S 101 AS 462/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
101
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 101 AS 462/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Kläger bilden eine Bedarfgemeinschaft und begehren höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes.

Während des hier streitgegenständlichen Bewilligungszeitraums vom 1. Juni bis zum 30. November 2005 war keiner der Kläger erwerbstätig. Der 1988 geborene Kläger zu 3. absolvierte seit dem 8. August 2005 eine Ausbildung zum Staatlich geprüften kaufmännischen Assistenten, Fachrichtung Informationsverarbeitung; hierfür zahlte er aufgrund eines Ausbildungsvertrages bei V. gGmbH ein Schulgeld von 130,- EUR (Verwaltungsvorgang Bl. 110). Er erhält aufgrund eines Bescheids des Bezirksamtes Lichtenberg von Berlin vom 19. August 2005 monatlich Ausbildungsförderung nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) in Höhe von 192,- EUR (VV Bl. 163). Mit Schreiben vom 6. September 2005 übersandte der Verfahrensbevollmächtigte der Kläger an den Beklagten eine ärztliche Bescheinigung über krankheitsbedingten Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung, hinsichtlich derer auf Bl. 101 des Verwaltungsvorgangs verwiesen wird.

Die Kläger zahlten im Juni und Juli 2005 571,27 EUR monatliche Warmmiete. Aufgrund einer Neuberechnung der Miete auch für die Monate Juni und Juli zahlten sie im August einmalig 613,31 EUR, für die folgenden Monate betrug die Warmmiete 585,28 EUR, hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 78 f. des Verwaltungsvorgangs verwiesen.

Auf ihren Antrag hin bewilligte der Beklagte durch Bescheid vom 2. Juni 2005 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 29. Juni und 6. September 2005 den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in folgender Höhe: - für die Monate Juni und Juli in Höhe von 1.347,57 EUR, - für den Monat August in Höhe von 1.183,90 EUR und - für die Monate September bis November jeweils 1.219,69 EUR.

Gegen die Leistungsbescheide für die vorgenannten Zeiträume erhoben die Kläger fristgerecht Widerspruch. Sie wendeten sich vor allem gegen die Anrechnung der Ausbildungsförderung des Klägers zu 3. als Einkommen in Höhe von 80 %, die fehlende Berücksichtigung einmaliger Ausgaben wie eines Laptops und Ausbildungsliteratur und des vom Kläger zu 3. gezahlten Schulgeldes, die Versagung von krankheitsbedingten Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung für den Kläger zu 1 in den Monaten Juni bis August 2005 sowie die fehlerhafte Berücksichtigung der Mieterhöhung im August 2005.

Dem Widerspruch wurde durch einen weiteren Änderungsbescheid vom 16. Dezember 2005 teilweise abgeholfen. In diesem wurden die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in folgender Höhe festgesetzt: für Juni und Juli 2005 in Höhe von 1.347,57 EUR, für August 2005 in Höhe von 1.207,98 EUR sowie für die Monate September bis November 2005 in Höhe von 1.243,77 EUR. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid Bl. 26 ff. der Gerichtsakte verwiesen.

Durch Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2005 wurde der Widerspruch, soweit ihm nicht abgeholfen worden war, zurückgewiesen.

Mit der am 13. Januar 2006 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Sie ergänzen und vertiefen ihr Vorbringen aus Widerspruchsverfahren und wenden sich gegen die ihrer Auffassung nach verfassungswidrige Höhe des Regelsatzes. Die Ausbildungsförderung des Klägers zu 3. dürfe nicht als Einkommen angerechnet werden, da diese für dessen Ausbildung zweckgebunden gewährt werde und allein den durch diese entstandenen Mehrbedarf abdecken solle.

Die Kläger beantragen, den Bescheid des Beklagten vom 29. Juni 2005 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 6. September 2005 und vom 16. Dezember 2005 sowie des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2005 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, für den Zeitraum vom 1. Juni bis 30. November 2005 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu gewähren.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist zur Begründung auf die streitgegenständlichen Bescheide.

Ergänzend wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung, den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten sowie die zwischen den Beteiligten gewechselten Schreiben verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Beklagte hat nunmehr die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Kläger zu 1. bis 4. in der zutreffenden Höhe festgesetzt, nachdem die Vertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung zugesichert hat, ernährungsbedingten Mehrbedarf für den Kläger zu 1. wegen dessen Hyperlipidämie in Höhe von 35,79 EUR auch für die Monate Juni bis August 2005 sowie weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von 28,02 EUR für den Monat August zu leisten.

Den Kläger zu 1. und 2. stehen im hier interessierenden Zeitraum nach § 20 Abs. 2, 3 SGBII monatliche Regelleistungen in Höhe von jeweils 311,- EUR, dem Kläger zu 3. nach § 20 Abs. 3 Satz 2 Zweites Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) eine monatliche Regelleistung in Höhe von 276,- EUR zu. Die Klägerin zu 4. kann schließlich ein Sozialgeld nach § 28 Abs. 1 SGB II in Höhe von 207,- EUR beanspruchen. Dies ergibt eine monatliche Regelleistung bzw. Sozialgeld von insgesamt 1.105,- EUR für die gesamte Bedarfsgemeinschaft.

Entgegen der Auffassung der Kläger ist die Höhe der Regelsätze nach den §§20, 28 SGB II verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Sozialgericht Berlin hat dies – wie auch andere Sozial- und Verwaltungsgerichte- bereits mehrfach festgestellt (vgl. SG Berlin, Urt. v. 02.08.2005 -S 63 AS 1311/05 -; Urt. v. 13. Dezember 2005 – S 63 AS 3523/05; Urt. v. 29. April 2005 – S 53 AS 1214/05; ;VG Bremen, Urt. v. 27. Januar 2006 – S 3 K 427/05, SG Schleswig, Beschl. v. 08.03.2005 -S 6 AS 70/05 ER, info also 2005, 178 ; SG Aachen, Urt. v. 15.06.2005 - S 11 AS 15/05 -; SG Duisburg, Beschl. v. 21.10.2005 - S 2 (17) AS 147/05.). So führte die 55. Kammer im Beschluss vom 27. Oktober 2005 - S 55 AS 6703/05 – zur Regelleistung für erwerbsfähige Hilfebedürftige nach § 20 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - SGB II - aus:

"Ausgehend von der Prämisse, dass sich aus der Verpflichtung des Staates zum Schutz der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz – GG -) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip der Bedarfsdeckungsgrundsatz ableitet (so etwa Münder, SGB II, Kommentar, § 20 Rn. 20), ist der Staat verpflichtet, die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein erforderlichenfalls durch Sozialleistungen zu sichern. Der in Art. 20 Abs. 1 GG verankerte Sozialstaatsgrundsatz enthält damit zwar einen Gestaltungsauftrag an den Gesetzgeber. Angesichts seiner Weite und Unbestimmtheit lässt sich daraus jedoch regelmäßig kein Gebot entnehmen, soziale Leistungen in einem bestimmten Umfang zu gewähren. Zwingend ist lediglich, dass der Staat die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein seiner Bürger schafft (BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1990 – 1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86 - BVerfGE 82, S. 60 ff.). Was nun aber Mindestvoraussetzungen beziehungsweise der Mindestbedarf im vorstehenden Sinne sind, ist von den allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnissen abhängig und hat der Gesetzgeber einzuschätzen (BVerwG, Beschluss vom 29. September 1998 – 5 B 82/97 - FEVS 49, S. 97 ff.). Dabei ist es grundsätzlich rechtens, den Bedarf gruppenbezogen zu erfassen. Die vergröbernde, die Abwicklung von Massenverfahren erleichternde Typisierung ist von Verfassung wegen nicht zu beanstanden. Im Rahmen einer solchen Typisierung ist das Existenzminimum allerdings grundsätzlich so zu bemessen, dass es in möglichst allen Fällen den existenznotwendigen Bedarf abdeckt (BVerfG, Beschluss vom 25. September 1992 – 2 BvL 5/91, 2 BvL 8/91, 2 BvL 14/91 - BVerfGE 87, S. 153 ff.). Hiermit einhergehend wurden etwa die Regelsatzfestsetzungen aufgrund der § 1 Abs. 2, § 11 Abs. 1, §§ 12 und 22 BSHG und der Regelsatzverordung zu Recht als gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar angesehen, weil den Ländern bei der konkreten Festsetzung der Regelsätze nach allgemeiner Auffassung eine Einschätzungsprärogative – teilweise wird auch von Gestaltungsspielraum, Vertretbarkeit der Wertungen oder administrativer Letztentscheidungsbefugnis gesprochen – zusteht. Die Regelsatzfestsetzung ist ein Akt wertender Erkenntnis und gestaltender sozialpolitischer Entscheidung darüber, mit welcher Regelsatzhöhe der notwendige Lebensunterhalt für den Regelbedarf sichergestellt ist. Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich auf die Kontrolle, ob der gesetzliche Rahmen eingehalten wurde, ob sich die Regelsatzfestsetzung auf ausreichende Erfahrungswerte stützen kann, und ob die der Festsetzung zugrunde liegenden Wertungen im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben vertretbar sind

Von diesen Maßstäben ausgehend hält § 20 SGB II einer gerichtlichen Überprüfung Stand. Zunächst einmal ist nichts gegen die Typisierung und Pauschalierung der Fürsorgeleistung im Wege der Bildung von Regelsätzen einzuwenden, auch wenn diese zwangsläufig mit dem aus Art. 1 Abs. 1, 20 Abs. 1 GG ableitbaren Bedarfsdeckungsprinzip, das begrifflich ein Mindestmaß an Individualisierung enthalten muss, in Widerstreit gerät. Soweit sich die neuen gesetzlichen Regelsätze an die bisherigen sozialhilferechtlichen Regelsätze anlehnen, lässt dies kein willkürliches Verhalten des Gesetzgebers erkennen. [Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 15/1516, S. 56) ergibt sich die Regelleistung aus der vom Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung in Zusammenarbeit mit dem statistischen Bundesamt erhobenen Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1998, die auf den Stand 1. Juli 2003 hochgerechnet wurde,] womit letztlich auf die Regelsatzverordnung zu § 40 SGB XII verwiesen wird. Diese Anlehnung ist schon deshalb nicht zu beanstanden, weil diese Art der Regelsatzfestlegung – unter Zugrundelegung der vorgenannten Maßstäbe – durchweg mit den einfachgesetzlichen Vorgaben des alten BSHG und auch mit Art. 1 Abs. 1, 20 Abs. 1 GG im Einklang stand (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 1996, a.a.O., und BVerwG, Urteil vom 25. November 1993 – 5 C 8/90 - BVerwGE 94, S. 326 ff.). Soweit die neuen Regelsätze Bedarfe mit einbeziehen, die bisher mit einmaligen Beihilfen nach § 21 Abs. 1a BSHG gedeckt werden sollten, namentlich Bekleidungs-, Lernmittel-, Gebrauchsgüter-, Hausrats- und Wohnungsinstandhaltungsbeihilfen, ist auch nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber die Grenzen des ihm zu Gebote stehenden Ermessens überschritt, weil er die neuen Regelsätze eben deshalb in einer Größenordnung von etwa 50,00 Euro anhob. Dem Widerstreit zwischen Typisierung und Individualisierung begegnet der Gesetzgeber mit einem ausreichenden, weil eine Vielzahl der zu erwartenden individuellen Bedarfslagen erfassenden Maß an Vorschriften, die nach wie vor vom Grundtypus des Hilfesuchenden abweichende Bedarfslagen berücksichtigen und die vor allem in §§ 21 und 23 Abs. 1 und 3 SGB II enthalten sind. So werden durch § 21 SGB II Mehrbedarfe wegen Schwangerschaft, Alleinerziehung, Behinderung und kostenaufwändiger Ernährung sowie nach § 23 Abs. 3 SGB II Bedarfe an Wohnungs-, Schwangerschafts- und Babyerstausstattungen und mehrtägige Klassenfahrten berücksichtigt. Nach § 23 Abs. 1 S. 1 SGB II können zudem für nicht näher spezifizierte Bedarfe darlehensweise Leistungen erbracht werden, wobei nach § 23 Abs. 1 S. 2 SGB II das Darlehen durch monatliche Aufrechnung in Höhe von bis zu 10 % der Regelleistung zu tilgen ist, also ein einzelfallbezogener und bedarfsgerechter Rückzahlungsmodus auch weit unter 10 % gefunden werden kann. Gerade im Falle einer sehr niedrigen Bemessung der Rückzahlungsraten und angesichts einer fehlenden Rechtsgrundlage für eine Verzinsung des Darlehens kann die darlehensweise Beihilfe nach § 23 Abs. 1 SGB II den Charakter eines Zuschusses annehmen

Soweit eingewandt wird, dass mit den neuen Regelleistungen eine Kürzung der empirisch ermittelten Ausgaben um fast ein Drittel einhergeht (so Münder, a.a.O., § 20 Rn. 29), so ist dem bereits die gebotene Orientierung der Regelleistungen an einer bescheidenen, dem Lebensstandard wirtschaftlich schwächerer Bevölkerungskreise entsprechenden Lebensführung (BVerwG, Urteil vom 25. November 1993, a.a.O.) entgegen zu halten. Diese Orientierung ergibt sich bei der gegenwärtigen allgemeinen Einkommenssituation, die durch eine Zunahme von niedrig entlohnten Tätigkeiten und Einkommensrückgängen sowie einem zurückhaltenden Konsumverhalten gekennzeichnet ist, [daraus,] dass immer mehr Menschen – mit oder ohne Arbeit – ihren Lebensstandard nicht halten können [, sowie daraus, dass] die nach außen sichtbaren Unterschiede finanziellen Leistungsvermögens zwischen einer wachsenden Vielzahl immer niedriger entlohnter Erwerbstätiger und arbeitssuchender Empfänger von Arbeitslosengeld II ohnehin zunehmend verwischen "

Den vorstehenden Ausführungen schließt sich die Kammer an und weist darauf hin, dass dem Gesetzgeber ein weiterer Spielraum bei der Bemessung der Regelsätze in gesetzlicher Form zustehen dürfte als bislang dem (bloßen) Verordnungsgeber. Selbst wenn man jedoch die Verfassungswidrigkeit der Höhe des Regelsatzes unterstellte, so müsste für ein Obsiegen der Kläger sich aus der Verfassung unmittelbar ein anderer Regelsatz in bestimmter Höhe ergeben. Dies ist jedoch nicht zu ersehen.

Nach dem Anerkenntnis der Vertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung über die Zahlung weiterer 28,02 EUR Kosten der Unterkunft für den Monat August entspricht der Bescheid auch insoweit der gesetzlichen Vorgabe des § 22 SGB II.

Insbesondere ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte den Klägern nicht die Kosten der Warmmiete in voller Höhe, sondern um einen um 20,70 EUR verringerten Betrag leistet. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese (was hier nicht streitig ist) angemessen sind. Bei Mietwohnungen gehören zwar zu den Unterkunftskosten neben dem Kaltmietzins grundsätzlich auch alle mietvertraglich geschuldeten Betriebskosten bzw. Betriebkostenvorauszahlungen (vgl. Berlit in LPK-SGB II, § 22 Rdnr. 17). Nach Sinn- und Zweck des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II umfassen die Unterkunfts- und Heizkosten jedoch nicht die bereits von der Regelleistung (vgl. § 20 Abs. 1 SGB II) erfasste Kosten, wozu die Kosten für die Warmwasserbereitung gehören. Denn das würde bedeuten, dass der hierfür bestehende Bedarf doppelt – sowohl über die Regelleistung als auch über die Unterkunfts- und Heizkosten – berücksichtigt würde (so im Ergebnis auch Berlit, a.a.O., Rdnr. 17, 19). Das wiederum hätte zur Folge, dass diejenigen, bei denen die Warmwasserbereitung in der Miete enthalten ist, ohne Grund besser gestellt wären als etwa diejenigen, bei denen die Warmwasserbereitung über einen strombetriebenen Durchlauferhitzer erfolgt, die also die Kosten hierfür aus der Regelleistung an ihren Stromversorger zu zahlen haben.

Nicht zu beanstanden ist, dass das Jobcenter die Kosten für die Warmwasserbereitung gegenwärtig pauschal mit 9,- EUR für den Haushaltsvorstand und 3,90 EUR für jedes weitere Mitglied der Bedarfsgemeinschaft veranschlagt. Das Land Berlin hat für den Sozialhilfebereich inzwischen einen höheren Warmwasseranteil im Regelsatz bestimmt. Dass die genannten Beträge überhöht sind, ist nicht zu ersehen.

Nachdem die Vertreterin des Beklagten nunmehr auch die Zahlung weiterer 35,79 EUR für die Monate Juni bis August 2005 wegen krankheitsbedingten Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung nach § 22 Abs. 4 SGB II zugesichert hat, bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob ein Anspruch des Klägers zu 1. hierauf erst mit der Vorlage des Attests im September bestand oder bereits zuvor. Die Höhe des gewährten Mehrbedarfs wurde nicht angegriffen; es ist auch nicht zu ersehen, dass dieser zu niedrig bemessen ist.

Schließlich ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte neben dem Kindergeld in Höhe von 308,- EUR für die Kläger zu 3. und 4. auch die dem Kläger zu 3. gewährte Ausbildungsförderung zu 80 % als Einkommen angerechnet hat. Nach § 11 Abs. 1 sind als Einkommen alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen. Um derartige Einnahmen handelt es sich bei der dem Kläger zu 3. monatlich in Höhe von 192,- EUR gewährten Ausbildungsförderung zweifelsohne. Der Anrechnung als Einkommen zumindest in einer Höhe von 80 % steht nicht § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II entgegen. Hiernach sind solche Einnahmen nicht zu berücksichtigen, soweit sie als zweckbestimmte Einnahmen einem anderen Zweck als die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II dienen. Die Ausbildungsförderung wird nach § 11 Abs. 1 BAföG für den Lebensbedarf und die Ausbildungsförderung gewährt. Damit dient sie zumindest teilweise einem anderen Zweck als die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II), da diese nach § 20 Abs. 1 Satz 1 lediglich den (allgemeinen) Lebensbedarf zu sichern bestimmt sind. Nach dem Wortlaut des § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II ("soweit") genügt auch eine bloß teilweise anderweitige Zweckbestimmung.

Zweifelhaft erscheint jedoch, zu welchem Anteil die Ausbildungsförderung für den allgemeinen Lebensunterhalt und in welcher Höhe für ausbildungsspezifische Zwecke gewährt wird. dem Gesetz selbst lässt sich dies nicht entnehmen, da lediglich eine einheitliche, pauschalierte Ausbildungsförderung gewährt wird. Für die Regelung des § 77 Abs. 1 Bundessozialhilfegesetz (BSHG), welche dem § 11 Abs. 3 Nr. 1 a BAföG vergleichbar war, war in der Obergerichtlichen Rechtsprechung der prozentuale Anteil unterschiedlich veranschlagt worden. Soweit ersichtlich, nahm das Hamburgische Oberverwaltungsgericht (im Anschluss an das OVG Lüneburg) mit 15 % den höchsten für die Ausbildung zweckbestimmten Anteil an (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 9. Februar 1996 – Bf IV 5/92, iuris mit ausführlicher Darstellung der Rechtsprechung der übrigen Oberverwaltungsgerichte). Insofern geht die Praxis des Beklagten, die Ausbildungsförderung lediglich zu 80 % anzurechnen bzw. die damit einhergehenden Annahme eines für die Ausbildung zweckbestimmten Anteils von 20 % noch über die bisherige Rechtsprechung hinaus. Nach der Schätzung der Kammer übersteigt der für die Ausbildung bestimmte Anteil jedenfalls nicht zwanzig Prozent der gesamten Ausbildungsförderung. Zwar mag der so errechnete Anteil von 38,40 EUR nicht eben hoch sein. Allerdings ist dabei zu beachten, dass die für schulische Ausbildungen gewährte Ausbildungsförderung allgemein sehr knapp gehalten ist. So erhalten etwa Schüler einer Berufsfachschule, welche nicht bei ihren Eltern wohnen, lediglich – entsprechende Kosten der Unterkunft vorausgesetzt – nach § 12 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 BAföG eine maximale Ausbildungsförderung von 412,- EUR. Dass der Kläger zu 3. bereits Schulgeld allein in Höhe von 130,- EUR zahlt, zwingt ebenfalls nicht zu der Annahme eines höheren für die Ausbildung zweckbestimmten Anteils. Denn das BAföG, nach dem die Ausbildungsförderung pauschaliert gewährt wird, sieht die Erstattung von Schulgebühren nicht vor. Die Ausbildungsförderung wird vielmehr in einheitlicher Höhe gewährt und zwar unabhängig davon, ob ein Schulgeld zu entrichten ist oder nicht. Der Gesetzgeber geht ersichtlich von der Vorstellung aus, dass derartige Ausbildungen nach wie vor in ausreichenden Umfang kostenfrei von staatlichen Trägern erbracht werden, und hat sich dementsprechend gegen eine gesonderte Förderung der Schulgebühren entschieden. Diese Auffassung mag in dieser Allgemeinheit angreifbar sein, gleichwohl ist sie als bildungspolitische Entscheidung des Gesetzgebers zu respektieren. Die Ausbildungsförderung ist daher zu 80 %- das sind 153,60 EUR - als Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 SGB II anzurechnen

