Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 13 KR 139/17
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Der Streitwert wird auf 3.136,38 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf (Rest-)Vergütung wegen erbrachter Krankenhausbehandlungsleistungen in Höhe von 3.136,38 EUR.
Die Klägerin betreibt ein zugelassenes Krankenhaus. Dort behandelten ihre Ärzte stationär vom 01.03. bis 17.03.2016 den am 00.00.0000 geborenen, bei der Beklagten versicherte H.N. (im Folgenden: Versicherter). Hierfür stellte die Klägerin der Beklagten unter dem 25.05.2016 eine Vergütung von 6.470,99 EUR in Rechnung. Nach Überprüfung der Abrechnung durch ihren Sozialmedizinischen Dienst (SMD) überwies die Beklagte lediglich 3.334,61 EUR mit der Begründung, die Länge des stationären Aufenthaltes sei nicht plausibel; der Versicherte hätte bereits am 10.03.2016 entlassen werden können.
Am 04.04.2017 hat die Klägerin Klage auf Zahlung von 3.136,38 EUR erhoben.
Das Gericht hat zur Klärung des medizinischen Sachverhaltes, insbesondere zur Notwendigkeit der Verweildauer des Versicherten in stationärer Krankenhausbehandlung ein medizinisches Sachverständigengutachten von Dr. B. eingeholt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf dessen Gutachten vom 22.05.2017 verwiesen.
Die Klägerin hat darauf verwiesen, nicht nur der SMD, sondern auch der Sachverständige habe die Pflegebedürftigkeit des Versicherten verkannt; dieser habe unter starken Belastungsschmerzen gelitten; es sei die Gabe von Schmerzinfusionen notwendig gewesen und es habe eine beaufsichtigungspflichtige Dysphagie bestanden. Der Versicherte habe am 10.03.2016 noch nicht entlassen werden können, weil er nicht zuhause habe gepflegt werden können. Die Klägerin meint, unter diesen Umständen habe eine weitere Behandlung im Krankenhaus erfolgen müssen, die nicht unbedingt in einer ärztlichen Behandlung habe bestehen müssen. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichtes (BSG) vom 10.04.2008 (B 3 KR 19/05 R) sei es zwar grundsätzlich so, dass in den Fällen, in denen zunächst eine stationäre Krankenhausbehandlung notwendig gewesen sei, das weitere Behandlungsziel aber durch eine ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden könne, das Risiko nicht die gesetzliche Krankenversicherung trage. Das BSG habe in dem genannten Urteil aber auch ausgeführt, dass der Fall anders zu betrachten sei, wenn der Versicherte in der Zeit bis zu seiner anderweitigen Unterbringung weiterhin behandelt werden müsse, insbesondere um die Verschlimmerung seiner Krankheit zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern, und hierfür die besonderen Mittel des Krankenhauses erforderlich seien, etwa weil ambulante Alternativen nicht zur Verfügung stünden. Dann könne nach der Rechtsprechung des BSG ein weiterer Anspruch aus § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V begründet sein und infolgedessen auch ein weiterer Vergütungsanspruch des Krankenhauses. Die Klägerin ist der Auffassung, dass vorliegend ein solcher Fall gegeben sei.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihr 3.136,38 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.06.2016 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verbleibt bei ihrer bisherigen Auffassung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Patientenakte der Klägerin betreffend den Behandlungsfall des Versicherten sowie die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Bei einer auf Zahlung der (Rest-)Vergütung wegen der Behandlung eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhauses gegen eine Krankenkasse geht es um einen so genannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteil vom 17.06.2000 – B 3 KR 33/99 R = BSGE 86,166 = SozR 3-2500 § 112 Nr. 1; Urteil vom 23.07.2002 – B 3 KR 64/01 R = SozR 3-2500 § 112 Nr. 3). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten.
Die Klage ist jedoch nicht begründet.
Rechtsgrundlage des geltenden gemachten restlichen Vergütungsanspruchs der Klägerin ist § 109 Abs. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. dem aus § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V folgenden Krankenhausbehandlungsanspruch der Versicherten. Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten (BSG, Urteil vom 13.12.2001 – B 3 KR 11/01 R = SozR 3-2500 § 112 Nr. 2; Urteil vom 23.07.2002 – B 3 KR 64/01 R = SozR 3-2500 § 112 Nr. 3). Die näheren Einzelheiten über Aufnahme und Entlassung der Versicherten, Kostenübernahme, Abrechnung der Entgelte sowie die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung ist in den zwischen der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen einerseits und verschiedenen Krankenkassen sowie Landesverbänden der Krankenkassen andererseits geschlossenen Verträge nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB V geregelt. Es sind dies der Vertrag über allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung (KBV) und der Vertrag zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung (KÜV).
