Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 28 AS 214/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I. Der Antragsteller wendet sich gegen die Absenkung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch –Grundsicherung für Arbeitssuchende- (SGB II).
Der 1953 geborene Antragsteller steht bei der Antragsgegnerin im laufenden Leistungsbezug nach dem SGB II. Mit Schreiben vom 06.03.2006 unterbreitete die Antragsgegnerin dem Antragsteller einen Vermittlungsvorschlag nach § 16 Abs. 3 SGB II für einen sogenannten 1-Euro-Job bei dem Träger A E (AXE) und bat um dortige Vorstellung. Der Antragsteller nahm am 08.03.2006 einen Vorstellungstermin bei der AXE wahr. Nach Mitteilung der AXE (e-mail der Mitarbeiterin Frau U1 vom 16.03.2006) seien dem Antragsteller dort zwei Vorschläge für eine Tätigkeit im U2 S (technischer Zeichner/Bürohilfskraft) und zwei Vorschläge als Schulhofaufsicht unterbreitet worden. Der Antragsteller habe sich für keinen Vorschlag entschieden und das Ausfüllen einer Niederschrift verweigert.
Mit Schreiben vom 05.04.2006 führte die Antragsgegnerin eine Anhörung des Antragstellers im Hinblick auf eine beabsichtigte Absenkung des Arbeitslosengeldes II durch. Sie teilte mit, der Antragsteller habe sich am 08.03.2006 trotz Belehrung über die Rechtsfolgen geweigert, eine nach § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II zumutbare Arbeit auszuführen. Ihm werde Gelegenheit eingeräumt, sich zum Sachverhalt zu äußern. Der Antragsteller machte daraufhin mit Schreiben vom 12.04.2006 geltend, er habe zum genannten Termin keine Arbeit zu einer 1-Euro-Tätigkeit abgelehnt, vielmehr habe er gebeten, ihm eine Erwerbstätigkeit zu vermitteln, wovon er existieren könne.
Mit Bescheid vom 05.05.2006 verfügte die Antragsgegnerin die Absenkung des Arbeitslosengeldes II für die Zeit vom 1.6.2006 bis zum 31.08.2006 um 30%. Die Absenkung betrage maximal 104,00 Euro monatlich und beruhe auf § 31 Abs. 1 Nr. 1c SGB II (Zustandekommen einer zumutbaren Tätigkeit verhindert). Unter dem 11.05.2006 verfügte die Antragsgegnerin mit Bescheid wiederholt die Absenkung des Arbeitslosengeldes II um 30% für die Zeit vom 1.6.2006 bis zum 31.8.2006. Der Bescheid ist in Form und Wortlaut identisch mit dem Bescheid vom 05.05.2006. Mit Änderungsbescheid vom 12.05.2006 berechnete die Antragsgegnerin die Leistungen für die Zeit vom 01.06.2006 bis zum 30.11.2006 neu und bewilligte dem Antragsteller in der Zeit vom 01.06.2006 bis 31.08.2006 Leistungen in Höhe von 486,00 Euro und für die Zeit vom 01.09.2006 bis zum 30.11.2006 in Höhe von 590,00 Euro. In der Leistungsberechnung führte sie für die Zeit vom 1.6.2006 bis zum 31.08.2006 einen Minderungsbetrag in Höhe von 104,00 Euro auf.
Mit seinem Widerspruch vom 30.05.2006 –eingegangen am 02.06.2006- gegen den Bescheid vom 05.05.2006 machte der Antragsteller im wesentlichen geltend, dem Bescheid fehle es an einer nachvollziehbaren Begründung. Es seien weder Zeit und Datum bzw. Ort und Firma, auf den sich dieser Bescheid beziehe, mitgeteilt worden. Er habe keine Arbeit oder ähnliches abgelehnt. Mit Schreiben vom 08.06.2006 –eingegangen am 12.06.2006- legte der Antragsteller Widerspruch gegen den Bescheid vom 12.05.2006 ein und verwies zur Begründung auf sein Widerspruchsschreiben vom 30.05.2006.
