Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
SG Altenburg (FST)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
17
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 17 AS 2855/14 ER
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 30.12.2014 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 29.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2014 wird angeordnet. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe:
Die Antragstellerin begehrt mit ihrem am 30.12.2014 gestellten Antrag die Herstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer gleichzeitig erhobenen Klage gegen die Aufforderung bis zum 15.11.2014 einen Antrag auf geminderte Altersrente bei der zu stellen. Die am 14.01.1952 geborene Antragstellerin steht im Leistungsbezug des Antragsgegners –der aktuelle Bedarf beträgt rund 78. EUR monatlich. Der gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gestellte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 30.12.2014 gegen die im Bescheid vom 29.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2014 enthaltene Aufforderung, eine vorzeitige Altersrente zu beantragen, ist zulässig, insbesondere ist er statthaft. Denn bei der hier in Rede stehenden Aufforderung zur Rentenantragstellung handelt es sich um einen Verwaltungsakt i.S.v § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) (Bun-dessozialgericht (BSG), Beschluss vom 16. Dezember 2011 – B 14 AS 138/11 B, juris RdNr 5) und den hiergegen erhobenen Widerspruch und der Klage kommt gemäß § 39 Nr. 3 iVm § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG keine aufschiebende Wirkung zu.
Der Antrag ist auch begründet.
Nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Klage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Voraussetzung für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung durch das Gericht ist, dass das Interesse des Einzelnen an der aufschiebenden Wirkung gegenüber dem öffentlichen Interesse am Vollzug des Bescheides überwiegt. Inhalt der Begründetheitsprüfung ist eine – auf den insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts – vorzunehmende Interessenabwägung, bei der unter Beachtung der vom Gesetzgeber getroffenen Grundentscheidung, den Eintritt der aufschiebenden Wirkung abweichend von dem in § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG geregelten Grundsatz nach § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG gerade auszuschließen, die jeweiligen Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen sind. Ergibt diese Abwägung, dass das private Interesse des jeweiligen Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs das öffentliche Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung seines Bescheides überwiegt, ist die aufschiebende Wirkung in aller Regel anzuordnen. Dies wiederum ist der Fall, wenn sich der angegriffene Bescheid als offensichtlich rechtswidrig erweist und dies mit einer subjektiven Rechtsverletzung des Belasteten einhergeht, weil an der sofortigen Vollziehung eines mit der Rechtsordnung nicht im Einklang stehenden Bescheides kein öffentliches Interesse besteht. Umgekehrt überwiegt das öffentliche Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung seines Bescheides das private Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs, wenn gegen die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides offensichtlich keine Bedenken bestehen. In diesem Fall ist die aufschiebende Wirkung in aller Regel nicht anzuordnen. Lässt sich die Frage nach der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides indes nicht hinreichend sicher beantworten, kommt es unter Berücksichtigung der oben dargestellten Grundentscheidung des Gesetzgebers für die Begründetheit des Antrags entscheidend auf die sonstigen Interessen der Beteiligten an. Grundsätzlich hat hierbei zu gelten, dass die an das private Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu stellenden Anforderungen im Sinne einer dynamischen Betrachtung um so höher sein müssen, je geringer die Erfolgsaussichten des von ihm in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs zu bewerten sind. Die wechselseitig eintretenden Folgen, die jeweils entstünden, wenn sich die durch das Gericht getroffene Eilentscheidung im Hauptsacheverfahren als unzutreffend erweisen sollte, sind in die Betrachtung mit einzubeziehen. Hierbei ist insbesondere in den Verfahren, in denen existenzsichernde Leistungen in Rede stehen, in den Blick zu nehmen, ob und mit welcher Intensität dem Antragsteller bei einer Ablehnung seines Antrages eine endgültige Verletzung von Grundrechten droht, deren Eintritt zu vermeiden nach Artikel 19 Abs. 4 des Grundgesetzes gerade Sinn und Zweck des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens ist.
Gemessen daran ist der Antrag auch begründet, da erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung bestehen.
