Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
25
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 25 (13) AL 344/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Beklagte wird in Abänderung des Bescheids vom 26.07.2004 unter Aufhebung des Bescheids vom 21.07.2004 jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.08.2004 verurteilt, dem Kläger ab dem 06.07.2004 Arbeitslosengeld ohne Anrechnung eines Minderungsbetrages gemäß § 140 SGB III zu zahlen. Die Berufung wird zugelassen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob dem Kläger zurecht das Arbeitslosengeld wegen verspäteter Meldung gemindert wurde.
Der Kläger arbeitet vom 01.10.2002 bis 30.06.2004 als Mitarbeiter im Vertrieb der T GmbH & Co KG. Das Arbeitsverhältnis endete durch fristgemäße Kündigung der Arbeitgeberin vom 21.01.2004 zum 30.06.2004, welche dem Kläger am 24.01.2004 (Samstag) zuging. Am 04.02.2004 meldete sich der Kläger dann persönlich arbeitssuchend. Die Beklagte bewilligte dem Kläger gegenüber mit Bescheid vom 26.07.2004 zwar Arbeitslosengeld, minderte aber gleichzeitig den Anspruch in Höhe von 650, - Euro und machte dem Kläger hierüber in einem gesonderten Bescheid vom 21.07.2004 entsprechend Mitteilung; hier teilte die Beklagte mit, der Kläger habe sich insgesamt 13 Tage verspätet arbeitssuchend gemeldet, der Anspruch auf Arbeitslosengeld sei daher um 650,- Euro zu mindern.
Gegen den Bescheid legte der Kläger mit Datum 28.07.2004 fristgerecht Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 10.08.2004 reduzierte die Beklagte den Minderungsbetrag auf 500,- EUR wies den Widerspruch aber im übrigen als unbegründet zurück. Sie gehe von einer 10-tägigen Verspätung aus.
Die Kläger ist der Ansicht, die unverzügliche Meldepflicht müsse im Lichte der drei Monats-Regelung im Sinne von § 37 b S. 2 SGB III für befristete Arbeitsverhältnisse verfassungskonform ausgelegt werden, andernfalls läge darin ein Verstoß gegen Art. 3 GG, weil bei längerfristigen Kündigungszeiten – wie hier – Arbeitnehmer in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis gegenüber Arbeitnehmern in einem befristeten Arbeitsverhältnis benachteiligt würden, da die Arbeitnehmer in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis sich wesentlich früher arbeitssuchend melden müßten. Außerdem gehe die Beklagte selbst von 7 Kalendertagen für die Unverzüglichkeit aus; daraus resultiere, dass der Kläger sich allenfalls maximal 5 Tage verspätet habe.
Mit seiner am 00.00.0000 erhobenen Klage – beim Sozialgericht Düsseldorf am 30.08.2004 eingegangen – verfolgt der Kläger weiterhin sein Begehren, den Minderungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides aufzuheben.
Der Kläger beantragt,
Die Beklagte in Abänderung des Bescheids vom 26.07.2004 unter Aufhebung des Bescheids vom 21.07.2004 jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.08.2004 zu verurteilen, dem Kläger ab dem 06.07.2004 Arbeitslosengeld ohne Anrechnung eines Minderungsbetrages gemäß § 140 SGB III zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beteiligten wurden zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid mit gerichtlichem Schreiben vom 03.11.2005 angehört; das Gericht verwies in dem Anhörungsschreiben auch auf zwei Entscheidungen des Sozialgerichts Berlin – S 77 AL 3781/04 und S 77 AL 4561/04. Die Beteiligten erklärten zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid ihr Einverständnis; der Kläger mit Schriftsatz vom 07.11.2005; die Beklagte mit Schriftsatz vom 08.11.2005.
Die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten (Kd.-Nr. 000000) lag vor. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Verfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte sowie den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Gericht kann gem. § 105 I Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Gerichtsbescheid und damit ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten hierzu angehört wurden.
II. Die Klage ist form- und fristgerecht erhoben worden. Sie ist im Übrigen auch zulässig und als Anfechtungsklage im Sinne von § 54 I SGG statthaft.