Der Antragsteller hat am 09.06.2006 Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes erhoben. Er trägt im wesentlichen vor, ihm seien die zwar angekündigten Kürzungen erst nachträglich mit Bescheid vom 12.05.2006 bekannt gegeben worden, was bereits nicht statthaft sein dürfte. Die Begründungen für die Maßnahmen halte er nicht für stichhaltig. Wegen Verzugs nicht wieder gut zu machender Tatsachen ersuche er um vorläufigen Rechtsschutz.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Leistungskürzungen ab dem 01.06.2006 aufzuheben und den vollen Leistungssatz in Höhe von 590,00 Euro an ihn zu zahlen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Es mangele dem Antrag bereits am Anordnungsgrund. Der vorübergehende Verzicht auf in Höhe der abgesenkten Regelleistungen –die Kosten der Unterkunft würden weiterhin vollumfänglich übernommen- verursache keine schlechthin unzumutbaren Folgen. Das zeige die gesetzliche Regelung des § 31 Abs. 3 Satz 3 SGB II, wonach erst bei einer Kürzung der Leistungen über 30% die ergänzende Gewährung von Sachleistungen zur Sicherung des Existenzminimums vorgesehen sei. Andernfalls liefe der Sanktionsgedanke ins Leere. Der unerlässliche Bedarf sei mit 70% der Regelleistungen als gedeckt zu sehen (Beschluss des SG Düsseldorf vom 28.10.2005 –S 29 AS 95/05 ER-). Darüber hinaus bestehe auch kein Anordnungsanspruch. Der Antragsteller habe es abgelehnt, eine ihm konkret angebotene und zumutbare Arbeitsgelegenheit aufzunehmen, ohne stichhaltige Gründe für sein Verhalten zu benennen. Sein Wunsch auf Vermittlung einer Erwerbstätigkeit, die ihn in die Lage versetzt, unabhängig von Leistungen nach dem SGB II zu leben, entbinde den Antragsteller nicht von seiner Verpflichtung, die ihm angebotene Arbeitsgelegenheit anzunehmen.
Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 04.07.2006 im wesentlichen und sinngemäß erwidert, er weise die Ausführungen der Antragsgegnerin als unrichtig zurück. Ein Anordnungsgrund bestehe allein deshalb, weil Leistungen ohne Berechtigung gekürzt worden seien und hierdurch existentielle Belange berührt seien. Die Sorge um eine Obdachlosigkeit sei nicht auszuschließen.
Die Antragsgegnerin hat eine Kopie des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2006, mit dem der Widerspruch des Antragstellers vom 08.06.2006 gegen den Änderungsbescheid vom 12.05.2006 zurückgewiesen worden ist, zur Gerichtsakte gereicht. Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Antragsteller am 28.07.2006 vor dem erkennenden Gericht Klage erhoben (S 00 AS 000/00 SG Düsseldorf).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten Bezug genommen.
II. Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bleibt ohne Erfolg.
Das sinngemäße Begehren des Antragstellers, die mit Bescheid vom 05.05.2006 (und mit identischem Bescheid vom 11.05.2006, der als bloß wiederholender Verwaltungsakt keine eigenständige Rechtswirkung entfaltet und deshalb bei der folgenden Rechtsprüfung zu vernachlässigen ist) angeordnete Absenkung der Regelleistungen für die Zeit vom 01.06.2006 bis zum 31.08.2006 aufzuheben mit dem Ziel der Weitergewährung von ungekürzten Leistungen, wird verfahrensrechtlich vom Gericht dahingehend ausgelegt (§ 123 Sozialgerichtsgesetz- SGG-), dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 30.05.2006 –eingegangen am 02.06.2006- gegen den Absenkungsbescheid vom 05.05.2006 bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens angeordnet werden soll (Anordnungsfall des § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz –SGG-). Denn ein fristgemäß erhobener Widerspruch gegen den Absenkungsbescheid entfaltet gemäß § 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG in Verbindung mit § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung. Wird die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Absenkungsbescheid gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG angeordnet, erreicht der Antragsteller sein Ziel, nämlich die vorläufige Weitergewährung der Leistungen nach dem SGB II in bisheriger Höhe.
Bei dem Änderungsbescheid vom 12.05.2006, mit dem die Leistungen für die Absenkungszeiträume Juni 2006 bis August 2006 neu berechnet worden sind, dürfte es sich um einen Ausführungsbescheid hinsichtlich der mit Bescheid vom 05.05.2006 angeordneten Absenkung handeln. Dieser Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.07.2006 ist aufgrund der fristgerechten Klageerhebung vom 28.07.2006 (S 00 AS 000/00 SG Düsseldorf) noch nicht in Bestandskraft erwachsen, d.h. noch nicht zwischen den Beteiligten bindend (§ 77 SGG). Bei Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Absenkungsbescheid vom 05.05.2006 stünde er mithin der vorläufigen Zahlung von ungekürzten Leistungen nicht entgegen.
Der so verstandene Antrag bleibt erfolglos.
Nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen der Widerspruch und die Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung hat, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht entscheidet aufgrund einer Interessenabwägung, wobei die Abwägung zwischen dem privaten Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der sofortigen Vollziehung und dem öffentlichen Interesse der Verwaltung an der sofortigen Vollziehung zu erfolgen hat. Im Vordergrund steht hierbei die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Ist der angefochtene Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig und ist der Betroffene dadurch in seinen subjektiven Rechten verletzt, wird ausgesetzt, weil ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Vollziehung nicht erkennbar ist. Ist die Klage aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Sind die Erfolgsaussichten nicht in dieser Weise abschätzbar, bleibt eine allgemeine Interessenabwägung (zum Ganzen: Meyer-Ladewig/Leitherer/ Keller, SGG, 8. Auflage 2005, § 86 b Rdn. 12c).