Die Verpflichtung zu einer vorzeitigen Rentenantragstellung ist in § 5 Abs. 3, § 12 a SGB II i.V.m. der Unbilligkeitsverordnung – UnbilligkeitsVO – (vom 14. April 2008 – BGBl I S. 734) geregelt, die vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung in Ausübung der Ermächtigung im § 13 Abs. 2 SGB II erlassen wurde.
Rechtsgrundlage für die hier streitige Aufforderung des Antragsgegners an die Antragstellerin, eine vorzeitige Altersrente in Anspruch zu nehmen, ist § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II. Danach können die Leistungsträger einen Antrag auf Leistungen eines anderen Trägers stellen sowie Rechtsbehelfe und Rechtsmittel einlegen, wenn der Leistungsberechtigte einen solchen Antrag trotz Aufforderung nicht selbst stellt. Auch die Aufforderung zur Stellung des Rentenantrags steht im Ermessen des Leistungsträgers (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22. Mai 2013, a.a.O.). § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II setzt dabei eine Pflicht des Leistungsberechtigten zur Inanspruchnahme vorrangiger Leistungen - hier der Rente – voraus.
Ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit werden dadurch begründet, dass bei der Entscheidung das Ermessen nicht umfassend ausgeübt sondern diese ausschließlich auf das Nichtvorliegen der in der Unbilligkeitsverordnung – UnbilligkeitsVO – (vom 14. April 2008 – BGBl I S 734 )genannten Ausnahmetatbestände gestützt wurde.
Gemäß § 12a Satz 1 SGB II sind Leistungsberechtigte verpflichtet, Sozialleistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen und die dafür erforderlichen Anträge zu stellen, sofern dies zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich ist. Abweichend von Satz 1 sind Leistungsberechtigte gemäß § 12a Satz 2 Nr. 1 SGB II nicht verpflichtet, bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen. Gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II können die Leistungsträger, wenn die Leistungsberechtigten trotz Aufforderung einen erforderlichen Antrag auf Leistung eines anderen Trägers nicht stellen, den Antrag stellen, sowie Rechtsbehelfe und Rechtsmittel einlegen.
Legt man allein die UnbilligkeitsVO zugrunde, liegt keiner der Sachverhalte vor, aufgrund derer Leistungsberechtigte nach Vollendung des 63. Lebensjahres ausnahmsweise zur Vermeidung von Unbilligkeiten nicht verpflichtet sind, eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen. Bei der Antragstellerin führt die Inanspruchnahme nicht zum Verlust eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld (§ 2 UnbilligkeitsVO), sie kann nicht in nächster Zukunft die Altersrente abschlagsfrei in Anspruch nehmen (§ 3 UnbilligkeitsVO), sie ist nicht in einem Umfang, der den überwiegenden Teil ihrer Arbeitskraft ausmacht, sozialversicherungspflichtig beschäftigt oder erzielt aus sonstiger Erwerbstätigkeit derartigen Umfangs ein entsprechend hohes Einkommen (§ 4 UnbilligkeitsVO) und sie hat nicht durch Vorlage eines Arbeitsvertrages glaubhaft gemacht, dass sie in nächster Zeit eine Erwerbstätigkeit, die den soeben dargestellten Umfang hat (§ 5 UnbilligkeitsVO), aufnehmen wird.
Nicht richterlich geklärt, aber umstritten (auch innerhalb verschiedener Senate derselben Lan-dessozialgerichte) ist, inwieweit darüber hinaus eine umfassende Interessenabwägung vorzu-nehmen ist.
Dabei wird teilweise vertreten, dass dem Leistungsträger eröffnete Ermessen sei nach dem Regelungszusammenhang und -zweck intendiertes Ermessen. § 5 Abs 3 Satz 1 SGB II lenke das dem Leistungsträger zustehende Ermessen in der Weise, dass er die Aufforderung zur Rentenantragstellung als Regel festlegt (vgl LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. Juni 2014 – L 31 AS 800/14 B ER, juris RdNr 24 aE m.w.N). Danach müssen besondere Gründe vorliegen, wenn von der Aufforderung zur Rentenantragstellung abgesehen werden soll. Liegt ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt nicht vor, verstehe sich das Ergebnis der Abwägung von selbst; versteht sich aber das Ergebnis von selbst, bedarf es insoweit auch nach § 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X keiner das Selbstverständliche darstellenden Begründung. Nur dann, wenn dem Leistungsträger außergewöhnliche Umstände des Falles bekannt geworden oder erkennbar seien die eine andere Entscheidung möglich erscheinen lassen, liege ein rechtsfehlerhafter Gebrauch des Ermessens vor, wenn diese Umstände vom Leistungsträger nicht erwogen worden seien (so Berlin-Brandenburg vom 05.11.2014 Az.: L 25 AS 2731/14 B ER zitiert nach juris).
