S 184 AY 9/12 ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
184
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 184 AY 9/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 15 AY 4/12 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beigeladene wird vorläufig bis zum 30. April 2012längstens jedoch bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage des Antragstellers gegen den Widerspruchsbescheid des Antragsgegners vom 23. Januar 2012 verpflichtet, dem Antragsteller 6. Februar 2012 (Antragstellung) Leistungen nach § 3 Abs. 2 AsylbLG, den Barbetrag nach § 3 Abs. 1 Satz AsylbLG sowie die erforderliche Krankenhilfe nach § 4 AsylbLG zu gewähren. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Der Beigeladene trägt die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragsstellers. Dem Antragsteller wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin A J , S str. B zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts ( § 121 Abs.3 Zivilprozessordnung - ZPO- i.V.m. § 73a Sozialgerichtsgesetz – SGG- ) beigeordnet.

Gründe:

I.

Der Antragsteller erstrebt die Gewährung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben Staatsangehöriger von Sierra Leone und nach den letzten Feststellungen der Ausländerbehörde des Landratsamtes Wartburgkreis am. 1983 geboren. Er reiste im Jahr 2000 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Im Dezember 2000 stellte er einen Asylantrag, welcher mit Bescheid vom 31. Juli 2001 durch das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge bestandskräftig abgelehnt wurde. gleichzeitig wurde die Abschiebung angedroht. Zuvor war der Antragsteller durch bestandskräftigen Bescheid des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 17. Mai 2001 ab 29. Mai 2001 dem Landkreis W kreis zugewiesen. Der Aufenthalt des Antragstellers wurde auf den W burgkreis beschränkt und er wurde verpflichtet, in der Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber G zu wohnen. In der Folgezeit erteilte das Landratsamt Wartburgkreis aneinander anschließende Bescheinigungen über die Aussetzung der Abschiebung (Duldung). Der Antragsteller verstieß immer wieder gegen die Auflagen und befand sich zwischenzeitlich mehrmals in Untersuchungs- beziehungsweise Strafhaft. Nach der Haftentlassung im Jahr 2006 wurde im Landkreisamt Wartburgkreis am 28. Februar 2006 erneut eine Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung (Duldung) erteilt, welche bis zum 28. Februar 2007 verlängert wurde. Der Aufenthalt blieb auf den W kreis beschränkt und die Verpflichtung zur Wohnsitznahme in einer Gemeinschaftseinrichtung in G und dann ab dem 25. September 2006 in einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in G ausgesprochen. Mit Bescheid vom 15. November 2006 wurde der Antragsteller dauerhaft aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen. Nachdem er eine Zeitlang unbekannten Aufenthaltes war, befand sich der Antragsteller vom 14. Juli 2008 bis zum 5. Mai 2009 in Strafvollzug in der JVA G in S. Der Vollzug der Strafhaft wurde wegen einer Erkrankung des Antragstellers abgebrochen. Bei ihm wurde Blindheit – Visus rechts Handbewegung, links nulla lux – nach Augenverletzung 2004, sowie ein primär insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ 1 und Hepatits B diagnostiziert. Nach Krankenhausaufenthalten befand sich der Antragsteller ab 10. September 2009 im Senioren-Wohnpark Bad L und danach auf eigenen Wunsch in der Gemeinschaftsunterkunft in G. Ein im Juni 2009 vom Antragsteller gestellter Asylzweitantrag wurde vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit bestandskräftigen Bescheid vom 6. April 2011 abgelehnt. Der Bescheid vom 31. Juli 2001 wurde jedoch insoweit abgeändert, als nun festgestellt wurde, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz – AufenthG -. die Abschiebungsandrohung wurde aufgehoben. Zuvor war dem Antragsteller für die Zeit des Betreibens des zweiten Asylverfahrens eine erneute Duldung von September 2009 an ausgestellt worden, welche zuletzt bis zum 31. Juli 2011 verlängert wurde. Der Aufenthalt wurde wieder auf den W kreis beschränkt und die Wohnsitznahme in einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in G zur Auflage gemacht. Es wurde allerdings der vorübergehende Aufenthalt außerhalb des W kreises und in der Stadt E zur Behandlung der Blindheit und deren Folgen gestattet. Am 14. Juni 2011 beantragte der Antragsteller die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, worauf das Landratsamt Wartburgkreis ihm zunächst eine bis zum 30. November 2011 befristete Fiktionsbescheinigung ausstellte. Seit dem 1. Juli 2011 hält der Antragsteller sich in B auf. Die Ausländerbehörde in Berlin forderte ihn am 14. Juli 2011 auf, sich bis zum 28. Juli 2011 bei der für ihn zuständigen Ausländerbehörde des Landratsamtes Wartburgkreis zu melden. Das JobCenter Berlin Mitte gewährte dem Antragsteller vom 1. Juli bis zum 30. September 2011 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – SGB II –. Der Landkreis Wartburgkreis erteilte dem Antragsteller am 15. September 2011 eine bis zum 14. März 2012 befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Diese wurde mit einer Nebenbestimmung versehen, wonach die Wohnsitznahme auf den Freistaat Thüringen beschränkt sei. Hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein, wobei er vor allem die Streichung der Wohnsitzauflage erreichen wollte. Mit Schreiben vom 9. Februar 2012 teilte das Landratsamt Wartburgkreis Ordnungsamt Ausländerbehörde dem Antragsteller mit, dass es dem Widerspruch nicht abhelfe, weil die Voraussetzungen für die Streichung oder Änderung der Wohnsitzauflage nicht erfüllt seien, sollte der Antragsteller den Widerspruch nicht zurücknehmen, würde der Widerspruch an die zuständige Widerspruchsbehörde weitergegeben werden. Über den Widerspruch ist bisher noch nicht entschieden worden. Mit Bescheid vom 20. Juni 2011 hatte der Beigeladene die mit Bescheid vom 7.Juni 2001 in Form des Änderungsbescheides vom 17. Dezember 2009 bewilligten Leistungen mit Wirkung zum 1. Juli 2011 eingestellt, weil nach Erteilung der Fiktionsbescheinigung die Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung nach dem AsylbLG entfallen seien.

Mit Schreiben vom 27. September 2011 beantragte der Antragsteller erneut die Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG für die Zeit der Anfechtung der Wohnsitzauflage in der Aufenthaltsgenehmigung. Mit Bescheid vom 3. Januar 2012 lehnte der Beigeladene die Leistungsgewährung ab. Er sei zwar nach § 10a Abs. 1 Satz 3 AsylbLG für den Antragsteller zuständig. Ein Anspruch auf Leistungen bestehe aber nur, wenn sich der Antragsteller auch im Zuständigkeitsbereich des Beigeladenen aufhalte. Er beabsichtige Leistungen erst nach der Rückkehr in den Freistaat Thüringen zu bewilligen. Hiergegen hat der Antragsteller Widerspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden worden ist. Allerdings hob der Beigeladene den Bescheid vom 3. Januar 2012 mit Bescheid vom 23. Januar 2012 auf und teilte mit, dass sich der Kläger - solange nicht über den Widerspruch gegen die Wohnsitzauflage entschieden worden sei, rechtmäßig in B aufhalte. Die asylverfahrensrechtliche Zuweisungsentscheidung sei gegenstandslos geworden, weil das Asylverfahren erledigt sei. Zuständig für die Leistungsgewährung sei das Amt, in dessen Zuständigkeitsbereich sich der Antragsteller aufhalte. Gleichzeitig hatte der Antragsteller am 5. Oktober 2011 auch die Leistungsgewährung beim Antragsgegner beantragt. Mit Bescheid vom 25. Oktober 2011 hatte der Antragsgegner die Leistungsgewährung abgelehnt, weil der Beigeladene für die Leistungsgewährung örtlich zuständig sei. Der Beigeladene habe bei Rückkehr eine Leistungsgewährung zugesagt. Hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein und trug vor, dass ihm ein Umzug in das Land Thüringen nicht zumutbar sei. Er habe sich in B hervorragend eingelebt und habe hier wichtige Kontakte geknüpft; auch würde er hier regelmäßig wegen seiner Augen behandelt. Bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens vor der Ausländerbehörde seien Leistungen vom Antragsgegner zu gewähren. Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 2012 hat der Antragsgegner den Widerspruch zurückgewiesen. Dem Antragsteller sei es zuzumuten in den Freistaat Thüringen zu reisen und dort die Leistungen entgegen zu nehmen. Der Antragsgegner sei nicht zuständig für die Leistungsgewährung. Außerdem hatte der Antragsteller bereits am 31. Oktober 2011 beim Sozialgericht Berlin einen Antrag auf Gewährung von einstweiligen Rechtsschutz gestellt mit dem er die Verpflichtung des Antragsgegners zur Leistungsgewährung begehrte – S 49 AY /11 ER -. Mit Beschluss vom 16. November 2011 hatte das Sozialgericht den Antragsgegner verpflichtet, dem Antragsteller bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache, längstens bis zum 14. März 2012 Leistungen nach dem AsylbLG zu gewähren. Mit Bescheid vom 1. Dezember 2011 gewährte der Antragsgegner dem Antragsteller vorläufig Leistungen nach dem AsylbLG für die Zeit von vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 2011. Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 20. Dezember 2011 die Entscheidung des Sozialgerichts aufhoben, soweit der Antragsgegner darin verpflichtet worden war, dem Antragsteller Leistungen nach dem AsylbLG über den 31. Dezember 2011 hinaus zu gewähren – L 15 AY .../11 B ER - Es bestehe kein Anordnungsanspruch gegen den Antragsgegner, weil dieser nicht der für die geltend gemachten Leistungen zuständige Träger sei. Im Übrigen bestehe auch kein Anordnungsgrund, weil der – hier beigeladene- Landkreis Wartburgkreis seine Leistungsbereitschaft unter der Voraussetzung, dass der Antragsteller sich dort hinbegebe, angekündigt habe. Es stehe dem Antragsteller aber frei, soweit er Leistungen unter abweichenden Bedingungen anstrebe, diese gesondert geltend zu machen. Mit seinem erneuten Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz vom 6. Februar 2012 begehrt der Antragsteller weiterhin die Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG. Solange über seinen Widerspruch gegen die Auflage der Wohnsitznahme noch nicht entschieden worden sei, halte er sich rechtmäßig im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners auf. Es sei ihm außerdem weiterhin nicht zumutbar nach Thüringen umzuziehen, weil er als Blinder in B viel mehr Möglichkeiten habe, die es in Thüringen nicht gebe. Außerdem müsse er die Augensprechstunde der C regelmäßig aufsuchen.