Nach summarischer Prüfung der Sach –und Rechtslage kann eine Prognose über den Ausgang des Rechtsstreits nicht getroffen werden. Es ist im jetzigen Verfahrensstadium nicht abschätzbar, ob der Absenkungsbescheid vom 05.05.2006 der rechtlichen Überprüfung standhält. Zwar dürfte eine Aufhebung des Bescheides aus formell-rechtlichen Gründen nicht in Betracht kommen (1). Hinsichtlich der Beantwortung der entscheidungserheblichen materiell-rechtlichen Frage, ob dem Antragsteller ein pflichtwidriges Verhalten im Sinne des § 31 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe d) SGB II vorzuwerfen ist, sind weitere Beweisermittlungen, u.a. eine Zeugenvernehmung, erforderlich, welche dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben (2).
(1) Ein Anspruch auf Aufhebung des Absenkungsbescheides vom 05.05.2006 wegen formeller Fehlerhaftigkeit besteht nicht, obgleich der Bescheid vom 05.05.2006 an einer fehlerhaften Begründung leiden dürfte. Aus der Begründung muss ersichtlich sein, welche tatsächlichen und rechtlichen Gründe für die Entscheidung wesentlich waren (§ 35 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch –Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz- SGB X). Diesen Anforderungen entspricht der Bescheid vom 05.05.2006 nicht. Er benennt mit der Regelung des § 31 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe c) SGB II eine fehlerhafte Rechtsgrundlage. Da die Antragsgegnerin dem Antragsteller zu Last legt, er habe die Aufnahme einer ihm angebotenen gemeinnützigen Arbeit im Sinne des § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II (1-Euro-Job) verweigert, ist zutreffende Rechtsgrundlage Buchstabe d) der genannten Regelung. Auch mangelt es dem Bescheid an näheren Ausführungen, wann von dem Antragsteller welche ihm konkret angebotene Arbeitsgelegenheit nicht wahrgenommen worden ist. Letzteres dürfte aber mit Blick auf das Anhörungsschreiben vom 05.04.2006 und dem Antwortschreiben des Antragstellers vom 12.04.2006 im Sinne von § 35 Abs. 2 Nr. 2 SGB X unschädlich sein, weil der Antragsteller im Rahmen der Anhörung darüber in Kenntnis gesetzt worden ist, dass die Behörde Sanktionen aufgrund der Vorgänge anlässlich seiner Vorsprache bei der AXE am 08.03.2006 beabsichtigt. Da er in seinem Antwortschreiben selbst ausführt, er habe zu dem genannten Termin keinen 1-Euro-Job abgelehnt, dürfte ihm bei Erhalt des Absenkungsbescheides vom 05.05.2006 erkennbar gewesen sein, dass sich die verfügten Sanktionen auf die Vorgänge anlässlich des Vorstellungstermins am 08.03.2006 beziehen. Dies kann aber letztlich dahingestellt bleiben, denn selbst bei Annahme einer fehlerhaften Begründung des belastenden Absenkungsbescheides vom 05.05.2006 kann der Antragsteller eine Aufhebung des Bescheides allein aufgrund der formellen Rechtswidrigkeit nicht verlangen. Die Absenkung von Arbeitslosengeld II nach § 31 Abs. 1 SGB II ist zwingende Rechtsfolge, wenn eine Tatbestandsvariante (hier nach Satz 1 Buchstabe d) erfüllt ist. Bei einem solchen gebundenen Verwaltungsakt wirken sich bloße Begründungsmängel oder Begründungsfehler auf die Rechtmäßigkeit der Regelung selbst nicht aus und rechtfertigen grundsätzlich nicht die Aufhebung des Verwaltungsaktes (zum Ganzen: von Wulffen, SGB X, § 35 Rdn. 18). Es kommt maßgebend darauf an, ob materiell-rechtlich die Voraussetzungen für den Sanktionstatbestand nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe d) erfüllt sind und sich die Entscheidung der Antragsgegnerin damit im Ergebnis als zutreffend erweist.
(2) Die Frage, ob die Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe d) SGB II im Fall des Antragstellers vorliegen und infolgedessen die Antragsgegnerin ihn zu Recht sanktioniert hat, kann im Rahmen einer summarischen Prüfung nicht abgeschätzt werden.