Ob weitere Erwägungen zur Unbilligkeit führen können, ist streitig (siehe hierzu beispielhaft die Darstellung im Beschluss des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. Mai 2013, Az. L 19 AS 291/13 B ER, zitiert nach juris). Nach einer Ansicht soll ein weiterer Ausnahmefall dann vorliegen, wenn der Hilfebedürftige aufgrund der mit der vorzeitigen Inanspruchnahme verbundenen Abschläge dauerhaft hilfebedürftig nach dem SGB II oder dem SGB XII bliebe (vgl. Bieback in Gagel SGB II/III, Juni 2011, § 5 SGB II RdNr. 95), dies aber nicht der Fall wäre, wenn er – zu einem späteren Zeitpunkt - eine abschlagsfreie Rente in Anspruch nehmen könnte.
Der 31. Senat des LSG Brandenburg geht hingegen davon aus, dass bereits die Entscheidung darüber, ob die in § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II genannte Aufforderung an den Hilfebedürftigen ergeht, im pflichtgemäßen Ermessen des Grundsicherungsträgers steht und zwar ungeachtet der Frage, ob es sich bei den in der Unbilligkeitsverordnung vom 14. April 2008 (BGBl I S. 734) genannten Gesichtspunkten um negative Tatbestandsmerkmale oder Ermessenskriterien handelt. Daher sei bei der Ermessensausübung die voraussichtliche Dauer oder Höhe des Leistungsbezugs, absehbarer Einkommenszufluss oder dauerhafte Krankheit zu berücksichtigen. Insbesondere in Bezug auf die Stellung eines vorzeitigen Altersrentenantrags sei ferner zu berücksichtigen, dass der Leistungsberechtigte als Altersrentner von Leistungen nach dem SGB II – und damit auch von solchen nach §§ 16 ff. SGB II – ausgeschlossen sei. Zudem sei die vorzeitige Inanspruchnahme einer Altersrente regelmäßig mit Abschlägen verbunden, was ebenfalls zu berücksichtigen sei (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. Juni 2014 – L 31 AS 800/14 B ER ).
Für die Auslegung dass eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen ist und insbe-sondere der Umstand, dass der Leistungsempfänger im Fall der Bewilligung einer vorgezogenen Altersrente gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II auch von Eingliederungsleistungen nach den §§ 16 ff. SGB II ausgeschlossen wäre, zu berücksichtigen ist, spricht nicht zuletzt, dass andernfalls die §§ 5 Abs. 3 , § 12 a SGB II mit der Richtlinie 2000/78/EG vom 27.11.2000 unter dem Gesichtspunkt einer Altersdiskriminierung nicht vereinbar wären.
Das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters stellt gemäß Erwägungsgrund 25 der genannten Richtlinie ein wesentliches Element zur Erreichung der Ziele der beschäftigungspoli-tischen Leitlinien und zur Förderung der Vielfalt im Bereich der Beschäftigung dar. Un-gleichbehandlungen wegen des Alters können unter bestimmten Umständen jedoch gerechtfertigt sein und erfordern daher besondere Bestimmungen, die je nach der Situation der Mitgliedsstaaten unterschiedlich sein können. Es ist daher unbedingt zu unterscheiden zwischen einer Ungleichbehandlung, die insbesondere durch rechtmäßige Ziele im Bereich der Beschäf-tigungspolitik, des Arbeitsmarktes und der beruflichen Bildung gerechtfertigt ist, und einer Diskriminierung, die zu verbieten ist.
