S 26 KA 274/00

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Dortmund (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
26
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 26 KA 274/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 133/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 52/03 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Honorarbescheides vom 26.07.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.11.2000 verurteilt, über die Höhe der vertragspsychotherapeutischen Vergütung des Klägers im Quartal 1/00 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers. Die Sprungrevision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe des dem Kläger im Quartal 1/00 zustehenden vertragspsychotherapeutischen Honorars.Es handelt sich nach dem Willen der Beteiligten um einen Musterrechtsstreit, während ca. 950 Widerspruchsverfahren anderer Psychologischer Psychotherapeuten im Bereich der KV Westfalen-Lippe zum Ruhen gebracht worden sind.

Der Kläger ist als Psychologischer Psychotherapeut in Witten niedergelassen und nimmt an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung teil.

Ausweislich des Honorarbescheides vom 26.07.2000 erzielte der Kläger im Quartal 1/00 ein Gesamthonorar von 40068,50 DM, wobei auf genehmigungs pflichtige Leistungen nach Kap. G IV des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) 31865,20 DM entfielen.

Mit seinem am 15.08.2000 eingelegten Widerspruch wandte sich der Kläger gegen die Höhe des Punktwertes und wies darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ein Punktwert von 10 Pf. für antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen zuzugestehen sei. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.11.2000 als unbegründet zurück. Sie nahm zur Begründung Bezug auf den Beschluss des Bewertungsausschusses vom 16.02.2000 zur Festlegung der angemessenen Höhe der Vergütung ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte und -therapeuten mit Wirkung zum 01.01.2000 (DÄ 2000,A-558). Inhalt dieses Beschlusses sei ein auf regionalisierten Daten beruhendes Rechenmodell, das sicherstelle, dass ein zeitlich voll ausgelasteter Psychotherapeut für genehmigungspflichtige Leistungen des Kapitels G IV EBM, sofern er sie ausschließlich erbringe, ein Honorar erziele, das nach Abzug der Praxiskosten dem Honorarerlös einer allgemein medizinischen Vertragsarztpraxis entspreche. Die Beklagte habe zur Berechnung die Vorgaben des Bewertungsausschusses beachtet. Dessen Rechenweg liege auch der Gestaltung der Gesamtverträge zugrunde, auf die § 11 Abs. 1 des Honorar verteilungsmaßstabes (HVM) verweise. Im Quartal 1/00 seien in Anwendung dieser Vorschrift die genehmigungspflichtigen Leistungen nach Abschnitt G IV EBM von ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten und psychologischen Psychotherapeuten daher mit einem Punktwert von 8,2 Pf. vergütet worden. Die Vergütung der übrigen psychotherapeutischen Leistungen regele § 11 Abs. 2 HVM. Danach würden diese Leistungen mit einem floatenden Punktwert vergütet, der sich aus Division der Leistungsanforderung in Punkten durch die restliche anteilige Gesamtvergütung für diesen Leistungsbereich ermittele. Dieser habe im Quartal 1/00 bei den Primärkassen 5,5 Pf. und bei den Ersatzkassen 6,0 Pf. betragen. Entgegen der Auffassung des Klägers bestehe kein Anspruch auf Vergütung der genehmigungspflichtigen G IV-Leistungen mit einem festen Punktwert von 10 Pf. Das BSG habe vielmehr lediglich einen Vergleich mit vergleichbaren Fachgruppen gefordert. In den vom BSG durchgeführten Modellberechnungen habe sich unter Annahme eines bestimmten Betriebskostensatzes in der Tat ein 10 Pf.-Punktwert für die genehmigungspflichtigen G IV-Leistungen ergeben. Nach trägliche Ermittlungen durch den Bewertungsausschuss hätten jedoch ergeben, dass die zu berücksichtigenden Praxiskosten niedriger lägen. Diese modifizierten Praxiskosten habe der Bewertungsausschuss als Kalkulationsgröße in sein Rechenmodell eingestellt.

Gegen den am 21.11.2000 zugestellten Widerspruchsbescheid richtet sich die am 11.12.2000 erhobene Klage. Zur Begründung legt der Kläger ein Schreiben des Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes Nordrhein- Westfalen vom 14.09.2000 vor, mit dem die Aufsichtsbehörde der Beklagten § 11 Abs. 1 HVM als rechtswidrig beanstandet. Demnach stellt diese Honorarverteilungsregelung nicht sicher, dass der gemäß dem Beschluss des Bewertungsausschusses vorgegebene Mindestpunktwert nicht unterschritten werde. Die Honorarverteilungsregelung stelle vielmehr auf das Ergebnis der mit den Krankenkassen zu treffenden Gesamtvergütungsvereinbarungen ab. Reiche die Gesamtvergütung möglicherweise nicht aus, könne dies dazu führen, dass der nach der Berechnungsformel des Bewertungsausschusses zu zahlende Mindestpunktwert nicht erreicht werde. Dabei sei es nach der Rechtslage unerheblich, ob davon ausgegangen werden könne, dass mit den Verbänden der Krankenkassen Gesamtvergütungen vereinbart würden, die eine Honorierung oberhalb des Mindestpunktwertes erlaubten. Der Kläger führt weiter an, der von der Beklagten gewährte Punktwert von 8,2 Pf. verstoße gegen das Gebot des § 85 Abs. 4 Satz 4 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V). Demnach seien im Verteilungsmaßstab Regelungen zur Vergütung der Leistungen der Psychotherapeuten und der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisteten. Es sei unzulässig, die Ist-Umsätze der Psychotherapeuten des Jahres 1998 zur Berechnungsgrundlage für den zu ermittelnden Stützwert zu nehmen. Die Honorare des Jahres 1998 basierten auf Punktwerten, die deutlich unter dem vom BSG für erforderlich gehaltenen Mindestpunktwert von 10 Pf. gelegen hätten. Unzulässig sei, dass der Bewertungsausschuss die statistische Methode der Standardabweichung zur Bestimmung der maximalen Auslastung einer psychotherapeutischen Praxis nutze. Erst oberhalb der Standardabweichung könne man von maximalen Werten sprechen. Auch bei Anwendung des unzulässigen Steigerungsfaktors von 1,47 werde der zur Berechnung des Stützwertes bei voll ausgelasteter Praxis erforderliche Ist-Umsatz einer psychotherapeutischen Praxis nicht erreicht. Ursächlich sei hierfür, dass der vom Bewertungsausschuss angenommene Ist-Umsatz 1998 auf einer angenommenen Arbeitszeit von 16 Stunden pro Woche beruhe. Selbst durch den Zuschlag von 47 % ergebe sich lediglich eine Arbeitszeit von 24 Stunden pro Woche und somit eine nur zu 2/3 ausgelastete Praxis. Es sei unzulässig, die von allen Beteiligten anerkannte Kostenquote von 40,2 % an verschiedener Stelle des Rechenweges zu verwenden. Von einem Vergleich könne nur gesprochen werden, wenn zum einen das Ergebnis - der Umsatz - vergleichbar sei und zum anderen dieses Ergebnis gerade unter Anwendung desselben Rechenweges zustande gekommen sei. Zur Berechnung der Punktwerte anderer Arztgruppen verwende der Bewertungsausschuss jedoch die Formel "Jahresumsatz weniger Kosten entspricht Überschuss". Das Herausrechnen der Kosten an dieser Stelle verstärke die Ungleichbehandlung der Psychotherapeuten, da hierdurch eine wenngleich um den Faktor 1,47 erhöhte Sparpraxis festgeschrieben werde. Zu den Kosten in Höhe von 43.249,--DM werde vom Bewertungsausschuss der Überschuss 1998 eines durchschnittlichen Allgemeinmediziners hinzugerechnet, der bundesweit bei 124.848,--DM gelegen habe. Demgegenüber weise die Kostenstrukturanalyse 1998 des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in den alten Ländern einen Überschuss der Allgemeinmediziner von 138.991,--DM aus. Der Bewertungsausschuss nehme mit der Vergleichsgruppe der Allgemeinmediziner eine in der vertragsärztlichen Versorgung benachteiligte Gruppe zum Maßstab. Methodisch richtig sei es vielmehr, den mittleren Überschuss zumindest zweier Vergleichsgruppen (Allgemeinmediziner und Nervenärzte) zu bilden. Zudem erbrächten Allgemeinmediziner zu einem erheblichen Teil ebenfalls Leistungen nach dem Abschnitt G IV EBM, weshalb der Bewertungsausschuss zumindest partiell die Leistungen der Psychotherapeuten mit sich selbst vergleiche. Richtigerweise seien die von den Allgemeinmedizinern erbrachten Leistungen nach Abschnitt G IV herauszurechnen. Letztlich offenbare sich die gezielte und wider besseren Wissens getroffene zu niedrige Bewertung des Stützwertes auch durch den Vergleich der Kostenquote vor und nach der Berechnung des Bewertungsausschusses. Während er zunächst die Kosten mit der anerkannten Quote von 40,2 % aus den Umsätzen einer nicht voll ausgelasteten Praxis mit zu niedrigem Punktwert berechne, ergebe sich letztendlich nur eine Kostenquote von 25,7 % aus dem hochgerechneten Jahresumsatz abzüglich der Kosten. Dieses Ergebnis habe die Annahme zur Folge, dass die Kosten einer psychotherapeutischen Praxis nicht in Abhängigkeit zum Umsatz stünden. Aus den vorhandenen Studien etwa der KPMG zeige sich jedoch, dass auch in psychotherapeutischen Praxen die absoluten Praxiskosten mit steigendem Umsatz in nicht zu vernachlässigender Größenordnung kontinuierlich anstiegen. Ein Herunterrechnen der Kostenquote um annähernd 15 % könne demnach nur als willkürlich betrachtet werden. Die Vorgabe der angemessenen Höhe der Vergütung je Zeiteinheit in § 85 Abs. 4 SGB V erstrecke sich auch auf probatorische Sitzungen. Von daher müsse ein Mindestpunktwert für diese Leistungen gewährleistet sein.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Honorarbescheides vom 26.07.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.11.2000 zu verurteilen, über die Höhe seiner vertragspsychotherapeutischen Vergütung im Quartal 1/00 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Beklagte und die Beigeladenen zu 1, 2, 5 und 6 und 8 beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die übrigen Beigeladenen äußern sich nicht.

Die Beklagte führt zur Erwiderung an, der Bewertungsausschuss habe den Korrekturfaktor von 1,47 eingeführt, um sinkende Betriebskosten bei einem erhöhten Soll-Umsatz sachgerecht zu erfassen. Zur Erläuterung werde auf die gemeinsamen Stellungnahmen der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) vom 31.05.2000 und 20.12.2000 Bezug genommen. Darin verblieben die den Bewertungsausschuss tragenden Institutionen bei ihrer Auffassung, dass der Beschluss des Bewertungsausschusses einschließlich des Korrekturfaktors eine Gleichbehandlung der Psychotherapeuten mit den Gewinnerzielungsmöglichkeiten eines Allgemeinmediziners unter regionalen Praxisbudgetbedingungen sicherstelle und der vom BSG postulierten Honorarverteilungsgerechtigkeit gerecht werde. Die vom Kläger handschriftlich mitgeteilten Kosten seiner Praxis im Jahre 1999 von 56.235,--DM entsprächen den Kalkulationsgrößen des Bewertungsausschusses. Der vom BSG bei seiner Modellberechnung ermittelte Punktwert von 10 Pf. sei nicht als Garantiepunktwert zu verstehen. Vielmehr könne der Anspruch auf Gleichbehandlung bei den Honorarerlösen auch negativ dadurch beeinflusst werden, dass vergleichbare Vertragsarztgruppe künftig bundesweit oder nur regional im Bereich einer KV geringere Honorarüberschüsse erzielen könnten. Die Beklagte habe der Honorarfestsetzung im Quartal 1/00 für genehmigungspflichtige, zeitabhängige Leistungen des Kapitels G IV den auf der Grundlage des Berechnungsschemas des Bewertungsausschusses ermittelten Punktwert von 8,2 Pf. zugrunde gelegt; dieser Punktwert entspreche auch den gesamtvertraglichen Vergütungsvereinbarungen mit den Krankenkassen. Insofern seien die Bedenken der Aufsichtsbehörde gegen § 11 Abs. 1 HVM in der Sache überholt. Mit dieser Regelung solle sichergestellt werden, dass sich die Krankenkassen ihrer Finanzierungsverantwortung für den besonderen Leistungsbereich der Psychotherapie stellten. Das BSG habe gerade die Mengensteuerung, die mit der Genehmigungsbedürftigkeit der G IV-Leistungen durch die Krankenkassen verbunden sei, zum sachlichen Anknüpfungspunkt für die finanzielle Besserstellung dieser Leistungen genommen. Insofern liege der HVM-Regelung das berufspolitische Ziel zugrunde, die Krankenkassen für die von ihnen veranlassten und vorab genehmigten G IV-Leistungen auch mit den vergütungsrechtlichen Folgen in Form des garantierten Punktwertes nach dem Berechnungsschema des Bewertungsausschusses zu belasten. Für die psychotherapeutischen Leistungen des Kapitels G IV sei kein Honorartopf gebildet worden, der in seiner Dimensionierung von einem Vorjahresvolumen plus Steigerungsrate abhänge. Vielmehr seien diese Leistungen mit dem gesamtvertraglich vereinbarten Punktwert vergütet worden, ohne dass das Finanzvolumen hierfür begrenzt sei. Das Erfordernis eines Stützpunktwertes gelte nach der Rechtsprechung des BSG nicht für probatorische Sitzungen.

Die Beigeladene zu 1) trägt vor, der vom BSG bei einem beanstandeten Ist-Umsatz von 116.000,--DM zugrunde gelegte prozentuale Kostensatz in Höhe von 40,2 % habe bei dem nunmehr angenommenen höheren Umsatz korrigiert werden müssen. Unter Berücksichtigung eines enorm hohen Fixkostenanteils bei Psychotherapeuten lägen die Betriebsausgaben bei Zugrundelegung eines höheren Umsatzes deutlich niedriger. Die Berechnungsvorgaben des Bewertungsausschusses orientierten sich an den Vorgaben des Bundessozialgerichts und der Grundidee der fallzahlabhängigen arztgruppenspezifischen Praxisbudgets gemäß den Allgemeinen Bestimmungen des EBM. Die anteiligen Betriebsausgaben ergäben sich als Produkt des Ist-Umsatzes und eines bundeseinheitlich vorgegebenen Kostensatzes. Während dieser Berechnung für die fallzahlabhängigen arztgruppenbezogenen Praxisbudgets ein normativer Punktwert zugrunde liege, weise das BSG darauf hin, dass nur dann ein vergleichbares verfügbares Einkommen für Therapeuten zu erreichen sei, wenn ein angemessener Punktwert festgelegt werde. Eine normative Anzahl an Behandlungsfällen vorausgesetzt, führe einsinkender Punktwert zu einem reduzierten Ertrag bei einer bestimmten Kostenlage. Das BSG gehe davon aus, dass anderen Vertragsärzten die Möglichkeit der Steigerung der Anzahl an Behandlungen gegeben sei, um den durch einen sinkenden Punktwert reduzierten Ertrag auf die ursprüngliche Höhe zu bringen. Diese Möglichkeit sei Therapeuten nicht in gleichem Maße gegeben, da sie ausschließlich antrags- und genehmigungspflichtige sowie zeitabhängige Leistungen erbrächten. Daher sei der Soll-Umsatz eines ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Arztes bzw. Therapeuten vorzugeben, um einen von der Umsatz- und Ertragsentwicklung unabhängigen Punktwert festzusetzen. Dem sei der Bewertungsausschuss gefolgt. Für die Kosten sei zu berücksichtigen, dass das BSG eine Vollauslastungshypothese formuliere, in der ein ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Arzt bzw. Therapeut mindestens 36 Stunden seiner Wochenarbeitszeit mit zeitgebundenen und antrags- sowie genehmigungspflichtigen Leistungen ausschöpfe. Der Ansatz, den Ist-Umsatz des Jahres 1998 mit dem prozentualen Kostensatz, der in Anlage 1 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM aufgeführt sei, zu multiplizieren sei nicht überzeugend, da der durchschnittliche Ist-Umsatz eines Psychotherapeuten in 1998 nicht unter dem Primat der angestrebten Vollauslastungshypothese gestanden habe. Aus diesem Grund habe der Bewertungsausschuss einen Korrekturfaktor in Höhe von 1,47 eingefügt.Da der Ist-Ertrag eines Facharztes für Allgemeinmedizin in der hausärztlichen Versorgung im Jahre 1998 höher gelegen habe als der durch schnittliche Ist-Ertrag eines Nervenarztes, habe sich der Bewertungsausschuss für die Vergleichsarztgruppe des Facharztes für Allgemeinmedizin im hausärztlichen Versorgungsbereich entschieden. Der Bewertungsausschuss habe zur Vermeidung starker regionaler Streuungen einen oberen Grenzbetrag der Betriebsausgaben in Höhe von 66.000,--DM festgelegt. Dem der Vollauslastungshypothese des BSG folgenden Soll-Umsatz werde der Vollauslastungsleistungsbedarf, den das BSG in Höhe von 2.244.600 Punkten ermittelt habe, gegenübergestellt. Daraus ergebe sich der von der Umsatz- und Ertragsentwicklung einer KV abhängige, jedoch nicht zu stark streuende Mindestpunktwert für psychotherapeutische Leistungen. Für die Berechnung und Bewertung der Kostenstruktur und Ertragslage müsse die aufgrund berufsrechtlicher Vorgaben enge Leistungsstruktur der Psychotherapeuten berücksichtigt werden. Praxen mit engen Leistungsstrukturen wiesen eine grundsätzlich andere Kostenstruktur und Ertragslage auf, als Praxen mit breiten Leistungsstrukturen. Das Gleichbehandlungsgebot gebiete auch nicht die Aufrechterhaltung eines Vergütungsniveaus von Psychotherapeuten, wie es für die Jahre von 1993 bis 1996 durch die Rechtsprechung festgelegt sei. Zu berücksichtigen sei die Umsatz- und Ertragsentwicklung im gesamten vertragsärztlichen Bereich, wobei ein genereller Einkommensrückgang in der vertragsärztlichen Versorgung festgestellt werden müsse. Bedingt durch Arztzahldynamik, Mengendynamik und gesetzlich verfügte Budgets sinke der Punktwert für alle Vertragsärzte schon seit 1993 stetig. Dieser Punktwertverfall führe immer dann, wenn budgetierte Gesamtvergütungen gezahlt würden, denklogisch auch zu Umsatz- und Einkommensrückgängen, da die den Verfall des Punktwerts indizierende Mengendynamik insbesondere unter den Praxisbudgets nahezu ausschließlich durch die Arztzahlzunahme verursacht werde. Die bis zum 31.12.1998 im Delegationsverfahren tätigen Psychotherapeuten unterlägen seit 1993 einer ständigen Leistungserbringerzunahme, die mit Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes (PsychThG) nochmals verschärft werde. Diese im Vergleich zur Zunahme der Haus- und Fachärzte erhebliche Erbringerdynamik müsse bei der Bestimmung der Angemessenheit der Vergütung mit berücksichtigt werden, wenn ein Vergütungsniveau für die ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzte und -therapeuten aufrecht erhalten werde, das möglicherweise höher liege als das anderer Arztgruppen, nachdem insbesondere mit dem Inkrafttreten des PsychThG eine durch den Gesetzgeber gewollte Zunahme der Anzahl der Leistungserbringer zu verzeichnen sei. Insofern würden alle anderen Vertragsärzte, die ihre Arztzahldynamik durch sinkende Punktwerte finanzierten, gegenüber den ausschließlich tätigen Psychotherapeuten schlechter gestellt. Auch die richtlinien- und zeitgebundene psychotherapeutische Leistung unterliege einer Mengendynamik, die vergleichbar zu anderen vertragsärztlichen Bereichen sei. Dies sei insbesondere deshalb von Bedeutung, weil mit Einführung der fallzahlabhängigen arztgruppenspezifischen Praxisbudgets die Mehrheit der Leistungen der Vertragsärzte einer Mengenbegrenzung unterliege, während dies für Leistungen des Abschnitts G IV nicht gelte. Damit könnten richtlinien gebundene psychotherapeutische Leistungen in anderem Umfang entwickelt werden, als dies z.B. einem konservativ tätigen Augenarzt, dessen Leistungen zu 95 % in seinem Praxisbudget enthalten seien, möglich sei. Die Mengenentwicklung der Leistungen der Abschnitte G III und G V des EBM für bis 1999 im Delegationsverfahren tätige Psychotherapeuten zeige, dass auch ausschließlich psychotherapeutisch tätige Vertragsärzte und -therapeuten in der Lage seien, an der Leistungsmengenentwicklung im gleichen Umfange teilzunehmen. Damit werde eine wesentliche Annahme des BSG nicht bestätigt, nach der Psychotherapeuten nicht an der Honorarverteilung im gleichen Maßstab partizipieren könnten, weil sie nicht in demselben Umfang an einer allgemeinen Steigerung der Anzahl der abgerechneten Leistungen teilnehmen könnten. Dies sei insbesondere dadurch begründet, dass erhebliche Zweifel an der Vollauslastungshypothese bestünden. Zwischenzeitlich angestellte Zeitprofilierungen zeigten, dass die Mehrheit der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzte und -therapeuten die Grenze von 36 Stunden wöchentlich nicht erreiche. Es müsse also typischerweise davon ausgegangen werden, dass neben den genehmigungspflichtigen Leistungen in der verbleibenden Arbeitszeit sowohl nicht genehmigungspflichtige als auch genehmigungspflichtige Leistungen erbracht würden und somit ebenfalls einer Mengenentwicklung unterlägen. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Einkommenszuflüsse aus der privaten Krankenversicherung bei Psychotherapeuten in größerem Maße bestünden als bei den vom BSG herangezogenen ärztlichen Vergleichsgruppen. So liege der PKV-Anteil bei ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzten und -therapeuten bei ca. 23 %, während er z.B. bei den Fachärzten für Allgemeinmedizin in Westdeutschland nur bei 16,6 % liege. Da aus den Einkommenszuflüssen der PKV bei einer betriebswirtschaftlichen Kostenrechnung eine Quersubventionierung stattfinde, sei der Subventionsbetrag bei den Psychotherapeuten deutlich höher. Dieses müsse im Hinblick auf die Kostensituation berücksichtigt werden, was auch bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Kostensätze für die fallzahlabhängigen arztgruppenspezifischen Praxisbudgets erfolgt sei. In den Jahren 1995 bis 1998 sei zudem ein deutlicher Honorarzuwachs der Psychotherapeuten fast durchgängig im zweistelligen Prozentbereich zu verzeichnen, der den Honorarzuwachs der Gesamtheit der Ärzte deutlich überschreite. Auch sei die höhere Bruttowochenarbeitszeit eines Vertragsarztes zu berücksichtigen, die mit einer höheren Kostenbelastung einhergehe. Eine bundesweite Umfrage zu den Auswirkungen der Honorarsituation niedergelassener Psychotherapeuten in den Jahren 1993 bis 1998, durchgeführt durch den Berufsverband der Vertragspsychotherapeuten, habe ergeben, dass die wöchentliche Nettoarbeitszeit bei 28,92 Stunden und nicht bei 36 Stunden wie vom BSG angenommen liege. Berücksichtige man nur die wöchentliche Arbeitszeit für GKV-Patienten, ergebe sich ein Wert von nur 23,61 Stunden. Mit dieser geringeren Nettowochenarbeitszeit, die auch der Einkommenszuflusssituation entspreche und dabei berücksichtige, dass ausschließlich psychotherapeutisch tätige Vertragsärzte und -therapeuten nicht im vollen Umfang ihre Präsenzpflichten erfüllen müssten, gehe eine verminderte Kostensituation einher. Nebenbei müsse diese real sehr kurze Wochenarbeitszeit auch Anlass zu der Annahme geben, dass Psychotherapeuten zunehmend ihre Leistungsmenge bei nicht richtliniengebundenen Leistungen aufgrund der ihnen zur Verfügung stehenden Wochenarbeitszeit ausdehnten. Aufgrund des engen Leistungsspektrums benötigten psychotherapeutische Praxen eine ökonomisch effiziente Praxisgestaltung, so dass sie aufgrund der Einbestellungsstruktur vielfach nur aus Therapieraum und gegebenenfalls Gruppentherapieraum bestehen müssten. Daneben müsse im Praxisbetriebsmodell noch ein Sprechzimmer berücksichtigt werden, in dem Anträge und Gutachten bearbeitet würden. Es ergebe sich eine Kostenartenstruktur, die erheblich von der Struktur aller anderen Vertragsärzte abweiche. Es handele sich bei den psychotherapeutischen Praxen überwiegend um Fixkosten, die die Eigenschaft hätten, dass sie bei steigender Menge auf eine größere Anzahl von Kostenträgern verteilt werden könnten. Bei Umsatzsteigerung und gleichbleibendem absoluten Kostenbetrag ergebe sich eine Senkung des prozentualen Kostensatzes. In den Entscheidungen des Bundessozialgerichts werde nicht berücksichtigt, dass bei einem angenommenen Umsatz von ca. 220.000,--DM ein weitaus niedrigerer Kostensatz anzunehmen sei. Aus diesem Grund scheine eine Gleichschaltung des bundeseinheitlichen Kostensatzes in Prozent mit einem realen Ist-Umsatz vertretbar. Während das BSG die Psychotherapeuten mit den Fachärzten für Allgemeinmedizin bzw. Nervenheilkunde vergleiche, ergebe sich im Hinblick auf Kostensituation, Ertragslage, GKV-PKV-Schlüsselung der Einkommenszuflüsse, Praxisstruktur und insbesondere Leistungsspektrum als geeignete Vergleichsgruppe die Arztgruppe der Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie. Stelle man diesen Vergleich an, sei festzustellen, dass zwischen beiden Gruppen zwar eine Differenz der Honorare bestehe, diese jedoch durch die unterschiedliche Kostenstruktur wesentlich ausgeglichen werde. Der über Jahre fortgeführte Vergleich beider Gruppen lasse die Aussage, dass eine Stützung des Punktwertes richtliniengebundener psychotherapeutischer Leistungen nur bei ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzten und -therapeuten notwendig sei, nicht zu. Im Gegenteil werde die Situation durch die Tatsache verschärft, dass nicht ausschließlich psychotherapeutisch tätige Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie gegenüber den ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzten und -therapeuten durch die Punktwertstützung sogar benachteiligt seien.

Auf Anfrage des Gerichts legt das Bundesministerium für Gesundheit ein Anschreiben des Ministeriums an die den Bewertungsausschuss tragenden Institutionen vom 30.11.2000 vor. Darin hebt das BMG hervor, dass das Verfahren zur Berechnung der Mindestpunktwerte als nicht sachgerecht und die Ergebnisse dieser Berechnungen in Teilen als willkürlich angesehen würden. Als keinesfalls sachgerecht werde die Kalkulation der Betriebsausgaben psychotherapeutischer Praxen auf der Grundlage der regionalen Ist-Erlöse der Psychotherapeuten im Jahre 1998 angesehen. Dieses Berechnungsverfahren führe dazu, dass die Höhe der durchschnittlichen kalkulatorischen Betriebsausgaben extreme Unterschiede aufweise. Die Obergrenze für die Betriebsausgaben leite sich aus dem im EBM ausgewiesenen Betrag von 65.000,--DM her, und die regionalen kalkulatorischen Betriebsausgaben würden unter Verwendung des Anteilswertes von 40,2 % ermittelt. Indem der Anteilswert für die Betriebsausgaben aber nicht auf die Soll-Umsätze der Psychotherapeuten, sondern auf deren Ist-Umsätze in dem Jahre 1998 bezogen werde, ergäben sich im Ergebnis der Berechnung weit unterhalb eines Anteilswertes von 40,2 % liegende Werte. Es sei nicht nachvollziehbar, warum für Psychotherapeuten faktisch eine Korrektur der Kostenanteilswerte erfolge, dieses für die Allgemeinmediziner jedoch trotz relativ gesicherter empirischer Erkenntnisse unterbleibe. Die Berechnung der regionalen kalkulatorischen Betriebsausgaben mit Hilfe regionalisierter Ist-Erlöse der Psychotherapeuten im Jahr 1998 sei mit der Rechtsprechung des BSG und dem Willen des Gesetzgebers nicht vereinbar. Die Höhe der Ist-Erlöse der Psychotherapeuten im Jahr 1998 sei von einer Reihe von insbesondere regionalen Zufälligkeiten bestimmt worden. Zwar würden im Beschluss des Bewertungsausschusses die regionalen Ist-Erlöse der Psychotherapeuten mit einem bundeseinheitlichen Steigerungsfaktor erhöht. Damit würden aber weder die im Jahr 1998 gegebenenfalls bestehenden regionalen Auslastungsunterschiede noch die sehr unterschiedlichen Verfahrensweisen bezüglich der Honorierung korrigiert. Ein Teil der regionalen Punktwertunterschiede, die sich bei der Umsetzung des Beschlusses des Bewertungsausschusses ergäben, gehe auf solche regionalen Unterschiede in der Honorarverteilungspraxis der KVen zurück. Bei der Ermittlung des Leistungsbedarfes gehe der Bewertungsausschuss von einer optimalen Auslastung der psychotherapeutischen Praxen aus, während die Ermittlung des Soll-Ertrages der Psychotherapeuten mit Hilfe der durchschnittlichen Ist-Erlöse von Allgemeinmedizinern im Jahre 1998 erfolge, welchen eine durchschnittliche Auslastung zugrunde liege. Ein Psychotherapeut könne also nur bei optimaler Auslastung den Ertrag erzielen, welchen ein Allgemeinmediziner mit durchschnittlicher Auslastung im Jahre 1998 habe erzielen können. Ein Psychotherapeut mit nur durchschnitt licher Auslastung werde somit hinter den Erträgen eines durchschnittlich ausgelasteten Allgemeinmediziners zurückbleiben. Zwar vergleiche das BSG in seinem Urteil vom 25.08.1999 die Erträge, die von einem optimal ausgelasteten Psychotherapeuten zu erzielen seien, mit den durchschnittlichen Erträgen eines Allgemeinarztes. Das BSG habe jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei dieser Annahme um die Annahme zu Lasten des Psychotherapeuten handele. Diese Annahme müsse deshalb im Kontext anderer Annahmen im Berechnungsverfahren des BSG, insbesondere zur Höhe der Betriebsausgaben, gesehen werden. Von diesen Annahmen des BSG weiche der Bewertungsausschuss selektiv zu Ungunsten der Psychotherapeuten ab.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die angefochtenen Bescheide erweisen sich als rechtswidrig, weil mit ihnen der Honoraranspruch des Klägers für das Quartal 1/00 auf der Grundlage rechtswidriger Bestimmungen des EBM (Beschluss des Bewertungsausschusses vom 16.02.2000, DÄ 2000, A-558) und des HVM der Beklagten in der ab 01.01.2000 geltenden Fassung (Westfälisches Ärzteblatt 5/2000, 1) festgesetzt worden ist.

Die in Ziffer 2.3 ff. des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 16.02.2000 vorgegebene Errechnung eines regionalen Mindestpunktwertes für antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen des Abschnittes G IV EBM ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte und -therapeuten unter Heranziehung des IST-Umsatzes dieser Leistungserbringer in DM des Jahres 1998 verstößt gegen die gesetzliche Bestimmung des § 85 Abs. 4a Satz 1 Halbs. 2 SGB V i.V.m. § 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V.

Nach § 85 Abs. 4a Satz 1 Halbs. 2 SGB V bestimmt der Bewertungsausschuss erstmalig bis zum 28.02.2000 den Inhalt der nach Abs. 4 Satz 4 zu treffenden Regelungen. Nach § 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V sind im Verteilungsmaßstab Regelungen zur Vergütung der Leistungen der Psychotherapeuten und der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten.

Mit dieser ab 01.01.2000 geltenden Regelung hat der Gesetzgeber auf die bisherige Rechtsprechung des BSG zur Honorierung zeitabhängiger und genehmigungspflichtiger psychotherapeutischer Leistungen reagiert (BSGE 83, 205; BSGE 84, 235). Demnach haben Vertragsärzte und Psychotherapeuten, die überwiegend bzw. ausschließlich psychotherapeutisch tätig sind, in den Jahren 1993 bis 1998 grundsätzlich Anspruch auf Honorierung der zeitabhängigen und genehmigungspflichtigen Leistungen des Kap. G IV EBM mit einem Punktwert von 10 Pf (S.a. BSG SozR 3 -2500 § 85 Nr. 35; BSG SozR 3 - 2500 § 85 Nr. 41). Mit der Entscheidung vom 12.09.2001 hat das BSG (BSG SozR 3 - 2500 § 85 Nr. 41, Bl. 328) nochmals klargestellt, dass der genannte Leistungserbringerkreis nach den bis Ende 1998 geltenden gesetzlichen Vorschriften im Rahmen der Honorarverteilung gem. § 85 Abs. 4 SGB V im Hinblick auf den von den Kassenärztlichen Vereinigungen zu beachtenden Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit (Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art 3 Abs. 1 GG) grundsätzlich Anspruch auf Honorierung der zeitgebundenen und genehmigungspflichtigen Leistungen nach Kap. G IV EBM mit einem Punktwert von 10 Pf. habe. Werde dieser Punktwert unter Anwendung der jeweiligen HVM-Regelungen rechnerisch nicht erreicht, sei die KV im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG sowie auf der Grundlage ihres Sicherstellungsauftrages (§ 75 Abs. 1 SGB V) grundsätzlich verpflichtet, den Punktwert auf 10 Pf. zu stützen.

Zwar ist der Beklagten zuzugestehen, dass sich aus der Rechtsprechung des BSG kein Garantiepunktwert von 10 Pf. ableiten lässt. Bleiben die Umsätze einzelner Arztgruppen aus vertragsärztlicher Tätigkeit in einem KV-Bezirk signifikant hinter den zugrunde gelegten bundesweiten Durchschnittswerten zurück, kann möglicherweise auch ein geringerer Punktwert für die zeitabhängigen psychotherapeutischen Leistungen ausreichen, um eine ungerechtfertigte Benachteiligung der Psychotherapeuten bei der Honorarverteilung auszuschließen (BSG SozR 3 - 2500 § 85 Nr. 41, Bl. 337). Eine derart ungünstige allgemeine Honorarsituation ist für den Bereich der Beklagten weder ersichtlich noch vorgetragen.

Wie sich aus der Gesetzesbegründung zu § 85 Abs. 4 Satz 4, Abs. 4a Satz 1 Halbs. 2 SGB V in der ab 01.01.2000 geltenden Fassung ergibt, soll mit dieser Regelung unmittelbar an diese BSG-Rechtsprechung angeknüpft werden (S.a. Spellbrink in: Schnapp/Wigge (Hg.), Handbuch des Vertragsarztrechts, 2002, § 13 Rn. 69, 73; Engelhard in: Hauck/Haines, SGB V, Kommentar, Stand: 12/2000, § 85 Rn. 209 a; KassKomm-Hess, Stand: 8/2001, § 85 SGB V Rn. 79). So führt der Bundestagsausschuss für Gesundheit in seiner Beschlussempfehlung vom 03.11.1999 (BT-Drucks. 14/1977, S. 31, 165) aus, durch die Regelung solle sichergestellt werden, dass bei der Honorarverteilung dem Gesichtspunkt der Verteilungsgerechtigkeit in Bezug auf die Vergütung der Leistungen der Psychotherapeuten und der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte Rechnung getragen werde. Durch diese gesetzliche Vorgabe solle erreicht werden, dass bei der Ausgestaltung des Honorarverteilungsmaßstabes die Besonderheiten des Leistungsspektrums dieser Leistungserbringer berücksichtigt würden. Diese Besonderheiten lägen darin, dass die Psychotherapeuten und die genannten psychotherapeutisch tätigen Ärzte (fast) ausschließlich zeitgebundene Leistungen erbrächten und damit von den Auswirkungen einer Ausweitung der Menge der von den Ärzten insgesamt abgerechneten Leistungen (Punktwertabsenkung) in besonderem Maße betroffen seien. Die Gesetzesbegründung greift nahezu wörtlich die Kriterien auf, die das BSG zur Begründung der Aufhebung entgegenstehender Honorarverteilungsregelungen in den Vorjahren angeführt hat. Das BSG geht ebenfalls davon aus, dass der Gesetzgeber mit den ab 01.01.2000 geltenden Vorgaben für die Honorierung der zeitabhängigen psychotherapeutischen Leistungen in § 85 Abs. 4, Abs. 4a SGB V insbesondere auf die Urteile des 6. Senats vom 25.08.1999 (u.a. BSGE 84, 235) reagiert habe (BSG SozR 3- 2500 § 85 Nr. 41, Bl. 330). Von daher sind die diesbezüglichen Grundsätze des BSG auch für die Zukunft als bindend anzusehen (S.a. Spellbrink, a.a.O., § 13 Rn. 73).

Es widerspricht somit Entstehungsgeschichte und Gesetzeszweck des § 85 Abs. 4a Satz 1 Halbs. 2 SGB V i.V.m. § 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V, dass sich der Bewertungsausschuss in seinem Beschluss vom 16.02.2000 für die Umsatz- und Ertragsentwicklung der psychotherapeutischen Leistungserbringer generell auf auf das Jahr 1998 bezieht, weil den empirisch ermittelten Daten für dieses Jahr gerade ein Vergütungsniveau zugrunde liegt, das durch das BSG in seiner im Januar 1999 begründeten Rechtsprechung als unangemessen niedrig beurteilt worden ist (Vgl.bereits ausdrücklich zum Beschluss des Bewertungsausschusses vom 16.02.2000: BSG SozR 3 - 2500 § 85 Nr. 41, Bl. 333).

Nach Ziffer 2.3 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 16.02.2000 ermittelt die KV den IST-Umsatz eines ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsarztes bzw. -therapeuten aus dem durchschnittlichen IST-Umsatz je Arzt bzw. Therapeut in DM des Jahres 1998. Der danach ermittelte IST-Umsatz in DM wird nach Ziffer 2.4 a.a.O. zur Festsetzung der Betriebsausgaben mit einem bundeseinheitlichen Faktor von 1,47 multipliziert. Zur Ermittlung der Betriebsausgaben in DM wird der so bestimmte angestrebte IST-Umsatz multipliziert mit dem bundesdurchschnittlichen Kostensatz gem. Anlage 3 zu den Allgemeinen Bestimmungen A I Teil B EBM in Höhe von 40,2 %, mit der Maßgabe, dass ein oberer Grenzbetrag der Betriebsausgaben in Höhe von 66000 DM nicht überschritten wird (Ziffer 2.5 a.a.O.). Die KV ermittelt den Soll-Umsatz eines ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsarztes bzw. -therapeuten aus der Addition des Ertrages eines Facharztes für Allgemeinmedizin in der hausärztlichen Versorgung in 1998 gem. Ziffer 2.6 a.a.O. und den Betriebsausgaben gem. Ziffer 2.5 a.a.O ... Der Mindestpunktwert ergibt sich nach Ziffer 2.8. a.a.O. aus der Division dieses Soll-Umsatzes durch einen fiktiven Leistungsbedarf in Höhe von 2244600 Punkten.

Die in dieser Regelung angelegte Bezugnahme auf das vom BSG als unangemessen niedrig beanstandete Vergütungsniveau bis 1998 wird der ab 01.01.2000 gelten den gesetzlichen Vorgabe einer angemessenen Vergütung psychotherapeutischer Leistungen je Zeiteinheit nicht gerecht. Ein bundesweites Abstellen auf den tatsächlichen Umsatz des Jahres 1998 ist dann nicht sachgerecht, wenn - was jedenfalls für die Beklagte zutrifft - in einzelnen KV-Bezirken eine Stützungsverpflichtung der KV nach Maßgabe der BSG-Rechtsprechung auch im Jahre 1998 bestand (Rath, Vergütung psychotherapeutischer Leistungen, in: MedR 2001, 60, 64). So lag der Punktwert für psychotherapeutische Leistungen nach den GNR 871 ff. EBM 1998 im Bezirk der Beklagten in Anwendung des § 7 Abs. 3 Satz 3 HVM i.d.F. vom 16.04.1997 (Westfälisches Ärzteblatt 5/1997, S. 39, 40) bei 8,0 Pf. (Primärkassen) bzw. 9,0 Pf. (Ersatzkassen).

Die Kammer hält die Kritik des BMG an dem Verfahren zur Berechnung der Mindestpunktwerte auf der Grundlage der regionalen Ist-Erlöse der Psychotherapeuten im Jahre 1998 für berechtigt. Der Korrekturfaktor von 1,47 zur Steigerung der Ist-Ausgaben dient nicht dem Ausgleich zu niedriger Punktwerte im Jahre 1998, sondern soll im Sinne der sog. Vollauslastungshypothese dem Umstand Rechnung tragen, dass die in 1998 durchschnittlich abgerechnete Leistungsmenge der Psychotherapeuten, die die Erlöse beeinflusst, unterhalb der möglichen Leistungsmenge bei optimaler Praxisauslastung gelegen haben dürfte. Es erscheint somit als geboten, zur Bestimmung des Ist-Umsatzes gem. Ziffer 2.3 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 16.02.2000 die faktisch der Honorierung psychotherapeutischer Leistungen im Jahre 1998 zugrunde liegenden Punktwerte gedanklich auf den Mindestpunktwert von 10 Pf. zu erhöhen, um eine rechtmäßige Ausgangsgröße in die Berechnung der ab dem Quartal 1/00 zur Anwendung kommenden regionalen Mindestpunktwerte für antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen nach Kap. G IV EBM einzustellen.

Angesichts der erkennbaren Bezugnahme des Gesetzgebers in § 85 Abs. 4a Satz 1 Halbs. 2 SGB V i.V.m. § 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V auf die bisherige Rechtsprechung des BSG zur Vergütung psychotherapeutischer Leistungen haben die zu treffenden Regelungen zur Gewährleistung einer angemessenen Vergütung je Zeiteinheit den Vorgaben des BSG auch hinsichtlich der Berücksichtigung von Betriebskosten zu entsprechen. Der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) kann deshalb nicht darin gefolgt werden, dass es dem Bewertungsausschuss frei stehe, eine Korrektur der BSG-Rechtsprechung unter Berücksichtigung seiner abweichenden Beurteilung der Ertragssituation und insbesondere der Kostenstruktur psychologischer Praxen vorzunehmen. Es ist zu beanstanden, dass der Bewertungsausschuss von der Vorgabe eines linearen Kostensatzes von 40,2 % des Umsatzes abweicht, indem er einen oberen Grenzbetrag der Betriebsausgaben der Psychotherapeuten von 66000 DM festlegt. Dies wirkt sich unmittelbar auf den nach den Grundsätzen des BSG gebotenen Mindestpunktwert aus. Bei einem fiktiven Maximalumsatz von 224460 DM (BSGE 84, 235, 240) fallen bei einem Kostensatz von 40,2 % anrechnungsfähige Praxiskosten von 90233 DM an. Werden statt dessen nur 66000 DM für ansatzfähig erachtet, reicht ein Umsatz von 200227 DM aus, um den fiktiven Überschuss von 134227 DM zu erreichen, den das BSG seiner Modellberechung zugrunde gelegt hat. Bei unveränderter Punktzahl pro Jahr ist danach ein Punktwert von deutlich unter 10 Pf. ausreichend, um dieses Umsatzniveau zu erreichen (BSG SozR 3 -2500 § 85 Nr. 41, Bl. 331). Der Bewertungsausschuss unterläuft nach Auffassung der Kammer somit den Willen des Gesetzgebers, ab 2000 eine angemessene Honorierung der G IV - Leistungen nach den Vorgaben der BSG-Rechtsprechung sicherzustellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das BSG in der Entscheidung vom 12.09.2001 (BSG SozR 3 - 2500 § 85 Nr. 41 Bl. 334 ff.) in Auseinandersetzung mit den auch in diesem Klageverfahren vorgebrachten Argumenten der Beigeladenen zu 1) bzw. des Bewertungsausschusses gegen die BSG - Modellberechungen zur Umsatz- und Ertragssituation psychotherapeutischer Praxen an seinen bisherigen Annahmen jedenfalls für die Zeit bis zum 31.12.1998 ausdrücklich festhält. Von daher muss es als ohne Belang angesehen werden, dass die Beigeladene zu 1) versucht, die nach gefestigter Rechtsprechung des BSG und nach dem Willen des Gesetzgebers erforderliche Punktwertstützung für Psychotherapeuten mit seit langem bekannten Umständen wie der Leistungserbringerzunahme mit einher gehender Leistungsvermehrung seit 1993, dem PKV-Anteil und dem beschränkten Leistungsspektrum der Psychotherapeuten in Frage zu stellen.

Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind auch deshalb aufzuheben, weil sie auf der gegen höherrangiges Recht verstoßenden und damit nichtigen Regelung des § 11 Abs. 1 HVM beruhen (Zur Nichtigkeitsfolge vgl. BSGE 83, 1,6; BSG, Beschluss vom 18.03.1998, Az.: B 6 KA 31/97 B, MedR 2000, 51).

Nach § 11 Abs. 1 HVM ergibt sich der Verteilungspunktwert für die von ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten und Ärzten für psychotherapeutische Medizin, Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten erbrachten gemehmigungspflichtigen Leistungen nach Abschnitt G IV EBM aus den mit den Partnern der Gesamtverträge getroffenen Vergütungsvereinbarungen.

Diese HVM-Regelung verstößt gegen die Verpflichtung der Beklagten aus § 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V, im Verteilungsmaßstab Regelungen zur Vergütung der Leistungen der Psychotherapeuten und der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten. Wie bereits die Aufsichtsbehörde der Beklagten zu Recht beanstandet hat, stellt die Beklagte mit § 11 Abs. 1 HVM nicht sicher, dass ab 01.01.2000 der erforderliche Mindestpunktwert nicht unterschritten wird. § 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V erteilt der Beklagten den Auftrag, im Interesse der Verteilungsgerechtigkeit bei der Ausgestaltung des HVM die Besonderheiten des Leistungsspektrums der Psychotherapeuten und der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu berücksichtigen (BT-Drucks. 14/1977, S. 165). Diesem gesetzlichen Auftrag wird die Beklagte durch die Bezugnahme auf die mit den Krankenkassen zu treffenden Vergütungsverein barungen nicht gerecht. Der Regelungsgehalt des § 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V beschränkt sich auf die Verteilungsseite, so dass der HVM von der Einnahme situation der KV unabhängige Verteilungsregelungen zur Gewährleistung der angemessenen Vergütung psychotherapeutischer Leistungen je Zeiteinheit beinhalten muss. Die Beklagte räumt selbst ein, dass die Regelung des § 11 Abs. 1 HVM nicht der Verteilungsgerechtigkeit in diesem Sinne dient, sondern dass ihr das berufspolitische Ziel zugrunde liege, dass sich die Krankenkassen ihrer Finanzierungsverantwortung für die Psychotherapie stellten. Eine derartige Koppelung der nach § 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V zwingend zu gewährleistenden angemessenen Vergütungshöhe für Psychotherapeuten an die jeweiligen Vergütungsvereinbarungen mit den Krankenkassen ist unzulässig. Sie widerspricht der gesetzgeberischen Intention, bei der Verteilung begrenzter Mittel ungeachtet der Machtverhältnisse in den Vertreterversammlungen für Psychotherapeuten und ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte ein den fachspezifischen Besonderheiten Rechnung tragendes angemessenes Vergütungsniveau sicherzustellen. Soweit die Beklagte anführt, die Regelung habe sich im streitigen Quartal 1/00 wegen der gesamtvertraglichen Vergütungsvereinbarungen mit den Krankenkassen nicht ausgewirkt, ändert dies nichts an der Nichtigkeit des § 11 Abs. 1 HVM und der Rechtswidrigkeit der auf dieser Regelung basierenden Honorarbescheide.

Soweit der Kläger verlangt, probatorische Sitzungen (GNR 870 EBM) in die Punktwertstützung einzubeziehen, folgt ihm die Kammer nicht. Zwar werden nach dem Wortlaut des § 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V ohne weitere Einschränkungen Leistungen der Psychotherapeuten und der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte von der Pflicht zur Gewährleistung einer angemessenen Höhe der Vergütung je Zeiteinheit erfasst. Sinn und Zweck sowie Entstehungsgeschichte der Vorschrift (Normierung der BSG-Vorgaben für die Zeit ab 01.01.2000) führen jedoch zu der Auslegung, dass in den Schutzbereich der Norm in Fortführung der bisherigen BSG-Rechtsprechung zur Vergütung psychotherapeutischer Leistungen nur die zeitabhängigen und genehmigungspflichtigen Leistungen des Kap. G IV EBM einbezogen sind. Nur die Kombination von Genehmigungsbedürftigkeit und Zeitgebundenheit der Leistungen der "großen" Psychotherapie aus Kap.G IV EBM unterscheidet diesen Leistungsbereich so deutlich von allen anderen vertragsärztlichen Leistungen, dass eine Sonderbehandlung bei der Honorarverteilung geboten ist. Eine Stützungsverpflichtung besteht deshalb nur für Leistungen, bei denen beide Kriterien kumulativ erfüllt sind, also nicht für probatorische Sitzungen (BSG SozR 3 - 2500 § 85 Nr. 41, Bl. 338; BSG SozR 3 - 2500 § 85 Nr. 35, Bl. 276; Engelhard in: Hauck/Haines, SGB V, § 85 Rn. 249j).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Die Zulassung der Sprungrevision an das BSG unter Übergehung der Berufungsinstanz erfolgt wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 161 SGG, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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