S 13 KR 389/16

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 13 KR 389/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Der Streitwert wird auf 2.222,62 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Vergütung von erbrachten Krankenhausleistungen in Höhe von 2.222,62 EUR.

Die Klägerin betreibt ein zugelassenes Krankenhaus. Dort behandelten ihre Ärzte vom 29.11. bis 02.12.2011 stationär den am 11.04.1947 geborenen, bei der Beklagten Versicherten E. W. (im Folgenden: Versicherter E.W.) wegen Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS). Ausweislich des Entlassungsberichtes bestand die Therapie aus "Intensiver konservativer Behandlung mit initialer i.v. Infusionstherapie und oraler Schmerztherapie, täglichen Infiltrationen, KG, physikalischer Therapie". Hierfür stellte die Klägerin der Beklagten unter dem 19.12.2011 – Fallpauschale (DRG): I68C – 2.222,62 EUR in Rechnung. Die Beklagte zahlte den Betrag am 09.01.2012 an die Klägerin. Im Rahmen einer anschließenden Überprüfung der Abrechnung kam der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) in Stellungnahmen vom 15.08.2012 und – auf Widerspruch der Klägerin – vom 09.07.2013 zum Ergebnis, die vollstationäre Krankenhausbehandlung sei nicht zwingend medizinisch notwendig gewesen. Die Beklagte forderte daraufhin die Vergütung der Behandlung des Versicherten E.W. zurück. Die Klägerin kam der Forderung nicht nach. Mit Schreiben vom 16.12.2012 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie (u.a.) den Fall des Versicherten E.W. mit der – genau bezeichneten – Forderung der Klägerin aus der unstreitigen stationären Behandlung einer anderen Versicherten Adelheid Förster (A.F.) vom 12. bis 28.10.2015 verrechne. Die Verrechnung erfolge am 28.12.2015.

Am 29.11.2016 hat die Klägerin Klage auf Zahlung von 2.222,62 EUR erhoben. Zur Begründung führt sie aus, die stationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten E.W. sei medizinisch notwendig gewesen. Die Klägerin behauptet, der MDK habe übersehen, dass der Versicherte E.W. vor der stationären Behandlung bereits dreimal ambulant im Krankenhaus behandelt worden sei; zwischen diesen ambulanten Behandlungen und der stationären Behandlung sei der Versicherte auch hausärztlich versorgt worden. Der Versicherte E.W. sei "über die Notfallambulanz" wegen starker LWS-Beschwerden mit Ausstrahlungen in Oberschenkel bis zum Fuß ins Krankenhaus gekommen; allein wegen dieser Schmerzen und der nicht auszuschließenden Lähmungserscheinungen sei die stationäre Aufnahme notwendig gewesen. Die ambulante Behandlung sei ergebnislos geblieben. Die Klägerin hat sodann zur Schmerztherapie des Versicherten E.W. und anderer Patienten nach ambulanter erfolgloser Vorbehandlung oder akuten Schmerzen allgemein ausgeführt, dass die angewandte konservative Therapie keine isolierte Durchführung von Injektionstherapie oder Infusion oder Krankengymnastik sei; vielmehr sei es gerade Sinn des stationären konservativen Therapieversuches, diese Maßnahmen in ihrer Gesamtheit in kürzester Zeit zu bündeln. Diese Bündelung sei in ambulanter Form nicht durchführbar, die einzelnen Maßnahmen natürlich schon. Durch die Therapie im Krankenhaus erfolge eine Symptomverbesserung; ein operativer Eingriff könne vermieden werden. Dies sei sowohl für die behandelnden Patienten als auch für die Kasse schonender. Die Therapie in ihrem Krankenhaus sei leitliniengerecht. Die Klägerin verweist auf die S2k-"Leitlinie zur konservativen und rehabilitativen Versorgung bei Bandscheibenvorfällen mit radikulärer Symptomatik" der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und orthopädische Chirurgie – DGOOC – (Stand 07/2014). Im Übrigen hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass in anderen von ihr geführten Verfahren drei Sachverständige zum Ergebnis gelangt seien, dass die in ihrem Krankenhaus durchgeführte Therapie stationär zu erbringen sei.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihr 2.222,62 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.12.2015 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass die während der stationären Behandlung erfolgten Therapien, auch die erst am 30.11.2011 durchgeführte computertomographische periradikuläre Therapie der Nervenwurzel, im Rahmen einer vorstationären Behandlung hätten durchgeführt werden können.