III. Die Klage ist begründet. Der angefochtenen Bescheid ist rechtswidrig. Der Minderungsbescheid im Sinne von § 140 SGB III in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtswidrig. Der Kläger ist in seinen Rechten verletzt – § 54 II 1 SGG. Der Kläger hat nicht die Meldeobliegenheit gemäß § 37b S. 1 SGB III verletzt. Nach § 140 Satz 1 SGB III mindert sich das Arbeitslosengeld, wenn sich der Arbeitslose entgegen § 37b SGB III nicht unverzüglich arbeitssuchend gemeldet hat. Gemäß § 37b SGB III sind Personen, deren Versicherungspflichtverhältnis endet, verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden (Satz 1). Im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses hat die Meldung jedoch frühestens drei Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen. Der Kläger ist unter Berücksichtigung der Meldeverpflichtung bei befristeten Arbeitsverhältnissen im Sinne von § 37b S. 2 SGB III insbesondere seiner Verpflichtung, sich unverzüglich arbeitssuchend zu melden, nachgekommen.
Bei unbefristeten Arbeitsverhältnissen und sonstigen Versicherungspflichtverhältnissen bestimmt § 37b S 1 SGB 3 hinreichend deutlich, wann die Arbeitslosmeldung zu erfolgen hat. Denn der Begriff "unverzüglich" ist so zu verstehen, dass sich der Betroffene ohne schuldhaftes Zögern melden muss. Die in § 121 I 1 BGB enthaltene Legaldefinition für den Begriff "unverzüglich" gilt zwar grundsätzlich nur für den Bereich des Privatrechts, dennoch bestehen keine Bedenken dagegen, diese Norm - wie andere allgemeine Normen des Zivilrechts auch - auf sozialrechtliche Vorschriften anzuwenden (vgl. SG Aachen, Urteil vom 24. September 2004, Az: S 8 AL 81/04; im Ergebnis auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 9. Juni 2004, Az: L 3 AL 1267/04). Aus der Legaldefinition des Begriffes Unverzüglichkeit nach § 121 Abs 1 S 1 BGB folgt, dass eine Verletzung der in § 37b S 1 SGB 3 normierten Verpflichtung zur unverzüglichen Meldung nur angenommen werden kann, wenn diese schuldhaft, also zumindest fahrlässig herbeigeführt wird. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht läßt. – § 276 I 2 BGB (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 9. Juni 2004, Az: L 3 AL 1267/04)
Dabei ist ein enger Verschuldensmaßstab anzulegen und auch bei unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen eine Meldung der Arbeitssuche, die erst drei Monate vor Beschäftigungsende erfolgt, als nicht grob fahrlässig zu beurteilen (vgl.: SG Berlin, Urteil vom 29. November 2004, Az: S 77 AL 3781/04). Andernfalls würde eine im Hinblick auf Art. 3 GG bedenkliche Ungleichbehandlung vorliegen, wenn Arbeitnehmern, die aus befristeten Arbeitsverhältnissen ausscheiden, eine längere Frist zur Meldung der Arbeitssuche eingeräumt würde, wie dies § 37b Satz 2 SGB III vorzusehen scheint. Für eine solche Ungleichbehandlung gibt es nach Auffassung des Gerichts keinen vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund. Hier würden Versicherte in befristeten Beschäftigungsverhältnissen vor Sanktionen geschützt und gegenüber Arbeitnehmern, die in mindestens acht Jahre dauernden, unbefristeten Arbeitsverhältnissen standen, bevorzugt. Nach § 622 Abs. 2 BGB beträgt die gesetzliche Kündigungsfrist nach § 622 Abs. 2 Nr. 3 BGB drei Monate zum Ende eines Kalendermonats, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen acht Jahre bestanden hat. Ein Grund oder Zweck einer solchen Bevorzugung ist für das Gericht nicht erkennbar. Vielmehr geht das Gericht (in Übereinstimmung mit dem SG Berlin, aaO) davon aus, dass Arbeitnehmer, die aus langjähriger Beschäftigung ausscheiden, wegen ihrer aktuellen, präsenten erheblichen Berufserfahrung deutlich leichter zu vermitteln sind als Arbeitnehmer, die nur in – regelmäßig aus Zwecken der Arbeitserprobung – befristeten Beschäftigungsverhältnissen tätig waren. Da der Gesetzgeber vom Regelfall auszugehen hat, findet sich kein überzeugender oder einleuchtender Grund für diese Ungleichbehandlung. Für die Situation, in der sich der Kläger befand, ist überdies darauf hinzuweisen, dass die lange Kündigungsfrist ohnehin nicht aus der Dauer des Beschäftigungsverhältnis resultiert. Der Kläger war lediglich in der Zeit vom 01.10.2002 bis 30.06.2004 in den Diensten der T GmbH & Co KG. Die lange Kündigungsfrist zum 30.06.2004 resultiert daher nicht aus der Dauer des Beschäftigungsverhältnis so wie es die gesetzlichen Kündigungsfristen gemäß § 622 Abs. 2 Nr. 3 BGB nahelegen. Da der Kläger daher ebenso wie ein befristet Beschäftigter nur verhältnismäßig kurz beschäftigt war, sind sachliche Gründe für eine Ungleichbehandlung auch aus diesem Grunde nicht zu erkennen. Verfassungswidrige Folgen können daher für die Betroffenen und damit für den Kläger nur insofern vermieden werden, als dass die Meldefrist bei befristeten Arbeitsverhältnis im Sinne von § 37b S. 2 SGB III auch für die Meldeobliegenheit nach § 37b S.1 SGB III bei unbefristeten Arbeitsverhältnisses zur Anwendung kommt.
