 RK 92/77) und Fahrten zur Wohnung nach Behandlungsabschluss (Urteil vom 09.02.1983, 5a RKn 24/8) subsummiert. Der Transport zum nächstgelegenen Krankenhaus mit einem auf Veranlassung der zuständigen Rettungsleitstelle organisierten Rettungswagen zur Notfallversorgung ist zwar ebenfalls grenzüberschreitend, aber mit einer solchen "(Rück-)Reise" auf Veranlassung des Patienten nicht gleichzusetzen. Nichts anderes ergibt sich aus der maßgeblichen Begründung des BSG, der als wesentliche Ursache für den (nicht erstattungsfähigen) Rücktransport nicht die Erkrankung am Urlaubsort, sondern die freiwillige Entfernung aus dem Krankenbereich angesehen hat (BSG, Urteil vom 10.10.1978 a.a.O.). Denn vorliegend ist einzige Ursache für die Verbringung des Klägers aus den Niederlande nach Deutschland die Grenznähe der deutschen Klinik als nächst gelegener Behandlungsort zu sehen, der im Notfall alternativlos anzusteuern war. Die Fahrt nach Deutschland beruht auf einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung über eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit im öffentlichen Rettungsdienst in der Euregio Maas-Rhein, eine örtlich begrenzte grenzüberschreitende Zusammenarbeit in einer Region, zu der auch die Städteregion B und Süd-M- gehören (vgl. EMRIC, Grenzüberschreitende Hilfelistung in der Euregio Maas-Rhein, Seite 116 m.w.A.). Dieser zufolge war nicht das nächstgelegene niederländische Krankenhaus in I. bzw. L. (beide über 17 km entfernt von W.), sondern das nachgelegene Krankenhaus, das nur 4 km entfernte Universitätsklinik in B. anzufahren.

Soweit der Gesetzgeber die Einführung des § 60 Abs. 4 Satz 1 SGB V mit einer Verall-gemeinerung der Rechtsprechungspraxis des Bundessozialgerichts (BSG) "für alle Ver-sicherungsfälle, die außerhalb des Geltungsbereichs des 5. Buchs SGB eingetreten sind" (vergleiche Begründung zu § 68 Abs. 4 des Entwurfs in BT-Drucksache 11/2237 S.187) begründet hat, was darauf schließe lassen könnte, dass auch grenzüberschreitende Rettungseinsätze erfasst werden sollten, ist dies in dieser Absolutheit im (die Auslegung begrenzenden Wortlaut) Tatbestandsmerkmal "Rücktransport" nach Auffassung der Kammer, die im Übrigen daran zweifelt, dass der Gesetzgeber auch die vorliegende Fallgestaltung in den Blick genommen hat, jedenfalls nicht zum Ausdruck gekommen.

Der Primäranspruch des Kläger auf Kostenübernahme - abzüglich der ihm nach § 60 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 61 Satz 1 SGB obliegenden Zuzahlung in Höhe von 10,00 EUR - wird auch nicht (gänzlich) dadurch ausgeschlossen, dass er sich bei Beginn der Rettungsfahrt bis zur deutsch-niederländischen Grenze im Ausland aufgehalten hat. Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ruht zwar der Anspruch auf Leistungen der Krankenkasse während eines Auslandsaufenthalts. Versicherte können aber notwendige medizinische Leistungen (im Rahmen der Verpflichtung der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung) bei vorübergehendem Aufenthalt im EWR-Ausland (EU und EWR-Staaten) seit dem 01.01.2004 wahlweise auf Basis von zwei verschiedenen Rechtsgrundlagen geltend machen:

- entweder als (über die Europäische Krankenversicherungskarte unmittelbar zwischen ausländischem Leistungserbringer und der deutschen Krankenkasse abgerechnete) Sachleistung auf Basis des überstaatlichen Rechts nach Maßgabe der EG-Verordnung (EG-VO) Nr. 883/2004 vom 29.04.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und zwischenzeitlich der EG-DurchführungsVO Nr. 987/2009 vom 16.09.2009 oder - auf Basis des innerstaatlichen Rechts im Rahmen des § 13 Abs. 4 bis 6 SGB V i.V.m. der jeweiligen Satzung der Krankenkasse.