Gemäß Artikel 3, Abs. 1 b) der Richtlinie gilt diese für alle Personen in öffentlichen und privaten Bereichen, einschließlich öffentlicher Stellen, auch in Bezug auf den Zugang zu allen Formen und allen Ebenen der Berufsberatung, der Berufsausbildung, der beruflichen Weiterbildung und der Umschulung, einschließlich der praktischen Berufserfahrung. Gerechtfertigte Ungleichbehandlung wegen des Alters können gemäß Art 6 von den Mitglied-staaten allerdings vorgesehen werden, sofern sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Zu diesen Zielen zählt z.B., die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Arbeitnehmern und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen (Art 6 Abs.1 Buchstabe a).
Im Umkehrschluss ist dem zu entnehmen, dass zu den gerechtfertigten Zielen gerade nicht zählt, in der Regel schwerer zu vermittelnde Arbeitsuchende, ab dem Erreichen eines bestimmten Alters –hier des vollendeten 63. Lebensjahres- den Zugang zu beruflichen Einglie-derungsleistungen zu erschweren. Solche Eingliederungsleistungen sind regelmäßig nur für den Fall der Arbeitslosigkeit erforderlich. Der Umstand der Arbeitslosigkeit ist daher gerade kein geeigneter Anknüpfungspunkt für ein Tatbestandsmerkmal, dass zu einer Ausschluss von oder erschwerte Zugang Eingliederungsleistungen führt. § 5 Unbilligkeitsverordnung, wonach unbillig die Inanspruchnahme der möglichen Rente ist , wenn Hilfebedürftige durch die Vorlage eines Arbeitsvertrages oder anderer ebenso verbindlicher, schriftlicher Zusagen glaubhaft machen, dass sie in nächster Zukunft eine Erwerbstätigkeit gemäß § 4 aufnehmen und nicht nur vorübergehend ausüben werden, dürfte daher z.B. – sofern er als negatives Tatbestandmerkmal aufgefasst wird, das keine weitere Ermessensausübung zulässt, mit der der Richtlinie 2000/78/EG vom 27.11.2000 nicht vereinbar sein. Gemäß Erwägungsgrund 12 der Richtlinie soll jede unmittelbare oder auch mittelbare Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in den von der Richtlinie abgedeckten Bereichen gemeinschaftsweit untersagt werden. Dahinstehen kann daher insoweit, ob der durch einen Rentenbezug der Zugang zu Eingliederungsleistungen wie offenbar von LSG Berlin- Brandenburg vorausgesetzt (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. Juni 2014 – L 31 AS 800/14 B ER) rechtlich ausgeschlossen oder tatsächlich erheblich erschwert wird. Es spricht zudem vieles dafür, dass durch einen Altersrentenbezug nicht nur der Zugang zu Eingliederungsleistungen sondern auch der tatsächliche Zugang zum Arbeitsmarkt in anderer Hinsicht zumindest außerhalb des Bereichs der geringfügigen Beschäftigung erheblich erschwert wird.
Erforderlich dürften vielmehr ergänzende Abwägungen sein, die auch bei Gewährung zusätz-licher geeigneter Eingliederungsleistungen, einschließlich etwaiger Eingliederungsleistungen für eine öffentlich geförderte Beschäftigung, (vgl. hierzu Ankündigung BMAS im Ausschuss für Arbeit und Soziales, Drs. 18(11)234 vom 5.11.2014.) z.B. wegen mangelnder Erfolgsaussicht für die Aufnahme einer solchen Beschäftigung) für unverhältnismäßig erscheinen lassen.
Darüber hinaus schließt sich die Kammer aus den genannten Erwägungen der Auffassung an, dass eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen ist. Gerade im Hinblick auf den vergleichsweise geringen Leistungsanspruch von 78 EUR monatlich erscheint auch eine zusätzliche Interessenabwägung angebracht, die die erheblichen zu er-wartenden dauerhaften Kürzungen der Rente zur Höhe des Leistungsanspruchs in Beziehung setzt. Da jegliche gegenüber Erwägungen in den mit der Klage angegriffenen Bescheiden fehlen, soweit sie sie sich nicht auf die Subsumption der Unbilligkeitsverordnung stützen ,liegt ein Ermessenfehlgebrauch in Form einer Ermessensunterschreitung bzw. eines Ermessendefizits vor.
Gründe:
Die Antragstellerin begehrt mit ihrem am 30.12.2014 gestellten Antrag die Herstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer gleichzeitig erhobenen Klage gegen die Aufforderung bis zum 15.11.2014 einen Antrag auf geminderte Altersrente bei der zu stellen. Die am 14.01.1952 geborene Antragstellerin steht im Leistungsbezug des Antragsgegners –der aktuelle Bedarf beträgt rund 78. EUR monatlich. Der gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gestellte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 30.12.2014 gegen die im Bescheid vom 29.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2014 enthaltene Aufforderung, eine vorzeitige Altersrente zu beantragen, ist zulässig, insbesondere ist er statthaft. Denn bei der hier in Rede stehenden Aufforderung zur Rentenantragstellung handelt es sich um einen Verwaltungsakt i.S.v § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) (Bun-dessozialgericht (BSG), Beschluss vom 16. Dezember 2011 – B 14 AS 138/11 B, juris RdNr 5) und den hiergegen erhobenen Widerspruch und der Klage kommt gemäß § 39 Nr. 3 iVm § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG keine aufschiebende Wirkung zu.
Der Antrag ist auch begründet.
Nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Klage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Voraussetzung für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung durch das Gericht ist, dass das Interesse des Einzelnen an der aufschiebenden Wirkung gegenüber dem öffentlichen Interesse am Vollzug des Bescheides überwiegt. Inhalt der Begründetheitsprüfung ist eine – auf den insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts – vorzunehmende Interessenabwägung, bei der unter Beachtung der vom Gesetzgeber getroffenen Grundentscheidung, den Eintritt der aufschiebenden Wirkung abweichend von dem in § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG geregelten Grundsatz nach § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG gerade auszuschließen, die jeweiligen Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen sind. Ergibt diese Abwägung, dass das private Interesse des jeweiligen Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs das öffentliche Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung seines Bescheides überwiegt, ist die aufschiebende Wirkung in aller Regel anzuordnen. Dies wiederum ist der Fall, wenn sich der angegriffene Bescheid als offensichtlich rechtswidrig erweist und dies mit einer subjektiven Rechtsverletzung des Belasteten einhergeht, weil an der sofortigen Vollziehung eines mit der Rechtsordnung nicht im Einklang stehenden Bescheides kein öffentliches Interesse besteht. Umgekehrt überwiegt das öffentliche Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung seines Bescheides das private Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs, wenn gegen die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides offensichtlich keine Bedenken bestehen. In diesem Fall ist die aufschiebende Wirkung in aller Regel nicht anzuordnen. Lässt sich die Frage nach der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides indes nicht hinreichend sicher beantworten, kommt es unter Berücksichtigung der oben dargestellten Grundentscheidung des Gesetzgebers für die Begründetheit des Antrags entscheidend auf die sonstigen Interessen der Beteiligten an. Grundsätzlich hat hierbei zu gelten, dass die an das private Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu stellenden Anforderungen im Sinne einer dynamischen Betrachtung um so höher sein müssen, je geringer die Erfolgsaussichten des von ihm in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs zu bewerten sind. Die wechselseitig eintretenden Folgen, die jeweils entstünden, wenn sich die durch das Gericht getroffene Eilentscheidung im Hauptsacheverfahren als unzutreffend erweisen sollte, sind in die Betrachtung mit einzubeziehen. Hierbei ist insbesondere in den Verfahren, in denen existenzsichernde Leistungen in Rede stehen, in den Blick zu nehmen, ob und mit welcher Intensität dem Antragsteller bei einer Ablehnung seines Antrages eine endgültige Verletzung von Grundrechten droht, deren Eintritt zu vermeiden nach Artikel 19 Abs. 4 des Grundgesetzes gerade Sinn und Zweck des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens ist.
Gemessen daran ist der Antrag auch begründet, da erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung bestehen.
Die Verpflichtung zu einer vorzeitigen Rentenantragstellung ist in § 5 Abs. 3, § 12 a SGB II i.V.m. der Unbilligkeitsverordnung – UnbilligkeitsVO – (vom 14. April 2008 – BGBl I S. 734) geregelt, die vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung in Ausübung der Ermächtigung im § 13 Abs. 2 SGB II erlassen wurde.
Rechtsgrundlage für die hier streitige Aufforderung des Antragsgegners an die Antragstellerin, eine vorzeitige Altersrente in Anspruch zu nehmen, ist § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II. Danach können die Leistungsträger einen Antrag auf Leistungen eines anderen Trägers stellen sowie Rechtsbehelfe und Rechtsmittel einlegen, wenn der Leistungsberechtigte einen solchen Antrag trotz Aufforderung nicht selbst stellt. Auch die Aufforderung zur Stellung des Rentenantrags steht im Ermessen des Leistungsträgers (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22. Mai 2013, a.a.O.). § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II setzt dabei eine Pflicht des Leistungsberechtigten zur Inanspruchnahme vorrangiger Leistungen - hier der Rente – voraus.
Ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit werden dadurch begründet, dass bei der Entscheidung das Ermessen nicht umfassend ausgeübt sondern diese ausschließlich auf das Nichtvorliegen der in der Unbilligkeitsverordnung – UnbilligkeitsVO – (vom 14. April 2008 – BGBl I S 734 )genannten Ausnahmetatbestände gestützt wurde.
Gemäß § 12a Satz 1 SGB II sind Leistungsberechtigte verpflichtet, Sozialleistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen und die dafür erforderlichen Anträge zu stellen, sofern dies zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich ist. Abweichend von Satz 1 sind Leistungsberechtigte gemäß § 12a Satz 2 Nr. 1 SGB II nicht verpflichtet, bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen. Gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II können die Leistungsträger, wenn die Leistungsberechtigten trotz Aufforderung einen erforderlichen Antrag auf Leistung eines anderen Trägers nicht stellen, den Antrag stellen, sowie Rechtsbehelfe und Rechtsmittel einlegen.
Legt man allein die UnbilligkeitsVO zugrunde, liegt keiner der Sachverhalte vor, aufgrund derer Leistungsberechtigte nach Vollendung des 63. Lebensjahres ausnahmsweise zur Vermeidung von Unbilligkeiten nicht verpflichtet sind, eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen. Bei der Antragstellerin führt die Inanspruchnahme nicht zum Verlust eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld (§ 2 UnbilligkeitsVO), sie kann nicht in nächster Zukunft die Altersrente abschlagsfrei in Anspruch nehmen (§ 3 UnbilligkeitsVO), sie ist nicht in einem Umfang, der den überwiegenden Teil ihrer Arbeitskraft ausmacht, sozialversicherungspflichtig beschäftigt oder erzielt aus sonstiger Erwerbstätigkeit derartigen Umfangs ein entsprechend hohes Einkommen (§ 4 UnbilligkeitsVO) und sie hat nicht durch Vorlage eines Arbeitsvertrages glaubhaft gemacht, dass sie in nächster Zeit eine Erwerbstätigkeit, die den soeben dargestellten Umfang hat (§ 5 UnbilligkeitsVO), aufnehmen wird.
Nicht richterlich geklärt, aber umstritten (auch innerhalb verschiedener Senate derselben Lan-dessozialgerichte) ist, inwieweit darüber hinaus eine umfassende Interessenabwägung vorzu-nehmen ist.
Dabei wird teilweise vertreten, dass dem Leistungsträger eröffnete Ermessen sei nach dem Regelungszusammenhang und -zweck intendiertes Ermessen. § 5 Abs 3 Satz 1 SGB II lenke das dem Leistungsträger zustehende Ermessen in der Weise, dass er die Aufforderung zur Rentenantragstellung als Regel festlegt (vgl LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. Juni 2014 – L 31 AS 800/14 B ER, juris RdNr 24 aE m.w.N). Danach müssen besondere Gründe vorliegen, wenn von der Aufforderung zur Rentenantragstellung abgesehen werden soll. Liegt ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt nicht vor, verstehe sich das Ergebnis der Abwägung von selbst; versteht sich aber das Ergebnis von selbst, bedarf es insoweit auch nach § 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X keiner das Selbstverständliche darstellenden Begründung. Nur dann, wenn dem Leistungsträger außergewöhnliche Umstände des Falles bekannt geworden oder erkennbar seien die eine andere Entscheidung möglich erscheinen lassen, liege ein rechtsfehlerhafter Gebrauch des Ermessens vor, wenn diese Umstände vom Leistungsträger nicht erwogen worden seien (so Berlin-Brandenburg vom 05.11.2014 Az.: L 25 AS 2731/14 B ER zitiert nach juris).
Ob weitere Erwägungen zur Unbilligkeit führen können, ist streitig (siehe hierzu beispielhaft die Darstellung im Beschluss des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. Mai 2013, Az. L 19 AS 291/13 B ER, zitiert nach juris). Nach einer Ansicht soll ein weiterer Ausnahmefall dann vorliegen, wenn der Hilfebedürftige aufgrund der mit der vorzeitigen Inanspruchnahme verbundenen Abschläge dauerhaft hilfebedürftig nach dem SGB II oder dem SGB XII bliebe (vgl. Bieback in Gagel SGB II/III, Juni 2011, § 5 SGB II RdNr. 95), dies aber nicht der Fall wäre, wenn er – zu einem späteren Zeitpunkt - eine abschlagsfreie Rente in Anspruch nehmen könnte.
Der 31. Senat des LSG Brandenburg geht hingegen davon aus, dass bereits die Entscheidung darüber, ob die in § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II genannte Aufforderung an den Hilfebedürftigen ergeht, im pflichtgemäßen Ermessen des Grundsicherungsträgers steht und zwar ungeachtet der Frage, ob es sich bei den in der Unbilligkeitsverordnung vom 14. April 2008 (BGBl I S. 734) genannten Gesichtspunkten um negative Tatbestandsmerkmale oder Ermessenskriterien handelt. Daher sei bei der Ermessensausübung die voraussichtliche Dauer oder Höhe des Leistungsbezugs, absehbarer Einkommenszufluss oder dauerhafte Krankheit zu berücksichtigen. Insbesondere in Bezug auf die Stellung eines vorzeitigen Altersrentenantrags sei ferner zu berücksichtigen, dass der Leistungsberechtigte als Altersrentner von Leistungen nach dem SGB II – und damit auch von solchen nach §§ 16 ff. SGB II – ausgeschlossen sei. Zudem sei die vorzeitige Inanspruchnahme einer Altersrente regelmäßig mit Abschlägen verbunden, was ebenfalls zu berücksichtigen sei (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. Juni 2014 – L 31 AS 800/14 B ER ).
Für die Auslegung dass eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen ist und insbe-sondere der Umstand, dass der Leistungsempfänger im Fall der Bewilligung einer vorgezogenen Altersrente gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II auch von Eingliederungsleistungen nach den §§ 16 ff. SGB II ausgeschlossen wäre, zu berücksichtigen ist, spricht nicht zuletzt, dass andernfalls die §§ 5 Abs. 3 , § 12 a SGB II mit der Richtlinie 2000/78/EG vom 27.11.2000 unter dem Gesichtspunkt einer Altersdiskriminierung nicht vereinbar wären.
Das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters stellt gemäß Erwägungsgrund 25 der genannten Richtlinie ein wesentliches Element zur Erreichung der Ziele der beschäftigungspoli-tischen Leitlinien und zur Förderung der Vielfalt im Bereich der Beschäftigung dar. Un-gleichbehandlungen wegen des Alters können unter bestimmten Umständen jedoch gerechtfertigt sein und erfordern daher besondere Bestimmungen, die je nach der Situation der Mitgliedsstaaten unterschiedlich sein können. Es ist daher unbedingt zu unterscheiden zwischen einer Ungleichbehandlung, die insbesondere durch rechtmäßige Ziele im Bereich der Beschäf-tigungspolitik, des Arbeitsmarktes und der beruflichen Bildung gerechtfertigt ist, und einer Diskriminierung, die zu verbieten ist.
Gemäß Artikel 3, Abs. 1 b) der Richtlinie gilt diese für alle Personen in öffentlichen und privaten Bereichen, einschließlich öffentlicher Stellen, auch in Bezug auf den Zugang zu allen Formen und allen Ebenen der Berufsberatung, der Berufsausbildung, der beruflichen Weiterbildung und der Umschulung, einschließlich der praktischen Berufserfahrung. Gerechtfertigte Ungleichbehandlung wegen des Alters können gemäß Art 6 von den Mitglied-staaten allerdings vorgesehen werden, sofern sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Zu diesen Zielen zählt z.B., die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Arbeitnehmern und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen (Art 6 Abs.1 Buchstabe a).
Im Umkehrschluss ist dem zu entnehmen, dass zu den gerechtfertigten Zielen gerade nicht zählt, in der Regel schwerer zu vermittelnde Arbeitsuchende, ab dem Erreichen eines bestimmten Alters –hier des vollendeten 63. Lebensjahres- den Zugang zu beruflichen Einglie-derungsleistungen zu erschweren. Solche Eingliederungsleistungen sind regelmäßig nur für den Fall der Arbeitslosigkeit erforderlich. Der Umstand der Arbeitslosigkeit ist daher gerade kein geeigneter Anknüpfungspunkt für ein Tatbestandsmerkmal, dass zu einer Ausschluss von oder erschwerte Zugang Eingliederungsleistungen führt. § 5 Unbilligkeitsverordnung, wonach unbillig die Inanspruchnahme der möglichen Rente ist , wenn Hilfebedürftige durch die Vorlage eines Arbeitsvertrages oder anderer ebenso verbindlicher, schriftlicher Zusagen glaubhaft machen, dass sie in nächster Zukunft eine Erwerbstätigkeit gemäß § 4 aufnehmen und nicht nur vorübergehend ausüben werden, dürfte daher z.B. – sofern er als negatives Tatbestandmerkmal aufgefasst wird, das keine weitere Ermessensausübung zulässt, mit der der Richtlinie 2000/78/EG vom 27.11.2000 nicht vereinbar sein. Gemäß Erwägungsgrund 12 der Richtlinie soll jede unmittelbare oder auch mittelbare Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in den von der Richtlinie abgedeckten Bereichen gemeinschaftsweit untersagt werden. Dahinstehen kann daher insoweit, ob der durch einen Rentenbezug der Zugang zu Eingliederungsleistungen wie offenbar von LSG Berlin- Brandenburg vorausgesetzt (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. Juni 2014 – L 31 AS 800/14 B ER) rechtlich ausgeschlossen oder tatsächlich erheblich erschwert wird. Es spricht zudem vieles dafür, dass durch einen Altersrentenbezug nicht nur der Zugang zu Eingliederungsleistungen sondern auch der tatsächliche Zugang zum Arbeitsmarkt in anderer Hinsicht zumindest außerhalb des Bereichs der geringfügigen Beschäftigung erheblich erschwert wird.
Erforderlich dürften vielmehr ergänzende Abwägungen sein, die auch bei Gewährung zusätz-licher geeigneter Eingliederungsleistungen, einschließlich etwaiger Eingliederungsleistungen für eine öffentlich geförderte Beschäftigung, (vgl. hierzu Ankündigung BMAS im Ausschuss für Arbeit und Soziales, Drs. 18(11)234 vom 5.11.2014.) z.B. wegen mangelnder Erfolgsaussicht für die Aufnahme einer solchen Beschäftigung) für unverhältnismäßig erscheinen lassen.
Darüber hinaus schließt sich die Kammer aus den genannten Erwägungen der Auffassung an, dass eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen ist. Gerade im Hinblick auf den vergleichsweise geringen Leistungsanspruch von 78 EUR monatlich erscheint auch eine zusätzliche Interessenabwägung angebracht, die die erheblichen zu er-wartenden dauerhaften Kürzungen der Rente zur Höhe des Leistungsanspruchs in Beziehung setzt. Da jegliche gegenüber Erwägungen in den mit der Klage angegriffenen Bescheiden fehlen, soweit sie sie sich nicht auf die Subsumption der Unbilligkeitsverordnung stützen ,liegt ein Ermessenfehlgebrauch in Form einer Ermessensunterschreitung bzw. eines Ermessendefizits vor.
Rechtskraft
Aus
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