Das Gericht hat zur Klärung des medizinischen Sachverhalts, insbesondere der Frage der Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung des Versicherten E.W. Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nach Aktenlage von der Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie, physikalische und rehabilitative Medizin Dr. T. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 22.04.2017 und die ergänzende gutachtliche Stellungnahme vom 30.07.2017 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Bei einer auf Zahlung der (Rest-)Vergütung wegen der Behandlung eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhauses gegen eine Krankenkasse geht es um einen so genannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteil vom 17.06.2000 – B 3 KR 33/99 R = BSGE 86,166 = SozR 3-2500 § 112 Nr. 1; Urteil vom 23.07.2002 – B 3 KR 64/01 R = SozR 3-2500 § 112 Nr. 3). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten.

Die Klage ist jedoch nicht begründet.

Gegenstand der Klageforderung ist nicht der Vergütungsanspruch der Klägerin aus der Behandlung des Versicherten E. W ... Denn dieser ist durch die Zahlung der Beklagten in vollem Umfang erfüllt. Gegenstand der Klageforderung ist vielmehr der Anspruch auf Vergütung aufgrund der stationären Behandlung der Versicherter A.F., aus der die Klägerin – dies ist unstreitig – zunächst Anspruch auf die in Rechnung gestellte Vergütung in voller Höhe hatte. Die Forderung der Klägerin aus dieser Behandlung ist jedoch in Höhe der Klageforderung unbegründet, da die Beklagte dagegen mit ihrer Rückforderung aus dem Behandlungsfall des Versicherten E.W. wirksam aufgerechnet hat.

Die Aufrechnung ist sowohl nach den vom Bundessozialgerichtes (BSG) vor Inkrafttreten der Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) aufgestellten Maßstäben (vgl. (BSG, Urteile vom 25.10.2016 – B 1 KR 7/16 R – und B 1 KR 9/16 R) als auch nach den strengeren Vorgaben der (im vorliegenden Fall noch nicht anzuwendenden) PrüfvV formal wirksam erklärt. Die maßgebliche Erklärung der Beklagten vom 16.12.2015 lässt den Aufrechnungswillen deutlich erkennen; sie ist auch hinreichend bestimmt, da sie sowohl die Forderung der Beklagten als auch die Forderung der Klägerin, gegen die aufgerechnet wurde, genau bezeichnet.

Die Forderung der Beklagten aus dem Behandlungsfall "E.W.", die sie gegen die Forderung der Klägerin aus dem Behandlungsfall "A.F." aufgerechnet hat, war auch begründet. Die Klägerin hatte keinen Anspruch auf Vergütung der stationären Behandlung des Versicherten E.W., da diese nicht notwendig war.

Rechtsgrundlage des geltenden gemachten restlichen Vergütungsanspruchs der Kläge-rin ist § 109 Abs. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. dem aus § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V folgenden Krankenhausbehandlungsanspruch des Versicherten. Die Zah-lungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leis¬tung durch die Versicherten (BSG, Urteil vom 13.12.2001 - B 3 KR 11/01 R = SozR 3-2500 § 112 Nr. 2; Urteil vom 23.07.2002 - B 3 KR 64/01 R = SozR 3-2500 § 112 Nr. 3). Die näheren Einzelheiten über Aufnahme und Entlassung von Versicherten, Kosten-übernahme, Abrechnung der Entgelte sowie die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung ist in den zwischen der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen einerseits und verschiedenen Krankenkassen sowie Landesver-bänden der Krankenkasse andererseits geschlossenen Verträge nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB V geregelt. Es sind dies der Vertrag über allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehand¬lung (KBV) und der Vertrag zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenh¬ausbehandlung (KÜV).