Das Arbeitslosengeld II wird unter Wegfall des Zuschlages nach § 24 SGB II in einer ersten Stufe um 30 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 SGB II maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn der Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, ( ...) zumutbare Arbeit nach § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II auszuführen ( ...). Dies gilt nicht, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige einen wichtigen Grund für sein Verhalten nachweist. (§ 31 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe d) und Satz 2 SGB II). Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob dem Antragsteller ein pflichtwidriges Verhalten, nämlich die Weigerung eine zumutbare Arbeitsgelegenheit aufzunehmen, vorzuwerfen ist. Der Antragsteller bestreitet ausdrücklich einen 1-Euro-Job anlässlich der Vorsprache am 08.03.2006 bei der AXE abgelehnt zu haben. Dem tritt die Antragsgegnerin entgegen und macht eine Arbeitsablehnung von Seiten des Antragstellers geltend. Bei dieser Sachlage bedarf es weiterer Ermittlungen hinsichtlich der Vorgänge anlässlich des Vorstellungstermins am 08.03.2006. Es dürfte insbesondere –nach Anhörung der Beteiligten zu den näheren Umständen des Vorstellungstermins- eine Vernehmung der Mitarbeiterin der AXE Frau U1, die mit dem Antragsteller am 08.03.2006 das Vorstellungsgespräch geführt hat, als Zeugin angezeigt sein. Da der Ausgang der Beweisaufnahme offen ist, lassen sich die Erfolgsaussichten der Rechtssache nicht eindeutig prognostizieren und das Gericht hat in eine Interessenabwägung einzutreten.
Die Abwägung fällt dahingehend aus, dass das Interesse des Antragstellers an der vorläufigen Weitergewährung ungekürzter Leistungen gegenüber dem Interesse der Behörde an der sofortigen Vollziehung des Absenkungsbescheides zurücktreten muss. Der Systematik des Gesetzes kann entnommen werden, dass in den Fällen des § 86 a Abs. 2 Nr. 1-4 SGG das Vollziehungsinteresse im Zweifel Vorrang hat. Bei dem nach § 39 SGB II in Verbindung mit § 86 a Satz 2 Nr. 4 SGG sofort vollziehbaren Absenkungsbescheid überwiegt daher regelmäßig das Vollziehungsinteresse der Behörde. Dies auch unter dem Gesichtspunkt, dass die sofortige Geltung des Absenkungsbescheides der hiermit beabsichtigten spezialpräventiven Wirkung der Absenkung Rechnung trägt: der erwerbsfähige Hilfebedürftige soll auf sein Fehlverhalten (Weigerung eine zumutbare Arbeit aufzunehmen bzw. auszuführen) zeitnah eine Reaktion in Form der Absenkung von Regelleistungen erfahren, damit er beim nächsten Arbeitsangebot Anlass sieht, sein Verhalten zu überdenken und dahingehend abzuändern, dass ein erneuter Pflichtverstoß, der dann auf der zweiten Stufe mit einer weitergehenden Absenkung der Regelleistungen als auf der ersten Stufe verbunden ist (§ 31 Abs. 3 SGB II), verhindert wird.
Nur soweit gewichtige Interessen des Antragstellers bestehen, kann es zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung kommen, so beispielsweise, wenn die sofortige Vollziehung der Verwaltungs- hier Absenkungsentscheidung für den Betroffenen eine unbillige Härte (Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz, Unbilligkeit der Sofortvollziehung) darstellen würde. Dies kann im Fall des Antragstellers nicht gesehen werden. Die Absenkung der monatlichen Regelleistungen um 30% (104,00 Euro monatlich) für die begrenzte Zeitdauer von drei Monaten ist nicht als nachhaltige Bedrohung seiner wirtschaftlichen Existenz zu werten, denn mit 70% der Regelleistung (249,00 Euro monatlich) ist der unerlässliche Bedarf zur Sicherung der alltäglichen Lebensunterhaltes als gedeckt anzusehen (vgl. SG Düsseldorf Beschlüsse vom 02.02.2006 -S 23 AS 2/06 ER- und vom 17.05.2006 –S 23 AS 61/06 ER-). Auch betrifft die Absenkung nur die Regelleistungen, nicht dagegen die Kosten der Unterkunft und Heizung, welche weiterhin voll von der Antragsgegnerin übernommen werden. Eine akute existentielle Not des Antragstellers, die die (weitere) sofortige Vollziehung der Absenkung als unbillig erscheinen lässt, ist nicht ersichtlich und vom Antragsteller auch nicht substantiiert vorgetragen bzw. hinreichend glaubhaft gemacht worden. Soweit er sinngemäß vorträgt, die Absenkungen beträfen existentielle Belange und die Sorge um eine Obdachlosigkeit sei nicht ganz auszuschließen, handelt es sich lediglich um abstrakte Äußerungen ohne Entscheidungsrelevanz. Soweit der Antragsteller befürchtet, durch die Absenkungen könnten "irreparable Tatsachen" geschaffen werden, weist das Gericht darauf hin, dass die einbehaltenen Anteile der Regelleistungen (3 x 104,00 Euro = 312,00 Euro) im Falle eines Obsiegens im Hauptsacheverfahren an den Antragsteller von der Antragsgegnerin nachzuzahlen sind und eine Nachzahlung auch erfolgen kann, da die öffentliche Hand nicht konkursfähig ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.