Nach Auffassung des Gerichts traf den Kläger daher erst eine Meldepflicht am 31.03.2004 und nicht – wie die Beklagte unterstellt – unverzüglich unter Berücksichtigung der 7-tägigen Karenzfrist innerhalb von 7 Tagen nach Erhalt der Kündigung. Der Kläger meldete sich aber bereits am 04.02.2004 bei der zuständigen Agentur für Arbeit arbeitssuchend und ist daher noch vor Beginn der Dreimonats-Frist seiner Meldeobliegenheit nach § 37b SGB III nachgekommen, die sich unter Berücksichtigung des Maßstabs des § 37b S. 2 SGB III für befristete Arbeitsverhältnisse auch für unbefristete Arbeitsverhältnis mit längerer Auslauffrist ergibt.
Aus diesem Grunde war der Klage stattzugeben.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
V. Das Gericht hat die Berufung zugelassen, weil die Voraussetzungen der § 144 II Nr. 1 SGG vorliegen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung – insbesondere im Hinblick auf die sozialrechtliche Interpretation des Begriffs "unverzüglich".
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob dem Kläger zurecht das Arbeitslosengeld wegen verspäteter Meldung gemindert wurde.
Der Kläger arbeitet vom 01.10.2002 bis 30.06.2004 als Mitarbeiter im Vertrieb der T GmbH & Co KG. Das Arbeitsverhältnis endete durch fristgemäße Kündigung der Arbeitgeberin vom 21.01.2004 zum 30.06.2004, welche dem Kläger am 24.01.2004 (Samstag) zuging. Am 04.02.2004 meldete sich der Kläger dann persönlich arbeitssuchend. Die Beklagte bewilligte dem Kläger gegenüber mit Bescheid vom 26.07.2004 zwar Arbeitslosengeld, minderte aber gleichzeitig den Anspruch in Höhe von 650, - Euro und machte dem Kläger hierüber in einem gesonderten Bescheid vom 21.07.2004 entsprechend Mitteilung; hier teilte die Beklagte mit, der Kläger habe sich insgesamt 13 Tage verspätet arbeitssuchend gemeldet, der Anspruch auf Arbeitslosengeld sei daher um 650,- Euro zu mindern.
Gegen den Bescheid legte der Kläger mit Datum 28.07.2004 fristgerecht Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 10.08.2004 reduzierte die Beklagte den Minderungsbetrag auf 500,- EUR wies den Widerspruch aber im übrigen als unbegründet zurück. Sie gehe von einer 10-tägigen Verspätung aus.
Die Kläger ist der Ansicht, die unverzügliche Meldepflicht müsse im Lichte der drei Monats-Regelung im Sinne von § 37 b S. 2 SGB III für befristete Arbeitsverhältnisse verfassungskonform ausgelegt werden, andernfalls läge darin ein Verstoß gegen Art. 3 GG, weil bei längerfristigen Kündigungszeiten – wie hier – Arbeitnehmer in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis gegenüber Arbeitnehmern in einem befristeten Arbeitsverhältnis benachteiligt würden, da die Arbeitnehmer in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis sich wesentlich früher arbeitssuchend melden müßten. Außerdem gehe die Beklagte selbst von 7 Kalendertagen für die Unverzüglichkeit aus; daraus resultiere, dass der Kläger sich allenfalls maximal 5 Tage verspätet habe.
