Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
28
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 28 AY 6/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig bis zur Entscheidung über den Widerspruch vom 05.07.2006 Kosten für Unterkunft und Heizung für den Monat Juni 2006 in Höhe von 243,39 Euro und ab dem Monat Juli 2006 in monatlicher Höhe von 424,89 Euro zu gewähren. Im übrigen wird der Antrag abgelehnt. Die Antragsgegnerin trägt 3/4 der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers dem Grunde nach.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Übernahme der Kosten der von ihm und seiner Familie bewohnten Unterkunft.
Bei dem Antragsteller, seiner Lebenspartnerin C1 und den in der Haushaltsgemeinschaft lebenden Töchtern F T1 (geb. 00.00.1986) und N T2 (geb. 00.00.1988) handelt es sich um vollziehbar zur Ausreise verpflichtete Ausländer, die über eine Duldung verfügen. Der Antragsteller ist mit seiner Lebenspartnerin Frau C1 nach "Romarecht" verheiratet. Die Familie lebt in einer vom Antragsteller und seiner Lebenspartnerin zum 01.08.1999 privat angemieteten Wohnung in der C2 Straße 00 in W mit einer Wohnfläche von 86,84 qm. Vermieterin ist die Baugenossenschaft O eG/W. Ausweislich § 4 des Dauernutzungsvertrages vom 21.06.1999 richtet sich die fristlose Kündigung durch die Genossenschaft nach Nr. 8 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen (AVB), die Vertragsbestandteil des Dauernutzungsvertrages sind (§ 6 des Vertrages vom 21.06.1999). Nr. 8 AVG lautet auszugsweise: "Die Genossenschaft kann das Nutzungsverhältnis ohne Einhaltung einer Frist schriftlich kündigen, wenn ( ...) Buchstabe d.) in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Nutzungsgebühr in Höhe eines Betrages in Verzug gekommen ist, der die Nutzungsgebühr für zwei Monate erreicht." Die monatliche Gesamtmiete beläuft sich ausweislich des Kontoauszuges vom 06.06.2006 (Girokonto des Antragstellers und seiner Lebenspartnerin Frau C1 bei der Stadtsparkasse I-S-W) und der Wohngeldbescheide des Amtes für Wohngeld Stadt W vom 27.04.2006 auf 566,51 Euro.
Für den Antragsteller ist durch Beschluss des Amtsgerichtes W vom 27.03.2003 eine Betreuung in allen Angelegenheiten bis zum 27.03.2008 angeordnet worden (8 XVII 3421 AG W). Der gerichtlichen Entscheidung lag das nervenärztliche Gutachten von Privat Dozent (Priv. Doz.) G vom 11.02.2003 zugrunde. Der Sachverständige hatte dem Antragsteller im wesentlichen eine anhaltende depressive Störung mit ausgeprägten psychovegetativen Funktionsstörungen, paranoiden Verarbeitungen und formalen Denkstörungen verbunden mit erheblichen Verhaltensstörungen und fehlenden Alltagskompetenzen attestiert und die Notwendigkeit einer Betreuung festgestellt.
Unter dem 11.05.2006 stellte die Betreuerin des Antragstellers, der bis zum 12.05.2006 Arbeitslosengeld I bezog, bei der Antragsgegnerin fernmündlich einen Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Mit Schreiben vom 18.05.2006 fragte die Antragsgegnerin bei der Betreuerin an, ob auch die Lebenspartnerin Frau C1 und die volljährige Tochter F T1 Leistungen nach dem AsylbLG beantragen wollten. Frau C1 stellte daraufhin unter dem 19.06.2006 einen förmlichen Antrag nach dem AsylbLG und gab an, Kindergeld in Höhe von 308,00 Euro für die Töchter N und F zu erhalten. Des weiteren gab sie an, dass sie und der Antragsteller für ihren Haushalt noch bis zum 30.06.2006 Wohngeld in Höhe von 242,00 Euro monatlich erhalten (Wohngeldbescheide vom 27.04.2006 der Stadt W). Ausweislich der Wohngeldbescheide wurde bei der Berechnung des Wohngeldes von vier wohngeldrechtlich anrechenbaren Personen ausgegangen. Die Tochter F T1 stellte unter dem 29.06.2006 einen förmlichen Antrag auf Leistungsgewährung nach dem AsylbLG.
Mit Bescheid vom 29.06.2006 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller, seiner Lebenspartnerin Frau C1 und der Tochter N T2 für die laufende Woche sowie für die Folgewochen bei gleichbleibenden Familien- Einkommens- und Vermögensverhältnissen Leistungen nach dem § 3 AsylbLG zur Bestreitung des täglichen Bedarfs sowie der Beschaffung von Hausrat und Kleidung in Höhe von insgesamt 316,00 Euro monatlich in Form von Bargeld und Gutscheinen. Die Übernahme der Kosten der angemieteten Unterkunft wurde abgelehnt. Nach § 3 AsylbLG sei der Bedarf an Unterkunft und Heizung durch Sachleistungen zu decken. Mit Rücksicht auf die Erkrankung des Antragstellers sei der Familie in einem Asylübergangsheim eine abgeschlossene Wohneinheit mit 2 Zimmern, Küche, Bad und WC zur alleinigen Nutzung angeboten worden. Dieses Angebot habe der Antragsteller unter Hinweis auf seine gesundheitliche Situation abgelehnt. Mit Bescheid vom 30.06.2006 bewilligte die Antragsgegnerin auch der im Haushalt des Antragstellers lebenden volljährigen Tochter F T1 für die laufende Woche sowie für die Folgewochen bei gleichbleibenden Familien- Einkommens- und Vermögensverhältnissen Grundsicherungsleistungen nach dem AsylbLG in Höhe von 199,00 Euro in Form von Bargeld und Gutscheinen. Kosten für Unterkunft und Heizung wurden nicht anerkannt. Der Bescheid vom 30.06.2006 wurde der Tochter am 04.07.2006 ausgehändigt.
Der Antragsteller erhob am 05.07.2006 Widerspruch gegen den Bescheid vom 29.06.2006 und wandte sich u.a. gegen die Ablehnung der Übernahme von Mietkosten. Er reichte eine Stellungnahme von Frau Diplom Psychologin (Dipl.Psych) X vom 04.07.2006 zu den Verwaltungsakten. In der Stellungnahme wird mitgeteilt, der Antragsteller befinde sich dort seit 1999 in verhaltenstherapeutischer Behandlung. Er leide unter einer schweren depressiven Störung und einer posttraumatischen Belastungsstörung. Aus psychotherapeutischer Sicht sei ein Minimum an Aufenthaltssicherheit unbedingt notwendig, damit auf therapeutischem Weg eine gewisse Stabilisierung seines psychischen Zustandes erreicht werden könne. Bei gravierenden Lebensveränderungen wie z.B. das Verlassen der gewohnten Umgebung sei eine völlige Dekompensation mit Suizidgefährdung des Patienten zu befürchten. Des weiteren reichte der Antragsteller eine eidesstattliche Versicherung vom 03.07.2006 ein, in der er erklärte, für den Monat Juni 2006 sei die Miete nicht mehr bezahlt worden. Er könne die Miete nicht aus eigenen Mitteln zahlen. Er verfüge über keine sonstigen Einnahmen und auch über kein Vermögen, auch seine Lebenspartnerin und die Kinder verfügten über keinerlei Einkommen.
