Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
211
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 211 KR 4186/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 117/16 B ER
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Es ist nicht offensichtlich rechtswidrig, das Modell eines eigenständigen Ausgleichsmechanismus für Versicherungsprämien in § 134a Abs. 1b SGB V („Sicherstellungszuschlag“) auf sämtliche in der Geburtshilfe tätige Hebammen zu übertragen. Die rechtlichen Bedenken gegen die Festsetzung von Qualitätsanforderungen, mit denen Hebammenleistungen im Rahmen einer Hausgeburt ausgeschlossen werden, müssen im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zurückstehen, weil durch die vorläufige Aussetzung der diese Qualitätsanforderungen regelnden Vertragsbestandteile der für Hebammen mit wenigen Geburten existenzsichernde Zuschlag nach § 134a Abs. 1b SGB V entfiele.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 11. Dezember 2015 gegen die Beschlüsse der Schiedsstelle beim GKV-Spitzenverband vom 25. September 2015 wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Rechtsstreits, mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen. Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit von Beschlüssen vom 25. September 2015, mit denen die Schiedsstelle beim GKV-Spitzenverband nach § 134a Abs. 4 SGB V (Antragsgegnerin) bestimmte streitige Teile des Vertrages zwischen dem Antragsteller und den Beigeladenen nach § 134a Abs. 1 SGB V über die Versorgung mit Hebammenhilfe mit Wirkung ab dem 25. September 2015 festgesetzt hat.
Die schriftlich mit Begründung abgefassten Beschlüsse vom 25. September 2015 (zunächst irrtümlich datiert auf den 24. September 2015) wurden dem Antragsteller mit einem ihm am 12. November 2015 zugegangenen Schreiben des Vorsitzenden der Antragsgegnerin bekannt gegeben. Am 11. Dezember 2015 erhob der Antragsteller vor dem Sozialgericht Berlin Klage gegen die Beschlüsse (S 211 KR 4186/15). Zudem beantragte der Antragsteller beim Sozialgericht Berlin am 21. Dezember 2015 Eilrechtsschutz gegen die Beschlüsse.
Der Antragsteller meint insbesondere, die Antragsgegnerin sei nicht ermächtigt gewesen, Kriterien festzusetzen, die die Versorgung mit Hebammenhilfe bei einer Hausgeburt ausschließen. Der Nutzen der Kriterien sei wissenschaftlich nicht belegt. Zudem verstoße der festgesetzte Vergütungsmechanismus gegen § 134a Abs. 1 SGB V. Die Beschlüsse der Antragsgegnerin seien außerdem formell rechtswidrig.
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 11. Dezember 2015 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Ihrer Auffassung nach liegt bereits deshalb kein überwiegendes Aussetzungsinteresse vor, weil der Vollzug des von ihr festgesetzten Vertrages Bedingung für eine Vergütungserhöhung von 5 Prozent sei. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung und die damit verbundene Aussetzung ihrer Beschlüsse führten daher zu erheblichen Einnahmeeinbußen bei den betroffenen Hebammen.
Der Beigeladene zu 1) beantragt ebenfalls,
den Antrag abzulehnen.
Er hält die Beschlüsse der Antragsgegnerin für rechtmäßig. Der Beigeladene zu 2) hat keinen Antrag gestellt. Er hält die Festsetzung der Ausschlusskritieren für rechtswidrig, weil diese nicht wissenschaftlich fundiert seien. Das neue Vergütungssystem hält er dagegen für sachgerecht.
II.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat keinen Erfolg.
1) a) Der Antrag ist zulässig, soweit er sich gegen die Beschlüsse der Schiedsstelle vom 25. September 2015 richtet, mit denen die Antragsgegnerin § 10 mit Anlage 3 (Qualitätsanforderungen), Anlage 1.4 (Ausgleich der Haftpflichtkostensteigerung) und § 15 Abs. 1 (Regressverfahren) des Vertrages nach § 134a SGB V festgesetzt hat.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Die Vorschrift erfasst den einstweiligen Rechtsschutz bei einer Anfechtungsklage gegen Verwaltungsakte. Die Beschlüsse der Antragsgegnerin vom 25. September 2015 haben den Charakter eines vertragsgestaltenden Verwaltungsaktes (vgl. Luthe, in: Hauck/Noftz, SGB V, Lfg. 4/15, § 134a Rn. 58; BSG, Urteil vom 13. Mai 2015 – B 6 KA 20/14 R – juris, Rn. 21 m.w.N.).
Das Sozialgericht Berlin ist Gericht der Hauptsache. Streitig ist ein Schiedsspruch nach § 134a Abs. 3 Satz 1 SGB V. Ein Fall des § 29 Abs. 4 SGG liegt nicht vor.
Die Klage vom 11. Dezember 2015 hat gemäß § 134a Abs. 4 Satz 6 i.V.m. § 129 Abs. 9 Satz 7 SGB V keine aufschiebende Wirkung.
Der Antragsteller kann sein Rechtsschutzziel nicht durch Erhebung eines Widerspruchs mit aufschiebender Wirkung erreichen. Ein Widerspruch ist nicht statthaft. Dies ergibt sich aus der Eigenart der Tätigkeit der Schiedsstelle, die an die Stelle der Vertragsparteien tritt. Der Zweck des Vorverfahrens, im Interesse des Rechtsschutzes des betroffenen Bürgers eine Selbstkontrolle der Verwaltung zu ermöglichen, wird bei der Überprüfung einer Festsetzung durch diejenigen, die dieses Ergebnis in einer bestimmten Verhandlungssituation erzielt haben, nicht erreicht. In der besonderen Situation der Vertragsgestaltung durch eine Schiedseinrichtung kann eine Überprüfung nur im gerichtlichen Verfahren erfolgen (vgl. BSG, Urteil vom 13. Mai 2015 – B 6 KA 20/14 R – juris, Rn. 24; Armbruster, in: Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2. Auflage 2016, § 129 Rn. 108 m.w.N.).
b) Der Antrag ist unzulässig, soweit er sich gegen Vertragsbestandteile richtet, die nicht Gegenstand der Beschlüsse vom 25. September 2015 sind. Der Antragsteller meint, dass die Antragsgegnerin, indem sie mit Schreiben vom 24. November 2015 den gesamten "Vertrag nach § 134a SGB V in der Fassung des Schiedsspruchs 2015" übersandte, "bisher nur konsentierten Teilen verbindlich zur Geltung verholfen" habe und in diese Vertragsbestandteile zudem teilweise eigenmächtig nicht konsentierte Formulierungen ("Versichertenbestätigung C") und das Datum des Inkrafttretens des Vertrages mit Regelungswirkung eingefügt habe. Dem schließt sich die Kammer nicht an. Mit den Beschlüssen vom 25. September 2015 hat die Antragsgegnerin lediglich die streitigen Vertragsbestandteile festgesetzt, nämlich § 10 mit Anlage 3 (Qualitätsanforderungen), Anlage 1.4 (Ausgleich der Haftpflichtkostensteigerung) und § 15 Abs. 1 (Regressverfahren) des Vertrages. Zwar stellt die Antragsgegnerin in der Begründung zu den Beschlüssen vom 25. September 2015 unter B.II. ausführlich dar, dass sie zur Festsetzung auch der konsentierten Vertragsbestandteile befugt sei. Aus dem Tenor ergibt sich eine solche regelnde Festsetzung des gesamten Vertrages jedoch nicht. Die nachträgliche Übersendung des Gesamtvertrags mit Schreiben vom 24. November 2015 hatte daher nur informatorischen Charakter.
Dies gilt auch insoweit, als dieser Vertrag in § 16 Abs. 1 den 25. September 2015 als Datum des Inkrafttretens ausweist. Denn dieses Datum ergibt sich unmittelbar kraft Gesetzes aus § 134a Abs. 3 Satz 2 SGB V, wonach der bisherige Vertrag "bis zur Entscheidung" durch die Schiedsstelle – hier am 25. September 2015 – vorläufig weiter gilt. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz macht lediglich § 134a Abs. 1b Satz 1 SGB V, der einen materiellen Anspruch auf einen Sicherstellungszuschlag ab dem 1. Juli 2015 regelt. Die Antragsgegnerin konnte davon abweichende eigene Entscheidungen nicht treffen, sondern lediglich deklaratorisch gesetzlich vorbestimmte Datumsangaben einfügen.
Soweit in dem "Vertrag nach § 134a SGB V in der Fassung des Schiedsspruchs 2015" neben den mit den Beschlüssen vom 25. September 2015 festgesetzten Teilen tatsächlich (irrtümlich) Formulierungen enthalten sein sollten, über die kein Konsens besteht, haben diese Formulierungen keine Bindungswirkung und können daher im vorliegenden Verfahren nicht angegriffen werden. Die Bindungswirkung muss erst noch in weiteren Verhandlungen oder einem weiteren Schiedsverfahren herbeigeführt werden.
2) Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 11. Dezember 2015 ist nicht begründet.
a) Im Rahmen der Begründetheitsprüfung ist – bezogen auf den insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts – eine Interessenabwägung vorzunehmen, bei der unter Beachtung der vom Gesetzgeber getroffenen Entscheidung, den Eintritt der aufschiebenden Wirkung abweichend von dem in § 86a Abs. 1 SGG geregelten Grundsatz nach § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG in Verbindung mit § 129 Abs. 9 Satz 7 SGB V gerade auszuschließen, die jeweiligen Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen sind. Ergibt diese Abwägung, dass das private Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs das öffentliche Interesse der Antragsgegnerin an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheides überwiegt, ist die aufschiebende Wirkung anzuordnen. Dies wiederum ist in der Regel dann der Fall, wenn sich der angegriffene Bescheid als offensichtlich rechtswidrig erweist und dies mit einer subjektiven Rechtsverletzung des Belasteten einhergeht, weil an der sofortigen Vollziehung eines mit der Rechtsordnung nicht im Einklang stehenden Bescheides kein öffentliches Interesse besteht. Umgekehrt überwiegt das öffentliche Interesse der Antragsgegnerin an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheides das private Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs grundsätzlich dann, wenn gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheides offensichtlich keine Bedenken bestehen. In diesem Fall ist die aufschiebende Wirkung in der Regel nicht anzuordnen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg – L 9 B 192/08 KR ER – juris Rn. 36 f.).
Die Rechtmäßigkeitsprüfung hat dabei im vorliegenden Fall zu berücksichtigten, dass die gerichtliche Kontrolle mit Rücksicht auf die auf besonderer Sachkunde beruhenden, zudem paritätisch zustande gekommenen Entscheidung der Schiedsstelle eingeschränkt ist (vgl. Luthe, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 134a, Erg.-Lfg. 4/15, Rn. 68). Der Gesetzgeber bezweckt mit der Einrichtung einer Schiedsstelle, dass deren Beschlüsse regelmäßig bindend sind. Der Schiedsstelle kommt daher bei der Festsetzung des Vertrages nach § 134a Abs. 1 SGB V ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Ihre Vertragsgestaltungsfreiheit, die der aufsichtsrechtlichen und gerichtlichen Nachprüfung Grenzen setzt, ist nicht geringer als diejenige der Vertragspartner bei einer im Wege freier Verhandlungen erzielten Vereinbarung. Die gerichtliche Kontrolle der Festsetzung durch die Schiedsstelle ist dementsprechend auf die Prüfung beschränkt, ob der Entscheidung zutreffend ermittelte Tatsachen zugrunde gelegt worden sind und ob die Schiedsstelle die Grenzen des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums eingehalten hat (so zum Schiedsamt BSG, Urteil vom 10. Mai 2000 – B 6 KA 20/99 R – juris Rn. 37; zur Übertragbarkeit auf Schiedsstellen LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. Mai 2010 – L 1 KR 51/10 B ER – juris Rn. 8; BSG, Urteil vom 14. Dezember 2000 – B 3 P 19/00 R – juris Rn. 22; Luthe, in Hauck/Noftz, SGB V, Lfg. 4/15, § 134a, Rn. 69: Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle auf "grobe Fehler"). Auch das Verfahren der Schiedsstelle ist davon geprägt, dass dieser ein Gestaltungsspielraum eingeräumt ist und dass ihr Verfahren auf einen Interessenausgleich angelegt ist (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. Mai 2010 – L 1 KR 51/10 B ER – juris Rn. 8).