Ein Anspruch auf Krankenhausbehandlung zu Lasten der Krankenkasse und damit korrespondierend ein Zahlungsanspruch des Krankenhauses war nicht gegeben, weil die Krankenhausbehandlung des Versicherten E.W. nicht erforderlich war (§ 12 Abs. 1 SGB V; § 3 Satz 1 KBV). Denn das Behandlungsziel hätte durch ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden können (§ 39 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbsatz SGB V). Die Beurteilung der Krankenhaubehandlungsbedürftigkeit durch den verantwortlichen Krankenhausarzt ist im Abrechnungsstreit zwischen Krankenhaus und Krankenkasse immer daraufhin zu überprüfen, ob nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung und dem damals verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des Krankenhausarztes – ex ante – eine Krankenhausbehandlung erforderlich war, seine Beurteilung also den medizinischen Richtlinien, Leitlinien und Standards entsprach und nicht im Widerspruch zur allgemeinen oder besonderen ärztlichen Erfahrung stand (BSG, Beschluss des Großen Senats vom 25.09.2007 – GS 1/06 = BSGE 99,11 = SozR 4-2500 § 39 Nr. 10; Urteil vom 10.04.2008, B 3 KR 19/05 R = BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr. 12). Dies ist im Fall der streitbefangenen Behandlung des Versicherten E.W. zu verneinen.

Die vom Gericht zur Sachverständigen bestellte Dr. T. hat in ihrem Gutachten vom 22.04.2017 und ihrer ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 30.07.2017 für die Kammer überzeugend und nachvollziehbar dargelegt und begründet, dass zwar die angewandten Behandlungsmethoden (Krankengymnastik, Massage, Rückengruppentherapie, Wärmeanwendung, physikalische Therapie und die periradikuläre Therapie (PRT) durch Injektionen von Schmerzmitteln ausreichend und sachgerecht waren, jedoch keine stationäre Behandlung erforderten. Zur Begründung dieser Einschätzung hat sie sich u.a. auf die AWMF-Leitlinie "Lumbale Radikulopathie" der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (Stand: September 2012) und die S2k-"Leitlinie zur konservativen und rehabilitativen Versorgung bei Bandscheibenvorfällen mit radikulärer Symptomatik" (im Folgenden: S2k-Leitlinie) der DGOOC sowie die "Nationale VersorgungsLeitlinie Kreuzschmerz" (2010) gestützt. Die Sachverständige hat sich in ihrer ergänzenden Stellungnahme ausführlich mit den von der Klägerin gegen ihr Gutachten vorgebrachten Einwänden auseinandergesetzt und diese unter Einbeziehung der einschlägigen Leitlinien entkräftet bzw. wiederlegt. Die Sachverständige hat konkret für die Behandlung des Versicherten E.W. aber auch im Allgemeinen festgestellt (vgl. Gutachten vom 22.04.2017, S. 20 ff.):