Der Antragsteller hat am 03.08.2006 um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht. Er macht im wesentlichen geltend, er leide seit langer Zeit unter einer erheblichen psychiatrischen Erkrankung aufgrund derer für ihn eine Betreuung bis zum Jahre 2008 eingerichtet worden sei. Er verweise insoweit auf das Gutachten von Priv. Doz. G vom 11.02.2003, den Beschluss des Amtsgerichtes W vom 27.03.2003 und die Stellungnahme der Dipl. Psych. L, Q A für Flüchtlinge (QT3A) E vom 29.12.2005. Er sei nicht in der Lage, in ein Asylbewerberheim oder eine vergleichbare Unterkunft zu ziehen. Aufgrund seines schlechten psychischen Zustandes sei es notwendig, dass er in seiner Wohnung bleiben könne. Er nehme Bezug auf die aktuelle Stellungnahme der Dipl. Psych. X vom 04.07.2006. Er sei bereits mit zwei Mieten im Zahlungsrückstand und die Vermieterin sei daher rechtlich in der Lage, eine fristlose Kündigung auszusprechen. Es wäre nur noch eine Frage der Zeit, bis er aus finanziellen Gründen gezwungen wäre, die Wohnung aufzugeben. Ohne eine einstweilige Regelung drohe ihm daher Wohnungsverlust und eine eventuell daraus resultierende Verschlechterung seines Gesundheitszustandes bzw. das Aufleben der bestehenden Suizidalität.
Der Antragsteller hat u.a. das im Auftrag des AG Velbert erstellte nervenärztliche Gutachten von Priv.Doz. G vom 11.02.2003, den Betreuungsbeschluss des AG Velbert vom 27.03.2003 (0 XVII 0000), die Stellungnahme der Dipl. Psych.L, QT3A E vom 29.12.2005 und ein Mahnschreiben der Baugenossenschaft O eG W vom 14.06.2006 zu den Streitakten gereicht.
Der Antragsteller beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig bis zur Entscheidung über den am 05.07.2006 eingelegten Widerspruch die Mietkosten in Höhe von 569,51 Euro monatlich zu zahlen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Ihr sei es aufgrund der gesetzlichen Vorgaben nach § 3 Abs. 1 AsylbLG verwehrt, die beantragten Kosten für die private Mietwohnung zu übernehmen. Die Regelung schreibe den Vorrang von Sachleistungen vor, Geldleistungen für eine Unterkunft seien demnach grundsätzlich ausgeschlossen. Ein Ermessen sei der Behörde nicht eingeräumt. Eine Ausnahme aufgrund in der Person des Leistungsberechtigten liegenden z.B. gesundheitlichen Gründen könne vorliegend nicht vertreten werden. Denn das Gutachten von Priv. Doz. G und die Stellungnahme der Dipl. Psych.L (QT3A E) würden zu der Frage, ob sich ein Unterkunftswechsel negativ auf die psychische Erkrankung des Antragstellers auswirken könnte, keine Stellung nehmen. Soweit Frau Dipl. Psych. X der Beibehaltung der jetzigen Wohnung Bedeutung für eine erfolgreiche Therapie beimesse, sei diese Aussage unter dem persönlichen Blickwinkel der behandelnden Therapeutin zu verstehen und zu werten. Es bedürfe daher noch einer unparteiischen Begutachtung durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen. Zudem werde der gesundheitlichen Situation des Antragstellers bereits dadurch Rechnung getragen, als ihm in der Gemeinschaftsunterkunft eine abgeschlossene und ausreichend große Wohneinheit zur alleinigen Nutzung mit seiner Familie zur Verfügung gestellt worden sei.
Die Antragsgegnerin hat eine am 23.08.2006 gefertigte Aufstellung über Zeiten des Leistungsbezuges nach § 3 AsylbLG und des Bundessozialhilfegesetz (BSHG) für den Antragsteller, seine Lebenspartnerin Frau C1 und die Töchter F und N T1/2 zu den Gerichtsakten gereicht. Auf den Inhalt wird Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 29.08.2006 hat der Antragsteller mitgeteilt, er habe nunmehr von Seiten der Vermieterin der Baugenossenschaft O eG wegen Zahlungsverzuges die fristlose Kündigung erhalten. Der Antragsteller hat das Schreiben der Genossenschaft vom 25.08.2006 zu den Gerichtsakten gereicht. Auf den Inhalt wird Bezug genommen.
Die Antragsgegnerin hat mit Schreiben vom 05.09.2006 geltend gemacht, die fristlose Kündigung des Wohnraums durch die Baugenossenschaft O eG vom 25.8.2006 dürfte unwirksam sein, weil diese lediglich dem Antragsteller gegenüber ausgesprochen worden sei. Ausweislich des Mietvertrages vom 21.06.1999 seien Mieter jedoch der Antragsteller und seine Lebenspartnerin Frau C1.
Auf telefonische Nachfrage des Gerichtes hat die Antragsgegnerin am 05.09.2006 mitgeteilt, dass ein Widerspruch gegen den an die Tochter F T1 gerichteten Leistungsbescheid vom 30.06.2006 nicht vorliegt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat teilweisen Erfolg.
Nach § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht in der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn die Regelung zur Abwehr wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, voraus. Der geltend gemachte Anspruch – hier auf Übernahme von Unterkunftskosten- (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, die Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO). Die Glaubhaftmachung bezieht sich auf die einschränkte gerichtliche Prüfungsdichte und die nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordernde Überzeugungsgewißheit für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes im einstweiligen Verfahren (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen –LSG NRW- Beschluss vom 14.06.2005 –L 1 B 2/05 AS ER-). Ist nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage festzustellen, dass die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen sind und ist dem Gericht im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, hat das Gericht im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. In diese Abwägung sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend einzustellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) müssen sich die Gerichte schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen. Dies gilt besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistungen, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweise andauert, haben die Gerichte zu verhindern (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 –1 BvR 569/05- in: juris).