Lässt sich die Frage nach der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides nach diesen Maßstäben nicht hinreichend sicher beantworten, kommt es unter Berücksichtigung der oben dargestellten Grundentscheidung des Gesetzgebers für die Begründetheit des Antrages entscheidend auf die sonstigen Interessen der Beteiligten an. Grundsätzlich hat hierbei zu gelten, dass die an das private Interesse des Antragsteller an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu stellenden Anforderungen im Sinne einer dynamischen Betrachtung umso höher sein müssen, je geringer die Erfolgsaussichten des von ihm in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs zu bewerten sind. Nicht außer Betracht gelassen werden dürfen in diesem Zusammenhang die wechselseitig eintretenden Folgen, die jeweils entstünden, wenn sich die durch das Gericht getroffene Eilentscheidung im Hauptsacheverfahren als unzutreffend erweisen sollte (vgl. LSG Berlin-Brandenburg – L 9 B 192/08 KR ER – juris, Rn. 36 f.).
b) Nach diesen Maßstäben überwiegt im vorliegenden Fall das öffentliche Interesse an der Vollziehung der Beschlüsse der Antragsgegnerin vom 25. September 2015.
aa) Die Beschlüsse der Antragsgegnerin vom 25. September 2015 wurden dem Antragsteller ordnungsgemäß mit Zugang des Schreibens vom 11. November 2015 am 12. November 2015 bekanntgegeben (§ 37 Abs. 1 SGB X) und wurden damit wirksam (§ 39 Abs. 1 SGB X). Die Übersendung des "Vertrages nach § 134a SGB V in der Fassung des Schiedsspruchs 2015" mit Schreiben vom 24. November 2015 schafft entgegen der Darstellung des Antragstellers keine Unklarheit hinsichtlich der Bekanntgabe. Einer Bekanntgabe dieses Vertrages bedurfte es nicht, weil darin keine über die Beschlüsse vom 25. September 2015 hinausgehenden Regelungen mit Verwaltungsaktqualität enthalten sind (siehe oben).
bb) Die Beschlüsse der Antragsgegnerin vom 25. September 2015 sind nicht offensichtlich formell rechtswidrig.
Eine Gehörsverletzung liegt nicht vor. Da das Datum des Inkrafttretens des Vertrages nach § 134a Abs. 1 SGB V unmittelbar aus Gesetz folgt und daher nicht eigenmächtig nachträglich mit Regelungswirkung von der Antragsgegnerin bestimmt werden konnte, scheidet eine Gehörsverletzung insoweit aus. Eine Gehörsverletzung liegt auch nicht darin, dass die Antragsgegnerin ihre Beschlüsse vom 25. September 2015 teilweise auf die S 1 Leitlinie "Vorgehen bei Terminüberschreitung und Übertragung" und zwei darin zitierte Fachaufsätze gestützt hat, obwohl diese Unterlagen nach den Angaben des Antragstellers nicht Gegenstand des Schiedsstellenverfahrens waren. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs liegt erst vor, wenn eine Entscheidung auf Gesichtspunkte abstellt, die einem gewissenhaften und kundigen Verfahrensbeteiligten nicht bekannt oder für ihn nicht erkennbar waren (vgl. zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren BVerwG, Beschluss vom 20. Februar 2014 – 8 B 64/13 – juris Rn. 26 m.w.N.). Davon wird man beim Antragsteller, dem mit über 19.000 Mitgliedern größten H.verband, nicht ausgehen können. Die S 1 Leitlinie "Vorgehen bei Terminüberschreitung und Übertragung" betrifft den Kern der Tätigkeit der Mitglieder des Antragstellers und ist allgemein zugänglich.
Mit seinem Einwand, der Vorsitzende der Antragsgegnerin sei befangen gewesen, dringt der Antragsteller ebenfalls nicht durch. Darüber hätten die Mitglieder der Antragsgegnerin aufgrund eines entsprechenden Antrages, der einen Grund zur Besorgnis der Befangenheit mitteilt, entscheiden müssen (vgl. §§ 17 Abs. 1, Abs. 2 i.V.m. 16 Abs. 4 SGB X; zur Anwendbarkeit dieser Vorschriften auf Schiedsstellenverfahren BSG, Urteil vom 7. Oktober 2015 – B 8 SO 1/14 R – juris Rn. 14). Ein solcher Antrag wurde ausweislich des Protokolls vom 25. September 2015 nicht gestellt. Danach hat der Vertreter des Antragstellers lediglich festgestellt, dass der Vorsitzende nicht unparteilich sei und sich anschließend nach einer Sitzungspause weiter in der Sache eingelassen. Auf den Einwand der Befangenheit kann sich der Antragsteller daher nicht mehr berufen (Rechtsgedanke des § 43 ZPO). In welcher Weise der Vorsitzende "vorbefasst" gewesen ist und weshalb dies Anlass zu Zweifeln an seiner Unparteilichkeit gibt, hat der Antragsteller im Übrigen nicht mitgeteilt.
Die Beschlüsse vom 25. September 2015 sind nicht wegen Mängeln bei der Abstimmung (§§ 134a Abs. 4 Satz 6, 129 Abs. 9 Satz 5 SGB V) fehlerhaft. Soweit der Antragsteller geltend macht, dass über § 10 des Vertrages nicht abgestimmt worden sei, trifft dies – aus den vom Beigeladenen zu 1) auf Seite 11 seines Schriftsatzes vom 5. Februar 2016 mitgeteilten Gründen – nicht zu. Eine Abstimmung über das Datum des Inkrafttretens des Vertrags erübrigte sich, weil dieses Datum aus Gesetz folgt (siehe oben).
Ebensowenig bedurfte es einer Abstimmung über den Gesamtvertrag, da dieser nicht festgesetzt wurde (siehe oben).
Ein Begründungsmangel liegt ebenfalls nicht offensichtlich vor. Die Antragsgegnerin hat ihre Beschlüsse vom 25. September zwar eher knapp begründet, die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe für ihre Entscheidung (§ 35 Abs. 1 SGB X) jedoch mitgeteilt.
cc) Ebenso wenig ist nach Auffassung der Kammer zu beanstanden, dass sich die Antragsgegnerin in ihren Beschlüssen vom 25. September 2015 darauf beschränkt hat, nur die streitigen Vertragsbestandteile festzusetzen. Dies entspricht dem Zweck des § 134a Abs. 1 SGB V, Regelungen über die Versorgung mit Hebammenhilfe möglichst weitgehend den Vertragspartnern zu überlassen.
dd) Das in den Anlagen 1.3 und 1.4 des Vertrages vom 25. September 2015 festgesetzte Vergütungssystem erscheint ebenfalls nicht offensichtlich rechtswidrig.
Allerdings ist dem Antragsteller beizupflichten, dass dieses Vergütungssystem nicht dem in § 134a Abs. 1 und Abs. 1b SGB V vorgezeichneten Konzept entspricht. Nach § 134a Abs. 1b SGB V erhalten Hebammen einen Sicherstellungszuschlag, wenn ihre wirtschaftlichen Interessen wegen zu geringer Geburtenraten bei der Vereinbarung über die Höhe der Vergütung nach Abs. 1 nicht ausreichend berücksichtigt sind. Der Gesetzgeber unterscheidet hier zwischen Hebammen, deren wirtschaftliche Interessen bereits ausreichend über die Vergütungsvereinbarungen nach Abs. 1 berücksichtigt wurden und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist. Letztere sollen nach Abs. 1b einen Sicherstellungszuschlag erhalten. Der Gesetzgeber unterstellt damit grundsätzlich ein System, in dem Hebammen Kostensteigerungen durch gestiegene Haftpflichtprämien ab einer bestimmten Anzahl von Geburten "wett machen" können. Dies ist nur in einem System denkbar, in dem diese Kostensteigerungen – wie bis zur Festsetzung des Vertrages nach § 134a SGB V – pauschal über die Vergütung von Hebammenleistungen abgebildet werden. Die Anlagen 1.3 und 1.4 des Vertrages vom 25. September 2015 regeln ein von diesem gesetzlichen Leitbild abweichendes System, in dem die Kosten der Haftpflichtversicherung getrennt von der Vergütung für Hebammenleistungen betrachtet und im Wege eines für alle Hebammen gleichermaßen geltenden eigenständigen Haftpflichtkostenausgleichs teilweise erstattet werden.
Nach Auffassung der Kammer hat die Antragsgegnerin ihren Gestaltungsspielraum damit jedoch nicht offensichtlich überschritten. Wie die wirtschaftlichen Interessen der freiberuflich tätigen Hebammen (§ 134a Abs. 1 Satz 2 SGB V) und insbesondere Kostensteigerungen (Satz 3) von den Vertragspartnern in den Verträgen nach § 134a Abs. 1 Satz 1 SGB V zu berücksichtigen sind, lässt § 134a Abs. 1 SGB V offen. Insofern erscheint die Lösung der Antragsgegnerin vertretbar, das Modell eines eigenständigen Ausgleichsmechanismus für Versicherungsprämien in Abs. 1b ("Sicherstellungszuschlag") auf sämtliche in der Geburtshilfe tätigen Hebammen zu übertragen. § 134a Abs. 1 SGB V schließt ein solches zweikomponentiges System – Vergütung von Leistungen einerseits und Haftpflichtkostenausgleich andererseits – nicht aus und gibt insbesondere nicht vor, dass Haftpflichtversicherungskosten im Rahmen der Abrechnungspositionen berücksichtigt werden müssen. Ebenso wenig gibt § 134a Abs. 1 SGB V vor, dass für in der Geburtshilfe tätige Hebammen und solche Hebammen, die nicht in der Geburtshilfe tätig sind, dasselbe Vergütungssystem gelten muss. Eine Differenzierung zwischen diesen Hebammen liegt bereits deshalb nahe, weil die hohen Haftpflichtprämien vor allem erstere betreffen.
Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass durch dieses System die wirtschaftlichen Interessen der freiberuflichen Hebammen und insbesondere die Kostensteigerungen nicht ausreichend berücksichtigt werden, liegen nicht vor. Vielmehr wird damit ein Ausgleich für Haftpflichtversicherungskosten präziser als bisher nur insoweit geschaffen, als diese bei Hebammen tatsächlich anfallen. Die Überkompensation solcher Kosten bei Hebammen mit vielen Geburten wird vermieden und dem Grundsatz der Beitragsstabilität Rechnung getragen. Dies entspricht auch der Rechtsauffassung des Beigeladenen zu 2), der den Vergütungsmechanismus für sachgerecht hält. Soweit der Antragsteller einwendet, eine Vergütung sei nur angemessen, wenn es möglich sei, "über die normale Vergütung ein angemessenes Einkommen zu erzielen", kann dem nicht gefolgt werden. Bereits § 134a Abs. 1b SGB V zeigt, dass sich die Gesamtvergütung nach dem Willen des Gesetzgebers aus verschiedenen Elementen, nämlich einer leistungsbezogenen Vergütung ("normale Vergütung") und anderen Einkommensbestandteilen ("Zuschlag") zusammensetzen kann. Der Antragsteller hat auch nicht näher dargelegt, weshalb die Einführung des Erstattungsverfahrens für Versicherungsprämien "die Anzahl existenzgefährdeter Hebammen" erhöht. Es dürfte für die Tragfähigkeit der selbständigen Hebammentätigkeit keinen Unterschied machen, ob die Versicherungsprämien wie bisher über die Vergütung der Hebammenleistungen oder getrennt davon in einem eigenen Verfahren ausgeglichen werden. Da sämtliche Hebammen den Anforderungen an die Qualität der Hebammenhilfe genügen müssen, erscheint auch ohne weiteres rechtmäßig, unterschiedslos von allen Hebammen einen Nachweis über die Erfüllung dieser Anforderungen gemäß § 134a Abs. 1b SGB V einzufordern. Der Vertrag vom 25. September 2015 verstößt schließlich weder insoweit noch hinsichtlich der Obliegenheit der Hebammen, dem Beigeladenen zu 1) gegenüber die Erbringung und Abrechnung einer geburtshilflichen Leistung nachzuweisen (§ 4 Abs. 1 der Anlage 1.4), gegen datenschutzrechtliche Vorschriften. Da der Beigeladene zu 1) nach § 134a Abs. 1b Satz 2 SGB V für die Auszahlung zuständig ist, nimmt er auch die Antragsunterlagen und Nachweise entgegen. Satz 7 trifft eine datenschutzrechtliche Regelung lediglich im Verhältnis der Krankenkassen zum Beigeladenen zu 1), nicht zum Verhältnis der Hebammen zum Beigeladenen zu 1).