"Die PRT (periradikuläre Therapie) der Nervenwurzel L4 erfordert keine stationäre Behandlung. Auch in Kombination mit den mutmaßlich durchgeführten krankengymnastischen Beübungen und physikalischen Therapien erforderten die angewandten Methoden in ihrer Gesamtheit ebenfalls keine stationäre Unterbringung in einem Akutkrankenhaus. Auch erschließt sich aus den vorgelegten Unterlagen kein konkreter Umstand, der ambulante Behandlung ausgeschlossen hätte. Grundsätzlich ist nahezu das gesamte Spektrum gängiger minimalinvasiver Maßnahmen an der Wirbelsäule (SSPDA (Single Shot Peridural Anästhesie/ Epidurale Injektionen), LSPA (lumbale Spinalnervenanalgesie), PRT (Periradikuläre Therapie), perkutane Volumenreduktion einer Bandscheibe (Nukleoplastie), Diskographie (intradiskale Injektion), Facettenkoagulation/Kryodenervation (auch HWS), IDET (intradiskale elektrothermale Therapie), Facettengelenksinfiltrationen, Ileosacralgelenksinfiltrationen) – unabhängig von der Frage nach ausreichender Evidenz – ambulant durchführbar. Bei Auftreten von Komplikationen, wie z.B. neurologischen Ausfällen oder Gangunsicherheit, könnte ein ambulant möglicher Eingriff jederzeit in eine stationäre Behandlung überführt werden. Krankengymnastik, Massagen, Wärmeanwendungen sind grundsätzlich ebenfalls ambulant durchführbar, wobei zur erfolgten oder nicht erfolgten Therapiedichte anhand der Unterlagen keine abschließende Aussage getroffen werden kann.

Die Schmerztherapie mit Analgetika der WHO Stufe I wie Ibuprofen und Novaminsulfon bzw. Novalgin kann ambulant geführt werden.

Die stationäre Unterbringung ist für die durchgeführten Behandlungen, mit dem Ziel der Behebung, Besserung sowie Stabilisierung der Krankheit und Linderung der damit verbundenen Schmerzen, aus den vorgelegten Unterlagen nicht medizinisch begründet nachvollziehbar. Der Versicherte war allzeit selbstständig mobil, aus dem Pflegebericht gehen keine Hilfestellungen insbesondere Mobilitätshilfen hervor, ebenso nicht aus der ärztlichen Dokumentation, auch aus dem Aufnahmebefund vom 03.11.2011 kann eine schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule nur gemutmaßt werden, eine Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule bezüglich des Bewegungsausmaßes (Rotation, Seitneigung, Inklination, Reklination) ist nicht dokumentiert, dass Lasègue’sche Zeichen negativ, Paresen liegen nicht vor. Ein Pflegenachweis mit Darstellung der allgemeinen und speziellen Pflege ist aus der Akte nicht entnehmbar.

Aus der ex ante-Sicht wären sämtliche geplanten therapeutischen Maßnahmen, wie im Aufnahmebogen vom 03.11.2011 dokumentiert, ambulant durchführbar gewesen, die geplante Schmerztherapie mit mutmaßlich Novaminsulfon als Infusion wäre auch oral durchführbar gewesen.

Als Behandlungsdokumentation liegt nur der Aufnahmebogen vom 03.11.2011, der Pflegebericht, die ärztliche Visitendokumentation inklusive Fieberkurve vor. Aps diesen Unterlagen geht kein Hinweis hervor, dass zu irgendeinem Zeitpunkt des stationären Aufenthaltes darüber hinaus eine Therapie geplant war, die stationäre Behandlung mit den besonderen Mitteln eines Akutkrankenhauses benötigt hätte. Auch kann aus den Unterlagen keine Notfallbehandlung am 29.11.2011 (Aufnahmetag) nachvollzogen werden."

Dem schließt sich die Kammer nach eigener Prüfung an.