Ausgehend von diesen Grundsätzen war dem Antrag im tenorierten Umfang stattzugeben. Der Antragsteller hat sowohl einen Anordnungsgrund (1) als auch einen Anordnungsanspruch (2) hinreichend glaubhaft gemacht.
(1) Eine besondere Eilbedürftigkeit für eine gerichtliche Vorabentscheidung bejaht das Gericht im Fall des Antragstellers. Es ist ihm nicht zumutbar, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, denn der Verlust der jetzigen Unterkunft steht unmittelbar bevor, so dass eine akute Notlage besteht, die eine sofortige Entscheidung des Gerichtes rechtfertigt. Der Verlust der jetzigen Unterkunft hätte zur Folge, dass für den Antragsteller (und seine Familie) ein Umzug bzw. ein Ortswechsel erforderlich wird, was dem Antragsteller jedoch aus gesundheitlichen Gründen derzeit nicht zumutbar sein dürfte (dazu weiter unten). Der unmittelbar bevorstehende Verlust der Unterkunft steht aufgrund der von der Baugenossenschaft O eG mit Schreiben vom 25.08.2006 mitgeteilten Mietrückstände in Höhe von 2274,54 Euro zur ernsthaften Befürchtung. Der Antragsteller und seine Lebenspartnerin Frau C1 als Mietschuldner sind mit mehr als zwei vollen Monatsmieten in Verzug. Der Genossenschaft als Vermieterin steht damit das Recht zur fristlosen Kündigung des Dauernutzungsvertrages nach Nr. 8 Buchstabe d) der AVB, welcher der Regelung des § 543 Abs. 2 Nr. 3 b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entspricht, zu. Von diesem Recht hat die Vermieterin mit Schreiben vom 25.08.2006 Gebrauch gemacht und gegenüber dem Antragsteller die fristlose Kündigung ausgesprochen sowie die Herausgabe der Wohnung unter Androhung einer Zahlungs- und Räumungsklage bis zum 15.09.2006 verlangt. Der Annahme einer akuten Notlage steht auch nicht der Einwand der Antragsgegnerin entgegen, die fristlose Kündigung vom 25.08.2006 sei wegen fehlender Kündigungserklärung auch gegenüber der Lebenspartnerin Frau C1 als Vertragspartei rechtlich unwirksam. Insoweit bleibt zu bedenken, dass für die Vermieterin mit Blick auf die bestehenden Mietrückstände jederzeit und damit zeitnah die Möglichkeit besteht, die ggf. unwirksame Kündigung vom 25.08.2006 durch eine wirksame fristlose Kündigung zu ersetzen. Bei der Prüfung des Anordnungsgrundes ist insoweit regelmäßig maßgebend, ob mit Blick auf die Höhe der bestehenden Mietrückstände dem Vermieter dem Grunde nach das Recht zur fristlosen Kündigung im Sinne nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB (bzw. hier nach Nr. 8 AVB) zusteht. Da der Vermieter die fristlose Kündigung jederzeit erklären kann und unter gewöhnlichen Umständen im Hinblick auf seine wirtschaftlichen Interessen auch erklären wird, dürfte im Regelfall von einer akuten Notlage auszugehen sein.
(2) Nach summarischer Prüfung des Anordnungsanspruches unter Heranziehung der dem Gericht im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegenden Unterlagen spricht mehr dafür als dagegen, dass der Antragsteller, der zum leistungsberechtigten Personenkreis nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG gehört, einen Anspruch auf Übernahme von Unterkunftskosten gemäß § 3 Abs. 1 AsylbLG hat.
Da der Antragsteller und auch seine Lebenspartnerin Frau C1 sowie beide Töchter ausweislich der Aufstellung über Zeiten des Leistungsbezuges nach § 3 AsylbLG und BSHG vom 23.08.2006 noch nicht für die Dauer von 36 Monate Asylbewerberleistungen bzw. Leistungen nach dem BSHG bezogen haben, ist Anspruchsgrundlage § 3 AsylbLG. Hiernach wird der notwendige Bedarf an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushaltes durch Sachleistungen gedeckt. Die Regelung schreibt die Gewährung von Sachleistungen im Regelfall verpflichtend vor (Vorrang des Sachleistungsprinzips). So wie § 3 Abs. 1 Satz 2 AsylbLG eine Ausnahme für Kleidung zulässt, ist eine Gewährung von Geldleistung auch bei den anderen in Satz 1 genannten Bedarfsgruppen ausnahmsweise zulässig, wenn die besonderen Umstände des Einzelfalls dies erfordern. So kann sich im Einzelfall ergeben, dass die Kosten für die Anmietung einer Unterkunft bzw. für eine bereits angemietete, eigene Unterkunft vom Leistungsträger zu übernehmen sind, wenn die Besonderheit des Einzelfalls dies rechtfertigt, insbesondere wenn erhebliche gesundheitliche Störungen des Leistungsberechtigten, z.B. psychische Erkrankungen dies erfordern (Fichtner/Wenzel, Bundessozialhilfegesetz mit Asylbewerberleistungsgesetz und Grundsicherungsrente, 2. Auflage 2003, § 3 AsylbLG Rdn. 2, 4; Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, Teil II, Sozialgesetzbuch XII- Sozialhilfe und Asylbewerberleistungsgesetz, Stand August 2004, § 3 AsylbLG Rdn. 12). So dürfte es hier liegen. Nach dem jetzigen Kenntnisstand des Gerichtes dürfte die erhebliche psychische Erkrankung des Antragstellers einem derzeitigen Umzug in eine andere Wohnung/Umgebung entgegenstehen. Die behandelnde Therapeutin Frau Dipl. Psych. X hat insoweit in ihrem Attest vom 04.07.2006 die Unzumutbarkeit eines Umgebungswechsels aus psychotherapeutischen Gründen bestätigt, wenn sie ausführt, bei gravierenden Lebensveränderungen wie z.B. das Verlassen der gewohnten Umgebung ist eine völlige Dekompensation mit Suizidgefährdung des Patienten zu befürchten. Frau Dipl. Psych X teilt in ihrem Attest die Diagnose einer schweren depressiven Störung und einer posttraumatischen Belastungsstörung und die Notwendigkeit einer fortlaufenden therapeutischen Behandlung mit, wodurch eine erhebliche psychische Erkrankung des Antragstellers belegt wird und die Einschätzung der Diplom-Psychologin zu den gesundheitlichen Gefahren in Bezug auf einen Umgebungswechsel nicht unschlüssig bzw. nicht nachvollziehbar erscheint. In diesem