Gründe:
I. Der Antragsteller wendet sich gegen die Absenkung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch –Grundsicherung für Arbeitssuchende- (SGB II).
Der 1953 geborene Antragsteller steht bei der Antragsgegnerin im laufenden Leistungsbezug nach dem SGB II. Mit Schreiben vom 06.03.2006 unterbreitete die Antragsgegnerin dem Antragsteller einen Vermittlungsvorschlag nach § 16 Abs. 3 SGB II für einen sogenannten 1-Euro-Job bei dem Träger A E (AXE) und bat um dortige Vorstellung. Der Antragsteller nahm am 08.03.2006 einen Vorstellungstermin bei der AXE wahr. Nach Mitteilung der AXE (e-mail der Mitarbeiterin Frau U1 vom 16.03.2006) seien dem Antragsteller dort zwei Vorschläge für eine Tätigkeit im U2 S (technischer Zeichner/Bürohilfskraft) und zwei Vorschläge als Schulhofaufsicht unterbreitet worden. Der Antragsteller habe sich für keinen Vorschlag entschieden und das Ausfüllen einer Niederschrift verweigert.
Mit Schreiben vom 05.04.2006 führte die Antragsgegnerin eine Anhörung des Antragstellers im Hinblick auf eine beabsichtigte Absenkung des Arbeitslosengeldes II durch. Sie teilte mit, der Antragsteller habe sich am 08.03.2006 trotz Belehrung über die Rechtsfolgen geweigert, eine nach § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II zumutbare Arbeit auszuführen. Ihm werde Gelegenheit eingeräumt, sich zum Sachverhalt zu äußern. Der Antragsteller machte daraufhin mit Schreiben vom 12.04.2006 geltend, er habe zum genannten Termin keine Arbeit zu einer 1-Euro-Tätigkeit abgelehnt, vielmehr habe er gebeten, ihm eine Erwerbstätigkeit zu vermitteln, wovon er existieren könne.
Mit Bescheid vom 05.05.2006 verfügte die Antragsgegnerin die Absenkung des Arbeitslosengeldes II für die Zeit vom 1.6.2006 bis zum 31.08.2006 um 30%. Die Absenkung betrage maximal 104,00 Euro monatlich und beruhe auf § 31 Abs. 1 Nr. 1c SGB II (Zustandekommen einer zumutbaren Tätigkeit verhindert). Unter dem 11.05.2006 verfügte die Antragsgegnerin mit Bescheid wiederholt die Absenkung des Arbeitslosengeldes II um 30% für die Zeit vom 1.6.2006 bis zum 31.8.2006. Der Bescheid ist in Form und Wortlaut identisch mit dem Bescheid vom 05.05.2006. Mit Änderungsbescheid vom 12.05.2006 berechnete die Antragsgegnerin die Leistungen für die Zeit vom 01.06.2006 bis zum 30.11.2006 neu und bewilligte dem Antragsteller in der Zeit vom 01.06.2006 bis 31.08.2006 Leistungen in Höhe von 486,00 Euro und für die Zeit vom 01.09.2006 bis zum 30.11.2006 in Höhe von 590,00 Euro. In der Leistungsberechnung führte sie für die Zeit vom 1.6.2006 bis zum 31.08.2006 einen Minderungsbetrag in Höhe von 104,00 Euro auf.
Mit seinem Widerspruch vom 30.05.2006 –eingegangen am 02.06.2006- gegen den Bescheid vom 05.05.2006 machte der Antragsteller im wesentlichen geltend, dem Bescheid fehle es an einer nachvollziehbaren Begründung. Es seien weder Zeit und Datum bzw. Ort und Firma, auf den sich dieser Bescheid beziehe, mitgeteilt worden. Er habe keine Arbeit oder ähnliches abgelehnt. Mit Schreiben vom 08.06.2006 –eingegangen am 12.06.2006- legte der Antragsteller Widerspruch gegen den Bescheid vom 12.05.2006 ein und verwies zur Begründung auf sein Widerspruchsschreiben vom 30.05.2006.