Die demgegenüber von der Klägerin vorgebrachten Einwände überzeugen nicht. Allein der Umstand, dass vorstationär bereits drei ambulante Schmerzbehandlungen im Krankenhaus erfolglos geblieben waren, begründet ebenso wenig die Notwendigkeit einer stationären Behandlung des Versicherten E.W. wie der Umstand, dass dieser "über die Notfallambulanz" ins Krankenhaus kam. Dass sich ein Patient bei der Notfallambulanz meldet, um stationär aufgenommen zu werden, bedeutet nicht, dass er als Notfall (notfallmäßig) aufgenommen wurde. Den Vorberichten über die ambulanten Behandlungen im Haus der Klägerin am 15.09., 06.10. und 03.11.2011, die sich nicht in der ursprünglich vorgelegten Patientenakte befanden, sondern von der Klägerin nach Vorlage des Gutachtens der Sachverständigen Dr. T. in das Verfahren eingeführt worden sind, ist zu entnehmen, dass die Ärzte schon bei der ersten Behandlung eine "sofortige stationäre Aufnahme" erwogen, dann aber darauf "in Absprache mit dem Patienten" verzichtet hatten; beim zweiten Behandlungstermin am 06.10.2011 wurde die – von den Krankenhausärzten offenbar angeregte – "stationäre konservative Therapie" vom Patienten abgelehnt; und nach der dritten ambulanten Behandlung am 03.11.2011 heißt es im Arztbericht: "Wir vereinbarten mit dem Patienten einen Termin zur stationären konservativen Therapie." Die stationäre Schmerztherapie war also nicht das Ergebnis eines akuten Notfalls, sondern bereits im Vorfeld lange zuvor angedacht und geplant. Eine zwingende Notwendigkeit dafür bestand jedoch – wie die Sachverständige nachvollziehbar begründet hat – nicht. Nur am Rande sei erwähnt, dass die Behauptungen der Klägerin, der MDK habe übersehen, dass der Versicherte E.W. vor der stationären Aufnahme bereits drei Mal ambulant im Krankenhaus behandelt wurde (Klageschrift vom 25.11.2016, Seite 2 unten), des Weiteren, dass die Gutachterin auf die Vorbehandlungen nicht eingegangen sei (Schriftsatz vom 23.05.2017, Seite 1) unzutreffend sind. Sowohl der MDK (im Gutachten vom 09.07.2013, Seite 1 und 2) als auch die Sachverständige Dr. T. (im Gutachten vom 22.04.2017, Seite 6) sind, soweit ihnen die Unterlagen über die ambulante Vorbehandlungen vorlagen, auf die Vorbehandlungsberichte eingegangen.

Dass die von der Klägerin im Fall des Versicherten E.W. (und in zahlreichen anderen Fällen) durchgeführte Schmerztherapie im Regelfall nicht stationär durchgeführt werden muss, sondern ambulant erfolgen kann, belegen die Internetauftritte zahlreicher Arztpraxen, die diese Schmerztherapie – speziell auch intravenöse Injektionen, Facetteninfiltrationen/Facettenkoagulationen, auch wenn diese CT-gestützt erfolgen, die DRT und andere mehr ambulant durchgeführt werden. Selbst der von der Klägerin für derartige Schmerzbehandlungen üblicherweise verwendete Aufklärungsbogen (Info RI-10) "Injektionen für Schmerzbehandlung um die Nervenwurzeln (periradikuläre Therapie, PRT) in die Wirbelgelenke (Facettenblockade, FW)" für Patienten "enthält auf der Seite 4 am Ende den Hinweis, wie sich der Patient "bei ambulanter Behandlung" nach der Schmerzbehandlung verhalten soll; auch dies belegt, dass die Schmerztherapie, wie sie der Versicherte E.W. erfahren hat, auch ambulant erfolgen kann. Umstände, die in seinem Fall ausnahmsweise die Schmerztherapie stationär notwendig gemacht hätten, sind nicht aus der Patientendokumentation ersichtlich, wie die Sachverständige überzeugend und ausführlich dargelegt hat.

Es mag sein, dass – worauf die Klägerin hingewiesen hat – in anderen Behandlungsfällen andere Sachverständige die Notwendigkeit einer stationären Behandlung im jeweiligen konkreten Fall bejaht haben. Abgesehen davon, dass weder die im vorliegenden Fall beauftragte Sachverständige Dr. T. noch die Kammer diese Gutachten kennen und auch nicht beurteilen können ob die dortigen Ausführungen "richtig" sind, kommt es für den hier zu entscheidenden Fall allein auf die Umstände und Verhältnisse des Versicherten E.W. an, die die Sachverständige Dr. T. in ihrem Gutachten und in ihrer ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme beurteilt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1, 162 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
Rechtskraft
Aus
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