Zusammenhang hat das Gericht in seine Entscheidungsfindung einbezogen, dass auch das Gutachten von Priv. Doz. G vom 11.02.2003 dem Antragsteller eine erhebliche psychiatrische Erkrankung in Form einer anhaltenden depressiven Störung mit ausgeprägten psychovegetativen Funktionsstörungen, paranoiden Verarbeitungen und formalen Denkstörungen attestiert und eine fortgesetzte Behandlung empfohlen hat, wobei der Sachverständige in Bezug auf die Dauer der Erkrankung und Behinderung von einem längerfristigen Zustand ausgegangen ist. Ähnliches kann der Stellungnahme der Dipl. Psych. L (QT3A E) vom 29.12.2005 entnommen werden, welche bei dem Antragsteller eine Major Depression (schwere Episode, rezidivierend) mit schweren suizidalen Symptomen und zeitweise antriebsgesteigertem Verhalten (larvierte Depression) diagnostiziert hat und feststellt, dass bei dem Antragsteller von einer langfristigen Behandlungsbedürftigkeit auszugehen ist. Frau Dipl. Psych.L geht zudem von einem "enorm hohen Suizidrisiko" aus, "das auch ohne weiteren äußeren Druck dekompensieren kann". Die Diagnosen und Feststellungen von Priv. Doz.G und der Dipl. Psych. L stimmen im wesentlichen mit den diagnostischen und therapeutischen Feststellungen der Dipl. Psych. X überein. Für das Gericht besteht daher im vorliegenden Eilverfahren kein begründeter Anlass, die auf der Diagnose und Behandlungsbedürftigkeit einer schweren psychischen Erkrankung basierende Einschätzung der Dipl. Psych. X zur Frage der Umzugsfähigkeit des Antragstellers in Zweifel zu ziehen. Auch die Antragsgegnerin hat keine substantiierten Einwände gegen die Feststellungen von Dipl. Psych. X vorgetragen, die geeignet wären, begründete Zweifel an der Richtigkeit ihres Attestes vom 04.07.2006 hervorzurufen. Soweit die Antragsgegnerin vor dem Hintergrund, dass es sich bei Frau Dipl. Psych. X um die behandelnde Therapeutin des Antragstellers handelt, die Einholung eines Gutachtens von einem neutralen Sachverständigen vorschlägt, kann dies im vorliegenden Antragsverfahren aufgrund der Eilbedürftigkeit nicht geleistet werden. Eine umfassende medizinische Abklärung des Sachverhaltes, u.a. durch Einholung eines Sachverständigengutachtens ist dem Hauptverfahren vorbehalten. Soweit die Antragsgegnerin die Richtigkeit der Feststellungen von Dipl. Psych. X vom 04.07.2006 anzweifelt, dürfte sie sich im Rahmen des durchzuführenden Widerspruchsverfahrens veranlasst sehen, eine Untersuchung des Antragstellers durch ihren Amtsarzt (nervenärztlicher Fachrichtung) anzuordnen, um die Aussagen von Frau Dipl. Psych. X verifizieren zu lassen. Nach den dem Gericht vorliegenden medizinischen bzw. therapeutischen Unterlagen kann zum jetzigen Zeitpunkt der Entscheidung nicht ausgeschlossen werden, dass bei Verlust der Unterkunft und damit der gewohnten Umgebung für den Antragsteller die Gefahr besteht, dass sich sein Gesundheitszustand in psychischer Hinsicht nachhaltig verschlechtert und ggf. eine Suizidgefährdung hinzutritt. Nach dem jetzigen Kenntnisstand dürfte es die erhebliche psychiatrische Erkrankung erforderlich machen, dass der Antragsteller vorerst in seiner gewohnten Umgebung verbleiben kann und ein Unterkunftswechsel vermieden wird. Es ist daher gerechtfertigt, der Antragsgegnerin vorläufig die Kosten für die jetzige Unterkunft des Antragstellers aufzugeben. Abschließend weist das Gericht darauf hin, dass es auch folgende Erwägungen in seine Entscheidungsfindung hat einfließen lassen: Selbst wenn man Zweifel an den Feststellungen der Dipl. Psych. X vom 04.07.2006 hegen wollte, vor dem Hintergrund, dass sie die behandelnde Therapeutin des Antragstellers ist und damit in einem besonderen Vertrauensverhältnis zu ihm stehen dürfte, was ggf. dazu führen kann, dass ihre Beurteilung in Bezug auf streiterhebliche Fragen zu günstig ausfällt, würde sich im vorliegenden Antragsverfahren kein anderes Ergebnis ergeben. Denn dann müsste, weil im Zeitpunkt der Eilentscheidung andere -der Beurteilung von Dipl. Psych. X widersprechende- fachärztliche bzw. therapeutische Aussagen fehlen, von einem offenen Ausgang des Hauptsacheverfahrens ausgegangen werden und das Gericht hätte vor dem Hintergrund, dass eine abschließende Klärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, in die Folgenabwägung einzutreten. Eine solche Abwägung ergibt einen Vorrang des Interesses des Antragstellers an der vorläufigen Übernahme von Kosten für Unterkunft und Heizung gegenüber dem Interesse der Antragstellerin, bis zur Klärung der Hauptsache keine Leistungen ausschütten zu müssen, weil diese ggf. –nämlich im Falle der Erfolglosigkeit der Rechtsbehelfe- ungerechtfertigter Weise erfolgen. Ohne Erlass einer einstweiligen Anordnung wäre möglicherweise die psychische Gesundheit des Antragstellers erheblich gefährdet. Damit stehen mögliche Verletzungen der Grundrechte des Antragstellers auf Achtung der Menschenwürde sowie auf Leben und körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz (GG) im Raume. Diesen befürchteten Grundrechtsbeeinträchtigungen auf der Seite des Antragstellers steht die Möglichkeit ungerechtfertigter Geldzahlungen auf der Seite der Antragsgegnerin gegenüber. Vor dem Hintergrund, dass ungerechtfertigte Geldzahlungen im Falle erfolgloser Rechtsbehelfe von dem Antragsteller –obgleich auch nur beschränkt gemäß § 7 b AsylbLG- zu erstatten sind und dass weiterhin die einstweilige Anordnung auf Übernahme von Unterkunftskosten nur bis zur Entscheidung über den Widerspruch vom 05.07.2006 gilt, deren Zeitpunkt die Antragsgegnerin selbst beeinflussen kann, ist die Möglichkeit ungerechtfertigter Geldzahlungen im Rahmen der Folgenabwägung von geringerem Gewicht und in Kauf zu nehmen.