Ein Anspruch auf Krankenhausbehandlung zu Lasten der Krankenkasse und damit korrespondierend ein Zahlungsanspruch des Krankenhauses ist nicht gegeben, wenn die Krankenhausbehandlung nicht erforderlich ist (§ 12 Abs. 1 SGB V; § 3 Satz 1 KBV). Sie ist erforderlich, wenn das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- oder nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (§ 39 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbsatz SGB V) Ob dies der Fall ist, entscheidet der Krankenhausarzt erstmalig bei der Aufnahme und fortlaufend entsprechend den geplanten und durchgeführten Behandlungsschritten. Die Beurteilung der Krankenhaubehandlungsbedürftigkeit durch den verantwortlichen Krankenhausarzt ist im Abrechnungsstreit zwischen Krankenhaus und Krankenkasse immer darauf hin zu überprüfen, ob nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung und dem damals verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des Krankenhausarztes – ex ante – eine Krankenhausbehandlung erforderlich war, seine Beurteilung also den medizinischen Richtlinien, Leitlinien und Standards entsprach und nicht im Widerspruch zur allgemeinen oder besonderen ärztlichen Erfahrung stand (BSG, Beschluss des Großen Senats vom 25.09.2007 – GS 1/06 = BSGE 99,11 = SozR 4-2500 § 39 Nr. 10; Urteil vom 10.04.2008, B 3 KR 19/05 R = BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr. 12).
Die Notwendigkeit der stationären Krankenhausbehandlung, die als solche von der Beklagten nicht bestritten wird, konnte von ihr hinsichtlich der Behandlungsdauer vom 11. bis 17.03.2016 mit der Begründung verweigert werden, eine Behandlung vom 01.03. bis 10.03.2016 sei ausreichend gewesen, wie es die Beklagte – gestützt auf mehrere MDK-Stellungnahmen – dargestellt hat. Insoweit folgt die Kammer der nachvollziehbaren, schlüssigen und überzeugenden Beurteilung des Sachverständigen Dr. Classen. Dieser hat dargelegt, dass die angewandten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden ausreichend und sachgerecht waren, jedoch eine stationäre Behandlung ab dem 11.03.2016 aus medizinischen Gründen nicht mehr erforderlich war. Alle erforderlichen Untersuchungen waren bis zum 08.03.2016 durchgeführt, die i.v.-Antibiose war am 09.03.2016 abgeschlossen. Unter rein medizinischen Gründen war eine ambulante Weiterbehandlung mit häuslicher Krankenpflege ab dem 11.03.2016 ohne Gefahr gesundheitlicher Nachteile für den Versicherten möglich.
Die Kammer hat keine Bedenken, sich der Beurteilung des Sachverständigen Dr. D. anzuschließen. Der Gutachter verfügt als Facharzt und zertifizierter Gutachter über die medizinische Kompetenz, den streitigen Sachverhalt zu beurteilen.
Die von der Klägerin und dem MDK vorgebrachten Argumente (u.a. starke Belastungsschmerzen, Dysphagie, Pflegebedürftigkeit, Sturzgefahr des Patienten) für die Notwendigkeit der stationären Krankenhausbehandlung im vollen erbrachten und abgerechneten Umfang vermochte die Kammer nicht zu überzeugen. Insbesondere die von der Klägerin auf die Entscheidung des Bundessozialgerichtes (BSG) vom 10.04.2008 (B 3 KR 19/05 R) gestützte Auffassung, der Versicherte habe nicht zu Hause gepflegt werden können, weshalb eine weitere Behandlung im Krankenhaus, die nicht unbedingt in einer ärztlichen Behandlung besteht, habe erfolgen müssen, ist nicht haltbar. Gerade für eine derartige Situation verneint das BSG (vgl. Urteil vom 10.04.2008 – B 3 KR 19/05 R – zur "Fallgruppe 3" unter Rdnrn. 35, 36) eine Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV); leistungspflichtig sei vielmehr der Sozialhilfeträger oder ggf. der Versicherte selbst. Nur wenn der Versicherte in der Zeit bis zu seiner anderweitigen Unterbringung weiterhin (nur) mit den Mitteln des Krankenhauses behandelt werden müsste, könnte ein Vergütungsanspruch des Krankenhauses begründet sein. Gerade um dies zu klären, hat das Gericht die spezifischen Beweisfragen gestellt, die der Sachverständige Dr. Classen – wie oben dargestellt – beantwortet hat. Eine Weiterbehandlung ausschließlich mit den Mittel des Krankenhauses war nach Einschätzung des Sachverständigen vom 11.03. bis 17.03.2016 nicht (mehr) erforderlich, um die Verschlimmerung seiner Krankheit zu behüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern.
