S 72 KR 2300/11

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
72
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 72 KR 2300/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 494/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Beweislast eines Krankenhauses betreffend das Bestehen einer Krankenversicherung von behandelten Patienten, insb. zu einer etwaigen Beweislastumkehr und den Voraussetzungen für die Annahme eines Beweises des ersten Anscheins (prima facie – Beweis
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 34.395,62 EUR nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.03.2008 zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um Krankenhausbehandlungskosten in Höhe von 34.395,62 EUR.

Die Klägerin betreibt das Bundeswehrkrankenhaus in Berlin. Am 18.02.2008 nahm dieses die 1959 geborene Frau E. B. (nachfolgend "Patientin") über die Ambulanz als Notfall auf. In der vorliegenden Unabweisbarkeitsbescheinigung ist als Adresse der Patientin die B str. in Berlin angegeben. Die Patientin wurde bis zu ihrem Tod am 02.03.2008 im Krankenhaus versorgt. Sie bezog bis einschließlich November 2007 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) und war aufgrund dessen Pflichtmitglied der Beklagten. Sie hatte nach Ablauf des Bewilligungszeitraums Ende November 2007 keinen Weiterbewilligungsantrag gestellt. Wovon sie ihren Lebensunterhalt ab Dezember 2007 bestritt, ist nicht bekannt.

Im März 2008 übermittelte die Klägerin der Beklagten einen Antrag auf Übernahme der Kosten der stationären Behandlung, den die Beklagte ablehnte. Daraufhin wandte sich die Klägerin im April 2008 an das Bezirksamt Mitte von Berlin. Dieses lehnte die Kostenübernahme unter Hinweis auf den Nachrangigkeitsgrundsatz des § 2 SGB XII und die gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) bestehende sog. Auffangversicherung ebenfalls ab.

Nach Durchführung weiterer Recherchen, u.a. beim Jobcenter Berlin Mitte, das mit Schreiben vom 27.05.2009 an die Klägerin mitteilte, dass die Patientin nur bis 30.11.2007 Leistungen bezogen habe und nicht bekannt sei, ob sie danach verzogen sei oder anderweitig Leistungen bezogen habe, wandte sich die Klägerin im Mai 2010 erneut an die Beklagte, die die Kostenübernahme weiterhin ablehnte.

Mit ihrer am 30.11.2011 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Sie macht geltend, die Patientin sei während des Behandlungszeitraums gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 a SGB V Pflichtmitglied der Beklagten gewesen. Die Versicherungspflicht setze keinen Antrag voraus, sie entstehe kraft Gesetzes. Die Patientin sei unstreitig bis zum 30.11.2007 Mitglied der Beklagten gewesen. Für den anschließenden Zeitraum gebe es keine Anhaltspunkte für eine anderweitige Absicherung. Weder habe die Patientin im Behandlungszeitpunkt Leistungen nach dem SGB II bezogen, noch sei sie inhaftiert gewesen. Sie habe auch keinen Anspruch auf Nothilfe gem. § 25 SGB XII gehabt, da sie weder im Rentenalter noch dauerhaft voll erwerbsgemindert gewesen sei.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihr 34.395,62 EUR nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.03.2008 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie vertritt die Ansicht, die Patientin habe im Behandlungszeitraum nicht in einem Pflichtversicherungsverhältnis mit ihr gestanden. Die Klägerin habe nichts dazu vorgetragen, dass die Patientin im Zeitraum 30.11.2007 bis 02.03.2008 krankenversichert gewesen sei. Sie habe auch nicht vorgetragen, ob ein anderer Leistungsträger vorrangig leistungspflichtig sei. Es sei auch nicht ersichtlich, aus welchen Gründen das Sozialamt die Kosten nicht übernommen habe. Hierzu verweist die Beklagte darauf, dass Leistungen der Sozialhilfe gem. § 5 Abs. 8a S. 2 SGB V vorrangig gegenüber Leistungen aus der Auffangpflichtversicherung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V seien und bezieht sich auf das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen vom 18.05.2011 (L 12 SO 60/09).