Ein mit § 134 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB V unvereinbarer Ausschluss von Beleghebammen vom Haftpflichtkostenausgleich ist mit dem von der Antragsgegnerin festgesetzten Vergütungssystem nicht verbunden. Mit § 4 Abs. 2 der Anlage 1.4 des Vertrags wird lediglich die Antragstellung von Abrechnungsgemeinschaften ausgeschlossen. Dies führt auch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit dazu, dass Beleghebammen, die Leistungen im Pool abrechnen, faktisch vom Haftpflichtkostenausgleich ausgeschlossen werden. Zwar wird in dem Formular zur Anlage 1.4 das Institutionskennzeichen der Hebamme, über das im Leistungszeitraum geburtshilfliche Leistungen abgerechnet wurden, abgefragt, und ist diese Angabe bei im Pool abrechnenden Hebammen nicht möglich. Der Antragsteller hat aber selbst darauf hingewiesen, dass der Beigeladene zu 1) dieses Hindernis in der Praxis "durch Kulanz" zu regeln versucht und somit offenbar andere rechtewahrende Möglichkeiten des Nachweises von Leistungen der Geburtshilfe zulässt.
Keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnen § 3 und § 4 Abs. 3 der Anlage 1.4 des Vertrags vom 25. September 2015, wonach Hebammen den Haftpflichtkostenausgleich nur für Quartale ("Ausgleichszeiträume") mit mindestens einer Geburt beanspruchen können. Diese schematische Regelung mag für Hebammen mit äußerst wenigen Geburten – worauf der Antragsteller nachvollziehbar hinweist – mit praktischen Schwierigkeiten verbunden sein, weil diese in "Überlappungsfällen", in denen eine Geburt zeitlich in etwa auf das Quartalsende fällt, regelmäßig nicht genau vorhersehen können, in welchen Ausgleichszeitraum eine Geburt fällt und für welchen Ausgleichszeitraum somit Versicherungsschutz nötig ist. Dem wird auch nicht dadurch ausreichend begegnet, dass pro Jahr eine abgesagte Geburt als anspruchsbegründende Geburt anerkannt wird. Allerdings lässt § 134a Abs. 1b Satz 5 SGB V eine solche schematische Kopplung an Ausgleichszeiträume ausdrücklich zu. Danach "muss" die Hebamme gewährleisten, dass sie bei geringer Geburtenzahl unterjährige Wechselmöglichkeiten der Haftpflichtversicherungsform (hin zu einer Versicherung ohne Geburtshilfeleistungen) in Anspruch nimmt. Die Ausgestaltung als Anspruchsvoraussetzung ist nach dem systematischen Zusammenhang nicht nur im Rahmen des Gestaltungsspielraums der Antragsgegnerin zulässig, sondern geboten. Denn nach § 134a Abs. 1b Satz 3 und 4 SGB V sind in den Vereinbarungen nach Abs. 1 Satz 1 die näheren Einzelheiten zu den "Anspruchsvoraussetzungen" zu regeln und muss die Hebamme "dabei" von Wechselmöglichkeiten Gebrauch machen. Damit sollen nach der Gesetzesbegründung unnötige Kosten für die Solidargemeinschaft und Fehlanreize, nur Geburten in geringer Anzahl zu betreuen, vermieden werden (BT-Drs. 18/1657, Seite 65). Dies aber wird nur erreicht, wenn die Zahlung des Haftpflichtausgleichs auf solche unterjährigen Zeiträume begrenzt wird, in denen eine Versicherung mit Schutz für Geburtshilfeleistungen nötig ist, weil mindestens eine Geburt betreut wird. Zu Fällen, in denen Hebammen der Ausgleich von tatsächlich anfallenden Haftpflichtkosten versagt wird, dürfte es daher kaum kommen. Die nachvollziehbar in den "Überlappungsfällen" entstehenden Schwierigkeiten dürften sich sachgerecht durch flexible Versicherungsbedingungen überwinden lassen, die z.B. Haftungsschutz für Leistungen der Geburtshilfe für einige Tage über das Ende des Quartals hinaus, in dem die Versicherung endet, gewähren. Dass es nicht möglich ist, solche Versicherungen abzuschließen, ist bisher nicht ersichtlich.
ee) Dagegen begegnet die Festsetzung der Ausschlusskriterien in § 10 Abs. 3 Anlage 3, Beiblatt 1, des Vertrages vom 25. September 2015 nicht unerheblichen rechtlichen Bedenken auch unter Berücksichtigung des Beurteilungsspielraums der Antragsgegnerin.
(1) § 134a Abs. 1, 1a SGB V ist als Rechtsgrundlage für die Festsetzung der Ausschlusskriterien nach Beiblatt 1 zur Anlage 3 des Vertrages nach § 134a SGB V noch hinreichend bestimmt. Nach Abs. 1 Satz 1 schließt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Berufsverbänden der Hebammen und den Verbänden der von Hebammen geleiteten Einrichtungen auf Bundesebene mit bindender Wirkung für die Krankenkassen Verträge über die Versorgung mit Hebammenhilfe, die abrechnungsfähigen Leistungen unter Einschluss einer Betriebskostenpauschale bei ambulanten Entbindungen in von Hebammen geleiteten Einrichtungen, die Anforderungen an die Qualitätssicherung in diesen Einrichtungen, die Anforderungen an die Qualität der Hebammenhilfe einschließlich der Verpflichtung der Hebammen zur Teilnahme an Qualitätssicherungsmaßnahmen sowie über die Höhe der Vergütung und die Einzelheiten der Vergütungsabrechnung durch die Krankenkassen. Die Vertragspartner haben dabei nach Satz 2 den Bedarf der Versicherten an Hebammenhilfe unter Einbeziehung der in § 24f Satz 2 geregelten Wahlfreiheit der Versicherten und deren Qualität, den Grundsatz der Beitragssatzstabilität sowie die berechtigten wirtschaftlichen Interessen der freiberuflich tätigen Hebammen zu berücksichtigen. Nach Satz 3 des § 134 Abs. 1 SGB V sind bei der Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen der freiberuflich tätigen Hebammen nach Satz 2 insbesondere Kostensteigerungen zu beachten, die die Berufsausübung betreffen. Absatz 1a des § 134a SGB V ergänzt die Vorgaben zur Qualitätssicherung dahingehend, dass die Vereinbarungen nach Absatz 1 Satz 1 zu den Anforderungen an die Qualität der Hebammenhilfe bis zum 31. Dezember 2014 zu treffen sind (Satz 1). Dabei sollen Mindestanforderungen an die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität sowie geeignete verwaltungsunaufwändige Verfahren zum Nachweis der Erfüllung dieser Qualitätsanforderungen festgelegt werden (Satz 2).
Unter "Mindestanforderungen an die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität" lassen sich nach Auffassung der Kammer auch Ausschlusskriterien wie die im Beiblatt 1 zur Anlage 3 fassen. Bei diesen Kriterien handelt es sich einerseits um Sachverhalte mit besonderen Geburtsrisiken (z.B. Zustand nach Uterusruptur), die eine Geburt nach Auffassung der Antragsgegnerin nur in besonders ausgestatteten Einrichtungen zumutbar erscheinen lassen und in denen eine Hausgeburt daher stets ausgeschlossen sein soll ("absolute Ausschlusskriterien"). Die Qualität der Hebammenversorgung wird hier negativ, durch Herausnahme dieser Sachverhalte aus dem Bereich der Hausgeburten definiert, um ein bestimmtes Ergebnis, nämlich die Vermeidung oder Reduzierung von Geburtsschäden zu erreichen. Dass zur Sicherung von Ergebnisqualität grundsätzlich auch gehören kann, Ausschlusskriterien zu bestimmen, ergibt sich etwa aus § 137 SGB V ("Richtlinien und Beschlüsse zur Qualitätssicherung") und dort speziell aus § 137 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB V, wonach der Gemeinsame Bundessauschuss für Krankenhäuser Beschlüsse über einen Katalog planbarer Leistungen fasst, bei denen die Qualität des Behandlungsergebnisses in besonderem Maße von der Menge der erbrachten Leistungen abhängig ist, und der Gemeinsame Bundesausschuss – bestimmte Leistungserbringer ausschließende – Mindestmengen für die jeweiligen Leistungen je Arzt oder Krankenhaus bestimmt. Soweit in § 10 Abs. 3 Anlage 3, Beiblatt 1 des Vertrages vom 25. September 2015 Risikosachverhalte (z.B. Zustand nach vorzeitiger Plazentaablösung) festgelegt werden, in denen eine Hausgeburt möglich sein soll, jedoch nur "nach gründlicher Abklärung durch weitere Diagnostik, fachärztliches Konsil und ggf. Teamentscheidung sowie nach spezieller Risikoaufklärung" ("relative Ausschlusskriterien"), handelt es sich – mit diesen zusätzlichen Verfahrenssicherungen – auch um Anforderungen an die Prozessqualiltät.
Dieses weite Verständnis von "Mindestanforderungen an die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität" legen auch die Gesetzesmaterialien zu § 134a SGB V nahe. Danach sollen die Vereinbarungen zur Qualität der Hebammenhilfe nach Abs. 1 Satz 1 Mindestanforderungen in Bezug auf "sämtliche Dimensionen" der Versorgungsqualität der Hebammenhilfe beinhalten und wurde den Vertragsparteien die Aufgabe zugewiesen, die Qualität der Geburtshilfe durch Hebammen und Entbindungspfleger durch die Vereinbarung notwendiger Mindeststandards "umfassend" sicherzustellen (BT-Drs. 17/10170, Seite 26).
(2) Ein Verstoß gegen den Wesentlichkeitsvorbehalt ist damit zumindest nicht offenkundig verbunden. Zwar erscheint dieses weite Verständnis, soweit damit die Ausschlusskriterien in Anlage 3, Beiblatt 1, gerechtfertigt werden sollen, unter Berücksichtigung der Wesentlichkeitslehre nicht unproblematisch. Während z.B. § 137 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB V ausdrücklich zur Regelung von Mindestmengen ermächtigt, macht § 134a Abs. 1a Satz 2 SGB V zur konkreten berufsausübungsregelnden Art und Weise der Qualitätssicherung keine Angaben. Der Umfang des Wesentlichkeitsvorbehalts wird jedoch nicht schematisch bestimmt. Dieser besagt, dass staatliches Handeln in grundlegenden Bereichen durch Parlamentsgesetz legitimiert sein muss. Der parlamentarische Gesetzgeber ist verpflichtet, alle wesentlichen Entscheidungen in ihren Grundzügen selbst zu treffen, und darf dies nicht anderen Normgebern oder der Exekutive überlassen. Wann es danach einer Regelung durch Parlamentsgesetz bedarf und wie weit die parlamentsgesetzlichen Vorgaben ins Einzelne gehen müssen, lässt sich nur mit Blick auf den jeweiligen Sachbereich und auf die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes beurteilen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Dezember 2004 – B 6 KA 84/03 R – juris Rn. 39 ff.). Nach diesen Maßstäben erscheint das Fehlen eines detaillierten Normprogramms in § 134a Abs. 1 SGB V eher unschädlich. Denn § 134a Abs. 1, 1a SGB V ist auf eine vertragliche Lösung ohne staatliches Handeln im Über-/Unterordnungsverhältnis zugeschnitten ist. Dieser Rahmen wird zwar durch die Entscheidung der Schiedsstelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, teilweise wieder verlassen. Ihre Schiedssprüche sind jedoch ebenso wie die von ihnen ersetzten Vereinbarungen der vorrangig zum Vertragsabschluss berufenen Vertragsparteien auf Interessenausgleich angelegt und haben Kompromisscharakter. Diese Zielrichtung, der Vertragsfreiheit auch im Schiedsstellenverfahren Ausdruck zu verleihen, gebietet Zurückhaltung bei der Anwendung der Wesentlichkeitslehre.
Gegen eine offenkundige Missachtung des Wesentlichkeitsvorbehalts spricht zudem, dass in der Literatur sogar die Festlegung einer Mindestanzahl von Geburten pro Jahr durch freiberuflich tätige Hebammen auf der Grundlage des § 134a Abs. 1, 1a Satz 2 SGB V für zulässig erachtet wird (vgl. Hess, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 87. EL 2015, § 134a SGB V, Rn. 8a; Luthe, in: Hauck/Noftz, SGB V, Erg.-Lfg. 4/15, § 134a Rn. 36; Armbruster, in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2. Aufl. 2016, § 134a, Rn. 17), obwohl eine solche Mindestmengenregelung wegen des vollständigen Ausschlusses von Hebammen ohne Mindestmenge intensiver in die Berufsausübungsfreiheit eingreifen würde als die Festlegung der Ausschlusskriterien nach Anlage 3, Beiblatt 1 des Vertrages vom 25. September 2015.
(3) Aus Art. 42 Abs. 2 Nr. 3 der RL 2005/36 EG vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. L 255/22 vom 30. September 2005) ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Rechtswidrigkeit der Festlegung der Ausschlusskriterien. Daraus ergibt sich vielmehr nur, dass Mitgliedstaaten Hebammen die Durchführung von Normalgeburten bei Kopflage gestatten müssen, wobei sogar offen gelassen wird, ob darunter auch Hausgeburten fallen.