Mit seiner am 00.00.0000 erhobenen Klage – beim Sozialgericht Düsseldorf am 30.08.2004 eingegangen – verfolgt der Kläger weiterhin sein Begehren, den Minderungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides aufzuheben.
Der Kläger beantragt,
Die Beklagte in Abänderung des Bescheids vom 26.07.2004 unter Aufhebung des Bescheids vom 21.07.2004 jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.08.2004 zu verurteilen, dem Kläger ab dem 06.07.2004 Arbeitslosengeld ohne Anrechnung eines Minderungsbetrages gemäß § 140 SGB III zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beteiligten wurden zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid mit gerichtlichem Schreiben vom 03.11.2005 angehört; das Gericht verwies in dem Anhörungsschreiben auch auf zwei Entscheidungen des Sozialgerichts Berlin – S 77 AL 3781/04 und S 77 AL 4561/04. Die Beteiligten erklärten zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid ihr Einverständnis; der Kläger mit Schriftsatz vom 07.11.2005; die Beklagte mit Schriftsatz vom 08.11.2005.
Die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten (Kd.-Nr. 000000) lag vor. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Verfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte sowie den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Gericht kann gem. § 105 I Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Gerichtsbescheid und damit ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten hierzu angehört wurden.
II. Die Klage ist form- und fristgerecht erhoben worden. Sie ist im Übrigen auch zulässig und als Anfechtungsklage im Sinne von § 54 I SGG statthaft.
III. Die Klage ist begründet. Der angefochtenen Bescheid ist rechtswidrig. Der Minderungsbescheid im Sinne von § 140 SGB III in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtswidrig. Der Kläger ist in seinen Rechten verletzt – § 54 II 1 SGG. Der Kläger hat nicht die Meldeobliegenheit gemäß § 37b S. 1 SGB III verletzt. Nach § 140 Satz 1 SGB III mindert sich das Arbeitslosengeld, wenn sich der Arbeitslose entgegen § 37b SGB III nicht unverzüglich arbeitssuchend gemeldet hat. Gemäß § 37b SGB III sind Personen, deren Versicherungspflichtverhältnis endet, verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden (Satz 1). Im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses hat die Meldung jedoch frühestens drei Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen. Der Kläger ist unter Berücksichtigung der Meldeverpflichtung bei befristeten Arbeitsverhältnissen im Sinne von § 37b S. 2 SGB III insbesondere seiner Verpflichtung, sich unverzüglich arbeitssuchend zu melden, nachgekommen.
Bei unbefristeten Arbeitsverhältnissen und sonstigen Versicherungspflichtverhältnissen bestimmt § 37b S 1 SGB 3 hinreichend deutlich, wann die Arbeitslosmeldung zu erfolgen hat. Denn der Begriff "unverzüglich" ist so zu verstehen, dass sich der Betroffene ohne schuldhaftes Zögern melden muss. Die in § 121 I 1 BGB enthaltene Legaldefinition für den Begriff "unverzüglich" gilt zwar grundsätzlich nur für den Bereich des Privatrechts, dennoch bestehen keine Bedenken dagegen, diese Norm - wie andere allgemeine Normen des Zivilrechts auch - auf sozialrechtliche Vorschriften anzuwenden (vgl. SG Aachen, Urteil vom 24. September 2004, Az: S 8 AL 81/04; im Ergebnis auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 9. Juni 2004, Az: L 3 AL 1267/04). Aus der Legaldefinition des Begriffes Unverzüglichkeit nach § 121 Abs 1 S 1 BGB folgt, dass eine Verletzung der in § 37b S 1 SGB 3 normierten Verpflichtung zur unverzüglichen Meldung nur angenommen werden kann, wenn diese schuldhaft, also zumindest fahrlässig herbeigeführt wird. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht läßt. – § 276 I 2 BGB (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 9. Juni 2004, Az: L 3 AL 1267/04)