Mit Schriftsatz vom 29.01.2014 teilte die Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg mit, dass sich aus dem Versicherungskonto keine Hinweise auf die Krankenversicherung der Patientin ab Dezember 2007 ergeben würden. Der damalige behandelnde Arzt der Patientin, Herr Dr. F. F. B, äußerte sich in seinem Schriftsatz vom 23.06.2014 dahin, dass die Patientin von Dezember 2007 bis 17.02.2008 in seiner ambulanten Behandlung gestanden habe und die Abrechnung der erbrachten ärztlichen Leistungen über eine vorgelegte Krankenversichertenkarte der Beklagten erfolgt sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hiermit ihr Einverständnis erklärt haben.

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klage ist als Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, weil es sich um einen Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis handelt, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen und die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten (vgl. BSG, Urteil vom 17.05.2000, Az.: B 3 KR 33/99 R; BSG, Urteil vom 10.04.2008, Az.: B 3 KR 19/05 R; BSG, Urteil vom 20.11.2008, Az.: B 3 KN 4/08 KR R).

Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 34.395,62 EUR.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Vergütungsanspruch, dessen Höhe rechnerisch nicht angegriffen wird, ist § 109 Abs. 4 SGB V in Verbindung mit § 7 Satz 1 Nr. 2 Krankhausentgeltgesetz (KHEntgG) sowie dem zwischen den Beteiligten geltenden Krankenhausbehandlungsvertrag nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V.

Danach entsteht der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung und damit korrespondierend die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (stRspr. des BSG, vgl. zuletzt Urteil vom 14.10.2014, B 1 KR 26/13 R, Rn. 8 bei juris m.w.N.). Der Behandlungspflicht zugelassener Krankenhäuser im Sinne von § 109 Abs. 4 SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigung in §§ 16, 17 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) in der Pflegesatzvereinbarung zwischen Krankenkasse und Krankenhausträger festgelegt wird (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2009, Az.: B 3 KR 12/08 R).

Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiert dabei in aller Regel mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Demgemäß müssen beim Versicherten bei der Aufnahme in das Krankenhaus grundsätzlich die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sowie Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vorliegen. Eine Krankenkasse ist nach § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm der jeweiligen Pflegesatzvereinbarung verpflichtet, die vereinbarten Entgelte zu zahlen, wenn eine Versorgung im Krankenhaus durchgeführt und iS von § 39 SGB V erforderlich (gewesen) ist (vgl. BSG, Urteil vom 10.04.2008, B 3 KR 19/05 R, Rn. 13 bei juris).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze besteht eine Zahlungspflicht der Beklagten. Streitig sind insoweit allein die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, namentlich, ob im Behandlungszeitraum eine Mitgliedschaft der Patientin bei der Beklagten bestand. Die Kammer ist unter Würdigung sämtlicher vorliegender Ermittlungsergebnisse und des festgestellten Sachverhalts zu der Überzeugung gelangt, dass sich die unstreitig bis 30.11.2007 bestehende Mitgliedschaft der Patientin unmittelbar im Anschluss an den Bezug von Leistungen nach dem SGB II bei der Beklagten gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 lit. a SGB V in der in 2008 geltenden Fassung fortsetzte.

Nach dieser Vorschrift besteht Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung für Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und zuletzt gesetzlich krankenversichert waren. Diese Vorschrift ist im Zusammenhang mit der Konkurrenzregelung des § 5 Abs. 8a SGB V zu lesen. Diese schließt eine Versicherungspflicht gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V aus, wenn die betreffende Person nach Absatz 1 Nr. 1 bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 versichert ist. Gleiches gilt für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches und für Empfänger laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Die Patientin hatte im Februar 2008 keinen Anspruch auf anderweitige Absicherung im Krankheitsfall (dazu unter Ziff. 1). Sie war auch "zuletzt" gesetzlich krankenversichert i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 13 lit. a) SGB V (dazu unter Ziff. 2).