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Er verweist auf die Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. Dezember 2011, wonach er nicht der örtlich zuständige Träger sei. An den Tatsachen habe sich nichts geändert, mit Ausnahme davon, dass der Beigeladene sich nicht mehr für zuständig halte.

Das Gericht hat mit Beschluss vom 9. Februar 2012 das Landratsamt Wartburgkreis notwendig beigeladen.

Der Beigeladene hat erklärt, dass er für die Leistungsgewährung unzuständig sei, weil die Zuweisungsentscheidung keine Gültigkeit mehr habe. Zuständig sei der für Aufenthaltsort des Antragstellers zuständige Leistungsträger.

Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten und den Inhalt der Gerichtsakten, der Verwaltungsakten des Antragsgegners und des Beigeladenen, der Ausländerakten des Antragstellers und der Akten des SG Berlin S 49 AY /11 ER// L 15 AY /11 B ER, die dem Gericht vorlagen, Bezug genommen.

Der Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz ist zulässig, weil zwar derselbe Lebenssachverhalt Gegenstand des Verfahren ist, der auch Gegenstand des Verfahrens S 49 AY /11 ER war, sich aber die rechtliche Situation geändert hat, weil der Beigeladene nicht mehr leistungsbereit ist und einen entsprechenden Bescheid erteilt hat.

Der zulässige Antrag hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG - kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf einen Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechtes des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.

Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG).

Entscheidungserhebliche Angaben sind dabei von den Beteiligten glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -).

Zusammengefasst müssen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung regelmäßig zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Zum einen muss es im Ergebnis einer Prüfung der materiellen Rechtslage überwiegend wahrscheinlich sein, dass der Antragsteller mit seinem Begehren im hauptsächlichen Verwaltungs- oder Klageverfahren erfolgreich sein wird (Anordnungsanspruch). Zum anderen muss eine gerichtliche Entscheidung deswegen dringend geboten sein, weil es dem Antragsteller wegen drohender schwerwiegender Nachteile nicht zuzumuten ist, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten (Anordnungsgrund). Dabei hat das Gericht die Belange der Öffentlichkeit und des Antragstellers miteinander abzuwägen.

Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch gegenüber dem Beigeladenen glaubhaft gemacht. Aus Sicht des Gerichts steht mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit fest, dass der Antragsteller einen Anspruch auf Leistungen nach § 3 und 4 AsylbLG gegen den Beigeladenen hat.