Vorliegend wurde die Leistung (Rettungstransport nach Deutschland) nicht als Sachleistung gewährt und über die Europäische Krankenversicherungskarte abgerechnet, sondern dem Kläger persönlich in Rechnung gestellt. Dies steht im Einklang mit den europa-rechtlichen Vorschriften. Gemäß Art. 19 Abs. 1 und Art. 27 Abs. 1 EG-VO 883/2004 hat ein Versicherter, der sich in einem anderen als dem Wohnmitgliedsstaat vorübergehend aufhält, Anspruch auf die Sachleistungen, die sich während seines Aufenthalts als me-dizinisch notwendig erweisen, wobei die Art der Leistung und die Dauer des Aufenthalts zu berücksichtigen sind. Nach Art. 25 Abs. 3 EG-DurchführungsVO 987/2009 sind diese Sachleistungen solche, die im Aufenthaltsmitgliedsstaat nach dessen Rechtsvorschriften erbracht wurden und sich als medizinisch notwendig erweisen, damit der Versicherte nicht vorzeitig in den zuständigen Mitgliedsstaat zurückkehren muss, um dort die erforderlichen medizinischen Leistungen zu erhalten. Ein solcher Fall ist vorliegend indes nicht gegeben, da der Kläger nicht in ein niederländisches Krankenhaus verbracht wur-de, sondern gerade in den zuständigen Mitgliedsstaat – den Wohnmitgliedsstaat Deutschland – zurückgekehrt ist, um dort behandelt zu werden. Der Sondertatbestand des Art. 37 EG-VO 883/2004, der den grenzüberschreitenden Transport eines Versicher-ten (im Geltungsbereich des EU-Rechts) zu einem Krankenhaus im Wohnmitgliedsstaat als Sachleistung vorsieht, gilt nur für Versicherte, die einen Arbeitsunfall erlitten haben oder an einer Berufskrankheit leiden. Eine solche Konstellation ist vorliegend nicht gegeben, so dass hier nur der Erstattungsweg gemäß § 13 Abs.4 bis 6 SGB V in Betracht kommt.

Nach § 13 Abs. 4 S. 1 SGB V sind Versicherte (soweit wie der Kläger nicht sog. Resident im Ausland) berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ( ) anstelle der Sach- oder Dienstleistung Im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen (Satz 1, 1. Halbsatz). Als Leistungserbringer zählen nach § 133 SGB V, der im mit der Überschrift "Beziehungen zu sonstigen Leistungserbringern" im achten Abschnitt des SGB V eingegliedert ist, auch Rettungsdienste.

Auch die Voraussetzung des § 13 Abs. 4 S. 2 SGB V ist erfüllt. Danach dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der von dem Kläger im vorliegenden Notfall – über die alarmierte niederländische Rettungsleitstelle – in Anspruch genommenen Rettungsdienst des für die niederländische Region W. zuständigen kommunalen Gesundheitsdienstes (GGD Zuid M.) ist ein qualifizierter ausländischer Leistungserbringer im Sinn der Vorschrift. Im niederländischen Gesetz über Rettungstransporte (Wet Ambulancevervoer, WAV) sind die Befugnisse und Zuständigkeiten des Staates (Reichs), der Provinzen und der Kommunen im Hinblick auf die rettungsdienstliche Versorgung in den Niederlanden festgelegt. Das Gesetz schreibt vor, dass der Transport von Patienten ausschließlich im Auftrag der zentralen Meldestelle für Rettungstransporte (Meldkamer Ambulancezorg, MKA), durchgeführt werden darf. Rettungsdienstliche Transporte werden nur von Unternehmen durchgeführt, die eine entsprechende Genehmigung der Provinz besitzen (vgl. EMRIC, Grenzüberschreitende Hilfeleistung in der Euregio Maas-Rhein, Seite 72).

Der Anspruch auf Erstattung besteht (anders als in dem Fall der Sachleistung, bei der die ausländischen Regelungen maßgeblich sind) nach § 13 Abs. 4 Satz 3 SGB V jedoch höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Für die insofern erforderliche Vergleichsberechnung hat die Kammer die zum Zeitpunkt der vorliegenden Leistungserbringung am 12.04.2016 geltende Gebührensatzung der Städteregion B. für den Rettungsdienst und für die Leitstelle in der Fassung vom 11.12.2014 (amtliches Mitteilungsblatt der Städteregion B. vom 15.12.2014, Seite 97 f.) unter Berücksichtigung der von der Leiterin des Amtes für Ordnungsangelegenheiten, Rettungswesen und Bevölkerungsschutz der Städteregion B. vom 08.08.2017 erteilten Auskunft, wegen derer Einzelheiten auf Bl. 14 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen wird, zugrundegelegt. Danach ergibt sich folgendes:

Im Falle eines Schlaganfalles würde in Nordrhein-Westfalen neben einem Rettungswagen immer ein Notarzteinsatzfahrzeug von der Leitstelle mit entsandt, so dass im Inland (bezogen auf die Städteregion B.) gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 und 4, § 4 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 der o.a. Gebührensatzung folgende Kosten (Gebühren) für den Rettungseinsatz entstanden wären:

283,00 EUR für den Einsatz mit einem Rettungswagen (RTW) 188,00 EUR für den Einsatz des Notarzteinsatzfahrzeuges 34,00 EUR für die Inanspruchnahme der Leitstelle (Einsatz des RTW) 12,00 EUR für die Inanspruchnahme der Leitstelle (Notarzteinsatzfahrzeug) 517,00 EUR - 10,00 EUR Zuzahlung des Versicherten (§ 60 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 61 S. 1 SGB V) 507,00 EUR

Ein Ansatz der Kosten für die Inanspruchnahme eines Notarztes in Höhe von weiteren 268,00 EUR (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 der o.a. Gebührensatzung) kommt indes nicht in Betracht. Zwar wäre in Deutschland ein Notarzt bei einem vergleichbaren Rettungsfall eingesetzt worden, eine solche Leistung hat der Kläger indes in den Niederlanden nicht in Anspruch genommen. Das niederländische Rettungsdienstsystem verzichtet im Regelfall gänzlich auf den Einsatz von Notärzten, dafür ist das Personal, insbesondere der Beifahrer eine Ambulanz, der die Patienten zu betreuen hat, wesentlich intensiver und länger ausgebildet als ein deutscher Rettungsassistent. Während der Niederländer eine ca. siebenjähri-ge Ausbildung durchläuft, dauert die Berufsausbildung des Deutschen Rettungsassis-tenten zwei Jahre. Das nicht-ärztliche Personal des Deutschen Rettungsdienstes wird allerdings durch ein flächendeckendes Notarztsystem unterstützt. Da der Kläger dem System in den Niederlanden entsprechend keinen Notarzt in Anspruch genommen hat, scheidet auch ein entsprechender Gebührenansatz aus. Der Umstand, dass er durch intensiver ausgebildete Rettungskräfte versorgt wurde, wird zur Überzeugung der Kammer durch den fiktiven Ansatz einer Gebühr für den Einsatz des Notarzteinsatzfahrzeuges kompensiert.

Nach alledem hat der Kläger nach Maßgabe des § 13 Abs. 4 SGB V grundsätzlich einen Anspruch auf Erstattung i.H.v. 507,00 EUR und damit lediglich auf einen Teil der ihm für den Einsatz des Rettungswagens in Rechnung gestellten 684,73 EUR. Gleichwohl hat die Kammer die Beklagte nicht zur Erstattung, sondern zur Zahlung dieses Betrages an den niederländischen Leistungsträger GGD verurteilt. Zwar sieht § 13 Abs. 4 SGB V mangels Integration der ausländischen Leistungserbringer in das deutsche Leistungserbringungssystem lediglich eine Erstattung vor, gleichwohl hat die Kammer die Beklagte verurteilt, den ihr obliegenden Teilbetrag unmittelbar an die GGD Zuid M. zahlen, da der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung eine persönliche Begleichung der wei-terhin unbezahlten Rechnung kategorisch abgelehnt hat.

In Hinblick auf den "Erstattungsbetrag" in Höhe von 507,00 EUR übersteigenden Betrag (177,73 EUR) ist seine Klage unbegründet, insbesondere bleibt für die Anwendung des § 13 Abs. 3 SGB V kein Raum mehr (BSG, Urteil vom 30.06.2009, B 1 KR22/08 R) und war daher insoweit (im Übrigen) abzuweisen.

Die Kostenentscheidung entspricht in der Quotelung der Teile des Obsiegens (§ 193 SGG).

Die Kammer hat die Berufung nicht zugelassen. Nach der Einlassung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung ist dort kein Vergleichsfall bekannt und auch die juris Recherche zeigt keinen Vergleichsfall auf, so dass die Kammer der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung beigemessen hat und auch von der höchst richterlichen Rechtsprechung nicht abweicht (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved