S 104 AS 5029/07 ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
104
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 104 AS 5029/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Gründe:

Der (sinngemäße) Antrag der Antragsteller, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verurteilen, ihnen in der Zeit ab 1. November 2006 ein um 349,64 Euro höheres Arbeitslosengeld II (Alg II) zu zahlen, hat keinen Erfolg.

Der zulässige Antrag ist unbegründet. Soweit die Antragsteller die Gewährung eines höheren Alg II für die Zeit vom 1. November 2006 bis zum 27. Februar 2007, also für die Zeit vor der Antragstellung bei Gericht am 28. Februar 2007, geltend machen, besteht für die von ihnen begehrte Regelungsanordnung (§ 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) zumindest kein Anordnungsgrund. Denn den Antragstellern ist es in den in der Vergangenheit liegenden Zeiträumen offensichtlich gelungen, mit den ihnen zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln, ihren Bedarf zu sichern. Insoweit erscheint der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht nötig, um wesentliche Nachteile abzuwenden (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage, § 86 b, Rdnr. 28).

Gleiches gilt jedoch auch für die Zeit ab dem 28. Februar 2007 (Tag der Antragstellung). Für diesen Zeitraum besteht jedenfalls kein Anordnungsanspruch. Es lässt sich nämlich nicht feststellen, dass die Antragsgegnerin in dem Bescheid vom 17. November 2006 das Alg II der Antragsteller zu niedrig berechnet hätte. Entgegen dem Vorbringen der Antragsteller besteht bereits lediglich ein Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft i.H.v. 1.053,41 Euro. Dieser Betrag setzt sich aus der Regelleistung nach § 20 Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) i.H.v. jeweils für die Antragsteller zu 1. und 2. 311,00 Euro sowie aus den Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II i.H.v. 431,41 Euro zusammen. Hinsichtlich der Leistungen für Unterkunft und Heizung war zu berücksichtigen, dass von der in dem Mietvertrag vom 17. Februar 2006 ausgewiesenen Warmmiete i.H.v. 440,81 Euro die monatliche Vorauszahlung für die Umlage für Warmwasser i.H.v. 9,40 Euro abzuziehen war, da dieser Betrag weder den Miet- noch den Heizungskosten unterfällt und damit aus der Regelleistung des § 20 SGB II zu begleichen ist. Auf diesen Gesamtbedarf ist nach § 11 SGB II ein Einkommen i.H.v. 330,00 Euro anzurechnen. Die Kammer ging insoweit bei ihrer Entscheidung davon aus, dass der von der Antragstellerin zu 1. monatlich bezogene Existenzgründerzuschuss (EGZ) i.H.v. 360,00 Euro als Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II zu berücksichtigen ist. Hiervon ist nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V) ein Pauschbetrag i.H.v. 30,00 Euro monatlich für die Beiträge zur privaten Versicherung abzusetzen. Entgegen dem Vorbringen der Antragsteller kann jedoch eine weitere Absetzung von betrieblichen Aufwendungen (z.B. Leasing-Raten für einen gewerblich genutzten Pkw, Zinsen für einen Kredit im Zusammenhang mit der selbständigen Tätigkeit der Antragstellerin zu 1. etc.) nach § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II nicht erfolgen. Nach dieser Vorschrift sind vom Einkommen die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben abzusetzen. Denn die aufgeführten Ausgaben stellen sich als Werbungskosten im Zusammenhang mit der selbständigen Tätigkeit der Antragstellerin zu 1. dar. Der EGZ steht zwar in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der selbständigen Tätigkeit, er wird aber nicht durch die selbständige Tätigkeit erwirtschaftet, sondern stellt als Förderinstrument nach dem Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) eine staatliche Sozialleistung dar (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6. Dezember 2005 -L 10 B 1144/05 AS). Schließlich stellt sich der EGZ auch nicht als privilegiertes Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II dar. Hiernach sind Einnahmen, soweit sie als zweckbestimmte Einnahmen einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären, nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Die Kammer steht insoweit auf dem Standpunkt, dass der EGZ keinem grundsätzlich anderen Zweck dient als die Leistungen nach dem SGB II, nämlich der allgemeinen Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (vgl. § 19 SGB II), auch wenn hierdurch die Gründung einer selbständigen Existenz gefördert werden soll. Dieses ergibt sich unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien zu § 421 l SGB III (BT-Drs 15/26 S. 19, 22 ff.), wonach der Ausschluss einer zeitgleichen Förderung über den EGZ und das Überbrückungsgeld nach § 57 SGB III damit begründet wurde, es handele sich um "gleichgerichtete Leistungen". Das Überbrückungsgeld nach § 57 SGB III dient aber im Wesentlichen der allgemeinen Unterhaltssicherung, wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 57 Abs. 1 SGB III ergibt. Hiernach haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf einen Gründungszuschuss (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.; a.A. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 25. August 2006 -L 8 AS 2198/06-). Damit besteht lediglich ein monatlicher Anspruch auf Alg II i.H.v. 723,41 Euro (Gesamtbedarf i.H.v. 1.053,41 Euro - zu berücksichtigendes Einkommen i.H.v. 330,00 Euro).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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