Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
SG Altenburg (FST)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 6 U 181/12
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten sind die Folgen eines Arbeitsunfalles vom 22.01.2000.
Der Kläger erlitt am Unfalltag eine Pfählungsverletzung an der linken Brustkorb- und Achselhöhlenseite. Er stand auf einer Leiter, die zusammenbrach, so dass eine Querstrebe der Leiter in die rechte Thoraxmuskulatur von der Achselhöhle ca. 8 cm in Richtung Brustmuskel eindrang.
Nach dem Befund des Durchgangsarztes wurden Lunge, Rippenfell, größere Blutgefäße oder Nerven nicht verletzt. Der Heilverlauf war zunächst ungestört. Der Kläger war ab 14.02.2000 wieder arbeitsfähig und ging seiner Tätigkeit nach. Am 16.06.2000 wurde ihm wegen Schmerzen bei Belastungen des rechten Armes Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Mehrere MRT- und CT-Untersuchungen, die durchgeführt wurden, konnten keine strukturellen Läsionen aufzeigen. Seither leidet der Kläger an einem punktförmigen Schmerz im rechten Brustkorb, der sich nach einer Operation in der Unfallchirurgie des Universitätsklinikums L. am 05.08.2013 deutlich besserte.
Die Beklagte beauftragte den Unfallchirurgen Dr. H. mit der Erstellung eines Sachver-ständigengutachtens. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, es bestünden unfallbedingte Schmerzen im rechten Brustmuskelbereich. Unfallfremd seien HWS-Beschwerden sowie ein angedeutetes Impingement-Syndrom. Die unfallbedingte MdE betrage 0. In einem von dem Chirurgen Dr. M. für die -Versicherungen erstellten Gutachten wurde festgestellt, dass das angeschuldigte Unfallereignis für die diagnostizierte Bewegungs- und Kraftminderung nicht allein verantwortlich sei. Wesentlich seien vor allen Dingen die Veränderungen, die als Lagevariante am Schulterdach und im Bereich des AC-Gelenks beschrieben worden seien.
Mit Bescheid vom 01.06.2001 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Teilverletztenrente wegen des Arbeitsunfalles ab und bestätigte ihre Ausgangsentscheidung durch Widerspruchsbescheid vom 13.03.2002. In der daraufhin vor dem Sozialgericht Altenburg erhobenen Klage (Az.: S 6 U 675/02) kam der Unfallchirurg Dr. O. als Sachverständiger zu dem Ergebnis, durch die Pfählung sei keine Verletzung größerer Gefäße eingetreten. Die Schmerzen und Bewegungsstörungen des Klägers ließen sich objektiv aus unfallchirurgischer Sicht nicht erklären. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. M. ging davon aus, dass der Kläger an einer somatoformen Störung leide, die zwar durch den Unfall mitbedingt sei. Das Unfallereignis stelle aber keine wesentliche Ursache für diese Erkrankung dar. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet betrage 0. Bei der Entstehung der Somatisie-rungsstörung mit Schmerzsymptomatik seien die persönliche Situation des Klägers mit seinem sozialen Umfeld, die Schwere des Traumas sowie Einflussfaktoren, die nach dem Unfall eingewirkt hätten, zu berücksichtigen. Bei Abwägung aller für und gegen den Unfallzusammenhang anzuführenden Umstände überwögen die gegen eine Unfallfolge sprechenden Erwägungen. Durch Urteil vom 28.07.2004 wies das Sozialgericht Altenburg die Klage ab.
In einem weiteren Verfahren vor dem Sozialgericht Altenburg (Az.: S 6 U 1353/06), in dem es um die Gewährung von Verletztengeld ging, stellte der herangezogene Sachverständige fest, außer einer reizlosen Narbe in der rechten Achselhöhle seien keine weiteren Folgen des Unfalles vom 22.01.2000 objektivierbar.
Mit Schreiben vom 04.01.2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Kostenübernahme für eine zunächst testweise durch das Klinikum A. L. durchgeführte SCS-Therapie. Mit Bescheid vom 11.01.2011 und Widerspruchsbescheid vom 17.03.2011 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab und verwies auf die in den durchgeführten gerichtlichen Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten.
Mit Bescheid vom 24.08.2011 lehnte die Beklagte einen Antrag des Klägers nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) zur Überprüfung des Bescheides vom 01.06.2001 ab und bestätigte diese Entscheidung durch Widerspruchsbescheid vom 20.12.2011. Gegenüber dem Sachverhalt, der dem Bescheid vom 01.06.2001 zu Grunde gelegen habe, sei kein neuer Sachverhalt vorgetragen worden, der eine Rücknahme der angeführten Entscheidung rechtfertige.
Am 19.03.2011 und am 19.01.2012 hat der Kläger über seine Bevollmächtigte gegen beide Widerspruchsbescheide Klage erhoben. Die Klagen sind zur gemeinsamen Entscheidung verbunden worden.
Die Bevollmächtigte des Klägers trägt vor, die Beschwerden des Klägers hätten seit dem Unfall nicht nachgelassen, weshalb er sich erneut in ärztlicher Behandlung habe begeben müssen. Der Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie, Intensivtherapie und spezielle Schmerzmedizin des Klinikums A. L., Dr. K., habe festgestellt, dass der Kläger an einem regionalen neuropathischen Schmerzsyndrom im Bereich TH 2/3 rechts bei Zustand nach Pfählungsverletzung der rechten Axilla leide. Dabei handele es sich nach ärztlicher Einschätzung um Schmerzen, die durch Schädigung des Nervensystems ausgelöst worden seien. Nach Einschätzung des Herrn Dr. K. sei es infolge der Pfählungsverletzung zu Läsionen von Zweigen der Interkostalnerven TH 2/3 rechts gekommen. Nach seiner Auffassung bestehe ein eindeutiger Kausalzusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall und den Beschwerden. Mit dieser ärztlichen Einschätzung korrespondiere auch die zwischenzeitlich durchgeführte weitere Begutachtung durch Herrn Dr. W., Facharzt für Chirurgie, Homöopathie und Naturheilverfahren. Die ärztliche Einschätzung des Herrn Dr. K. basiere auf mehreren intensiven Untersuchungen des Klägers. Der Kläger habe sich im Zeitraum vom 30.08.2010 bis 03.09.2010 in stationärer Behandlung im Klinikum A. L., Klinik für Anästhesiologie, Intensivtherapie und spezielle Schmerzmedizin befunden. In diesem Zeitraum sei der Kläger eingehenden Untersuchungen unterzogen worden, insbesondere seien einzelne Nerven künstlich blockiert worden, um Ursachen lokalisieren bzw. feststellen zu können. Dr. K. habe der Beklagten mitgeteilt, dass im Ergebnis der Diagnostik und der sich daraus ergebenden Begründung eine SCS-Behandlung durchzuführen sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Bescheid vom 24.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.012.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 01.06.2001 zurückzunehmen sowie den Bescheid vom 11.01.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.03.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten einer SCS-Behandlung (Schmerztherapie) zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig.
Das Gericht hat den Neurologen Prof. Dr. B. mit der Erstellung eines medizinischen Sachverständigengutachtens beauftragt. Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger an einer somatoformen Schmerzstörung, einem chronischen LWS-Schmerzsyndrom und einem sensiblen Reizsyndrom L 2 rechts leide. Die somatoforme Schmerzstörung sei unfallmitbedingt. Die beiden anderen Gesundheitsbeeinträchtigungen seien unfallunabhängig. Es ergebe sich eine große Übereinstimmung aller bisher beauftragten Gutachter, dass die geklagten Beschwerden keine Unfallfolge darstellten. Die SCS-Schmerztherapie sei medizinisch nicht indiziert. In einer ergänzenden Stellungnahme hat der Sachverständige unter Berücksichtigung von Einwänden des Klägers ausgeführt, im medizinischen Sinne sei die somatoforme Schmerzstörung unfallmitbedingt. Trotzdem bekomme man bei normaler psychischer Konstitution nach solch einem Unfall keine jahrelange Schmerzstörung, d. h. es gebe im Falle des Klägers eine (völlig unfallunabhängige) psychische Konstitution, die die Ausbildung der somatoformen Schmerzstörung erlaube. Oder anders gesprochen, auch ein ähnliches oder anderes Ereignis hätte eine solche somatoforme Schmerzstörung auslösen können. Man dürfe Auslöser nicht mit Ursache verwechseln. Auslöser sei der Unfall, Ursache die psychische Konstitution des Klägers gewesen.
In einer weiteren Stellungnahme trägt die Bevollmächtigte des Klägers vor, es werde bestritten, dass Ursache für die somatoforme Schmerzstörung die psychische Konstellation des Klägers sei. Darüber hinaus sei im Bereich der rechtsseitigen Brustwand des Klägers eine Neurinom diagnostiziert worden. Damit sei eine Schädigung des peripheren Nervensystems diagnostiziert. Diese sei auf die Pfählungsverletzung zurückzuführen.
Aus einem Bericht des Universitätsklinikums L., Klinik für Unfall-, Wiederherstellungs- und plastische Chirurgie vom 07.08.2013, ergibt sich, dass der Kläger an einem Neurinom im Bereich der rechtsseitigen Brustwand litt. Am 05.08.2013 wurde durch den Unfallchirurgen Prof. Dr. J. eine Exzision des Neurinoms durchgeführt. Die Bevollmächtigte des Klägers vertritt hierzu die Ansicht, nach dieser Operation habe sich die gesundheitliche Situation des Klägers erheblich verbessert. Seit der Operation leide der Kläger nicht mehr unter derart massiven Schmerzen, wie sie vor der Operation vorlagen, wenngleich die Schmerzen nicht vollständig beseitigt seien. Das bei der Operation entfernte Gewerbe resultiere ausschließlich aus dem streitgegenständlichen Arbeits-unfall.
Die Bevollmächtigte des Klägers hat mitgeteilt, dass Herr Dr. K. gegenüber dem Kläger nochmals Stellung genommen habe. Im Ergebnis sei dem Kläger auszugsweise erklärt worden: "Die chirurgischen Kollegen in L., die die Operation im Schulterbereich ausgeführt haben, hatten eine Gewebeprobe in die Pathologie geschickt, die letztendlich jedoch kein Nervengewebe enthielt. Somit kann kein lückenloser Beweis geführt werden bezüglich der neurogenen Ursache Ihres Schmerzsyndroms. Die Testblockaden, die wir seinerzeit durchgeführt hatten und der Erfolg im Zusammenhang mit dem operativen Eingriff sprechen für diese Überlegung, ".
Die Bevollmächtigte des Klägers hat außerdem vorgetragen, der Kläger befinde sich in Behandlung bei Frau Dr. B.-W., Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie. Frau Dr. B.-W. habe ausgeführt, bei der lokalen Therapie, die eine passagere Schmerzlinderung er-bracht habe, sei als Hauptschmerzpunkt, also als Hauptstörregion, eben dieser Bereich an der Schulter gefunden worden, der dann im weiteren Verlauf 2013 schulmedizinisch im Rahmen einer Arthroskopie noch effektiver habe behandelt werden können.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat sich für eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) entschieden. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.
Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Beteiligten wurden gehört. Die Kammer hat das ihr zustehende Ermessen ausgeübt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob besondere Schwierigkeiten vorliegen, ist der Zeitpunkt des Erlasses des Gerichtsbescheides. Es ist ausreichend, dass die Sache zu diesem Zeitpunkt keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art mehr aufweist.
Der Sachverhalt ist nach den durchgeführten Ermittlungen geklärt. Die Sache weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher Art auf. Der Schwierigkeitsgrad ist durchschnittlich. Weder ist der Sachverhalt besonders unübersichtlich, noch liegt eine unklare Gutachtenlage vor. Im Rahmen ihrer Überlegungen zum Erlass eines Gerichtsbescheides ist die Kammer insbesondere davon ausgegangen, dass die wesentlichen medizinischen Fragestellungen bereits durch Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 28.07.2004 geklärt worden waren. Durch eine aktuelle medizinische Äußerung hat sich die Notwendigkeit eines weiteren Gutachtens ergeben. Nachdem dieses Gutachten zu einem eindeutigen Ergebnis gekommen ist und darüber hinaus die ärztliche Behauptung für einen möglichen Ursachenzusammenhang relativiert worden ist, ist von einem geklärten Sachverhalt ohne besondere Schwierigkeiten auszugehen. Es ist nicht erkennbar, dass die Streitsache eine besondere politische, wirtschaftliche oder soziale Tragweite hat.
Es liegen auch keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher Art vor. Die zu beantwortenden Rechtsfragen sind von durchschnittlicher Schwierigkeit. Weder sind Rechtsvorschriften entgegen der herrschenden Meinung in der Literatur oder der höchstrichterlichen Rechtsprechung auszulegen, noch liegen die Voraussetzungen einer grundsätzlichen Bedeutung oder einer Divergenz im Sinne der Berufungs- und Revisionszulassungsvorschriften vor.
Im Rahmen des auszuübenden Ermessens hat die Kammer geprüft, ob auf die mündliche Verhandlung verzichtet werden kann und ob die Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter an der Entscheidung, die zu den tragenden Grundsätzen des sozialgerichtlichen Verfahrens zählt, im konkreten Fall tatsächlich erforderlich ist. Weil aus der Sicht des Gerichts nicht die Notwendigkeit mündlicher Erörterungen bestand, war eine mündliche Verhandlung entbehrlich. Hierbei wurde auch berücksichtigt, dass das Gericht seine Auffassung im vorbereitenden schriftlichen Verfahren hinreichend verdeutlich hat und das rechtliche Gehör der Beteiligten dadurch gewährleistet wurde. Da die zu entscheidenden Fragen juristischer Art waren bzw. die Bewertung medizinischer Äußerungen betrafen, konnte auf den besonderen Sachverstand ehrenamtlicher Richter verzichtet werden. Stattdessen überwogen im Rahmen der Ermessensentscheidung die vom Gesetzgeber gewollten Entlastungs- und Beschleunigungszwecke.
Für den Erlass eines Gerichtsbescheides spricht darüber hinaus, dass die Beklagtenseite mit dieser Entscheidungsform ausdrücklich einverstanden ist und die Klägerseite keine Einwände dagegen erhoben hat.
Schließlich sind keine besonderen Gründe erkennbar, die im Rahmen des Ermessens gegen eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid sprechen, etwa eine besonders hohe wirtschaftliche Bedeutung, wichtige haftungsrechtliche Konsequenzen für einen Zivilrechtsstreit oder die Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung der Sache (vgl. Bienert, SGb 2014, 365).
Die Klage ist zulässig. Bei sinnentsprechender Auslegung des Klageantrages unter Be-rücksichtigung der Klagebegründung ist davon auszugehen, dass im Rahmen des § 44 SGB X nicht lediglich die Zurücknahme des bindend gewordenen Bescheides vom 01.06.2011 begehrt wird, sondern auch die Verurteilung der Beklagten zur Feststellung weiterer Unfallfolgen.
Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in subjektiven Rechten. Es besteht weder ein Anspruch auf Rücknahme des bindend gewordenen Ablehnungsbescheides vom 01.06.2001, noch auf Übernahme der Kosten der SCS-Behandlung.
Nach § 8 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.
Für den Ursachenzusammenhang gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung. Ausgangsbasis ist die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der Ursache eines Erfolges jedes Ereignis ist, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele. Allerdings werden im Sozialrecht nur solche Ursachen als rechtserheblich angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, so lange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben. Bei der Beurteilung des Ursachenzusammenhangs im Einzelfall ist der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand über die Ursachenzusammenhänge zwischen Ereignissen und Gesundheitsschäden zugrunde zu legen. Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang nach der Theorie der wesentlichen Bedingung positiv festgestellt werden muss und hierfür hinreichende Wahrscheinlichkeit genügt, nicht jedoch die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.2006 - B 2 U 13/05 R - JURIS). Hinreichende Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, wenn nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden. Das Unfallereignis selbst und die durch den Unfall verursachten Gesundheitsstörungen müssen in vollem Umfang, d. h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, bewiesen sein (vgl. BSG, Urteil vom 21.11.1996 - L 6 U 352/94; Urteil vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R - JURIS).
Werden diese Maßstäbe zu Grunde gelegt, so ergibt sich keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Schmerzen, unter denen der Kläger leidet, auf dem Arbeitsunfall beruhen. In ihrer Überzeugungsbildung stützt sich die Kammer auf das im Klageverfahren eingeholte Sachverständigengutachten des Neurologen Prof. Dr. B. Das Gutachten beruht auf einer ambulanten Untersuchung des Klägers. Es ist schlüssig und frei von inneren Widersprüchen. Der Sachverständige hat insbesondere die in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Kausalitätsgrundsätze beachtet. Als Urkundsbeweis hat die Kammer die Gutachten verwertet, die in den Verfahren S 6 U 675/02 und S 6 U 1353/06 durch das Sozialgericht Altenburg eingeholt wurden.
In dem Verfahren S 6 U 675/02 ist festgestellt worden, dass die Pfählungsverletzung weder zur Verletzung größerer Gefäße, noch zu einem Impingement-Syndrom geführt hat und dass die MdE unterhalt von 10 % liege. Es haben sich keine Hinweise dafür ergeben, dass diese Feststellung unrichtig ist. Es wird deshalb auf den Inhalt dieses Urteils verwiesen, dessen Richtigkeit sich auch im Verfahren S 6 U 1353/06 bestätigte. Im Verfahren S 6 U 675/02 ist weiterhin festgestellt worden, dass der Kläger zwar an einem somatoformen Schmerzsyndrom leidet, dass dieses Schmerzsyndrom aber nicht ursächlich auf dem Arbeitsunfall beruht. Auch insoweit haben sich keine neuen Erkenntnisse ergeben. Es kommt hinzu, dass die Schmerzen des Klägers nach seiner eigenen Überzeugung nicht auf einem somatoformen Schmerzsyndrom beruhen, sondern eine körperliche Ursache haben. Der Kläger hat vorgetragen, dass durch die am 05.08.2013 durchgeführte Operation, bei der nach seiner Auffassung Narbengewebe entfernt worden sei, eine deutliche Verbesserung der Schmerzsituation eintrat. Aus diesem Grund war auf psychiatrischem Fachgebiet keine weitere Beweiserhebung erforderlich.
Grundlage der durchgeführten neurologischen Begutachtung war die Äußerung des Chefarztes der Klinik für Anästhesiologie des Klinikums A. L. Dr. K., es sei "offenbar im Rahmen einer Pfählungsverletzung zu Läsionen von Zweigen der Interkostalnerven TH 2 und TH 3 rechts gekommen. Die gerichtliche Beweisaufnahme hat diese Theorie nicht bestätigt. Bereits der beratende Arzt der Beklagten Dr. L. hat die verwendete Methode einer Blockade von Schmerzphasen mittels Lokalanästhetika als nicht beweisend für eine periphere Nervenläsion angesehen. Der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. B. hat sich ausführlich mit der Vermutung von Herrn Dr. K. auseinandergesetzt und ausgeführt, die Brustnerven, auch Interkostalnerven genannt, gäben segmental mikroskopisch kleine und kleinste Äste in die vorderen Haut- und Muskelpartien des gesamten Brustkorbes ab. Das Metallrohr sei nicht bis zu den Brustnerven, Rippen oder gar dem Brustfell vorgedrungen. Es sei schlicht nicht möglich, dass diese kleine, relativ oberflächliche Verletzung 13 Jahre lang die beschriebenen heftigen Schmerzen verursacht haben solle. Wenn man bedenke, um einen Vergleich anzustellen, bei wie vielen Operationen in diesem Gebiet (Brustkrebsoperationen, Schönheitsoperationen an der Brust, andere Thoraxoperationen, Drainagen etc. oder an der Bauchwand, die ähnlich innerviert sei) viel größere und tiefere Schnittverletzungen (und damit jede Menge Verletzungen aller möglichen Brustnervenäste) aufträten, ohne dass derart heftige Beschwerden die Regel seien, erscheine die Hypothese von Herrn Dr. K. medizinisch nicht haltbar. Dass die medikamentöse Nervenblockade eine Schmerzlinderung erbracht habe, sei bei somatoformen Schmerzen überhaupt nicht ungewöhnlich, wisse man doch, dass auch Placebo-Injektionen und -behandlungen vorübergehende Schmerzlinderungen bewirkten. Aus der Sicht der Kammer sind diese Feststellungen eindeutig. Der behandelnde Arzt des Klägers, Dr. K., hat seine Auffassung zudem relativiert und ausgeführt, es könne kein lückenloser Beweis geführt werden bezüglich der neurogenen Ursache des Schmerzsyndroms. Auch der Stellungnahme der behandelnden Ärztin Dr. B.-W. lassen sich keine Argumente für die Kausaldiskussion entnehmen. Vor diesem Hintergrund gibt es keine Zweifel daran, dass auch aus neurologischer Sicht ein Ursachenzusam-menhang zwischen dem Unfall und den Schmerzen des Klägers nicht angenommen werden kann.
Die Annahme des Klägers, die am 05.08.2013 in der Unfallchirurgie des Universitätsklinikums L. durchgeführte Operation, die zu einer deutlichen Verbesserung der Schmerzsituation führte, spreche für eine Ursächlichkeit zwischen dem Arbeitsunfall und den Schmerzen, ist unzutreffend. Der Bericht des Universitätsklinikums L. vom 07.08.2013 spricht im Gegenteil eindeutig gegen eine Ursächlichkeit. Die Auffassung des Klägers, bei der Operation sei Narbengewebe entfernt worden, ergibt sich aus dem Bericht nicht. Stattdessen ist dem Bericht zu entnehmen, dass der Kläger an einem Neurinom, also einem langsam wachsenden, gutartigen Tumor, litt. Dieser Tumor wurde operativ entfernt. Es ist durchaus vorstellbar, dass diese Neurinom die eigentliche Ursache der Schmerzen des Klägers war. Jedenfalls wird das Ergebnis der gerichtlichen Begutachtung durch den Bericht des Universitätsklinikums L.g vom 07.08.2013 in keiner Weise in Frage gestellt. Anhaltspunkte dafür, dass ein Neurinom traumatisch verursacht werden kann, finden sich nicht. Auch die Bevollmächtigte des Klägers hat diese Ansicht nicht vertreten. Eine weitere Aufklärung insoweit war deshalb nicht erforderlich.
Weil zwischen dem Unfall und den Schmerzen des Klägers kein kausaler Zusammenhang besteht, geht auch die durchgeführte Schmerztherapie nicht zu Lasten der Beklagten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Umstritten sind die Folgen eines Arbeitsunfalles vom 22.01.2000.
Der Kläger erlitt am Unfalltag eine Pfählungsverletzung an der linken Brustkorb- und Achselhöhlenseite. Er stand auf einer Leiter, die zusammenbrach, so dass eine Querstrebe der Leiter in die rechte Thoraxmuskulatur von der Achselhöhle ca. 8 cm in Richtung Brustmuskel eindrang.
Nach dem Befund des Durchgangsarztes wurden Lunge, Rippenfell, größere Blutgefäße oder Nerven nicht verletzt. Der Heilverlauf war zunächst ungestört. Der Kläger war ab 14.02.2000 wieder arbeitsfähig und ging seiner Tätigkeit nach. Am 16.06.2000 wurde ihm wegen Schmerzen bei Belastungen des rechten Armes Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Mehrere MRT- und CT-Untersuchungen, die durchgeführt wurden, konnten keine strukturellen Läsionen aufzeigen. Seither leidet der Kläger an einem punktförmigen Schmerz im rechten Brustkorb, der sich nach einer Operation in der Unfallchirurgie des Universitätsklinikums L. am 05.08.2013 deutlich besserte.
Die Beklagte beauftragte den Unfallchirurgen Dr. H. mit der Erstellung eines Sachver-ständigengutachtens. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, es bestünden unfallbedingte Schmerzen im rechten Brustmuskelbereich. Unfallfremd seien HWS-Beschwerden sowie ein angedeutetes Impingement-Syndrom. Die unfallbedingte MdE betrage 0. In einem von dem Chirurgen Dr. M. für die -Versicherungen erstellten Gutachten wurde festgestellt, dass das angeschuldigte Unfallereignis für die diagnostizierte Bewegungs- und Kraftminderung nicht allein verantwortlich sei. Wesentlich seien vor allen Dingen die Veränderungen, die als Lagevariante am Schulterdach und im Bereich des AC-Gelenks beschrieben worden seien.
Mit Bescheid vom 01.06.2001 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Teilverletztenrente wegen des Arbeitsunfalles ab und bestätigte ihre Ausgangsentscheidung durch Widerspruchsbescheid vom 13.03.2002. In der daraufhin vor dem Sozialgericht Altenburg erhobenen Klage (Az.: S 6 U 675/02) kam der Unfallchirurg Dr. O. als Sachverständiger zu dem Ergebnis, durch die Pfählung sei keine Verletzung größerer Gefäße eingetreten. Die Schmerzen und Bewegungsstörungen des Klägers ließen sich objektiv aus unfallchirurgischer Sicht nicht erklären. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. M. ging davon aus, dass der Kläger an einer somatoformen Störung leide, die zwar durch den Unfall mitbedingt sei. Das Unfallereignis stelle aber keine wesentliche Ursache für diese Erkrankung dar. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet betrage 0. Bei der Entstehung der Somatisie-rungsstörung mit Schmerzsymptomatik seien die persönliche Situation des Klägers mit seinem sozialen Umfeld, die Schwere des Traumas sowie Einflussfaktoren, die nach dem Unfall eingewirkt hätten, zu berücksichtigen. Bei Abwägung aller für und gegen den Unfallzusammenhang anzuführenden Umstände überwögen die gegen eine Unfallfolge sprechenden Erwägungen. Durch Urteil vom 28.07.2004 wies das Sozialgericht Altenburg die Klage ab.
In einem weiteren Verfahren vor dem Sozialgericht Altenburg (Az.: S 6 U 1353/06), in dem es um die Gewährung von Verletztengeld ging, stellte der herangezogene Sachverständige fest, außer einer reizlosen Narbe in der rechten Achselhöhle seien keine weiteren Folgen des Unfalles vom 22.01.2000 objektivierbar.
Mit Schreiben vom 04.01.2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Kostenübernahme für eine zunächst testweise durch das Klinikum A. L. durchgeführte SCS-Therapie. Mit Bescheid vom 11.01.2011 und Widerspruchsbescheid vom 17.03.2011 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab und verwies auf die in den durchgeführten gerichtlichen Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten.
Mit Bescheid vom 24.08.2011 lehnte die Beklagte einen Antrag des Klägers nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) zur Überprüfung des Bescheides vom 01.06.2001 ab und bestätigte diese Entscheidung durch Widerspruchsbescheid vom 20.12.2011. Gegenüber dem Sachverhalt, der dem Bescheid vom 01.06.2001 zu Grunde gelegen habe, sei kein neuer Sachverhalt vorgetragen worden, der eine Rücknahme der angeführten Entscheidung rechtfertige.
Am 19.03.2011 und am 19.01.2012 hat der Kläger über seine Bevollmächtigte gegen beide Widerspruchsbescheide Klage erhoben. Die Klagen sind zur gemeinsamen Entscheidung verbunden worden.
Die Bevollmächtigte des Klägers trägt vor, die Beschwerden des Klägers hätten seit dem Unfall nicht nachgelassen, weshalb er sich erneut in ärztlicher Behandlung habe begeben müssen. Der Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie, Intensivtherapie und spezielle Schmerzmedizin des Klinikums A. L., Dr. K., habe festgestellt, dass der Kläger an einem regionalen neuropathischen Schmerzsyndrom im Bereich TH 2/3 rechts bei Zustand nach Pfählungsverletzung der rechten Axilla leide. Dabei handele es sich nach ärztlicher Einschätzung um Schmerzen, die durch Schädigung des Nervensystems ausgelöst worden seien. Nach Einschätzung des Herrn Dr. K. sei es infolge der Pfählungsverletzung zu Läsionen von Zweigen der Interkostalnerven TH 2/3 rechts gekommen. Nach seiner Auffassung bestehe ein eindeutiger Kausalzusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall und den Beschwerden. Mit dieser ärztlichen Einschätzung korrespondiere auch die zwischenzeitlich durchgeführte weitere Begutachtung durch Herrn Dr. W., Facharzt für Chirurgie, Homöopathie und Naturheilverfahren. Die ärztliche Einschätzung des Herrn Dr. K. basiere auf mehreren intensiven Untersuchungen des Klägers. Der Kläger habe sich im Zeitraum vom 30.08.2010 bis 03.09.2010 in stationärer Behandlung im Klinikum A. L., Klinik für Anästhesiologie, Intensivtherapie und spezielle Schmerzmedizin befunden. In diesem Zeitraum sei der Kläger eingehenden Untersuchungen unterzogen worden, insbesondere seien einzelne Nerven künstlich blockiert worden, um Ursachen lokalisieren bzw. feststellen zu können. Dr. K. habe der Beklagten mitgeteilt, dass im Ergebnis der Diagnostik und der sich daraus ergebenden Begründung eine SCS-Behandlung durchzuführen sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Bescheid vom 24.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.012.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 01.06.2001 zurückzunehmen sowie den Bescheid vom 11.01.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.03.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten einer SCS-Behandlung (Schmerztherapie) zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig.
Das Gericht hat den Neurologen Prof. Dr. B. mit der Erstellung eines medizinischen Sachverständigengutachtens beauftragt. Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger an einer somatoformen Schmerzstörung, einem chronischen LWS-Schmerzsyndrom und einem sensiblen Reizsyndrom L 2 rechts leide. Die somatoforme Schmerzstörung sei unfallmitbedingt. Die beiden anderen Gesundheitsbeeinträchtigungen seien unfallunabhängig. Es ergebe sich eine große Übereinstimmung aller bisher beauftragten Gutachter, dass die geklagten Beschwerden keine Unfallfolge darstellten. Die SCS-Schmerztherapie sei medizinisch nicht indiziert. In einer ergänzenden Stellungnahme hat der Sachverständige unter Berücksichtigung von Einwänden des Klägers ausgeführt, im medizinischen Sinne sei die somatoforme Schmerzstörung unfallmitbedingt. Trotzdem bekomme man bei normaler psychischer Konstitution nach solch einem Unfall keine jahrelange Schmerzstörung, d. h. es gebe im Falle des Klägers eine (völlig unfallunabhängige) psychische Konstitution, die die Ausbildung der somatoformen Schmerzstörung erlaube. Oder anders gesprochen, auch ein ähnliches oder anderes Ereignis hätte eine solche somatoforme Schmerzstörung auslösen können. Man dürfe Auslöser nicht mit Ursache verwechseln. Auslöser sei der Unfall, Ursache die psychische Konstitution des Klägers gewesen.
In einer weiteren Stellungnahme trägt die Bevollmächtigte des Klägers vor, es werde bestritten, dass Ursache für die somatoforme Schmerzstörung die psychische Konstellation des Klägers sei. Darüber hinaus sei im Bereich der rechtsseitigen Brustwand des Klägers eine Neurinom diagnostiziert worden. Damit sei eine Schädigung des peripheren Nervensystems diagnostiziert. Diese sei auf die Pfählungsverletzung zurückzuführen.
Aus einem Bericht des Universitätsklinikums L., Klinik für Unfall-, Wiederherstellungs- und plastische Chirurgie vom 07.08.2013, ergibt sich, dass der Kläger an einem Neurinom im Bereich der rechtsseitigen Brustwand litt. Am 05.08.2013 wurde durch den Unfallchirurgen Prof. Dr. J. eine Exzision des Neurinoms durchgeführt. Die Bevollmächtigte des Klägers vertritt hierzu die Ansicht, nach dieser Operation habe sich die gesundheitliche Situation des Klägers erheblich verbessert. Seit der Operation leide der Kläger nicht mehr unter derart massiven Schmerzen, wie sie vor der Operation vorlagen, wenngleich die Schmerzen nicht vollständig beseitigt seien. Das bei der Operation entfernte Gewerbe resultiere ausschließlich aus dem streitgegenständlichen Arbeits-unfall.
Die Bevollmächtigte des Klägers hat mitgeteilt, dass Herr Dr. K. gegenüber dem Kläger nochmals Stellung genommen habe. Im Ergebnis sei dem Kläger auszugsweise erklärt worden: "Die chirurgischen Kollegen in L., die die Operation im Schulterbereich ausgeführt haben, hatten eine Gewebeprobe in die Pathologie geschickt, die letztendlich jedoch kein Nervengewebe enthielt. Somit kann kein lückenloser Beweis geführt werden bezüglich der neurogenen Ursache Ihres Schmerzsyndroms. Die Testblockaden, die wir seinerzeit durchgeführt hatten und der Erfolg im Zusammenhang mit dem operativen Eingriff sprechen für diese Überlegung, ".
Die Bevollmächtigte des Klägers hat außerdem vorgetragen, der Kläger befinde sich in Behandlung bei Frau Dr. B.-W., Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie. Frau Dr. B.-W. habe ausgeführt, bei der lokalen Therapie, die eine passagere Schmerzlinderung er-bracht habe, sei als Hauptschmerzpunkt, also als Hauptstörregion, eben dieser Bereich an der Schulter gefunden worden, der dann im weiteren Verlauf 2013 schulmedizinisch im Rahmen einer Arthroskopie noch effektiver habe behandelt werden können.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat sich für eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) entschieden. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.
Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Beteiligten wurden gehört. Die Kammer hat das ihr zustehende Ermessen ausgeübt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob besondere Schwierigkeiten vorliegen, ist der Zeitpunkt des Erlasses des Gerichtsbescheides. Es ist ausreichend, dass die Sache zu diesem Zeitpunkt keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art mehr aufweist.
Der Sachverhalt ist nach den durchgeführten Ermittlungen geklärt. Die Sache weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher Art auf. Der Schwierigkeitsgrad ist durchschnittlich. Weder ist der Sachverhalt besonders unübersichtlich, noch liegt eine unklare Gutachtenlage vor. Im Rahmen ihrer Überlegungen zum Erlass eines Gerichtsbescheides ist die Kammer insbesondere davon ausgegangen, dass die wesentlichen medizinischen Fragestellungen bereits durch Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 28.07.2004 geklärt worden waren. Durch eine aktuelle medizinische Äußerung hat sich die Notwendigkeit eines weiteren Gutachtens ergeben. Nachdem dieses Gutachten zu einem eindeutigen Ergebnis gekommen ist und darüber hinaus die ärztliche Behauptung für einen möglichen Ursachenzusammenhang relativiert worden ist, ist von einem geklärten Sachverhalt ohne besondere Schwierigkeiten auszugehen. Es ist nicht erkennbar, dass die Streitsache eine besondere politische, wirtschaftliche oder soziale Tragweite hat.
Es liegen auch keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher Art vor. Die zu beantwortenden Rechtsfragen sind von durchschnittlicher Schwierigkeit. Weder sind Rechtsvorschriften entgegen der herrschenden Meinung in der Literatur oder der höchstrichterlichen Rechtsprechung auszulegen, noch liegen die Voraussetzungen einer grundsätzlichen Bedeutung oder einer Divergenz im Sinne der Berufungs- und Revisionszulassungsvorschriften vor.
Im Rahmen des auszuübenden Ermessens hat die Kammer geprüft, ob auf die mündliche Verhandlung verzichtet werden kann und ob die Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter an der Entscheidung, die zu den tragenden Grundsätzen des sozialgerichtlichen Verfahrens zählt, im konkreten Fall tatsächlich erforderlich ist. Weil aus der Sicht des Gerichts nicht die Notwendigkeit mündlicher Erörterungen bestand, war eine mündliche Verhandlung entbehrlich. Hierbei wurde auch berücksichtigt, dass das Gericht seine Auffassung im vorbereitenden schriftlichen Verfahren hinreichend verdeutlich hat und das rechtliche Gehör der Beteiligten dadurch gewährleistet wurde. Da die zu entscheidenden Fragen juristischer Art waren bzw. die Bewertung medizinischer Äußerungen betrafen, konnte auf den besonderen Sachverstand ehrenamtlicher Richter verzichtet werden. Stattdessen überwogen im Rahmen der Ermessensentscheidung die vom Gesetzgeber gewollten Entlastungs- und Beschleunigungszwecke.
Für den Erlass eines Gerichtsbescheides spricht darüber hinaus, dass die Beklagtenseite mit dieser Entscheidungsform ausdrücklich einverstanden ist und die Klägerseite keine Einwände dagegen erhoben hat.
Schließlich sind keine besonderen Gründe erkennbar, die im Rahmen des Ermessens gegen eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid sprechen, etwa eine besonders hohe wirtschaftliche Bedeutung, wichtige haftungsrechtliche Konsequenzen für einen Zivilrechtsstreit oder die Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung der Sache (vgl. Bienert, SGb 2014, 365).
Die Klage ist zulässig. Bei sinnentsprechender Auslegung des Klageantrages unter Be-rücksichtigung der Klagebegründung ist davon auszugehen, dass im Rahmen des § 44 SGB X nicht lediglich die Zurücknahme des bindend gewordenen Bescheides vom 01.06.2011 begehrt wird, sondern auch die Verurteilung der Beklagten zur Feststellung weiterer Unfallfolgen.
Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in subjektiven Rechten. Es besteht weder ein Anspruch auf Rücknahme des bindend gewordenen Ablehnungsbescheides vom 01.06.2001, noch auf Übernahme der Kosten der SCS-Behandlung.
Nach § 8 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.
Für den Ursachenzusammenhang gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung. Ausgangsbasis ist die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der Ursache eines Erfolges jedes Ereignis ist, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele. Allerdings werden im Sozialrecht nur solche Ursachen als rechtserheblich angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, so lange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben. Bei der Beurteilung des Ursachenzusammenhangs im Einzelfall ist der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand über die Ursachenzusammenhänge zwischen Ereignissen und Gesundheitsschäden zugrunde zu legen. Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang nach der Theorie der wesentlichen Bedingung positiv festgestellt werden muss und hierfür hinreichende Wahrscheinlichkeit genügt, nicht jedoch die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.2006 - B 2 U 13/05 R - JURIS). Hinreichende Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, wenn nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden. Das Unfallereignis selbst und die durch den Unfall verursachten Gesundheitsstörungen müssen in vollem Umfang, d. h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, bewiesen sein (vgl. BSG, Urteil vom 21.11.1996 - L 6 U 352/94; Urteil vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R - JURIS).
Werden diese Maßstäbe zu Grunde gelegt, so ergibt sich keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Schmerzen, unter denen der Kläger leidet, auf dem Arbeitsunfall beruhen. In ihrer Überzeugungsbildung stützt sich die Kammer auf das im Klageverfahren eingeholte Sachverständigengutachten des Neurologen Prof. Dr. B. Das Gutachten beruht auf einer ambulanten Untersuchung des Klägers. Es ist schlüssig und frei von inneren Widersprüchen. Der Sachverständige hat insbesondere die in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Kausalitätsgrundsätze beachtet. Als Urkundsbeweis hat die Kammer die Gutachten verwertet, die in den Verfahren S 6 U 675/02 und S 6 U 1353/06 durch das Sozialgericht Altenburg eingeholt wurden.
In dem Verfahren S 6 U 675/02 ist festgestellt worden, dass die Pfählungsverletzung weder zur Verletzung größerer Gefäße, noch zu einem Impingement-Syndrom geführt hat und dass die MdE unterhalt von 10 % liege. Es haben sich keine Hinweise dafür ergeben, dass diese Feststellung unrichtig ist. Es wird deshalb auf den Inhalt dieses Urteils verwiesen, dessen Richtigkeit sich auch im Verfahren S 6 U 1353/06 bestätigte. Im Verfahren S 6 U 675/02 ist weiterhin festgestellt worden, dass der Kläger zwar an einem somatoformen Schmerzsyndrom leidet, dass dieses Schmerzsyndrom aber nicht ursächlich auf dem Arbeitsunfall beruht. Auch insoweit haben sich keine neuen Erkenntnisse ergeben. Es kommt hinzu, dass die Schmerzen des Klägers nach seiner eigenen Überzeugung nicht auf einem somatoformen Schmerzsyndrom beruhen, sondern eine körperliche Ursache haben. Der Kläger hat vorgetragen, dass durch die am 05.08.2013 durchgeführte Operation, bei der nach seiner Auffassung Narbengewebe entfernt worden sei, eine deutliche Verbesserung der Schmerzsituation eintrat. Aus diesem Grund war auf psychiatrischem Fachgebiet keine weitere Beweiserhebung erforderlich.
Grundlage der durchgeführten neurologischen Begutachtung war die Äußerung des Chefarztes der Klinik für Anästhesiologie des Klinikums A. L. Dr. K., es sei "offenbar im Rahmen einer Pfählungsverletzung zu Läsionen von Zweigen der Interkostalnerven TH 2 und TH 3 rechts gekommen. Die gerichtliche Beweisaufnahme hat diese Theorie nicht bestätigt. Bereits der beratende Arzt der Beklagten Dr. L. hat die verwendete Methode einer Blockade von Schmerzphasen mittels Lokalanästhetika als nicht beweisend für eine periphere Nervenläsion angesehen. Der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. B. hat sich ausführlich mit der Vermutung von Herrn Dr. K. auseinandergesetzt und ausgeführt, die Brustnerven, auch Interkostalnerven genannt, gäben segmental mikroskopisch kleine und kleinste Äste in die vorderen Haut- und Muskelpartien des gesamten Brustkorbes ab. Das Metallrohr sei nicht bis zu den Brustnerven, Rippen oder gar dem Brustfell vorgedrungen. Es sei schlicht nicht möglich, dass diese kleine, relativ oberflächliche Verletzung 13 Jahre lang die beschriebenen heftigen Schmerzen verursacht haben solle. Wenn man bedenke, um einen Vergleich anzustellen, bei wie vielen Operationen in diesem Gebiet (Brustkrebsoperationen, Schönheitsoperationen an der Brust, andere Thoraxoperationen, Drainagen etc. oder an der Bauchwand, die ähnlich innerviert sei) viel größere und tiefere Schnittverletzungen (und damit jede Menge Verletzungen aller möglichen Brustnervenäste) aufträten, ohne dass derart heftige Beschwerden die Regel seien, erscheine die Hypothese von Herrn Dr. K. medizinisch nicht haltbar. Dass die medikamentöse Nervenblockade eine Schmerzlinderung erbracht habe, sei bei somatoformen Schmerzen überhaupt nicht ungewöhnlich, wisse man doch, dass auch Placebo-Injektionen und -behandlungen vorübergehende Schmerzlinderungen bewirkten. Aus der Sicht der Kammer sind diese Feststellungen eindeutig. Der behandelnde Arzt des Klägers, Dr. K., hat seine Auffassung zudem relativiert und ausgeführt, es könne kein lückenloser Beweis geführt werden bezüglich der neurogenen Ursache des Schmerzsyndroms. Auch der Stellungnahme der behandelnden Ärztin Dr. B.-W. lassen sich keine Argumente für die Kausaldiskussion entnehmen. Vor diesem Hintergrund gibt es keine Zweifel daran, dass auch aus neurologischer Sicht ein Ursachenzusam-menhang zwischen dem Unfall und den Schmerzen des Klägers nicht angenommen werden kann.
Die Annahme des Klägers, die am 05.08.2013 in der Unfallchirurgie des Universitätsklinikums L. durchgeführte Operation, die zu einer deutlichen Verbesserung der Schmerzsituation führte, spreche für eine Ursächlichkeit zwischen dem Arbeitsunfall und den Schmerzen, ist unzutreffend. Der Bericht des Universitätsklinikums L. vom 07.08.2013 spricht im Gegenteil eindeutig gegen eine Ursächlichkeit. Die Auffassung des Klägers, bei der Operation sei Narbengewebe entfernt worden, ergibt sich aus dem Bericht nicht. Stattdessen ist dem Bericht zu entnehmen, dass der Kläger an einem Neurinom, also einem langsam wachsenden, gutartigen Tumor, litt. Dieser Tumor wurde operativ entfernt. Es ist durchaus vorstellbar, dass diese Neurinom die eigentliche Ursache der Schmerzen des Klägers war. Jedenfalls wird das Ergebnis der gerichtlichen Begutachtung durch den Bericht des Universitätsklinikums L.g vom 07.08.2013 in keiner Weise in Frage gestellt. Anhaltspunkte dafür, dass ein Neurinom traumatisch verursacht werden kann, finden sich nicht. Auch die Bevollmächtigte des Klägers hat diese Ansicht nicht vertreten. Eine weitere Aufklärung insoweit war deshalb nicht erforderlich.
Weil zwischen dem Unfall und den Schmerzen des Klägers kein kausaler Zusammenhang besteht, geht auch die durchgeführte Schmerztherapie nicht zu Lasten der Beklagten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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