Der Antragsteller hat am 09.06.2006 Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes erhoben. Er trägt im wesentlichen vor, ihm seien die zwar angekündigten Kürzungen erst nachträglich mit Bescheid vom 12.05.2006 bekannt gegeben worden, was bereits nicht statthaft sein dürfte. Die Begründungen für die Maßnahmen halte er nicht für stichhaltig. Wegen Verzugs nicht wieder gut zu machender Tatsachen ersuche er um vorläufigen Rechtsschutz.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Leistungskürzungen ab dem 01.06.2006 aufzuheben und den vollen Leistungssatz in Höhe von 590,00 Euro an ihn zu zahlen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Es mangele dem Antrag bereits am Anordnungsgrund. Der vorübergehende Verzicht auf in Höhe der abgesenkten Regelleistungen –die Kosten der Unterkunft würden weiterhin vollumfänglich übernommen- verursache keine schlechthin unzumutbaren Folgen. Das zeige die gesetzliche Regelung des § 31 Abs. 3 Satz 3 SGB II, wonach erst bei einer Kürzung der Leistungen über 30% die ergänzende Gewährung von Sachleistungen zur Sicherung des Existenzminimums vorgesehen sei. Andernfalls liefe der Sanktionsgedanke ins Leere. Der unerlässliche Bedarf sei mit 70% der Regelleistungen als gedeckt zu sehen (Beschluss des SG Düsseldorf vom 28.10.2005 –S 29 AS 95/05 ER-). Darüber hinaus bestehe auch kein Anordnungsanspruch. Der Antragsteller habe es abgelehnt, eine ihm konkret angebotene und zumutbare Arbeitsgelegenheit aufzunehmen, ohne stichhaltige Gründe für sein Verhalten zu benennen. Sein Wunsch auf Vermittlung einer Erwerbstätigkeit, die ihn in die Lage versetzt, unabhängig von Leistungen nach dem SGB II zu leben, entbinde den Antragsteller nicht von seiner Verpflichtung, die ihm angebotene Arbeitsgelegenheit anzunehmen.
Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 04.07.2006 im wesentlichen und sinngemäß erwidert, er weise die Ausführungen der Antragsgegnerin als unrichtig zurück. Ein Anordnungsgrund bestehe allein deshalb, weil Leistungen ohne Berechtigung gekürzt worden seien und hierdurch existentielle Belange berührt seien. Die Sorge um eine Obdachlosigkeit sei nicht auszuschließen.
Die Antragsgegnerin hat eine Kopie des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2006, mit dem der Widerspruch des Antragstellers vom 08.06.2006 gegen den Änderungsbescheid vom 12.05.2006 zurückgewiesen worden ist, zur Gerichtsakte gereicht. Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Antragsteller am 28.07.2006 vor dem erkennenden Gericht Klage erhoben (S 00 AS 000/00 SG Düsseldorf).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten Bezug genommen.
II. Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bleibt ohne Erfolg.
Das sinngemäße Begehren des Antragstellers, die mit Bescheid vom 05.05.2006 (und mit identischem Bescheid vom 11.05.2006, der als bloß wiederholender Verwaltungsakt keine eigenständige Rechtswirkung entfaltet und deshalb bei der folgenden Rechtsprüfung zu vernachlässigen ist) angeordnete Absenkung der Regelleistungen für die Zeit vom 01.06.2006 bis zum 31.08.2006 aufzuheben mit dem Ziel der Weitergewährung von ungekürzten Leistungen, wird verfahrensrechtlich vom Gericht dahingehend ausgelegt (§ 123 Sozialgerichtsgesetz- SGG-), dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 30.05.2006 –eingegangen am 02.06.2006- gegen den Absenkungsbescheid vom 05.05.2006 bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens angeordnet werden soll (Anordnungsfall des § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz –SGG-). Denn ein fristgemäß erhobener Widerspruch gegen den Absenkungsbescheid entfaltet gemäß § 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG in Verbindung mit § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung. Wird die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Absenkungsbescheid gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG angeordnet, erreicht der Antragsteller sein Ziel, nämlich die vorläufige Weitergewährung der Leistungen nach dem SGB II in bisheriger Höhe.
Bei dem Änderungsbescheid vom 12.05.2006, mit dem die Leistungen für die Absenkungszeiträume Juni 2006 bis August 2006 neu berechnet worden sind, dürfte es sich um einen Ausführungsbescheid hinsichtlich der mit Bescheid vom 05.05.2006 angeordneten Absenkung handeln. Dieser Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.07.2006 ist aufgrund der fristgerechten Klageerhebung vom 28.07.2006 (S 00 AS 000/00 SG Düsseldorf) noch nicht in Bestandskraft erwachsen, d.h. noch nicht zwischen den Beteiligten bindend (§ 77 SGG). Bei Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Absenkungsbescheid vom 05.05.2006 stünde er mithin der vorläufigen Zahlung von ungekürzten Leistungen nicht entgegen.
Der so verstandene Antrag bleibt erfolglos.
Nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen der Widerspruch und die Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung hat, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht entscheidet aufgrund einer Interessenabwägung, wobei die Abwägung zwischen dem privaten Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der sofortigen Vollziehung und dem öffentlichen Interesse der Verwaltung an der sofortigen Vollziehung zu erfolgen hat. Im Vordergrund steht hierbei die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Ist der angefochtene Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig und ist der Betroffene dadurch in seinen subjektiven Rechten verletzt, wird ausgesetzt, weil ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Vollziehung nicht erkennbar ist. Ist die Klage aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Sind die Erfolgsaussichten nicht in dieser Weise abschätzbar, bleibt eine allgemeine Interessenabwägung (zum Ganzen: Meyer-Ladewig/Leitherer/ Keller, SGG, 8. Auflage 2005, § 86 b Rdn. 12c).