Die Antragsgegnerin war daher zu verpflichten, vorläufig Kosten der Unterkunft und Heizung zu übernehmen für die Zeit ab Juni 2006. Eine Verpflichtung zur Bewilligung von Leistungen vor dem Zeitpunkt der Beantragung der einstweiligen Anordnung (03.08.2006) kommt zwar grundsätzlich nicht in Frage. Dies beruht auf dem Grundsatz, dass die Gewährung von Leistungen im Wege der einstweiligen Anordnung nur zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage zu erfolgen hat und nicht rückwirkend zu zusprechen sind, wenn nicht ausnahmsweise ein Nachholbedarf plausibel und glaubhaft gemacht ist. Der Antragsteller hat erhebliche Mietrückstände belegt, welche die Vermieterin zur fristlosen Kündigung der Unterkunft berechtigen und hat damit einen Nachholbedarf nachgewiesen, der es erlaubt, die Leistungen bereits ab Juni 2006 zu zusprechen.
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller für sich und seiner Lebenspartnerin Frau C1 und der Tochter N T2 für den Monat Juni 2006 Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 243,39 Euro und ab dem Monat Juli 2006 in monatlicher Höhe von 424,89 Euro vorläufig zu gewähren. Die genannten Beträge ergeben sich aufgrund folgender Erwägungen: Ausgehend von der Gesamtmiete in Höhe von 566,51 Euro entfällt auf jedes der vier Haushaltsmitglieder ein anzuerkennender Kopfanteil für Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 141,38 Euro. Die Antragsgegnerin kann im vorliegenden Antragsverfahren zur Zahlung der Kopfanteile für den Antragsteller, die Lebenspartnerin Frau C1 und die Tochter N T2 verpflichtet werden, weil insoweit ihre ablehnende Entscheidung hinsichtlich der Übernahme von Kosten der Unterkunft und Heizung für diese drei Personen vom 29.06.2006 vom Antragsteller mit Widerspruch vom 05.07.2006 angefochten worden ist. Diese Entscheidung entfaltet zwischen den Beteiligten noch keine Bindungswirkung (§ 77 SGG) und kann daher von Seiten des Gerichtes überprüft und abgeändert werden. Die ablehnende Entscheidung der Antragsgegnerin vom 30.06.2006 zur Übernahme von (anteiligen) Unterkunftskosten für die im Haushalt des Antragstellers lebende volljährige Tochter F T1 ist dagegen mit Ablauf des 04.08.2006 in Bestandskraft erwachsen und damit seit diesem Zeitpunkt bindend zwischen den Beteiligten. Die Entscheidung ist daher einer gerichtlichen Überprüfung und Abänderung nicht mehr zugänglich. Der Bescheid vom 30.06.2006 ist Frau T1 ausweislich Empfangsbestätigung am 04.07.2006 ausgehändigt und damit bekannt gegeben worden. Ausgehend vom Tag der Bekanntgabe (04.07.2006) endete die Frist zur Einlegung eines Widerspruchs gemäß § 84 Abs. 1 SGG am 04.08.2006 (Freitag). Für die Jahresfrist zur Einlegung des Rechtsbehelfs nach § 66 Abs. 2 SGG besteht mit Blick auf die im Bescheid vom 30.06.2006 ordnungsgemäß erteilte Rechtsbehelfsbelehrung im Sinne des § 66 Abs. 1 SGG kein Ansatzpunkt. Ein Widerspruch gegen den Bescheid vom 30.6.2006 ist nicht erhoben worden. Eine Auslegung der Antragsschrift des Bevollmächtigten vom 03.08.2006 dahingehend, dass mit diesem (auch) Widerspruch gegen den Bescheid vom 30.06.2006 erhoben werden sollte, ist nicht in Erwägung zu ziehen, weil sich die Klage-/Antragschrift vom 03.08.2006 ausdrücklich auf den Bescheid vom 29.06.2006 und den hiergegen eingelegten Widerspruch vom 05.07.2006 bezieht. Der auf die Tochter F entfallende Kopfanteil der Miete ist daher unbeachtet zu lassen. Ausgehend von der Gesamtmiete in Höhe von 566,51 Euro errechnen sich für drei Kopfanteile à 141,38 Euro Kosten der Unterkunft in monatlicher Höhe von 424,89 Euro. Für den Monat Juni 2006 ist von diesem Betrag das von dem Haushalt des Antragstellers bezogene Wohngeld in Abzug zu bringen, denn Doppelleistungen sind zu vermeiden. Da das Wohngeld für den aus vier Personen bestehende Haushalt berechnet worden ist, ist für den Antragsteller, die Lebenspartnerin Frau C1 und die Tochter N ein Anteil in Höhe von 181,50 (242,00 Euro: 4 (Personen) = 60,50 Euro pro Person x 3 Personen) in Abzug zu bringen, so dass sich ein Betrag an Unterkunftskosten für Juni 2006 in Höhe von 243,39 Euro ergibt. Ab Juli 2006 erhält der Haushalt des Antragstellers kein Wohngeld mehr, so dass dem Antragsteller sowie seiner Lebenspartnerin und Tochter N ab diesem Zeitpunkt Kosten für Unterkunft in monatlicher Höhe von 424,89 Euro zu zahlen sind. Diese Beträgen gelten unter der Bedingung gleichbleibender Familien- Einkommens- und Vermögensverhältnisse.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog. Bei der Quotelung der Kosten hat das Gericht berücksichtigt, dass der Antragsteller mit seinem Antrag überwiegend obsiegt hat.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Übernahme der Kosten der von ihm und seiner Familie bewohnten Unterkunft.
Bei dem Antragsteller, seiner Lebenspartnerin C1 und den in der Haushaltsgemeinschaft lebenden Töchtern F T1 (geb. 00.00.1986) und N T2 (geb. 00.00.1988) handelt es sich um vollziehbar zur Ausreise verpflichtete Ausländer, die über eine Duldung verfügen. Der Antragsteller ist mit seiner Lebenspartnerin Frau C1 nach "Romarecht" verheiratet. Die Familie lebt in einer vom Antragsteller und seiner Lebenspartnerin zum 01.08.1999 privat angemieteten Wohnung in der C2 Straße 00 in W mit einer Wohnfläche von 86,84 qm. Vermieterin ist die Baugenossenschaft O eG/W. Ausweislich § 4 des Dauernutzungsvertrages vom 21.06.1999 richtet sich die fristlose Kündigung durch die Genossenschaft nach Nr. 8 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen (AVB), die Vertragsbestandteil des Dauernutzungsvertrages sind (§ 6 des Vertrages vom 21.06.1999). Nr. 8 AVG lautet auszugsweise: "Die Genossenschaft kann das Nutzungsverhältnis ohne Einhaltung einer Frist schriftlich kündigen, wenn ( ...) Buchstabe d.) in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Nutzungsgebühr in Höhe eines Betrages in Verzug gekommen ist, der die Nutzungsgebühr für zwei Monate erreicht." Die monatliche Gesamtmiete beläuft sich ausweislich des Kontoauszuges vom 06.06.2006 (Girokonto des Antragstellers und seiner Lebenspartnerin Frau C1 bei der Stadtsparkasse I-S-W) und der Wohngeldbescheide des Amtes für Wohngeld Stadt W vom 27.04.2006 auf 566,51 Euro.