Die Kammer Verständnis hat für die nicht einfache Situation, einen Patienten entlassen zu müssen, der zwar pflegebedürftig, aber nicht mehr krankenhausbehandlungsbedürftig ist, wenn die Pflege zuhause oder in einem Heim (noch) nicht geklärt ist. In einem solchen Fall ist es geboten, mithilfe des krankenhauseigenen Fallmanagements bei der zuständigen Pflegekasse und/oder den Angehörigen, erforderlichenfalls auch den Sozialhilfeträger rechtzeitig und schnell für einen zeitgerechten Übergang vom Krankenhaus in die Pflege zu sorgen. Die sich dabei möglicherweise ergebenden Schwierigkeiten können aber nicht auf Kosten der hierfür nicht mehr zuständigen Krankenkasse gelöst werden. Hierzu hat das BSG in der Entscheidung vom 10.04.2008 (B 3 KR 19/05 R) ausgeführt: "Schließlich können auch allgemein soziale, humanitäre oder familiäre Gründe nicht zu einem Anspruch aus § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V führen, selbst wenn diese für eine stationäre Betreuung des Versicherten sprechen, für eine Behandlung aber nicht die besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich sind." (Randziffer 35 a.E.) und weiter: "In diesen Fällen sind die notwendigen Rahmenbedingungen für eine Entlassung aus dem Krankenhaus i.V.m. der anderweitigen Unterbringung noch nicht erfüllt - das Krankenhaus kann den zwar noch "kranken", aber nicht mehr krankenhausbehandlungsbedürftigen Versicherten nicht "auf die Straße setzen", weil dessen Unterkunft/Unterbringung nicht gesichert ist. Dieses Risiko trägt nach der Entscheidung des GS des BSG (vom 25.07.2007 – GS 1/06) nicht die GKV; leistungspflichtig ist in der Regel vielmehr der Sozialhilfeträger oder ggf. der Versicherte selbst." (Randziffer 36).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1, 162 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf (Rest-)Vergütung wegen erbrachter Krankenhausbehandlungsleistungen in Höhe von 3.136,38 EUR.
Die Klägerin betreibt ein zugelassenes Krankenhaus. Dort behandelten ihre Ärzte stationär vom 01.03. bis 17.03.2016 den am 00.00.0000 geborenen, bei der Beklagten versicherte H.N. (im Folgenden: Versicherter). Hierfür stellte die Klägerin der Beklagten unter dem 25.05.2016 eine Vergütung von 6.470,99 EUR in Rechnung. Nach Überprüfung der Abrechnung durch ihren Sozialmedizinischen Dienst (SMD) überwies die Beklagte lediglich 3.334,61 EUR mit der Begründung, die Länge des stationären Aufenthaltes sei nicht plausibel; der Versicherte hätte bereits am 10.03.2016 entlassen werden können.
Am 04.04.2017 hat die Klägerin Klage auf Zahlung von 3.136,38 EUR erhoben.
Das Gericht hat zur Klärung des medizinischen Sachverhaltes, insbesondere zur Notwendigkeit der Verweildauer des Versicherten in stationärer Krankenhausbehandlung ein medizinisches Sachverständigengutachten von Dr. B. eingeholt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf dessen Gutachten vom 22.05.2017 verwiesen.