1. Die Kammer ist davon überzeugt, dass die Patientin im streitgegenständlichen Zeitraum keinen anderweitigen Anspruch auf Krankenversicherungsleistungen hatte.

a) Die Patientin hatte insbesondere keinen Anspruch auf Leistungen zur Hilfe bei Krankheit gem. § 48 SGB XII oder auch nur auf Grundsicherungsleistungen allgemein gem. § 41 Abs. 1 SGB XII.

Anspruchsberechtigt sind nach dieser Vorschrift ältere und dauerhaft voll erwerbsgeminderte Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach den §§ 82 bis 84 und 90 bestreiten können; dies aber nur dann, wenn sie Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung beantragen. Folglich ist Voraussetzung für einen Anspruch ein entsprechender Antrag (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.05.2011 (L 12 SO 60/09), Rn. 81 bei juris m.w.N.). Es ist nicht ersichtlich und wird von der Beklagten auch nicht behauptet, dass die Patientin einen solchen Antrag gestellt hätte.

Das LSG Nordrhein-Westfalen hat in dem von der Beklagten in Bezug genommen Urteil festgestellt, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der Versicherungspflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V durch § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V abstrakt vom Bestehen eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall ausgeht, wenn Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII empfangen (d.h. beansprucht) werden können. Die Patientin empfing jedoch im Zeitpunkt der stationären Behandlung keine Leistungen nach dem SGB XII, d.h. weder hat sie solche Leistungen tatsächlich erhalten, noch konnte sie – mangels konstitutiven Leistungsantrags – Leistungen nach dem SGB XII beanspruchen.

Folglich hat die Klägerin auch keinen Anspruch gegen den Sozialhilfeträger gem. § 25 SGB XII, da die Patientin nicht leistungsberechtigt war.

b) Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Patientin aus sonstigem Grunde anderweitig gegen das Risiko der Krankheit abgesichert gewesen wäre.

Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Regelungssystematik und des Sinn und Zwecks der Auffangpflichtversicherung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V erscheint fraglich, ob die Klägerin insoweit beweisbelastet ist, d.h. ob sie positiv nachzuweisen hat, dass die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V vorlagen und auch kein Ausschlusstatbestand eingriff (für eine derartige Beweislast vgl. SG Köln, Urteil vom 30.10.2012, Rn. 18 ff. bei juris), oder ob nicht vielmehr umgekehrt vom Eingreifen des Auffangtatbestands auszugehen ist, so lange eine anderweitige Absicherung nicht nachweislich besteht. Für Letzteres spricht die Regelung des § 5 Abs. 8a SGB V, wonach nach Absatz 1 Nr. 13 nur dann keine Versicherungspflicht besteht, wenn eine Absicherung nach Absatz 1 Nr. 1 bis 12 oder nach § 10 SGB V besteht oder wenn Leistungen nach dem SGB XII oder dem Asylbewerberleistungsgesetz bezogen werden. Diese Auslegung würde auch dem Sinn und Zweck des Auffangtatbestands des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V gerecht. Denn wäre eine Patientin zur Erbringung des Nachweises darüber verpflichtet, dass sie nicht anderweitig abgesichert ist und würde die Auffangversicherung bei fehlendem Nachweis nicht eingreifen, bestünde weiter die Gefahr der Nichtversicherung. Dafür, dass die betroffene Person nicht nachweisbelastet ist, spricht auch die Formulierung in dem Rundschreiben der Spitzenverbände der Gesetzlichen Krankenkassen vom 20.03.2007 zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung der bisher Nichtversicherten nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V zum 1. April 2007. Dort wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Prüfung der Voraussetzungen zum Vorliegen von Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V und § 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 12 SGB XI der zuständigen Krankenkasse obliegt und diese für die Feststellung, ob zuletzt eine gesetzliche oder eine private Krankenversicherung oder keine von diesen Absicherungen im Krankheitsfall bestanden hat, alle ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten auszuschöpfen hat (S. 13, 22). Kann die Krankenkasse danach eine anderweitige Absicherung nicht feststellen, dürfte sie gehalten sein, die Pflichtversicherung durchzuführen. Wenn aber die versicherte Person selbst nicht nachweisverpflichtet ist, spricht viel dafür, dass sich auch ein Krankenhaus bei der Abrechnung auf die Auffangversicherung berufen kann, wenn eine anderweitige Absicherung gegen das Risiko der Krankheit nicht festzustellen ist.