(4) Nicht unerheblichen rechtlichen Bedenken begegnet indessen, dass die Antragsgegnerin insbesondere absolute Ausschlusskriterien festgesetzt hat, obwohl bisher – unstreitig – aussagekräftige wissenschaftliche Studien fehlen, die einen Zusammenhang solcher Ausschlusskriterien mit der Verbesserung des Schutzes der Gesundheit von Mutter und Kind wahrscheinlich erscheinen lassen. Der Antragsteller und der Beigeladene zu 1) haben übereinstimmend mitgeteilt, dass der Sachverhalt unter anderem durch Auswertung einer Studie, die im Laufe des Jahres 2016 vorgelegt werden soll, erst noch aufgeklärt werden muss. Die Ausschlusskriterien wurden weitgehend nur aus dem Ergänzungsvertrag nach § 134a SGB V über Betriebskostenpauschalen bei ambulanten Geburten in von Hebammen geleiteten Einrichtungen übernommen. Nach der Darstellung des Beigeladenen zu 1) beruhen diese Kriterien lediglich auf "nicht mit Studien belegten Meinungen anerkannter Expertinnen und Experten". Die Antragsgegnerin hat in der Begründung ihrer Beschlüsse vom 25. September 2015 dementsprechend keinen wissenschaftlichen Beleg für den Nutzen der von ihr festgelegten Ausschlusskriterien genannt, sondern vielmehr lediglich mitgeteilt, dass diese im Interesse der Gesundheit von Mutter und Kind erforderlich und angemessen seien und deshalb vor den Maßstäben des Art. 12 GG Bestand hätten. Lediglich zur Frage der ärztlichen Konsultation wegen Überschreitung des Geburtstermins hat die Antragsgegnerin auf die S 1-Leitlinie "Vorgehen bei Terminüberschreitung und Übertragung" verwiesen. Zudem findet sich ein allgemeiner Verweis auf die Mutterschafts-Richtlinien, die jedoch keine Schlussfolgerungen in Bezug auf den Nutzen der einzelnen Ausschlusskriterien zulassen.
Es erscheint zwar plausibel, dass die Gefahr von Geburtsschäden minimiert wird, wenn die Geburt bei Vorliegen bestimmter Risikofaktoren in besonders ausgestatteten Einrichtungen durchgeführt oder zusätzlich durch Fachärzte begleitet werden muss. Auch ist zu berücksichtigen, dass Schwangerschaft und Geburt schon im Regelfall besondere Gefährdungen für Mutter und Kind darstellen und ihre Gesundheit ein überragend wichtiges absolutes Gemeinschaftsgut ist, deren Schutz selbst einschneidende Eingriffe in die Freiheit der Berufswahl rechtfertigen kann. Der Schutz der Mütter und Kinder ist so wichtig und die Gefahren sind – insbesondere bei Vorliegen atypischer Risikofaktoren – so groß, dass jede mögliche Vorbeugung sogar als gesundheitspolitisch geboten angesehen werden muss (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Juni 1959 – 1 BvR 71/57 – juris Rn. 25; BVerwG, Urteil vom 21. März 1972 – 1 C 13.71 – juris Rn. 30). Dies erlaubt es, die Anforderungen an den wissenschaftlichen Nachweis des Nutzens einer Qualitätsanforderung und konkret eines Ausschlusskriteriums für den Schutz dieser Rechtsgüter stark herabzusetzen und insbesondere auf einen statistischen Nachweis eines kausalen Zusammenhangs zwischen der Qualitätsanforderung und der Verbesserung der Ergebnisqualität zu verzichten. Umgekehrt dürfte jedoch die bloße Plausibilität des Nutzens nicht ausreichen, um den mit dem jeweiligen Ausschlusskriterium verbundenen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Hebammen zu rechtfertigen. Voraussetzung dafür dürfte ein Mindestmaß an Evidenz sein, nämlich eine "nach wissenschaftlichen Maßstäben belegte Wahrscheinlichkeit" (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2012 – B 1 KR 34/12 R – juris Rn. 38) für einen Zusammenhang zwischen dem jeweiligen Ausschlusskriterium und der Verbesserung der Versorgungsqualität. Ein solcher Zusammenhang dürfte in Bezug auf die streitigen Ausschlusskriterien nicht ausreichend belegt sein.
(5) Dies erscheint auch im Hinblick auf das in § 24f SGB V vorgesehene Wahlrecht der Versicherten, im Rahmen einer Hausgeburt entbinden zu können, bedenklich. § 24f SGB V gilt zwar nicht uneingeschränkt. Die Vorschrift steht unter dem Vorbehalt des Wirtschaftlichkeitsgebots nach § 12 Abs. 1 SGB V und ist in seinem Lichte auszulegen. Dies ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB V, wonach die Krankenkassen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen nur unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 SGB V) zur Verfügung stellen. Die Leistungen müssen danach insbesondere wirtschaftlich und zweckmäßig sein. Zudem wird § 24f SGB V durch § 134a Abs. 1 und 1a SGB V eingeschränkt, da nach Satz 2 des § 134a Abs. 1 SGB V die in § 24f Satz 2 geregelte Wahlfreiheit der Versicherten bei der Vertragsgestaltung nur zu "berücksichtigen" ist. Auch die Einschränkung des Wahlrechts durch das Wirtschaftlichkeitsgebot dürfte jedoch voraussetzen, dass die Hausgeburt für die Mutter oder das Kind mit einer nach wissenschaftlichen Maßstäben belegten Wahrscheinlichkeit mit einem unverhältnismäßig hohen Schadensrisiko verbunden ist.
ff) Ein Erfolg der Klage erscheint vor diesem Hintergrund zumindest teilweise in Bezug auf bestimmte absolute Ausschlusskriterien möglich. Die Kammer sieht jedoch davon ab, die aufschiebende Wirkung der Klage vom 11. Dezember 2015 anzuordnen, weil das öffentliche Vollzugsinteresse dennoch überwiegt.
Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Beschlüsse der Antragsgegnerin vom 25. September hätte zur Folge, dass der Sicherstellungszuschlag (Haftpflichtkostenausgleich) für Hebammen mit wenigen Geburten existenzbedrohend entfiele. Dass zum Ausgleich eine Übergangsregelung, die offenbar auch der Antragsteller für erforderlich erachtet, vereinbart würde, kann das Gericht nicht mit der notwendigen Sicherheit unterstellen. Zugleich sind erhebliche Nachteile mit dem neuen Vergütungssystem nicht verbunden. Es ist nach dem Vortrag des Antragstellers insbesondere nicht deutlich geworden, dass Hebammen, die zuvor durch eine höhere Anzahl von Geburten ein ausreichendes Einkommen erzielt haben, durch den Vollzug des Vertrages unzumutbar mit Einnahmeausfällen belastet würden. Dafür spricht auch, dass der Beigeladene zu 2) das im Vertrag nach § 134a SGB V festgesetzte Vergütungssystem für sachgerecht erachtet.
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Beschlüsse vom 25. September 2015 war auch nicht teilweise hinsichtlich der Ausschlusskriterien anzuordnen. Dem steht entgegen, dass der für Hebammen mit wenigen Geburten existenzsichernde Sicherstellungszuschlag nach § 134a Abs. 1b SGB V daran gekoppelt ist, dass Hebammen die Beachtung der Qualitätsanforderungen nach Abs. 1a und damit der festgesetzten Ausschlusskriterien nachgewiesen haben (vgl. auf vertraglicher Ebene § 4 Abs. 1 der Anlage 1.4 des Vertrages i.V.m. § 5 der Anlage 1.4 und Anlage 3). Dies wiederum setzt voraus, dass die Ausschlusskriterien vollziehbar geregelt sind, was nicht der Fall wäre, wenn die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Regelungen über die Ausschlusskriterien angeordnet würde.
Durch die vorläufige Anwendung der Ausschlusskriterien werden die Mitglieder des Antragstellers nicht unzumutbar in ihrer Berufsausübungsfreiheit beeinträchtigt. Dies folgt schon daraus, dass voraussichtlich noch im Laufe dieses Jahres die von den Vertragspartnern in Auftrag gegebene Studie zum Nutzen der Qualitätskriterien erscheint und die Ausschlusskriterien dann aufgrund der im Beiblatt 1 zur Anlage 3 geregelten Dynamik "bei Bedarf inhaltlich und strukturell" geändert werden. Zudem dürfte auch der Antragsteller nicht in Abrede stellen, dass die festgesetzten Qualitätskriterien zumindest auf sachlichen Erwägungen beruhen. Anders ist nicht zu erklären, weshalb der Antragsteller seit 2008 weitgehend identische Kriterien in von Hebammen geleiteten Einrichtungen – wenn auch nur als "Versuchsballon" und in Gestalt einer Orientierungshilfe – akzeptiert hat. Der Antragsteller hat zudem nicht schlüssig dargelegt, in welchem Umfang die Ausschlusskriterien seine Mitglieder überhaupt konkret zusätzlich belasten. Er hat konkret lediglich vorgetragen, eine Hebamme müsse die Geburtsbetreuung ablehnen, wenn sich eine Versicherte keiner ärztlichen Untersuchung unterziehen wolle, ferner, wenn ein ärztliches Konsil am Wochenende stattfinden müsse. Dies erscheint bereits in tatsächlicher Hinsicht nicht überzeugend. Eine ärztliche "Untersuchung" wird im Rahmen der relativen Ausschlusskriterien nicht verlangt; ein ärztliches Konsil (Beratung der Hebamme) dürfte regelmäßig auch an Wochenenden z.B. im Rahmen von Notfalldiensten möglich sein.
Gegen eine unzumutbare Beeinträchtigung der Mitglieder des Antragstellers spricht zudem, dass der Antragsteller die Kriterien nach eigenen Angaben als "verbindlichen Indikationskatalog" angenommen hätte. Zwischen einem verbindlichen Indikationskatalog und den von der Antragsgegnerin festgelegten Ausschlusskriterien besteht grundrechtlich betrachtet kein gravierender Unterschied, da auch bei einem "Indikationskatalog" der Entscheidungsspielraum der Hebamme eingeschränkt wird. Darüber hinaus wird der Umfang, in dem Hebammen eigenständig Geburtshilfe leisten können, ohnehin bereits berufsrechtlich erheblich eingeschränkt. Zum Beispiel regelt § 3 Abs. 2 der Bayerischen Berufsordnung für Hebammen, dass Hebammen und Entbindungspfleger auf Regelwidrigkeiten und Risikofaktoren zu achten und beim Auftreten von Regelwidrigkeiten die Hinzuziehung einer Ärztin oder eines Arztes oder die Einweisung in ein Krankenhaus zu veranlassen haben. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, inwieweit seine Mitglieder in den als absolute Ausschlusskriterien geregelten Fällen bisher überhaupt Hausgeburten durchgeführt haben oder davon ohnehin aus berufsrechtlichen Gründen oder weil sie Hausgeburten in solchen Fällen selbst für zu risikoreich erachten, Abstand genommen haben. Hinsichtlich der relativen Ausschlusskriterien liegt im Übrigen von vornherein eine eher geringe Grundrechtsbetroffenheit vor. Denn in diesen Fällen ist eine Hausgeburt möglich und besteht im Wesentlichen nur die Einschränkung, dass gründlicher diagnostiziert und ein Arzt beratend hinzugezogen werden muss, wozu bereits eine telefonische Rücksprache genügen dürfte. Schließlich regeln die Ausschlusskriterien nur, ob die Leistung im Rahmen des Systems der GKV erbracht werden kann. Den betroffenen Hebammen steht es jederzeit frei, die Hausgeburt außerhalb dieses Systems durchzuführen, sofern berufsrechtliche Regelungen nicht entgegenstehen.
Die Kammer hat im Rahmen der Folgenabwägung auch beachtet, dass der Gesetzgeber in § 134a Abs. 1a und 1b SGB V konkrete Fristen (31. Dezember 2014 und 1. Juli 2015) zur Vereinbarung von Qualitätsanforderungen und eines Sicherstellungszuschlages festgelegt hat und es daher nur bei einem deutlichen Überwiegen der Interessen des Antragstellers hinnehmbar erscheint, diese Fristen durch Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Beschlüsse vom 25. September 2015 weiter – unter Umständen über einen längeren Zeitraum – außer Kraft zu setzen. Ein solcher Fall liegt nicht vor.