Die Klägerin hat darauf verwiesen, nicht nur der SMD, sondern auch der Sachverständige habe die Pflegebedürftigkeit des Versicherten verkannt; dieser habe unter starken Belastungsschmerzen gelitten; es sei die Gabe von Schmerzinfusionen notwendig gewesen und es habe eine beaufsichtigungspflichtige Dysphagie bestanden. Der Versicherte habe am 10.03.2016 noch nicht entlassen werden können, weil er nicht zuhause habe gepflegt werden können. Die Klägerin meint, unter diesen Umständen habe eine weitere Behandlung im Krankenhaus erfolgen müssen, die nicht unbedingt in einer ärztlichen Behandlung habe bestehen müssen. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichtes (BSG) vom 10.04.2008 (B 3 KR 19/05 R) sei es zwar grundsätzlich so, dass in den Fällen, in denen zunächst eine stationäre Krankenhausbehandlung notwendig gewesen sei, das weitere Behandlungsziel aber durch eine ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden könne, das Risiko nicht die gesetzliche Krankenversicherung trage. Das BSG habe in dem genannten Urteil aber auch ausgeführt, dass der Fall anders zu betrachten sei, wenn der Versicherte in der Zeit bis zu seiner anderweitigen Unterbringung weiterhin behandelt werden müsse, insbesondere um die Verschlimmerung seiner Krankheit zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern, und hierfür die besonderen Mittel des Krankenhauses erforderlich seien, etwa weil ambulante Alternativen nicht zur Verfügung stünden. Dann könne nach der Rechtsprechung des BSG ein weiterer Anspruch aus § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V begründet sein und infolgedessen auch ein weiterer Vergütungsanspruch des Krankenhauses. Die Klägerin ist der Auffassung, dass vorliegend ein solcher Fall gegeben sei.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihr 3.136,38 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.06.2016 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verbleibt bei ihrer bisherigen Auffassung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Patientenakte der Klägerin betreffend den Behandlungsfall des Versicherten sowie die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Bei einer auf Zahlung der (Rest-)Vergütung wegen der Behandlung eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhauses gegen eine Krankenkasse geht es um einen so genannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteil vom 17.06.2000 – B 3 KR 33/99 R = BSGE 86,166 = SozR 3-2500 § 112 Nr. 1; Urteil vom 23.07.2002 – B 3 KR 64/01 R = SozR 3-2500 § 112 Nr. 3). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten.
Die Klage ist jedoch nicht begründet.
Rechtsgrundlage des geltenden gemachten restlichen Vergütungsanspruchs der Klägerin ist § 109 Abs. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. dem aus § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V folgenden Krankenhausbehandlungsanspruch der Versicherten. Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten (BSG, Urteil vom 13.12.2001 – B 3 KR 11/01 R = SozR 3-2500 § 112 Nr. 2; Urteil vom 23.07.2002 – B 3 KR 64/01 R = SozR 3-2500 § 112 Nr. 3). Die näheren Einzelheiten über Aufnahme und Entlassung der Versicherten, Kostenübernahme, Abrechnung der Entgelte sowie die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung ist in den zwischen der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen einerseits und verschiedenen Krankenkassen sowie Landesverbänden der Krankenkassen andererseits geschlossenen Verträge nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB V geregelt. Es sind dies der Vertrag über allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung (KBV) und der Vertrag zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung (KÜV).
Ein Anspruch auf Krankenhausbehandlung zu Lasten der Krankenkasse und damit korrespondierend ein Zahlungsanspruch des Krankenhauses ist nicht gegeben, wenn die Krankenhausbehandlung nicht erforderlich ist (§ 12 Abs. 1 SGB V; § 3 Satz 1 KBV). Sie ist erforderlich, wenn das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- oder nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (§ 39 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbsatz SGB V) Ob dies der Fall ist, entscheidet der Krankenhausarzt erstmalig bei der Aufnahme und fortlaufend entsprechend den geplanten und durchgeführten Behandlungsschritten. Die Beurteilung der Krankenhaubehandlungsbedürftigkeit durch den verantwortlichen Krankenhausarzt ist im Abrechnungsstreit zwischen Krankenhaus und Krankenkasse immer darauf hin zu überprüfen, ob nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung und dem damals verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des Krankenhausarztes – ex ante – eine Krankenhausbehandlung erforderlich war, seine Beurteilung also den medizinischen Richtlinien, Leitlinien und Standards entsprach und nicht im Widerspruch zur allgemeinen oder besonderen ärztlichen Erfahrung stand (BSG, Beschluss des Großen Senats vom 25.09.2007 – GS 1/06 = BSGE 99,11 = SozR 4-2500 § 39 Nr. 10; Urteil vom 10.04.2008, B 3 KR 19/05 R = BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr. 12).
Die Notwendigkeit der stationären Krankenhausbehandlung, die als solche von der Beklagten nicht bestritten wird, konnte von ihr hinsichtlich der Behandlungsdauer vom 11. bis 17.03.2016 mit der Begründung verweigert werden, eine Behandlung vom 01.03. bis 10.03.2016 sei ausreichend gewesen, wie es die Beklagte – gestützt auf mehrere MDK-Stellungnahmen – dargestellt hat. Insoweit folgt die Kammer der nachvollziehbaren, schlüssigen und überzeugenden Beurteilung des Sachverständigen Dr. Classen. Dieser hat dargelegt, dass die angewandten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden ausreichend und sachgerecht waren, jedoch eine stationäre Behandlung ab dem 11.03.2016 aus medizinischen Gründen nicht mehr erforderlich war. Alle erforderlichen Untersuchungen waren bis zum 08.03.2016 durchgeführt, die i.v.-Antibiose war am 09.03.2016 abgeschlossen. Unter rein medizinischen Gründen war eine ambulante Weiterbehandlung mit häuslicher Krankenpflege ab dem 11.03.2016 ohne Gefahr gesundheitlicher Nachteile für den Versicherten möglich.