Von diesem Betrag sind nicht die von den Klägern mit Schreiben vom 30. Oktober 2005 geltend gemachten Ausgaben für die Ausbildung des Klägers zu 3. nach § 10 Abs. 2 Nr. 5 SGB II abzuziehen. Denn bei den in dem Schreiben geltend gemachten und im Übrigen bis auf das Schulgeld nicht im Einzelnen nachgewiesenen Ausgaben (212,15 EUR Schulbücher; ein internetfähiger Laptop im Wert von 1.000,- EUR, eine monatliche Pauschale von 30,- EUR für "Hefter, Kugelschreiber usw." sowie Schulgeld in Höhe von 130,- EUR) handelt es sich nicht um mit der Erzielung des Einkommens notwendig verbundene Ausgaben. Denn hiermit sind in erster Linie Werbungskosten gemeint, welche für die Erzielung eines Einkommens aus Erwerbstätigkeit notwendig sind. Dies ergibt sich insbesondere aus § 3 ALG II-V, dessen Regelungen auf Einkommen aus Erwerbstätigkeit abstellt. Hinzu kommt, dass eine solche Anrechnung der für die Ausbildung des Klägers zu 3. getätigten Aufwendungen dem Verhältnis zwischen dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) und dem Bundesausbildungsförderungsgesetzes widerspräche. Wie § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II klar regelt, sollen Schüler und Studenten von dem Grunde nach dem BAföG förderungsfähigen Ausbildungs- und Studiengängen grundsätzlich abschließend hinsichtlich des allgemeinen Lebensbedarfs und des Ausbildungsbedarfs auf das Regelungssystem des BAföGs verwiesen werden. Lediglich bei denjenigen Schülern, welche gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG gefördert werden (und bei den Eltern wohnen), ist ausnahmsweise eine "Aufstockung" nach dem SGB II möglich. Diese kann sich aber nur auf den allgemeinen Lebensbedarf beziehen, da die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II nicht den Ausbildungsbedarf decken sollen. Rechnete man jedoch die für die Ausbildung aufgebrachten Aufwendungen (über den in der Ausbildungsförderung enthaltenen Anteil von 20 % hinaus) auf das Einkommen an, so fände damit eine nicht gewollte Verlagerung zwischen dem BAföG und SGB II statt. Denn so kämen Auszubildende, welche nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG gefördert werden und entsprechende Ausgaben für ihre Ausbildung haben, in den Genuss eines entsprechend höheren für die Ausbildung zweckbestimmten Anteils. Bei einer Anrechnung nach § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II verringerte sich der für den allgemeinen Lebensbedarf bestimmte (und nach § 11 Abs. 1 SGB II anzurechnende) Anteil der Ausbildungsförderung und würde durch höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II kompensiert. Dies ist mit dem Charakter der Ausbildungsförderung als pauschalierte Leistung nicht in Einklang zu bringen. Zudem würden so Teile des allgemeinen Lebensbedarfs der betroffenen Personen aus dem Fördersystem des BAföGs in das SGB II verschoben.

Die nunmehr von dem Beklagten gewährten Leistungen wurden entsprechend den vorgenannten rechtlichen Vorgaben rechnerisch richtig ermittelt. Den Klägern steht so nicht mehr als die ihnen bislang gewährten und zusätzlich in der mündlichen Verhandlung zugesicherten Leistungen zu. Die Klage ist daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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