Nach summarischer Prüfung der Sach –und Rechtslage kann eine Prognose über den Ausgang des Rechtsstreits nicht getroffen werden. Es ist im jetzigen Verfahrensstadium nicht abschätzbar, ob der Absenkungsbescheid vom 05.05.2006 der rechtlichen Überprüfung standhält. Zwar dürfte eine Aufhebung des Bescheides aus formell-rechtlichen Gründen nicht in Betracht kommen (1). Hinsichtlich der Beantwortung der entscheidungserheblichen materiell-rechtlichen Frage, ob dem Antragsteller ein pflichtwidriges Verhalten im Sinne des § 31 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe d) SGB II vorzuwerfen ist, sind weitere Beweisermittlungen, u.a. eine Zeugenvernehmung, erforderlich, welche dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben (2).
(1) Ein Anspruch auf Aufhebung des Absenkungsbescheides vom 05.05.2006 wegen formeller Fehlerhaftigkeit besteht nicht, obgleich der Bescheid vom 05.05.2006 an einer fehlerhaften Begründung leiden dürfte. Aus der Begründung muss ersichtlich sein, welche tatsächlichen und rechtlichen Gründe für die Entscheidung wesentlich waren (§ 35 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch –Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz- SGB X). Diesen Anforderungen entspricht der Bescheid vom 05.05.2006 nicht. Er benennt mit der Regelung des § 31 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe c) SGB II eine fehlerhafte Rechtsgrundlage. Da die Antragsgegnerin dem Antragsteller zu Last legt, er habe die Aufnahme einer ihm angebotenen gemeinnützigen Arbeit im Sinne des § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II (1-Euro-Job) verweigert, ist zutreffende Rechtsgrundlage Buchstabe d) der genannten Regelung. Auch mangelt es dem Bescheid an näheren Ausführungen, wann von dem Antragsteller welche ihm konkret angebotene Arbeitsgelegenheit nicht wahrgenommen worden ist. Letzteres dürfte aber mit Blick auf das Anhörungsschreiben vom 05.04.2006 und dem Antwortschreiben des Antragstellers vom 12.04.2006 im Sinne von § 35 Abs. 2 Nr. 2 SGB X unschädlich sein, weil der Antragsteller im Rahmen der Anhörung darüber in Kenntnis gesetzt worden ist, dass die Behörde Sanktionen aufgrund der Vorgänge anlässlich seiner Vorsprache bei der AXE am 08.03.2006 beabsichtigt. Da er in seinem Antwortschreiben selbst ausführt, er habe zu dem genannten Termin keinen 1-Euro-Job abgelehnt, dürfte ihm bei Erhalt des Absenkungsbescheides vom 05.05.2006 erkennbar gewesen sein, dass sich die verfügten Sanktionen auf die Vorgänge anlässlich des Vorstellungstermins am 08.03.2006 beziehen. Dies kann aber letztlich dahingestellt bleiben, denn selbst bei Annahme einer fehlerhaften Begründung des belastenden Absenkungsbescheides vom 05.05.2006 kann der Antragsteller eine Aufhebung des Bescheides allein aufgrund der formellen Rechtswidrigkeit nicht verlangen. Die Absenkung von Arbeitslosengeld II nach § 31 Abs. 1 SGB II ist zwingende Rechtsfolge, wenn eine Tatbestandsvariante (hier nach Satz 1 Buchstabe d) erfüllt ist. Bei einem solchen gebundenen Verwaltungsakt wirken sich bloße Begründungsmängel oder Begründungsfehler auf die Rechtmäßigkeit der Regelung selbst nicht aus und rechtfertigen grundsätzlich nicht die Aufhebung des Verwaltungsaktes (zum Ganzen: von Wulffen, SGB X, § 35 Rdn. 18). Es kommt maßgebend darauf an, ob materiell-rechtlich die Voraussetzungen für den Sanktionstatbestand nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe d) erfüllt sind und sich die Entscheidung der Antragsgegnerin damit im Ergebnis als zutreffend erweist.
(2) Die Frage, ob die Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe d) SGB II im Fall des Antragstellers vorliegen und infolgedessen die Antragsgegnerin ihn zu Recht sanktioniert hat, kann im Rahmen einer summarischen Prüfung nicht abgeschätzt werden.