Die Kammer hat keine Bedenken, sich der Beurteilung des Sachverständigen Dr. D. anzuschließen. Der Gutachter verfügt als Facharzt und zertifizierter Gutachter über die medizinische Kompetenz, den streitigen Sachverhalt zu beurteilen.
Die von der Klägerin und dem MDK vorgebrachten Argumente (u.a. starke Belastungsschmerzen, Dysphagie, Pflegebedürftigkeit, Sturzgefahr des Patienten) für die Notwendigkeit der stationären Krankenhausbehandlung im vollen erbrachten und abgerechneten Umfang vermochte die Kammer nicht zu überzeugen. Insbesondere die von der Klägerin auf die Entscheidung des Bundessozialgerichtes (BSG) vom 10.04.2008 (B 3 KR 19/05 R) gestützte Auffassung, der Versicherte habe nicht zu Hause gepflegt werden können, weshalb eine weitere Behandlung im Krankenhaus, die nicht unbedingt in einer ärztlichen Behandlung besteht, habe erfolgen müssen, ist nicht haltbar. Gerade für eine derartige Situation verneint das BSG (vgl. Urteil vom 10.04.2008 – B 3 KR 19/05 R – zur "Fallgruppe 3" unter Rdnrn. 35, 36) eine Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV); leistungspflichtig sei vielmehr der Sozialhilfeträger oder ggf. der Versicherte selbst. Nur wenn der Versicherte in der Zeit bis zu seiner anderweitigen Unterbringung weiterhin (nur) mit den Mitteln des Krankenhauses behandelt werden müsste, könnte ein Vergütungsanspruch des Krankenhauses begründet sein. Gerade um dies zu klären, hat das Gericht die spezifischen Beweisfragen gestellt, die der Sachverständige Dr. Classen – wie oben dargestellt – beantwortet hat. Eine Weiterbehandlung ausschließlich mit den Mittel des Krankenhauses war nach Einschätzung des Sachverständigen vom 11.03. bis 17.03.2016 nicht (mehr) erforderlich, um die Verschlimmerung seiner Krankheit zu behüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern.
Die Kammer Verständnis hat für die nicht einfache Situation, einen Patienten entlassen zu müssen, der zwar pflegebedürftig, aber nicht mehr krankenhausbehandlungsbedürftig ist, wenn die Pflege zuhause oder in einem Heim (noch) nicht geklärt ist. In einem solchen Fall ist es geboten, mithilfe des krankenhauseigenen Fallmanagements bei der zuständigen Pflegekasse und/oder den Angehörigen, erforderlichenfalls auch den Sozialhilfeträger rechtzeitig und schnell für einen zeitgerechten Übergang vom Krankenhaus in die Pflege zu sorgen. Die sich dabei möglicherweise ergebenden Schwierigkeiten können aber nicht auf Kosten der hierfür nicht mehr zuständigen Krankenkasse gelöst werden. Hierzu hat das BSG in der Entscheidung vom 10.04.2008 (B 3 KR 19/05 R) ausgeführt: "Schließlich können auch allgemein soziale, humanitäre oder familiäre Gründe nicht zu einem Anspruch aus § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V führen, selbst wenn diese für eine stationäre Betreuung des Versicherten sprechen, für eine Behandlung aber nicht die besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich sind." (Randziffer 35 a.E.) und weiter: "In diesen Fällen sind die notwendigen Rahmenbedingungen für eine Entlassung aus dem Krankenhaus i.V.m. der anderweitigen Unterbringung noch nicht erfüllt - das Krankenhaus kann den zwar noch "kranken", aber nicht mehr krankenhausbehandlungsbedürftigen Versicherten nicht "auf die Straße setzen", weil dessen Unterkunft/Unterbringung nicht gesichert ist. Dieses Risiko trägt nach der Entscheidung des GS des BSG (vom 25.07.2007 – GS 1/06) nicht die GKV; leistungspflichtig ist in der Regel vielmehr der Sozialhilfeträger oder ggf. der Versicherte selbst." (Randziffer 36).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1, 162 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
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