Ob die Anordnung der aufschiebenden Wirkung darüber hinaus sogar zu beträchtlichen Einnahmeausfällen der Hebammen deshalb führen würde, weil die Vollziehbarkeit der Qualitätskriterien im Vertrag nach § 134a SGB V Voraussetzung für eine fünfprozentige Erhöhung der Vergütung ist (vgl. dazu gerichtliches Schreiben vom 9. Februar 2016), kann bei dieser Interessenlage offen bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG. Ein Abschlag für das einstweilige Rechtsschutzverfahren war aufgrund der Bedeutung der Sache für den Antragsteller nicht vorzunehmen.
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit von Beschlüssen vom 25. September 2015, mit denen die Schiedsstelle beim GKV-Spitzenverband nach § 134a Abs. 4 SGB V (Antragsgegnerin) bestimmte streitige Teile des Vertrages zwischen dem Antragsteller und den Beigeladenen nach § 134a Abs. 1 SGB V über die Versorgung mit Hebammenhilfe mit Wirkung ab dem 25. September 2015 festgesetzt hat.
Die schriftlich mit Begründung abgefassten Beschlüsse vom 25. September 2015 (zunächst irrtümlich datiert auf den 24. September 2015) wurden dem Antragsteller mit einem ihm am 12. November 2015 zugegangenen Schreiben des Vorsitzenden der Antragsgegnerin bekannt gegeben. Am 11. Dezember 2015 erhob der Antragsteller vor dem Sozialgericht Berlin Klage gegen die Beschlüsse (S 211 KR 4186/15). Zudem beantragte der Antragsteller beim Sozialgericht Berlin am 21. Dezember 2015 Eilrechtsschutz gegen die Beschlüsse.
Der Antragsteller meint insbesondere, die Antragsgegnerin sei nicht ermächtigt gewesen, Kriterien festzusetzen, die die Versorgung mit Hebammenhilfe bei einer Hausgeburt ausschließen. Der Nutzen der Kriterien sei wissenschaftlich nicht belegt. Zudem verstoße der festgesetzte Vergütungsmechanismus gegen § 134a Abs. 1 SGB V. Die Beschlüsse der Antragsgegnerin seien außerdem formell rechtswidrig.
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 11. Dezember 2015 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Ihrer Auffassung nach liegt bereits deshalb kein überwiegendes Aussetzungsinteresse vor, weil der Vollzug des von ihr festgesetzten Vertrages Bedingung für eine Vergütungserhöhung von 5 Prozent sei. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung und die damit verbundene Aussetzung ihrer Beschlüsse führten daher zu erheblichen Einnahmeeinbußen bei den betroffenen Hebammen.
Der Beigeladene zu 1) beantragt ebenfalls,
den Antrag abzulehnen.
Er hält die Beschlüsse der Antragsgegnerin für rechtmäßig. Der Beigeladene zu 2) hat keinen Antrag gestellt. Er hält die Festsetzung der Ausschlusskritieren für rechtswidrig, weil diese nicht wissenschaftlich fundiert seien. Das neue Vergütungssystem hält er dagegen für sachgerecht.
II.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat keinen Erfolg.
1) a) Der Antrag ist zulässig, soweit er sich gegen die Beschlüsse der Schiedsstelle vom 25. September 2015 richtet, mit denen die Antragsgegnerin § 10 mit Anlage 3 (Qualitätsanforderungen), Anlage 1.4 (Ausgleich der Haftpflichtkostensteigerung) und § 15 Abs. 1 (Regressverfahren) des Vertrages nach § 134a SGB V festgesetzt hat.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Die Vorschrift erfasst den einstweiligen Rechtsschutz bei einer Anfechtungsklage gegen Verwaltungsakte. Die Beschlüsse der Antragsgegnerin vom 25. September 2015 haben den Charakter eines vertragsgestaltenden Verwaltungsaktes (vgl. Luthe, in: Hauck/Noftz, SGB V, Lfg. 4/15, § 134a Rn. 58; BSG, Urteil vom 13. Mai 2015 – B 6 KA 20/14 R – juris, Rn. 21 m.w.N.).
Das Sozialgericht Berlin ist Gericht der Hauptsache. Streitig ist ein Schiedsspruch nach § 134a Abs. 3 Satz 1 SGB V. Ein Fall des § 29 Abs. 4 SGG liegt nicht vor.
Die Klage vom 11. Dezember 2015 hat gemäß § 134a Abs. 4 Satz 6 i.V.m. § 129 Abs. 9 Satz 7 SGB V keine aufschiebende Wirkung.
Der Antragsteller kann sein Rechtsschutzziel nicht durch Erhebung eines Widerspruchs mit aufschiebender Wirkung erreichen. Ein Widerspruch ist nicht statthaft. Dies ergibt sich aus der Eigenart der Tätigkeit der Schiedsstelle, die an die Stelle der Vertragsparteien tritt. Der Zweck des Vorverfahrens, im Interesse des Rechtsschutzes des betroffenen Bürgers eine Selbstkontrolle der Verwaltung zu ermöglichen, wird bei der Überprüfung einer Festsetzung durch diejenigen, die dieses Ergebnis in einer bestimmten Verhandlungssituation erzielt haben, nicht erreicht. In der besonderen Situation der Vertragsgestaltung durch eine Schiedseinrichtung kann eine Überprüfung nur im gerichtlichen Verfahren erfolgen (vgl. BSG, Urteil vom 13. Mai 2015 – B 6 KA 20/14 R – juris, Rn. 24; Armbruster, in: Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2. Auflage 2016, § 129 Rn. 108 m.w.N.).
b) Der Antrag ist unzulässig, soweit er sich gegen Vertragsbestandteile richtet, die nicht Gegenstand der Beschlüsse vom 25. September 2015 sind. Der Antragsteller meint, dass die Antragsgegnerin, indem sie mit Schreiben vom 24. November 2015 den gesamten "Vertrag nach § 134a SGB V in der Fassung des Schiedsspruchs 2015" übersandte, "bisher nur konsentierten Teilen verbindlich zur Geltung verholfen" habe und in diese Vertragsbestandteile zudem teilweise eigenmächtig nicht konsentierte Formulierungen ("Versichertenbestätigung C") und das Datum des Inkrafttretens des Vertrages mit Regelungswirkung eingefügt habe. Dem schließt sich die Kammer nicht an. Mit den Beschlüssen vom 25. September 2015 hat die Antragsgegnerin lediglich die streitigen Vertragsbestandteile festgesetzt, nämlich § 10 mit Anlage 3 (Qualitätsanforderungen), Anlage 1.4 (Ausgleich der Haftpflichtkostensteigerung) und § 15 Abs. 1 (Regressverfahren) des Vertrages. Zwar stellt die Antragsgegnerin in der Begründung zu den Beschlüssen vom 25. September 2015 unter B.II. ausführlich dar, dass sie zur Festsetzung auch der konsentierten Vertragsbestandteile befugt sei. Aus dem Tenor ergibt sich eine solche regelnde Festsetzung des gesamten Vertrages jedoch nicht. Die nachträgliche Übersendung des Gesamtvertrags mit Schreiben vom 24. November 2015 hatte daher nur informatorischen Charakter.
Dies gilt auch insoweit, als dieser Vertrag in § 16 Abs. 1 den 25. September 2015 als Datum des Inkrafttretens ausweist. Denn dieses Datum ergibt sich unmittelbar kraft Gesetzes aus § 134a Abs. 3 Satz 2 SGB V, wonach der bisherige Vertrag "bis zur Entscheidung" durch die Schiedsstelle – hier am 25. September 2015 – vorläufig weiter gilt. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz macht lediglich § 134a Abs. 1b Satz 1 SGB V, der einen materiellen Anspruch auf einen Sicherstellungszuschlag ab dem 1. Juli 2015 regelt. Die Antragsgegnerin konnte davon abweichende eigene Entscheidungen nicht treffen, sondern lediglich deklaratorisch gesetzlich vorbestimmte Datumsangaben einfügen.
Soweit in dem "Vertrag nach § 134a SGB V in der Fassung des Schiedsspruchs 2015" neben den mit den Beschlüssen vom 25. September 2015 festgesetzten Teilen tatsächlich (irrtümlich) Formulierungen enthalten sein sollten, über die kein Konsens besteht, haben diese Formulierungen keine Bindungswirkung und können daher im vorliegenden Verfahren nicht angegriffen werden. Die Bindungswirkung muss erst noch in weiteren Verhandlungen oder einem weiteren Schiedsverfahren herbeigeführt werden.
2) Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 11. Dezember 2015 ist nicht begründet.
a) Im Rahmen der Begründetheitsprüfung ist – bezogen auf den insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts – eine Interessenabwägung vorzunehmen, bei der unter Beachtung der vom Gesetzgeber getroffenen Entscheidung, den Eintritt der aufschiebenden Wirkung abweichend von dem in § 86a Abs. 1 SGG geregelten Grundsatz nach § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG in Verbindung mit § 129 Abs. 9 Satz 7 SGB V gerade auszuschließen, die jeweiligen Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen sind. Ergibt diese Abwägung, dass das private Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs das öffentliche Interesse der Antragsgegnerin an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheides überwiegt, ist die aufschiebende Wirkung anzuordnen. Dies wiederum ist in der Regel dann der Fall, wenn sich der angegriffene Bescheid als offensichtlich rechtswidrig erweist und dies mit einer subjektiven Rechtsverletzung des Belasteten einhergeht, weil an der sofortigen Vollziehung eines mit der Rechtsordnung nicht im Einklang stehenden Bescheides kein öffentliches Interesse besteht. Umgekehrt überwiegt das öffentliche Interesse der Antragsgegnerin an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheides das private Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs grundsätzlich dann, wenn gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheides offensichtlich keine Bedenken bestehen. In diesem Fall ist die aufschiebende Wirkung in der Regel nicht anzuordnen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg – L 9 B 192/08 KR ER – juris Rn. 36 f.).
Die Rechtmäßigkeitsprüfung hat dabei im vorliegenden Fall zu berücksichtigten, dass die gerichtliche Kontrolle mit Rücksicht auf die auf besonderer Sachkunde beruhenden, zudem paritätisch zustande gekommenen Entscheidung der Schiedsstelle eingeschränkt ist (vgl. Luthe, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 134a, Erg.-Lfg. 4/15, Rn. 68). Der Gesetzgeber bezweckt mit der Einrichtung einer Schiedsstelle, dass deren Beschlüsse regelmäßig bindend sind. Der Schiedsstelle kommt daher bei der Festsetzung des Vertrages nach § 134a Abs. 1 SGB V ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Ihre Vertragsgestaltungsfreiheit, die der aufsichtsrechtlichen und gerichtlichen Nachprüfung Grenzen setzt, ist nicht geringer als diejenige der Vertragspartner bei einer im Wege freier Verhandlungen erzielten Vereinbarung. Die gerichtliche Kontrolle der Festsetzung durch die Schiedsstelle ist dementsprechend auf die Prüfung beschränkt, ob der Entscheidung zutreffend ermittelte Tatsachen zugrunde gelegt worden sind und ob die Schiedsstelle die Grenzen des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums eingehalten hat (so zum Schiedsamt BSG, Urteil vom 10. Mai 2000 – B 6 KA 20/99 R – juris Rn. 37; zur Übertragbarkeit auf Schiedsstellen LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. Mai 2010 – L 1 KR 51/10 B ER – juris Rn. 8; BSG, Urteil vom 14. Dezember 2000 – B 3 P 19/00 R – juris Rn. 22; Luthe, in Hauck/Noftz, SGB V, Lfg. 4/15, § 134a, Rn. 69: Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle auf "grobe Fehler"). Auch das Verfahren der Schiedsstelle ist davon geprägt, dass dieser ein Gestaltungsspielraum eingeräumt ist und dass ihr Verfahren auf einen Interessenausgleich angelegt ist (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. Mai 2010 – L 1 KR 51/10 B ER – juris Rn. 8).
Lässt sich die Frage nach der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides nach diesen Maßstäben nicht hinreichend sicher beantworten, kommt es unter Berücksichtigung der oben dargestellten Grundentscheidung des Gesetzgebers für die Begründetheit des Antrages entscheidend auf die sonstigen Interessen der Beteiligten an. Grundsätzlich hat hierbei zu gelten, dass die an das private Interesse des Antragsteller an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu stellenden Anforderungen im Sinne einer dynamischen Betrachtung umso höher sein müssen, je geringer die Erfolgsaussichten des von ihm in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs zu bewerten sind. Nicht außer Betracht gelassen werden dürfen in diesem Zusammenhang die wechselseitig eintretenden Folgen, die jeweils entstünden, wenn sich die durch das Gericht getroffene Eilentscheidung im Hauptsacheverfahren als unzutreffend erweisen sollte (vgl. LSG Berlin-Brandenburg – L 9 B 192/08 KR ER – juris, Rn. 36 f.).
b) Nach diesen Maßstäben überwiegt im vorliegenden Fall das öffentliche Interesse an der Vollziehung der Beschlüsse der Antragsgegnerin vom 25. September 2015.
aa) Die Beschlüsse der Antragsgegnerin vom 25. September 2015 wurden dem Antragsteller ordnungsgemäß mit Zugang des Schreibens vom 11. November 2015 am 12. November 2015 bekanntgegeben (§ 37 Abs. 1 SGB X) und wurden damit wirksam (§ 39 Abs. 1 SGB X). Die Übersendung des "Vertrages nach § 134a SGB V in der Fassung des Schiedsspruchs 2015" mit Schreiben vom 24. November 2015 schafft entgegen der Darstellung des Antragstellers keine Unklarheit hinsichtlich der Bekanntgabe. Einer Bekanntgabe dieses Vertrages bedurfte es nicht, weil darin keine über die Beschlüsse vom 25. September 2015 hinausgehenden Regelungen mit Verwaltungsaktqualität enthalten sind (siehe oben).
bb) Die Beschlüsse der Antragsgegnerin vom 25. September 2015 sind nicht offensichtlich formell rechtswidrig.
Eine Gehörsverletzung liegt nicht vor. Da das Datum des Inkrafttretens des Vertrages nach § 134a Abs. 1 SGB V unmittelbar aus Gesetz folgt und daher nicht eigenmächtig nachträglich mit Regelungswirkung von der Antragsgegnerin bestimmt werden konnte, scheidet eine Gehörsverletzung insoweit aus. Eine Gehörsverletzung liegt auch nicht darin, dass die Antragsgegnerin ihre Beschlüsse vom 25. September 2015 teilweise auf die S 1 Leitlinie "Vorgehen bei Terminüberschreitung und Übertragung" und zwei darin zitierte Fachaufsätze gestützt hat, obwohl diese Unterlagen nach den Angaben des Antragstellers nicht Gegenstand des Schiedsstellenverfahrens waren. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs liegt erst vor, wenn eine Entscheidung auf Gesichtspunkte abstellt, die einem gewissenhaften und kundigen Verfahrensbeteiligten nicht bekannt oder für ihn nicht erkennbar waren (vgl. zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren BVerwG, Beschluss vom 20. Februar 2014 – 8 B 64/13 – juris Rn. 26 m.w.N.). Davon wird man beim Antragsteller, dem mit über 19.000 Mitgliedern größten H.verband, nicht ausgehen können. Die S 1 Leitlinie "Vorgehen bei Terminüberschreitung und Übertragung" betrifft den Kern der Tätigkeit der Mitglieder des Antragstellers und ist allgemein zugänglich.
Mit seinem Einwand, der Vorsitzende der Antragsgegnerin sei befangen gewesen, dringt der Antragsteller ebenfalls nicht durch. Darüber hätten die Mitglieder der Antragsgegnerin aufgrund eines entsprechenden Antrages, der einen Grund zur Besorgnis der Befangenheit mitteilt, entscheiden müssen (vgl. §§ 17 Abs. 1, Abs. 2 i.V.m. 16 Abs. 4 SGB X; zur Anwendbarkeit dieser Vorschriften auf Schiedsstellenverfahren BSG, Urteil vom 7. Oktober 2015 – B 8 SO 1/14 R – juris Rn. 14). Ein solcher Antrag wurde ausweislich des Protokolls vom 25. September 2015 nicht gestellt. Danach hat der Vertreter des Antragstellers lediglich festgestellt, dass der Vorsitzende nicht unparteilich sei und sich anschließend nach einer Sitzungspause weiter in der Sache eingelassen. Auf den Einwand der Befangenheit kann sich der Antragsteller daher nicht mehr berufen (Rechtsgedanke des § 43 ZPO). In welcher Weise der Vorsitzende "vorbefasst" gewesen ist und weshalb dies Anlass zu Zweifeln an seiner Unparteilichkeit gibt, hat der Antragsteller im Übrigen nicht mitgeteilt.
Die Beschlüsse vom 25. September 2015 sind nicht wegen Mängeln bei der Abstimmung (§§ 134a Abs. 4 Satz 6, 129 Abs. 9 Satz 5 SGB V) fehlerhaft. Soweit der Antragsteller geltend macht, dass über § 10 des Vertrages nicht abgestimmt worden sei, trifft dies – aus den vom Beigeladenen zu 1) auf Seite 11 seines Schriftsatzes vom 5. Februar 2016 mitgeteilten Gründen – nicht zu. Eine Abstimmung über das Datum des Inkrafttretens des Vertrags erübrigte sich, weil dieses Datum aus Gesetz folgt (siehe oben).
Ebensowenig bedurfte es einer Abstimmung über den Gesamtvertrag, da dieser nicht festgesetzt wurde (siehe oben).
Ein Begründungsmangel liegt ebenfalls nicht offensichtlich vor. Die Antragsgegnerin hat ihre Beschlüsse vom 25. September zwar eher knapp begründet, die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe für ihre Entscheidung (§ 35 Abs. 1 SGB X) jedoch mitgeteilt.
cc) Ebenso wenig ist nach Auffassung der Kammer zu beanstanden, dass sich die Antragsgegnerin in ihren Beschlüssen vom 25. September 2015 darauf beschränkt hat, nur die streitigen Vertragsbestandteile festzusetzen. Dies entspricht dem Zweck des § 134a Abs. 1 SGB V, Regelungen über die Versorgung mit Hebammenhilfe möglichst weitgehend den Vertragspartnern zu überlassen.
dd) Das in den Anlagen 1.3 und 1.4 des Vertrages vom 25. September 2015 festgesetzte Vergütungssystem erscheint ebenfalls nicht offensichtlich rechtswidrig.
Allerdings ist dem Antragsteller beizupflichten, dass dieses Vergütungssystem nicht dem in § 134a Abs. 1 und Abs. 1b SGB V vorgezeichneten Konzept entspricht. Nach § 134a Abs. 1b SGB V erhalten Hebammen einen Sicherstellungszuschlag, wenn ihre wirtschaftlichen Interessen wegen zu geringer Geburtenraten bei der Vereinbarung über die Höhe der Vergütung nach Abs. 1 nicht ausreichend berücksichtigt sind. Der Gesetzgeber unterscheidet hier zwischen Hebammen, deren wirtschaftliche Interessen bereits ausreichend über die Vergütungsvereinbarungen nach Abs. 1 berücksichtigt wurden und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist. Letztere sollen nach Abs. 1b einen Sicherstellungszuschlag erhalten. Der Gesetzgeber unterstellt damit grundsätzlich ein System, in dem Hebammen Kostensteigerungen durch gestiegene Haftpflichtprämien ab einer bestimmten Anzahl von Geburten "wett machen" können. Dies ist nur in einem System denkbar, in dem diese Kostensteigerungen – wie bis zur Festsetzung des Vertrages nach § 134a SGB V – pauschal über die Vergütung von Hebammenleistungen abgebildet werden. Die Anlagen 1.3 und 1.4 des Vertrages vom 25. September 2015 regeln ein von diesem gesetzlichen Leitbild abweichendes System, in dem die Kosten der Haftpflichtversicherung getrennt von der Vergütung für Hebammenleistungen betrachtet und im Wege eines für alle Hebammen gleichermaßen geltenden eigenständigen Haftpflichtkostenausgleichs teilweise erstattet werden.
Nach Auffassung der Kammer hat die Antragsgegnerin ihren Gestaltungsspielraum damit jedoch nicht offensichtlich überschritten. Wie die wirtschaftlichen Interessen der freiberuflich tätigen Hebammen (§ 134a Abs. 1 Satz 2 SGB V) und insbesondere Kostensteigerungen (Satz 3) von den Vertragspartnern in den Verträgen nach § 134a Abs. 1 Satz 1 SGB V zu berücksichtigen sind, lässt § 134a Abs. 1 SGB V offen. Insofern erscheint die Lösung der Antragsgegnerin vertretbar, das Modell eines eigenständigen Ausgleichsmechanismus für Versicherungsprämien in Abs. 1b ("Sicherstellungszuschlag") auf sämtliche in der Geburtshilfe tätigen Hebammen zu übertragen. § 134a Abs. 1 SGB V schließt ein solches zweikomponentiges System – Vergütung von Leistungen einerseits und Haftpflichtkostenausgleich andererseits – nicht aus und gibt insbesondere nicht vor, dass Haftpflichtversicherungskosten im Rahmen der Abrechnungspositionen berücksichtigt werden müssen. Ebenso wenig gibt § 134a Abs. 1 SGB V vor, dass für in der Geburtshilfe tätige Hebammen und solche Hebammen, die nicht in der Geburtshilfe tätig sind, dasselbe Vergütungssystem gelten muss. Eine Differenzierung zwischen diesen Hebammen liegt bereits deshalb nahe, weil die hohen Haftpflichtprämien vor allem erstere betreffen.
Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass durch dieses System die wirtschaftlichen Interessen der freiberuflichen Hebammen und insbesondere die Kostensteigerungen nicht ausreichend berücksichtigt werden, liegen nicht vor. Vielmehr wird damit ein Ausgleich für Haftpflichtversicherungskosten präziser als bisher nur insoweit geschaffen, als diese bei Hebammen tatsächlich anfallen. Die Überkompensation solcher Kosten bei Hebammen mit vielen Geburten wird vermieden und dem Grundsatz der Beitragsstabilität Rechnung getragen. Dies entspricht auch der Rechtsauffassung des Beigeladenen zu 2), der den Vergütungsmechanismus für sachgerecht hält. Soweit der Antragsteller einwendet, eine Vergütung sei nur angemessen, wenn es möglich sei, "über die normale Vergütung ein angemessenes Einkommen zu erzielen", kann dem nicht gefolgt werden. Bereits § 134a Abs. 1b SGB V zeigt, dass sich die Gesamtvergütung nach dem Willen des Gesetzgebers aus verschiedenen Elementen, nämlich einer leistungsbezogenen Vergütung ("normale Vergütung") und anderen Einkommensbestandteilen ("Zuschlag") zusammensetzen kann. Der Antragsteller hat auch nicht näher dargelegt, weshalb die Einführung des Erstattungsverfahrens für Versicherungsprämien "die Anzahl existenzgefährdeter Hebammen" erhöht. Es dürfte für die Tragfähigkeit der selbständigen Hebammentätigkeit keinen Unterschied machen, ob die Versicherungsprämien wie bisher über die Vergütung der Hebammenleistungen oder getrennt davon in einem eigenen Verfahren ausgeglichen werden. Da sämtliche Hebammen den Anforderungen an die Qualität der Hebammenhilfe genügen müssen, erscheint auch ohne weiteres rechtmäßig, unterschiedslos von allen Hebammen einen Nachweis über die Erfüllung dieser Anforderungen gemäß § 134a Abs. 1b SGB V einzufordern. Der Vertrag vom 25. September 2015 verstößt schließlich weder insoweit noch hinsichtlich der Obliegenheit der Hebammen, dem Beigeladenen zu 1) gegenüber die Erbringung und Abrechnung einer geburtshilflichen Leistung nachzuweisen (§ 4 Abs. 1 der Anlage 1.4), gegen datenschutzrechtliche Vorschriften. Da der Beigeladene zu 1) nach § 134a Abs. 1b Satz 2 SGB V für die Auszahlung zuständig ist, nimmt er auch die Antragsunterlagen und Nachweise entgegen. Satz 7 trifft eine datenschutzrechtliche Regelung lediglich im Verhältnis der Krankenkassen zum Beigeladenen zu 1), nicht zum Verhältnis der Hebammen zum Beigeladenen zu 1).
Ein mit § 134 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB V unvereinbarer Ausschluss von Beleghebammen vom Haftpflichtkostenausgleich ist mit dem von der Antragsgegnerin festgesetzten Vergütungssystem nicht verbunden. Mit § 4 Abs. 2 der Anlage 1.4 des Vertrags wird lediglich die Antragstellung von Abrechnungsgemeinschaften ausgeschlossen. Dies führt auch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit dazu, dass Beleghebammen, die Leistungen im Pool abrechnen, faktisch vom Haftpflichtkostenausgleich ausgeschlossen werden. Zwar wird in dem Formular zur Anlage 1.4 das Institutionskennzeichen der Hebamme, über das im Leistungszeitraum geburtshilfliche Leistungen abgerechnet wurden, abgefragt, und ist diese Angabe bei im Pool abrechnenden Hebammen nicht möglich. Der Antragsteller hat aber selbst darauf hingewiesen, dass der Beigeladene zu 1) dieses Hindernis in der Praxis "durch Kulanz" zu regeln versucht und somit offenbar andere rechtewahrende Möglichkeiten des Nachweises von Leistungen der Geburtshilfe zulässt.
Keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnen § 3 und § 4 Abs. 3 der Anlage 1.4 des Vertrags vom 25. September 2015, wonach Hebammen den Haftpflichtkostenausgleich nur für Quartale ("Ausgleichszeiträume") mit mindestens einer Geburt beanspruchen können. Diese schematische Regelung mag für Hebammen mit äußerst wenigen Geburten – worauf der Antragsteller nachvollziehbar hinweist – mit praktischen Schwierigkeiten verbunden sein, weil diese in "Überlappungsfällen", in denen eine Geburt zeitlich in etwa auf das Quartalsende fällt, regelmäßig nicht genau vorhersehen können, in welchen Ausgleichszeitraum eine Geburt fällt und für welchen Ausgleichszeitraum somit Versicherungsschutz nötig ist. Dem wird auch nicht dadurch ausreichend begegnet, dass pro Jahr eine abgesagte Geburt als anspruchsbegründende Geburt anerkannt wird. Allerdings lässt § 134a Abs. 1b Satz 5 SGB V eine solche schematische Kopplung an Ausgleichszeiträume ausdrücklich zu. Danach "muss" die Hebamme gewährleisten, dass sie bei geringer Geburtenzahl unterjährige Wechselmöglichkeiten der Haftpflichtversicherungsform (hin zu einer Versicherung ohne Geburtshilfeleistungen) in Anspruch nimmt. Die Ausgestaltung als Anspruchsvoraussetzung ist nach dem systematischen Zusammenhang nicht nur im Rahmen des Gestaltungsspielraums der Antragsgegnerin zulässig, sondern geboten. Denn nach § 134a Abs. 1b Satz 3 und 4 SGB V sind in den Vereinbarungen nach Abs. 1 Satz 1 die näheren Einzelheiten zu den "Anspruchsvoraussetzungen" zu regeln und muss die Hebamme "dabei" von Wechselmöglichkeiten Gebrauch machen. Damit sollen nach der Gesetzesbegründung unnötige Kosten für die Solidargemeinschaft und Fehlanreize, nur Geburten in geringer Anzahl zu betreuen, vermieden werden (BT-Drs. 18/1657, Seite 65). Dies aber wird nur erreicht, wenn die Zahlung des Haftpflichtausgleichs auf solche unterjährigen Zeiträume begrenzt wird, in denen eine Versicherung mit Schutz für Geburtshilfeleistungen nötig ist, weil mindestens eine Geburt betreut wird. Zu Fällen, in denen Hebammen der Ausgleich von tatsächlich anfallenden Haftpflichtkosten versagt wird, dürfte es daher kaum kommen. Die nachvollziehbar in den "Überlappungsfällen" entstehenden Schwierigkeiten dürften sich sachgerecht durch flexible Versicherungsbedingungen überwinden lassen, die z.B. Haftungsschutz für Leistungen der Geburtshilfe für einige Tage über das Ende des Quartals hinaus, in dem die Versicherung endet, gewähren. Dass es nicht möglich ist, solche Versicherungen abzuschließen, ist bisher nicht ersichtlich.
ee) Dagegen begegnet die Festsetzung der Ausschlusskriterien in § 10 Abs. 3 Anlage 3, Beiblatt 1, des Vertrages vom 25. September 2015 nicht unerheblichen rechtlichen Bedenken auch unter Berücksichtigung des Beurteilungsspielraums der Antragsgegnerin.
(1) § 134a Abs. 1, 1a SGB V ist als Rechtsgrundlage für die Festsetzung der Ausschlusskriterien nach Beiblatt 1 zur Anlage 3 des Vertrages nach § 134a SGB V noch hinreichend bestimmt. Nach Abs. 1 Satz 1 schließt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Berufsverbänden der Hebammen und den Verbänden der von Hebammen geleiteten Einrichtungen auf Bundesebene mit bindender Wirkung für die Krankenkassen Verträge über die Versorgung mit Hebammenhilfe, die abrechnungsfähigen Leistungen unter Einschluss einer Betriebskostenpauschale bei ambulanten Entbindungen in von Hebammen geleiteten Einrichtungen, die Anforderungen an die Qualitätssicherung in diesen Einrichtungen, die Anforderungen an die Qualität der Hebammenhilfe einschließlich der Verpflichtung der Hebammen zur Teilnahme an Qualitätssicherungsmaßnahmen sowie über die Höhe der Vergütung und die Einzelheiten der Vergütungsabrechnung durch die Krankenkassen. Die Vertragspartner haben dabei nach Satz 2 den Bedarf der Versicherten an Hebammenhilfe unter Einbeziehung der in § 24f Satz 2 geregelten Wahlfreiheit der Versicherten und deren Qualität, den Grundsatz der Beitragssatzstabilität sowie die berechtigten wirtschaftlichen Interessen der freiberuflich tätigen Hebammen zu berücksichtigen. Nach Satz 3 des § 134 Abs. 1 SGB V sind bei der Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen der freiberuflich tätigen Hebammen nach Satz 2 insbesondere Kostensteigerungen zu beachten, die die Berufsausübung betreffen. Absatz 1a des § 134a SGB V ergänzt die Vorgaben zur Qualitätssicherung dahingehend, dass die Vereinbarungen nach Absatz 1 Satz 1 zu den Anforderungen an die Qualität der Hebammenhilfe bis zum 31. Dezember 2014 zu treffen sind (Satz 1). Dabei sollen Mindestanforderungen an die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität sowie geeignete verwaltungsunaufwändige Verfahren zum Nachweis der Erfüllung dieser Qualitätsanforderungen festgelegt werden (Satz 2).
Unter "Mindestanforderungen an die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität" lassen sich nach Auffassung der Kammer auch Ausschlusskriterien wie die im Beiblatt 1 zur Anlage 3 fassen. Bei diesen Kriterien handelt es sich einerseits um Sachverhalte mit besonderen Geburtsrisiken (z.B. Zustand nach Uterusruptur), die eine Geburt nach Auffassung der Antragsgegnerin nur in besonders ausgestatteten Einrichtungen zumutbar erscheinen lassen und in denen eine Hausgeburt daher stets ausgeschlossen sein soll ("absolute Ausschlusskriterien"). Die Qualität der Hebammenversorgung wird hier negativ, durch Herausnahme dieser Sachverhalte aus dem Bereich der Hausgeburten definiert, um ein bestimmtes Ergebnis, nämlich die Vermeidung oder Reduzierung von Geburtsschäden zu erreichen. Dass zur Sicherung von Ergebnisqualität grundsätzlich auch gehören kann, Ausschlusskriterien zu bestimmen, ergibt sich etwa aus § 137 SGB V ("Richtlinien und Beschlüsse zur Qualitätssicherung") und dort speziell aus § 137 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB V, wonach der Gemeinsame Bundessauschuss für Krankenhäuser Beschlüsse über einen Katalog planbarer Leistungen fasst, bei denen die Qualität des Behandlungsergebnisses in besonderem Maße von der Menge der erbrachten Leistungen abhängig ist, und der Gemeinsame Bundesausschuss – bestimmte Leistungserbringer ausschließende – Mindestmengen für die jeweiligen Leistungen je Arzt oder Krankenhaus bestimmt. Soweit in § 10 Abs. 3 Anlage 3, Beiblatt 1 des Vertrages vom 25. September 2015 Risikosachverhalte (z.B. Zustand nach vorzeitiger Plazentaablösung) festgelegt werden, in denen eine Hausgeburt möglich sein soll, jedoch nur "nach gründlicher Abklärung durch weitere Diagnostik, fachärztliches Konsil und ggf. Teamentscheidung sowie nach spezieller Risikoaufklärung" ("relative Ausschlusskriterien"), handelt es sich – mit diesen zusätzlichen Verfahrenssicherungen – auch um Anforderungen an die Prozessqualiltät.
Dieses weite Verständnis von "Mindestanforderungen an die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität" legen auch die Gesetzesmaterialien zu § 134a SGB V nahe. Danach sollen die Vereinbarungen zur Qualität der Hebammenhilfe nach Abs. 1 Satz 1 Mindestanforderungen in Bezug auf "sämtliche Dimensionen" der Versorgungsqualität der Hebammenhilfe beinhalten und wurde den Vertragsparteien die Aufgabe zugewiesen, die Qualität der Geburtshilfe durch Hebammen und Entbindungspfleger durch die Vereinbarung notwendiger Mindeststandards "umfassend" sicherzustellen (BT-Drs. 17/10170, Seite 26).
(2) Ein Verstoß gegen den Wesentlichkeitsvorbehalt ist damit zumindest nicht offenkundig verbunden. Zwar erscheint dieses weite Verständnis, soweit damit die Ausschlusskriterien in Anlage 3, Beiblatt 1, gerechtfertigt werden sollen, unter Berücksichtigung der Wesentlichkeitslehre nicht unproblematisch. Während z.B. § 137 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB V ausdrücklich zur Regelung von Mindestmengen ermächtigt, macht § 134a Abs. 1a Satz 2 SGB V zur konkreten berufsausübungsregelnden Art und Weise der Qualitätssicherung keine Angaben. Der Umfang des Wesentlichkeitsvorbehalts wird jedoch nicht schematisch bestimmt. Dieser besagt, dass staatliches Handeln in grundlegenden Bereichen durch Parlamentsgesetz legitimiert sein muss. Der parlamentarische Gesetzgeber ist verpflichtet, alle wesentlichen Entscheidungen in ihren Grundzügen selbst zu treffen, und darf dies nicht anderen Normgebern oder der Exekutive überlassen. Wann es danach einer Regelung durch Parlamentsgesetz bedarf und wie weit die parlamentsgesetzlichen Vorgaben ins Einzelne gehen müssen, lässt sich nur mit Blick auf den jeweiligen Sachbereich und auf die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes beurteilen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Dezember 2004 – B 6 KA 84/03 R – juris Rn. 39 ff.). Nach diesen Maßstäben erscheint das Fehlen eines detaillierten Normprogramms in § 134a Abs. 1 SGB V eher unschädlich. Denn § 134a Abs. 1, 1a SGB V ist auf eine vertragliche Lösung ohne staatliches Handeln im Über-/Unterordnungsverhältnis zugeschnitten ist. Dieser Rahmen wird zwar durch die Entscheidung der Schiedsstelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, teilweise wieder verlassen. Ihre Schiedssprüche sind jedoch ebenso wie die von ihnen ersetzten Vereinbarungen der vorrangig zum Vertragsabschluss berufenen Vertragsparteien auf Interessenausgleich angelegt und haben Kompromisscharakter. Diese Zielrichtung, der Vertragsfreiheit auch im Schiedsstellenverfahren Ausdruck zu verleihen, gebietet Zurückhaltung bei der Anwendung der Wesentlichkeitslehre.
Gegen eine offenkundige Missachtung des Wesentlichkeitsvorbehalts spricht zudem, dass in der Literatur sogar die Festlegung einer Mindestanzahl von Geburten pro Jahr durch freiberuflich tätige Hebammen auf der Grundlage des § 134a Abs. 1, 1a Satz 2 SGB V für zulässig erachtet wird (vgl. Hess, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 87. EL 2015, § 134a SGB V, Rn. 8a; Luthe, in: Hauck/Noftz, SGB V, Erg.-Lfg. 4/15, § 134a Rn. 36; Armbruster, in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2. Aufl. 2016, § 134a, Rn. 17), obwohl eine solche Mindestmengenregelung wegen des vollständigen Ausschlusses von Hebammen ohne Mindestmenge intensiver in die Berufsausübungsfreiheit eingreifen würde als die Festlegung der Ausschlusskriterien nach Anlage 3, Beiblatt 1 des Vertrages vom 25. September 2015.
(3) Aus Art. 42 Abs. 2 Nr. 3 der RL 2005/36 EG vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. L 255/22 vom 30. September 2005) ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Rechtswidrigkeit der Festlegung der Ausschlusskriterien. Daraus ergibt sich vielmehr nur, dass Mitgliedstaaten Hebammen die Durchführung von Normalgeburten bei Kopflage gestatten müssen, wobei sogar offen gelassen wird, ob darunter auch Hausgeburten fallen.