Das Arbeitslosengeld II wird unter Wegfall des Zuschlages nach § 24 SGB II in einer ersten Stufe um 30 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 SGB II maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn der Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, ( ...) zumutbare Arbeit nach § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II auszuführen ( ...). Dies gilt nicht, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige einen wichtigen Grund für sein Verhalten nachweist. (§ 31 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe d) und Satz 2 SGB II). Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob dem Antragsteller ein pflichtwidriges Verhalten, nämlich die Weigerung eine zumutbare Arbeitsgelegenheit aufzunehmen, vorzuwerfen ist. Der Antragsteller bestreitet ausdrücklich einen 1-Euro-Job anlässlich der Vorsprache am 08.03.2006 bei der AXE abgelehnt zu haben. Dem tritt die Antragsgegnerin entgegen und macht eine Arbeitsablehnung von Seiten des Antragstellers geltend. Bei dieser Sachlage bedarf es weiterer Ermittlungen hinsichtlich der Vorgänge anlässlich des Vorstellungstermins am 08.03.2006. Es dürfte insbesondere –nach Anhörung der Beteiligten zu den näheren Umständen des Vorstellungstermins- eine Vernehmung der Mitarbeiterin der AXE Frau U1, die mit dem Antragsteller am 08.03.2006 das Vorstellungsgespräch geführt hat, als Zeugin angezeigt sein. Da der Ausgang der Beweisaufnahme offen ist, lassen sich die Erfolgsaussichten der Rechtssache nicht eindeutig prognostizieren und das Gericht hat in eine Interessenabwägung einzutreten.
Die Abwägung fällt dahingehend aus, dass das Interesse des Antragstellers an der vorläufigen Weitergewährung ungekürzter Leistungen gegenüber dem Interesse der Behörde an der sofortigen Vollziehung des Absenkungsbescheides zurücktreten muss. Der Systematik des Gesetzes kann entnommen werden, dass in den Fällen des § 86 a Abs. 2 Nr. 1-4 SGG das Vollziehungsinteresse im Zweifel Vorrang hat. Bei dem nach § 39 SGB II in Verbindung mit § 86 a Satz 2 Nr. 4 SGG sofort vollziehbaren Absenkungsbescheid überwiegt daher regelmäßig das Vollziehungsinteresse der Behörde. Dies auch unter dem Gesichtspunkt, dass die sofortige Geltung des Absenkungsbescheides der hiermit beabsichtigten spezialpräventiven Wirkung der Absenkung Rechnung trägt: der erwerbsfähige Hilfebedürftige soll auf sein Fehlverhalten (Weigerung eine zumutbare Arbeit aufzunehmen bzw. auszuführen) zeitnah eine Reaktion in Form der Absenkung von Regelleistungen erfahren, damit er beim nächsten Arbeitsangebot Anlass sieht, sein Verhalten zu überdenken und dahingehend abzuändern, dass ein erneuter Pflichtverstoß, der dann auf der zweiten Stufe mit einer weitergehenden Absenkung der Regelleistungen als auf der ersten Stufe verbunden ist (§ 31 Abs. 3 SGB II), verhindert wird.
Nur soweit gewichtige Interessen des Antragstellers bestehen, kann es zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung kommen, so beispielsweise, wenn die sofortige Vollziehung der Verwaltungs- hier Absenkungsentscheidung für den Betroffenen eine unbillige Härte (Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz, Unbilligkeit der Sofortvollziehung) darstellen würde. Dies kann im Fall des Antragstellers nicht gesehen werden. Die Absenkung der monatlichen Regelleistungen um 30% (104,00 Euro monatlich) für die begrenzte Zeitdauer von drei Monaten ist nicht als nachhaltige Bedrohung seiner wirtschaftlichen Existenz zu werten, denn mit 70% der Regelleistung (249,00 Euro monatlich) ist der unerlässliche Bedarf zur Sicherung der alltäglichen Lebensunterhaltes als gedeckt anzusehen (vgl. SG Düsseldorf Beschlüsse vom 02.02.2006 -S 23 AS 2/06 ER- und vom 17.05.2006 –S 23 AS 61/06 ER-). Auch betrifft die Absenkung nur die Regelleistungen, nicht dagegen die Kosten der Unterkunft und Heizung, welche weiterhin voll von der Antragsgegnerin übernommen werden. Eine akute existentielle Not des Antragstellers, die die (weitere) sofortige Vollziehung der Absenkung als unbillig erscheinen lässt, ist nicht ersichtlich und vom Antragsteller auch nicht substantiiert vorgetragen bzw. hinreichend glaubhaft gemacht worden. Soweit er sinngemäß vorträgt, die Absenkungen beträfen existentielle Belange und die Sorge um eine Obdachlosigkeit sei nicht ganz auszuschließen, handelt es sich lediglich um abstrakte Äußerungen ohne Entscheidungsrelevanz. Soweit der Antragsteller befürchtet, durch die Absenkungen könnten "irreparable Tatsachen" geschaffen werden, weist das Gericht darauf hin, dass die einbehaltenen Anteile der Regelleistungen (3 x 104,00 Euro = 312,00 Euro) im Falle eines Obsiegens im Hauptsacheverfahren an den Antragsteller von der Antragsgegnerin nachzuzahlen sind und eine Nachzahlung auch erfolgen kann, da die öffentliche Hand nicht konkursfähig ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.
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