Letztlich kann hier jedoch dahin stehen, ob diese Überlegungen in Fällen der vorliegenden Art zu einer Beweislastumkehr führen. Denn jedenfalls ist in dem hier zu beurteilenden konkreten Einzelfall in Anwendung der Grundsätze zum Beweis des ersten Anscheins (sog. prima facie - Beweis) anzunehmen, dass die Patientin nach Ablauf der Pflichtversicherung am 30.11.2007 keine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall begründet hat.

Diese Beweisregel gilt auch im sozialgerichtlichen Verfahren. Sie besagt, dass bei typischen Geschehensabläufen auf eine Tatsache geschlossen werden kann, die nach der allgemeinen Lebenserfahrung regelmäßig Folge eines solchen Geschehensablaufs ist. Dabei wird der (Voll-)Beweis einer Tatsache vermutet, so lange nicht Tatsachen erwiesen sind, die den vermuteten typischen Geschehensablauf in Zweifel ziehen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24.04.2012, Az.: L 18 KN 82/10, m.w.N.). Angesichts des sehr kurzen Zeitraums von nicht einmal drei Monaten zwischen dem Ende der durch den Bezug von Leistungen nach dem SGB II bestehenden Pflichtversicherung der Patientin und der Aufnahme ins Krankenhaus sowie unter Würdigung der weiter vorliegenden konkreten Umstände – ernsthafte Erkrankung der Patientin, die zeitnah zum Tode führte – erscheint die Begründung einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall fernab jeder Lebensrealität. Gegen eine anderweitige Absicherung spricht maßgeblich die Mitteilung des behandelnden Arztes Herrn B., wonach die Patientin im Zeitraum 01.12.2007 bis 17.02.2008 in seiner ambulanten Behandlung war und die Behandlung ausschließlich über die von der Beklagten ausgehändigte Krankenversicherungskarte abgerechnet wurde. Angesichts dessen drängt sich die Vermutung, dass bei Beendigung des Versicherungstatbestandes Ende November 2007 bis Mitte Februar 2008 keine anderweitige Absicherung im Krankheitsfalle bestanden hat, geradezu auf. Es liegen insbesondere auch keine Anhaltspunkte für einen etwa erfolgten Umzug vor. Im Gegenteil ergibt sich aus der vorliegenden Unabweisbarkeitsbescheinigung, dass die Patientin auch nach Ablauf der SGB II – Leistungen weiter im Zuständigkeitsbereich des Jobcenters Berlin Mitte wohnhaft war.

Konkrete Anhaltspunkte für eine etwaige anderweitige Absicherung, die den Beweis des ersten Anscheins widerlegen könnten, sind nicht ersichtlich und werden von der Beklagten auch nicht geltend gemacht.

2. Aufgrund der genannten Umstände ist weiter auch davon auszugehen, dass die Patientin bei der stationären Aufnahme "zuletzt" gesetzlich krankenversichert war. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist für das Eingreifen der Auffangpflichtversicherung nicht erforderlich, dass dieser eine Absicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung unmittelbar voranging (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 20.03.2013, B 12 KR 8/10 R, Rn. 17 bei juris). Die gesetzliche Pflichtversicherung der Patientin endete erst kurz vor der Krankenhausaufnahme. Auch insoweit greifen die Grundsätze des Beweises des ersten Anscheins. Anhaltspunkte dafür, dass in der Zeit zwischen dem 01.12.2007 und dem 17.02.2008 eine anderweitige, insbesondere eine private Krankenversicherung, zustande gekommen sein könnte, sind nicht ersichtlich und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls auch fernliegend.

3. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 12 Abs. 5 Berliner Vertrages über Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung gemäß § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V vom 1. November 1994 (Krankenhausvertrag).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Rechtskraft
Aus
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