(4) Nicht unerheblichen rechtlichen Bedenken begegnet indessen, dass die Antragsgegnerin insbesondere absolute Ausschlusskriterien festgesetzt hat, obwohl bisher – unstreitig – aussagekräftige wissenschaftliche Studien fehlen, die einen Zusammenhang solcher Ausschlusskriterien mit der Verbesserung des Schutzes der Gesundheit von Mutter und Kind wahrscheinlich erscheinen lassen. Der Antragsteller und der Beigeladene zu 1) haben übereinstimmend mitgeteilt, dass der Sachverhalt unter anderem durch Auswertung einer Studie, die im Laufe des Jahres 2016 vorgelegt werden soll, erst noch aufgeklärt werden muss. Die Ausschlusskriterien wurden weitgehend nur aus dem Ergänzungsvertrag nach § 134a SGB V über Betriebskostenpauschalen bei ambulanten Geburten in von Hebammen geleiteten Einrichtungen übernommen. Nach der Darstellung des Beigeladenen zu 1) beruhen diese Kriterien lediglich auf "nicht mit Studien belegten Meinungen anerkannter Expertinnen und Experten". Die Antragsgegnerin hat in der Begründung ihrer Beschlüsse vom 25. September 2015 dementsprechend keinen wissenschaftlichen Beleg für den Nutzen der von ihr festgelegten Ausschlusskriterien genannt, sondern vielmehr lediglich mitgeteilt, dass diese im Interesse der Gesundheit von Mutter und Kind erforderlich und angemessen seien und deshalb vor den Maßstäben des Art. 12 GG Bestand hätten. Lediglich zur Frage der ärztlichen Konsultation wegen Überschreitung des Geburtstermins hat die Antragsgegnerin auf die S 1-Leitlinie "Vorgehen bei Terminüberschreitung und Übertragung" verwiesen. Zudem findet sich ein allgemeiner Verweis auf die Mutterschafts-Richtlinien, die jedoch keine Schlussfolgerungen in Bezug auf den Nutzen der einzelnen Ausschlusskriterien zulassen.
Es erscheint zwar plausibel, dass die Gefahr von Geburtsschäden minimiert wird, wenn die Geburt bei Vorliegen bestimmter Risikofaktoren in besonders ausgestatteten Einrichtungen durchgeführt oder zusätzlich durch Fachärzte begleitet werden muss. Auch ist zu berücksichtigen, dass Schwangerschaft und Geburt schon im Regelfall besondere Gefährdungen für Mutter und Kind darstellen und ihre Gesundheit ein überragend wichtiges absolutes Gemeinschaftsgut ist, deren Schutz selbst einschneidende Eingriffe in die Freiheit der Berufswahl rechtfertigen kann. Der Schutz der Mütter und Kinder ist so wichtig und die Gefahren sind – insbesondere bei Vorliegen atypischer Risikofaktoren – so groß, dass jede mögliche Vorbeugung sogar als gesundheitspolitisch geboten angesehen werden muss (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Juni 1959 – 1 BvR 71/57 – juris Rn. 25; BVerwG, Urteil vom 21. März 1972 – 1 C 13.71 – juris Rn. 30). Dies erlaubt es, die Anforderungen an den wissenschaftlichen Nachweis des Nutzens einer Qualitätsanforderung und konkret eines Ausschlusskriteriums für den Schutz dieser Rechtsgüter stark herabzusetzen und insbesondere auf einen statistischen Nachweis eines kausalen Zusammenhangs zwischen der Qualitätsanforderung und der Verbesserung der Ergebnisqualität zu verzichten. Umgekehrt dürfte jedoch die bloße Plausibilität des Nutzens nicht ausreichen, um den mit dem jeweiligen Ausschlusskriterium verbundenen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Hebammen zu rechtfertigen. Voraussetzung dafür dürfte ein Mindestmaß an Evidenz sein, nämlich eine "nach wissenschaftlichen Maßstäben belegte Wahrscheinlichkeit" (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2012 – B 1 KR 34/12 R – juris Rn. 38) für einen Zusammenhang zwischen dem jeweiligen Ausschlusskriterium und der Verbesserung der Versorgungsqualität. Ein solcher Zusammenhang dürfte in Bezug auf die streitigen Ausschlusskriterien nicht ausreichend belegt sein.
(5) Dies erscheint auch im Hinblick auf das in § 24f SGB V vorgesehene Wahlrecht der Versicherten, im Rahmen einer Hausgeburt entbinden zu können, bedenklich. § 24f SGB V gilt zwar nicht uneingeschränkt. Die Vorschrift steht unter dem Vorbehalt des Wirtschaftlichkeitsgebots nach § 12 Abs. 1 SGB V und ist in seinem Lichte auszulegen. Dies ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB V, wonach die Krankenkassen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen nur unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 SGB V) zur Verfügung stellen. Die Leistungen müssen danach insbesondere wirtschaftlich und zweckmäßig sein. Zudem wird § 24f SGB V durch § 134a Abs. 1 und 1a SGB V eingeschränkt, da nach Satz 2 des § 134a Abs. 1 SGB V die in § 24f Satz 2 geregelte Wahlfreiheit der Versicherten bei der Vertragsgestaltung nur zu "berücksichtigen" ist. Auch die Einschränkung des Wahlrechts durch das Wirtschaftlichkeitsgebot dürfte jedoch voraussetzen, dass die Hausgeburt für die Mutter oder das Kind mit einer nach wissenschaftlichen Maßstäben belegten Wahrscheinlichkeit mit einem unverhältnismäßig hohen Schadensrisiko verbunden ist.
ff) Ein Erfolg der Klage erscheint vor diesem Hintergrund zumindest teilweise in Bezug auf bestimmte absolute Ausschlusskriterien möglich. Die Kammer sieht jedoch davon ab, die aufschiebende Wirkung der Klage vom 11. Dezember 2015 anzuordnen, weil das öffentliche Vollzugsinteresse dennoch überwiegt.
Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Beschlüsse der Antragsgegnerin vom 25. September hätte zur Folge, dass der Sicherstellungszuschlag (Haftpflichtkostenausgleich) für Hebammen mit wenigen Geburten existenzbedrohend entfiele. Dass zum Ausgleich eine Übergangsregelung, die offenbar auch der Antragsteller für erforderlich erachtet, vereinbart würde, kann das Gericht nicht mit der notwendigen Sicherheit unterstellen. Zugleich sind erhebliche Nachteile mit dem neuen Vergütungssystem nicht verbunden. Es ist nach dem Vortrag des Antragstellers insbesondere nicht deutlich geworden, dass Hebammen, die zuvor durch eine höhere Anzahl von Geburten ein ausreichendes Einkommen erzielt haben, durch den Vollzug des Vertrages unzumutbar mit Einnahmeausfällen belastet würden. Dafür spricht auch, dass der Beigeladene zu 2) das im Vertrag nach § 134a SGB V festgesetzte Vergütungssystem für sachgerecht erachtet.
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Beschlüsse vom 25. September 2015 war auch nicht teilweise hinsichtlich der Ausschlusskriterien anzuordnen. Dem steht entgegen, dass der für Hebammen mit wenigen Geburten existenzsichernde Sicherstellungszuschlag nach § 134a Abs. 1b SGB V daran gekoppelt ist, dass Hebammen die Beachtung der Qualitätsanforderungen nach Abs. 1a und damit der festgesetzten Ausschlusskriterien nachgewiesen haben (vgl. auf vertraglicher Ebene § 4 Abs. 1 der Anlage 1.4 des Vertrages i.V.m. § 5 der Anlage 1.4 und Anlage 3). Dies wiederum setzt voraus, dass die Ausschlusskriterien vollziehbar geregelt sind, was nicht der Fall wäre, wenn die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Regelungen über die Ausschlusskriterien angeordnet würde.
Durch die vorläufige Anwendung der Ausschlusskriterien werden die Mitglieder des Antragstellers nicht unzumutbar in ihrer Berufsausübungsfreiheit beeinträchtigt. Dies folgt schon daraus, dass voraussichtlich noch im Laufe dieses Jahres die von den Vertragspartnern in Auftrag gegebene Studie zum Nutzen der Qualitätskriterien erscheint und die Ausschlusskriterien dann aufgrund der im Beiblatt 1 zur Anlage 3 geregelten Dynamik "bei Bedarf inhaltlich und strukturell" geändert werden. Zudem dürfte auch der Antragsteller nicht in Abrede stellen, dass die festgesetzten Qualitätskriterien zumindest auf sachlichen Erwägungen beruhen. Anders ist nicht zu erklären, weshalb der Antragsteller seit 2008 weitgehend identische Kriterien in von Hebammen geleiteten Einrichtungen – wenn auch nur als "Versuchsballon" und in Gestalt einer Orientierungshilfe – akzeptiert hat. Der Antragsteller hat zudem nicht schlüssig dargelegt, in welchem Umfang die Ausschlusskriterien seine Mitglieder überhaupt konkret zusätzlich belasten. Er hat konkret lediglich vorgetragen, eine Hebamme müsse die Geburtsbetreuung ablehnen, wenn sich eine Versicherte keiner ärztlichen Untersuchung unterziehen wolle, ferner, wenn ein ärztliches Konsil am Wochenende stattfinden müsse. Dies erscheint bereits in tatsächlicher Hinsicht nicht überzeugend. Eine ärztliche "Untersuchung" wird im Rahmen der relativen Ausschlusskriterien nicht verlangt; ein ärztliches Konsil (Beratung der Hebamme) dürfte regelmäßig auch an Wochenenden z.B. im Rahmen von Notfalldiensten möglich sein.
Gegen eine unzumutbare Beeinträchtigung der Mitglieder des Antragstellers spricht zudem, dass der Antragsteller die Kriterien nach eigenen Angaben als "verbindlichen Indikationskatalog" angenommen hätte. Zwischen einem verbindlichen Indikationskatalog und den von der Antragsgegnerin festgelegten Ausschlusskriterien besteht grundrechtlich betrachtet kein gravierender Unterschied, da auch bei einem "Indikationskatalog" der Entscheidungsspielraum der Hebamme eingeschränkt wird. Darüber hinaus wird der Umfang, in dem Hebammen eigenständig Geburtshilfe leisten können, ohnehin bereits berufsrechtlich erheblich eingeschränkt. Zum Beispiel regelt § 3 Abs. 2 der Bayerischen Berufsordnung für Hebammen, dass Hebammen und Entbindungspfleger auf Regelwidrigkeiten und Risikofaktoren zu achten und beim Auftreten von Regelwidrigkeiten die Hinzuziehung einer Ärztin oder eines Arztes oder die Einweisung in ein Krankenhaus zu veranlassen haben. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, inwieweit seine Mitglieder in den als absolute Ausschlusskriterien geregelten Fällen bisher überhaupt Hausgeburten durchgeführt haben oder davon ohnehin aus berufsrechtlichen Gründen oder weil sie Hausgeburten in solchen Fällen selbst für zu risikoreich erachten, Abstand genommen haben. Hinsichtlich der relativen Ausschlusskriterien liegt im Übrigen von vornherein eine eher geringe Grundrechtsbetroffenheit vor. Denn in diesen Fällen ist eine Hausgeburt möglich und besteht im Wesentlichen nur die Einschränkung, dass gründlicher diagnostiziert und ein Arzt beratend hinzugezogen werden muss, wozu bereits eine telefonische Rücksprache genügen dürfte. Schließlich regeln die Ausschlusskriterien nur, ob die Leistung im Rahmen des Systems der GKV erbracht werden kann. Den betroffenen Hebammen steht es jederzeit frei, die Hausgeburt außerhalb dieses Systems durchzuführen, sofern berufsrechtliche Regelungen nicht entgegenstehen.
Die Kammer hat im Rahmen der Folgenabwägung auch beachtet, dass der Gesetzgeber in § 134a Abs. 1a und 1b SGB V konkrete Fristen (31. Dezember 2014 und 1. Juli 2015) zur Vereinbarung von Qualitätsanforderungen und eines Sicherstellungszuschlages festgelegt hat und es daher nur bei einem deutlichen Überwiegen der Interessen des Antragstellers hinnehmbar erscheint, diese Fristen durch Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Beschlüsse vom 25. September 2015 weiter – unter Umständen über einen längeren Zeitraum – außer Kraft zu setzen. Ein solcher Fall liegt nicht vor.
Ob die Anordnung der aufschiebenden Wirkung darüber hinaus sogar zu beträchtlichen Einnahmeausfällen der Hebammen deshalb führen würde, weil die Vollziehbarkeit der Qualitätskriterien im Vertrag nach § 134a SGB V Voraussetzung für eine fünfprozentige Erhöhung der Vergütung ist (vgl. dazu gerichtliches Schreiben vom 9. Februar 2016), kann bei dieser Interessenlage offen bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG. Ein Abschlag für das einstweilige Rechtsschutzverfahren war aufgrund der Bedeutung der Sache für den Antragsteller nicht vorzunehmen.
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