Für den Antragsteller finden die Vorschriften des AsylbLG Anwendung. Nach § 1 Abs. 1 Nr.3 AsylbLG sind nach dem AsylbLG Ausländer leistungsberechtigt, die sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten und eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 Satz 1, Abs. 4a oder Abs. 5 des AufenthG besitzen. Der Antragsteller ist im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG und gehört damit dem Grunde nach zu den nach dem AsylbLG Leistungsberechtigten ...

Die Beigeladene ist örtlich für die Leistungsgewährung an den Antragsteller nach den Vorschriften des AsylbLG zuständig. Gemäß § 10 a Abs. 1 Satz 1 AsylBLG ist für die Leistungen nach diesem Gesetz örtlich zuständig die nach § 10 bestimmte Behörde, in deren Bereich der Leistungsberechtigte auf Grund der Entscheidung der vom Bundesministerium des Inneren bestimmten zentralen Verteilungsstelle verteilt oder von der im Land zuständigen Behörde zugewiesen worden ist. Dies ist vorliegend die Beigeladene. Der Antragsteller wurde mit Bescheid des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 17. Mai 2001 dem Landkreis W kreis zugewiesen. Diese Verteilentscheidung wirkt – wie auch das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg in seiner Entscheidung vom 20. Dezember 2011 festgestellt hat - trotz des bestandskräftigen Abschlusses des Asylverfahrens des Antragstellers fort. Das ergibt sich aus § 56 Abs. 3 Satz 1 des Asylverfahrensgesetzes – AsylVfG -, wonach räumliche Beschränkungen auch nach Erlöschen der asylverfahrensrechtlichen Aufenthaltsgestattung in Kraft bleiben, bis sie aufgehoben werden. Eine solche Aufhebungsentscheidung liegt nicht vor. Abweichend von § 56 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG erlöschen räumliche Beschränkungen nach Satz 2 der Vorschrift nur, wenn der Aufenthalt nach § 25 Abs. 1 Satz 3 oder § 25 Abs. 2 Satz 2 AufenthG als erlaubt gilt oder ein Aufenthaltstitel erteilt wird. Der abgelehnte Asylbewerber ist vielmehr ausreisepflichtig und hat gerade keinen neuen Aufenthaltstitel erlangt, der den während des Asylverfahrens geltenden ablöst. Beides ist auch beim Antragsteller der Fall. Er ist weiterhin vollziehbar ausreisepflichtig, es liegt lediglich ein Ausreisehindernis vor, dass die Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis ermöglicht. Da der Gesetzgeber mit der Regelung in § 56 Abs. 3 AsylVfG, die mit Wirkung zum 1. Januar 2005 in das AsylVfG eingefügt worden ist, Unsicherheiten über die Entstehung bzw. Fortgeltung asylverfahrensrechtlicher räumlicher Beschränkungen und die daraus folgende örtliche Zuständigkeit beseitigen wollte (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. Dezember 2009 – 3 S 120.08- Rdnr. 9 m. w. N – zitiert nach juris), ist davon auszugehen, dass die Zuweisungsentscheidung noch fortdauert und nicht durch den Abschluss des Asylverfahrens durch "Erlöschen" erledigt ist (s. BSG Urteil vom 9. Juni 2011 – B 8 AY 1/10 R Rdnr. 10 nach juris; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 12. Mai 2010 – L 15 AY 2/10 B ER; a.A. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 25. September 2008 – L 7 B 287/08 AS ER und vom 12. Januar 2006 – L20 B 11/05 AY ER -; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 1. August 2006 – L7 AY 3106/06 ER-B – jeweils zitiert nach juris; sowie Wahrendorf in Grube/Wahrendorf SGB XII, 3. Auf. 2010, § 10a AslylbLG Rdnr. 5, 9).

Auch die Gesetzgebungsgeschichte und die gesetzessystematische Stellung der Vorschrift sprechen für diese Auffassung, die in Rechtsprechung und Kommentierung umstritten und höchstrichterlich noch nicht abschließend entschieden ist. Insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass die Vorschrift des § 10a AsylbLG nur für Asylsuchende Anwendung finden soll. Vielmehr regelt es die Zuständigkeit für Leistungen nach diesem Gesetz. Leistungsberechtigt nach diesem Gesetz sind gemäß § 1 AsylbLG gerade nicht nur Asylsuchende, sondern auch die anderen dort aufgeführten Personengruppen. Auch der Wortlaut der Vorschrift des § 56 Abs. 3 AsylVfG spricht gegen die Auffassung, nach Abschluss des Asylverfahrens gelte die örtliche Zuweisung nicht mehr fort. Vielmehr heißt es dort ausdrücklich, dass räumliche Beschränkungen auch nach dem Erlöschen der Aufenthaltsgestattung wirksam bleiben, bis sie aufgehoben werden (s. LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 12. Mai 2010 mit ausführlicher Darstellung). Die Zuständigkeit des Beigeladenen für die Leistungserbringung besteht somit weiter fort. Bis 14. März 2012 besteht die Zuständigkeit des Beigeladenen nach § 10a Abs. 1 Satz 3 AsylbLG schon deshalb weiter fort, weil sich der Antragsteller wegen der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Auflage der Wohnsitznahme im Freistaat Thüringen, welche Bestandteil der bis zu diesem Datum erteilten Aufenthaltserlaubnis ist, rechtmäßig in allen Teilen der Bundesrepublik Deutschland aufhalten darf. Denn solange sich ein Leistungsberechtigter nach dem AsylbLG erlaubt außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs der zuständigen Behörde aufhält, bleibt die Regelung über die Zuständigkeit nach § 10a Abs. 1 Satz 1 AsylbLG fortdauernd (vgl. Wahrendorf in Grube/Wahrendorf SGB XII. 3. Aufl. 2010, § 10a Rdnr. 11). Da sich am Gesundheitszustand des Antragstellers, welcher Grund für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG gewesen ist, geht das Gericht davon aus, dass ihm auch über den 14. März 2012 hinaus eine gleiche Aufenthalterlaubnis erteilt werden wird, beziehungsweise er zumindest Anspruch auf eine solche hat. Da noch nicht über den Widerspruch entschieden worden ist, ist davon auszugehen, dass der Antragsteller, sollte die neue Aufenthaltserlaubnis wiederum eine Auflage über die Wohnsitznahme beinhalten, auch Widerspruch einlegen wird, so dass der Aufenthalt in B zunächst weiter erlaubt sein wird. Aber auch wenn nach dem 14. März 2012 eine andere Entscheidung der Ausländerbehörde getroffen werden sollte, war der Beigeladene hier im bis zum 30. April 2012 zu verpflichten, weil es dem Antragsteller nicht zuzumuten ist, sich innerhalb einer Woche nach der Entscheidung des Gerichts wieder in einem leistungslosen Zustand zu befinden, in dem er sich jetzt schon seit dem 1. Januar 2012 befindet. Der Beigeladene war deshalb im Rahmen einer Folgenabwägung auch über den 12. März 2012 hinaus zu Leistungen zu verpflichten, weil es dem Antragsteller schon aus gesundheitlichen Gründen nicht zuzumuten war, auf die Klärung der Frage der örtlichen Zuständigkeit bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu warten. Dabei hat das Gericht gewürdigt, dass es aus oben aufgeführten Gründen wahrscheinlich ist, dass die Zuständigkeit des Beigeladenen über den 12. März 2012 hinaus zumindest noch einige Wochen weiter besteht und die Leistungserbringung ohne möglicherweise zuständig zu sein, für den Beigeladenen eher zumutbar ist, als die Erwartung eines weiteren leistungslosen Zustanden für den Antragsteller. Die Beigeladene hat dem Antragsteller den nach § 3Abs. 1 und 2 AsylbLG notwendigen Bedarf zu decken.

Bezüglich der Leistungsgewährung nach § 3 AsylbLG hat der Antragsteller auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Da die Leistungen nach dem AsylbLG gegenüber denen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – SGB XII – nochmals abgesenkt sind, handelt es sich bei den streitigen Leistungen um solche Existenz sichernder Art, deren Vorenthaltung dem Antragsteller bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zugemutet werden kann. Das Eilbedürfnis für eine Entscheidung besteht auch, weil der Beigeladene keine Leistungsbereitschaft mehr erklärt hat, wobei er auch davor nur bedingt leistungsbereit war und der Antragsteller solange er in B geblieben ist, leistungslos geblieben ist,

Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren konnte – dem Charakter des Verfahrens entsprechend – nur eine Verpflichtung ab Antragstellung erfolgen. Der bezüglich des Leistungsbeginns unklare Antrag war deshalb sofern er auf einen früheren Leistungsbeginn abgezielt haben sollte, zurückzuweisen.

Dem Antragsteller war Prozesskostenhilfe zu gewähren. Er ist nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten des Verfahrens selbst aufzubringen und das Verfahren war für ihn erfolgreich.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 75 Abs. 5, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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