Dabei ist ein enger Verschuldensmaßstab anzulegen und auch bei unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen eine Meldung der Arbeitssuche, die erst drei Monate vor Beschäftigungsende erfolgt, als nicht grob fahrlässig zu beurteilen (vgl.: SG Berlin, Urteil vom 29. November 2004, Az: S 77 AL 3781/04). Andernfalls würde eine im Hinblick auf Art. 3 GG bedenkliche Ungleichbehandlung vorliegen, wenn Arbeitnehmern, die aus befristeten Arbeitsverhältnissen ausscheiden, eine längere Frist zur Meldung der Arbeitssuche eingeräumt würde, wie dies § 37b Satz 2 SGB III vorzusehen scheint. Für eine solche Ungleichbehandlung gibt es nach Auffassung des Gerichts keinen vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund. Hier würden Versicherte in befristeten Beschäftigungsverhältnissen vor Sanktionen geschützt und gegenüber Arbeitnehmern, die in mindestens acht Jahre dauernden, unbefristeten Arbeitsverhältnissen standen, bevorzugt. Nach § 622 Abs. 2 BGB beträgt die gesetzliche Kündigungsfrist nach § 622 Abs. 2 Nr. 3 BGB drei Monate zum Ende eines Kalendermonats, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen acht Jahre bestanden hat. Ein Grund oder Zweck einer solchen Bevorzugung ist für das Gericht nicht erkennbar. Vielmehr geht das Gericht (in Übereinstimmung mit dem SG Berlin, aaO) davon aus, dass Arbeitnehmer, die aus langjähriger Beschäftigung ausscheiden, wegen ihrer aktuellen, präsenten erheblichen Berufserfahrung deutlich leichter zu vermitteln sind als Arbeitnehmer, die nur in – regelmäßig aus Zwecken der Arbeitserprobung – befristeten Beschäftigungsverhältnissen tätig waren. Da der Gesetzgeber vom Regelfall auszugehen hat, findet sich kein überzeugender oder einleuchtender Grund für diese Ungleichbehandlung. Für die Situation, in der sich der Kläger befand, ist überdies darauf hinzuweisen, dass die lange Kündigungsfrist ohnehin nicht aus der Dauer des Beschäftigungsverhältnis resultiert. Der Kläger war lediglich in der Zeit vom 01.10.2002 bis 30.06.2004 in den Diensten der T GmbH & Co KG. Die lange Kündigungsfrist zum 30.06.2004 resultiert daher nicht aus der Dauer des Beschäftigungsverhältnis so wie es die gesetzlichen Kündigungsfristen gemäß § 622 Abs. 2 Nr. 3 BGB nahelegen. Da der Kläger daher ebenso wie ein befristet Beschäftigter nur verhältnismäßig kurz beschäftigt war, sind sachliche Gründe für eine Ungleichbehandlung auch aus diesem Grunde nicht zu erkennen. Verfassungswidrige Folgen können daher für die Betroffenen und damit für den Kläger nur insofern vermieden werden, als dass die Meldefrist bei befristeten Arbeitsverhältnis im Sinne von § 37b S. 2 SGB III auch für die Meldeobliegenheit nach § 37b S.1 SGB III bei unbefristeten Arbeitsverhältnisses zur Anwendung kommt.
Nach Auffassung des Gerichts traf den Kläger daher erst eine Meldepflicht am 31.03.2004 und nicht – wie die Beklagte unterstellt – unverzüglich unter Berücksichtigung der 7-tägigen Karenzfrist innerhalb von 7 Tagen nach Erhalt der Kündigung. Der Kläger meldete sich aber bereits am 04.02.2004 bei der zuständigen Agentur für Arbeit arbeitssuchend und ist daher noch vor Beginn der Dreimonats-Frist seiner Meldeobliegenheit nach § 37b SGB III nachgekommen, die sich unter Berücksichtigung des Maßstabs des § 37b S. 2 SGB III für befristete Arbeitsverhältnisse auch für unbefristete Arbeitsverhältnis mit längerer Auslauffrist ergibt.
Aus diesem Grunde war der Klage stattzugeben.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
V. Das Gericht hat die Berufung zugelassen, weil die Voraussetzungen der § 144 II Nr. 1 SGG vorliegen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung – insbesondere im Hinblick auf die sozialrechtliche Interpretation des Begriffs "unverzüglich".
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