Für den Antragsteller ist durch Beschluss des Amtsgerichtes W vom 27.03.2003 eine Betreuung in allen Angelegenheiten bis zum 27.03.2008 angeordnet worden (8 XVII 3421 AG W). Der gerichtlichen Entscheidung lag das nervenärztliche Gutachten von Privat Dozent (Priv. Doz.) G vom 11.02.2003 zugrunde. Der Sachverständige hatte dem Antragsteller im wesentlichen eine anhaltende depressive Störung mit ausgeprägten psychovegetativen Funktionsstörungen, paranoiden Verarbeitungen und formalen Denkstörungen verbunden mit erheblichen Verhaltensstörungen und fehlenden Alltagskompetenzen attestiert und die Notwendigkeit einer Betreuung festgestellt.
Unter dem 11.05.2006 stellte die Betreuerin des Antragstellers, der bis zum 12.05.2006 Arbeitslosengeld I bezog, bei der Antragsgegnerin fernmündlich einen Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Mit Schreiben vom 18.05.2006 fragte die Antragsgegnerin bei der Betreuerin an, ob auch die Lebenspartnerin Frau C1 und die volljährige Tochter F T1 Leistungen nach dem AsylbLG beantragen wollten. Frau C1 stellte daraufhin unter dem 19.06.2006 einen förmlichen Antrag nach dem AsylbLG und gab an, Kindergeld in Höhe von 308,00 Euro für die Töchter N und F zu erhalten. Des weiteren gab sie an, dass sie und der Antragsteller für ihren Haushalt noch bis zum 30.06.2006 Wohngeld in Höhe von 242,00 Euro monatlich erhalten (Wohngeldbescheide vom 27.04.2006 der Stadt W). Ausweislich der Wohngeldbescheide wurde bei der Berechnung des Wohngeldes von vier wohngeldrechtlich anrechenbaren Personen ausgegangen. Die Tochter F T1 stellte unter dem 29.06.2006 einen förmlichen Antrag auf Leistungsgewährung nach dem AsylbLG.
Mit Bescheid vom 29.06.2006 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller, seiner Lebenspartnerin Frau C1 und der Tochter N T2 für die laufende Woche sowie für die Folgewochen bei gleichbleibenden Familien- Einkommens- und Vermögensverhältnissen Leistungen nach dem § 3 AsylbLG zur Bestreitung des täglichen Bedarfs sowie der Beschaffung von Hausrat und Kleidung in Höhe von insgesamt 316,00 Euro monatlich in Form von Bargeld und Gutscheinen. Die Übernahme der Kosten der angemieteten Unterkunft wurde abgelehnt. Nach § 3 AsylbLG sei der Bedarf an Unterkunft und Heizung durch Sachleistungen zu decken. Mit Rücksicht auf die Erkrankung des Antragstellers sei der Familie in einem Asylübergangsheim eine abgeschlossene Wohneinheit mit 2 Zimmern, Küche, Bad und WC zur alleinigen Nutzung angeboten worden. Dieses Angebot habe der Antragsteller unter Hinweis auf seine gesundheitliche Situation abgelehnt. Mit Bescheid vom 30.06.2006 bewilligte die Antragsgegnerin auch der im Haushalt des Antragstellers lebenden volljährigen Tochter F T1 für die laufende Woche sowie für die Folgewochen bei gleichbleibenden Familien- Einkommens- und Vermögensverhältnissen Grundsicherungsleistungen nach dem AsylbLG in Höhe von 199,00 Euro in Form von Bargeld und Gutscheinen. Kosten für Unterkunft und Heizung wurden nicht anerkannt. Der Bescheid vom 30.06.2006 wurde der Tochter am 04.07.2006 ausgehändigt.
Der Antragsteller erhob am 05.07.2006 Widerspruch gegen den Bescheid vom 29.06.2006 und wandte sich u.a. gegen die Ablehnung der Übernahme von Mietkosten. Er reichte eine Stellungnahme von Frau Diplom Psychologin (Dipl.Psych) X vom 04.07.2006 zu den Verwaltungsakten. In der Stellungnahme wird mitgeteilt, der Antragsteller befinde sich dort seit 1999 in verhaltenstherapeutischer Behandlung. Er leide unter einer schweren depressiven Störung und einer posttraumatischen Belastungsstörung. Aus psychotherapeutischer Sicht sei ein Minimum an Aufenthaltssicherheit unbedingt notwendig, damit auf therapeutischem Weg eine gewisse Stabilisierung seines psychischen Zustandes erreicht werden könne. Bei gravierenden Lebensveränderungen wie z.B. das Verlassen der gewohnten Umgebung sei eine völlige Dekompensation mit Suizidgefährdung des Patienten zu befürchten. Des weiteren reichte der Antragsteller eine eidesstattliche Versicherung vom 03.07.2006 ein, in der er erklärte, für den Monat Juni 2006 sei die Miete nicht mehr bezahlt worden. Er könne die Miete nicht aus eigenen Mitteln zahlen. Er verfüge über keine sonstigen Einnahmen und auch über kein Vermögen, auch seine Lebenspartnerin und die Kinder verfügten über keinerlei Einkommen.
Der Antragsteller hat am 03.08.2006 um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht. Er macht im wesentlichen geltend, er leide seit langer Zeit unter einer erheblichen psychiatrischen Erkrankung aufgrund derer für ihn eine Betreuung bis zum Jahre 2008 eingerichtet worden sei. Er verweise insoweit auf das Gutachten von Priv. Doz. G vom 11.02.2003, den Beschluss des Amtsgerichtes W vom 27.03.2003 und die Stellungnahme der Dipl. Psych. L, Q A für Flüchtlinge (QT3A) E vom 29.12.2005. Er sei nicht in der Lage, in ein Asylbewerberheim oder eine vergleichbare Unterkunft zu ziehen. Aufgrund seines schlechten psychischen Zustandes sei es notwendig, dass er in seiner Wohnung bleiben könne. Er nehme Bezug auf die aktuelle Stellungnahme der Dipl. Psych. X vom 04.07.2006. Er sei bereits mit zwei Mieten im Zahlungsrückstand und die Vermieterin sei daher rechtlich in der Lage, eine fristlose Kündigung auszusprechen. Es wäre nur noch eine Frage der Zeit, bis er aus finanziellen Gründen gezwungen wäre, die Wohnung aufzugeben. Ohne eine einstweilige Regelung drohe ihm daher Wohnungsverlust und eine eventuell daraus resultierende Verschlechterung seines Gesundheitszustandes bzw. das Aufleben der bestehenden Suizidalität.
Der Antragsteller hat u.a. das im Auftrag des AG Velbert erstellte nervenärztliche Gutachten von Priv.Doz. G vom 11.02.2003, den Betreuungsbeschluss des AG Velbert vom 27.03.2003 (0 XVII 0000), die Stellungnahme der Dipl. Psych.L, QT3A E vom 29.12.2005 und ein Mahnschreiben der Baugenossenschaft O eG W vom 14.06.2006 zu den Streitakten gereicht.
Der Antragsteller beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig bis zur Entscheidung über den am 05.07.2006 eingelegten Widerspruch die Mietkosten in Höhe von 569,51 Euro monatlich zu zahlen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Ihr sei es aufgrund der gesetzlichen Vorgaben nach § 3 Abs. 1 AsylbLG verwehrt, die beantragten Kosten für die private Mietwohnung zu übernehmen. Die Regelung schreibe den Vorrang von Sachleistungen vor, Geldleistungen für eine Unterkunft seien demnach grundsätzlich ausgeschlossen. Ein Ermessen sei der Behörde nicht eingeräumt. Eine Ausnahme aufgrund in der Person des Leistungsberechtigten liegenden z.B. gesundheitlichen Gründen könne vorliegend nicht vertreten werden. Denn das Gutachten von Priv. Doz. G und die Stellungnahme der Dipl. Psych.L (QT3A E) würden zu der Frage, ob sich ein Unterkunftswechsel negativ auf die psychische Erkrankung des Antragstellers auswirken könnte, keine Stellung nehmen. Soweit Frau Dipl. Psych. X der Beibehaltung der jetzigen Wohnung Bedeutung für eine erfolgreiche Therapie beimesse, sei diese Aussage unter dem persönlichen Blickwinkel der behandelnden Therapeutin zu verstehen und zu werten. Es bedürfe daher noch einer unparteiischen Begutachtung durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen. Zudem werde der gesundheitlichen Situation des Antragstellers bereits dadurch Rechnung getragen, als ihm in der Gemeinschaftsunterkunft eine abgeschlossene und ausreichend große Wohneinheit zur alleinigen Nutzung mit seiner Familie zur Verfügung gestellt worden sei.
Die Antragsgegnerin hat eine am 23.08.2006 gefertigte Aufstellung über Zeiten des Leistungsbezuges nach § 3 AsylbLG und des Bundessozialhilfegesetz (BSHG) für den Antragsteller, seine Lebenspartnerin Frau C1 und die Töchter F und N T1/2 zu den Gerichtsakten gereicht. Auf den Inhalt wird Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 29.08.2006 hat der Antragsteller mitgeteilt, er habe nunmehr von Seiten der Vermieterin der Baugenossenschaft O eG wegen Zahlungsverzuges die fristlose Kündigung erhalten. Der Antragsteller hat das Schreiben der Genossenschaft vom 25.08.2006 zu den Gerichtsakten gereicht. Auf den Inhalt wird Bezug genommen.
Die Antragsgegnerin hat mit Schreiben vom 05.09.2006 geltend gemacht, die fristlose Kündigung des Wohnraums durch die Baugenossenschaft O eG vom 25.8.2006 dürfte unwirksam sein, weil diese lediglich dem Antragsteller gegenüber ausgesprochen worden sei. Ausweislich des Mietvertrages vom 21.06.1999 seien Mieter jedoch der Antragsteller und seine Lebenspartnerin Frau C1.
Auf telefonische Nachfrage des Gerichtes hat die Antragsgegnerin am 05.09.2006 mitgeteilt, dass ein Widerspruch gegen den an die Tochter F T1 gerichteten Leistungsbescheid vom 30.06.2006 nicht vorliegt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat teilweisen Erfolg.
Nach § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht in der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn die Regelung zur Abwehr wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, voraus. Der geltend gemachte Anspruch – hier auf Übernahme von Unterkunftskosten- (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, die Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO). Die Glaubhaftmachung bezieht sich auf die einschränkte gerichtliche Prüfungsdichte und die nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordernde Überzeugungsgewißheit für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes im einstweiligen Verfahren (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen –LSG NRW- Beschluss vom 14.06.2005 –L 1 B 2/05 AS ER-). Ist nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage festzustellen, dass die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen sind und ist dem Gericht im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, hat das Gericht im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. In diese Abwägung sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend einzustellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) müssen sich die Gerichte schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen. Dies gilt besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistungen, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweise andauert, haben die Gerichte zu verhindern (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 –1 BvR 569/05- in: juris).
Ausgehend von diesen Grundsätzen war dem Antrag im tenorierten Umfang stattzugeben. Der Antragsteller hat sowohl einen Anordnungsgrund (1) als auch einen Anordnungsanspruch (2) hinreichend glaubhaft gemacht.
(1) Eine besondere Eilbedürftigkeit für eine gerichtliche Vorabentscheidung bejaht das Gericht im Fall des Antragstellers. Es ist ihm nicht zumutbar, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, denn der Verlust der jetzigen Unterkunft steht unmittelbar bevor, so dass eine akute Notlage besteht, die eine sofortige Entscheidung des Gerichtes rechtfertigt. Der Verlust der jetzigen Unterkunft hätte zur Folge, dass für den Antragsteller (und seine Familie) ein Umzug bzw. ein Ortswechsel erforderlich wird, was dem Antragsteller jedoch aus gesundheitlichen Gründen derzeit nicht zumutbar sein dürfte (dazu weiter unten). Der unmittelbar bevorstehende Verlust der Unterkunft steht aufgrund der von der Baugenossenschaft O eG mit Schreiben vom 25.08.2006 mitgeteilten Mietrückstände in Höhe von 2274,54 Euro zur ernsthaften Befürchtung. Der Antragsteller und seine Lebenspartnerin Frau C1 als Mietschuldner sind mit mehr als zwei vollen Monatsmieten in Verzug. Der Genossenschaft als Vermieterin steht damit das Recht zur fristlosen Kündigung des Dauernutzungsvertrages nach Nr. 8 Buchstabe d) der AVB, welcher der Regelung des § 543 Abs. 2 Nr. 3 b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entspricht, zu. Von diesem Recht hat die Vermieterin mit Schreiben vom 25.08.2006 Gebrauch gemacht und gegenüber dem Antragsteller die fristlose Kündigung ausgesprochen sowie die Herausgabe der Wohnung unter Androhung einer Zahlungs- und Räumungsklage bis zum 15.09.2006 verlangt. Der Annahme einer akuten Notlage steht auch nicht der Einwand der Antragsgegnerin entgegen, die fristlose Kündigung vom 25.08.2006 sei wegen fehlender Kündigungserklärung auch gegenüber der Lebenspartnerin Frau C1 als Vertragspartei rechtlich unwirksam. Insoweit bleibt zu bedenken, dass für die Vermieterin mit Blick auf die bestehenden Mietrückstände jederzeit und damit zeitnah die Möglichkeit besteht, die ggf. unwirksame Kündigung vom 25.08.2006 durch eine wirksame fristlose Kündigung zu ersetzen. Bei der Prüfung des Anordnungsgrundes ist insoweit regelmäßig maßgebend, ob mit Blick auf die Höhe der bestehenden Mietrückstände dem Vermieter dem Grunde nach das Recht zur fristlosen Kündigung im Sinne nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB (bzw. hier nach Nr. 8 AVB) zusteht. Da der Vermieter die fristlose Kündigung jederzeit erklären kann und unter gewöhnlichen Umständen im Hinblick auf seine wirtschaftlichen Interessen auch erklären wird, dürfte im Regelfall von einer akuten Notlage auszugehen sein.
(2) Nach summarischer Prüfung des Anordnungsanspruches unter Heranziehung der dem Gericht im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegenden Unterlagen spricht mehr dafür als dagegen, dass der Antragsteller, der zum leistungsberechtigten Personenkreis nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG gehört, einen Anspruch auf Übernahme von Unterkunftskosten gemäß § 3 Abs. 1 AsylbLG hat.
Da der Antragsteller und auch seine Lebenspartnerin Frau C1 sowie beide Töchter ausweislich der Aufstellung über Zeiten des Leistungsbezuges nach § 3 AsylbLG und BSHG vom 23.08.2006 noch nicht für die Dauer von 36 Monate Asylbewerberleistungen bzw. Leistungen nach dem BSHG bezogen haben, ist Anspruchsgrundlage § 3 AsylbLG. Hiernach wird der notwendige Bedarf an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushaltes durch Sachleistungen gedeckt. Die Regelung schreibt die Gewährung von Sachleistungen im Regelfall verpflichtend vor (Vorrang des Sachleistungsprinzips). So wie § 3 Abs. 1 Satz 2 AsylbLG eine Ausnahme für Kleidung zulässt, ist eine Gewährung von Geldleistung auch bei den anderen in Satz 1 genannten Bedarfsgruppen ausnahmsweise zulässig, wenn die besonderen Umstände des Einzelfalls dies erfordern. So kann sich im Einzelfall ergeben, dass die Kosten für die Anmietung einer Unterkunft bzw. für eine bereits angemietete, eigene Unterkunft vom Leistungsträger zu übernehmen sind, wenn die Besonderheit des Einzelfalls dies rechtfertigt, insbesondere wenn erhebliche gesundheitliche Störungen des Leistungsberechtigten, z.B. psychische Erkrankungen dies erfordern (Fichtner/Wenzel, Bundessozialhilfegesetz mit Asylbewerberleistungsgesetz und Grundsicherungsrente, 2. Auflage 2003, § 3 AsylbLG Rdn. 2, 4; Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, Teil II, Sozialgesetzbuch XII- Sozialhilfe und Asylbewerberleistungsgesetz, Stand August 2004, § 3 AsylbLG Rdn. 12). So dürfte es hier liegen. Nach dem jetzigen Kenntnisstand des Gerichtes dürfte die erhebliche psychische Erkrankung des Antragstellers einem derzeitigen Umzug in eine andere Wohnung/Umgebung entgegenstehen. Die behandelnde Therapeutin Frau Dipl. Psych. X hat insoweit in ihrem Attest vom 04.07.2006 die Unzumutbarkeit eines Umgebungswechsels aus psychotherapeutischen Gründen bestätigt, wenn sie ausführt, bei gravierenden Lebensveränderungen wie z.B. das Verlassen der gewohnten Umgebung ist eine völlige Dekompensation mit Suizidgefährdung des Patienten zu befürchten. Frau Dipl. Psych X teilt in ihrem Attest die Diagnose einer schweren depressiven Störung und einer posttraumatischen Belastungsstörung und die Notwendigkeit einer fortlaufenden therapeutischen Behandlung mit, wodurch eine erhebliche psychische Erkrankung des Antragstellers belegt wird und die Einschätzung der Diplom-Psychologin zu den gesundheitlichen Gefahren in Bezug auf einen Umgebungswechsel nicht unschlüssig bzw. nicht nachvollziehbar erscheint. In diesem Zusammenhang hat das Gericht in seine Entscheidungsfindung einbezogen, dass auch das Gutachten von Priv. Doz. G vom 11.02.2003 dem Antragsteller eine erhebliche psychiatrische Erkrankung in Form einer anhaltenden depressiven Störung mit ausgeprägten psychovegetativen Funktionsstörungen, paranoiden Verarbeitungen und formalen Denkstörungen attestiert und eine fortgesetzte Behandlung empfohlen hat, wobei der Sachverständige in Bezug auf die Dauer der Erkrankung und Behinderung von einem längerfristigen Zustand ausgegangen ist. Ähnliches kann der Stellungnahme der Dipl. Psych. L (QT3A E) vom 29.12.2005 entnommen werden, welche bei dem Antragsteller eine Major Depression (schwere Episode, rezidivierend) mit schweren suizidalen Symptomen und zeitweise antriebsgesteigertem Verhalten (larvierte Depression) diagnostiziert hat und feststellt, dass bei dem Antragsteller von einer langfristigen Behandlungsbedürftigkeit auszugehen ist. Frau Dipl. Psych.L geht zudem von einem "enorm hohen Suizidrisiko" aus, "das auch ohne weiteren äußeren Druck dekompensieren kann". Die Diagnosen und Feststellungen von Priv. Doz.G und der Dipl. Psych. L stimmen im wesentlichen mit den diagnostischen und therapeutischen Feststellungen der Dipl. Psych. X überein. Für das Gericht besteht daher im vorliegenden Eilverfahren kein begründeter Anlass, die auf der Diagnose und Behandlungsbedürftigkeit einer schweren psychischen Erkrankung basierende Einschätzung der Dipl. Psych. X zur Frage der Umzugsfähigkeit des Antragstellers in Zweifel zu ziehen. Auch die Antragsgegnerin hat keine substantiierten Einwände gegen die Feststellungen von Dipl. Psych. X vorgetragen, die geeignet wären, begründete Zweifel an der Richtigkeit ihres Attestes vom 04.07.2006 hervorzurufen. Soweit die Antragsgegnerin vor dem Hintergrund, dass es sich bei Frau Dipl. Psych. X um die behandelnde Therapeutin des Antragstellers handelt, die Einholung eines Gutachtens von einem neutralen Sachverständigen vorschlägt, kann dies im vorliegenden Antragsverfahren aufgrund der Eilbedürftigkeit nicht geleistet werden. Eine umfassende medizinische Abklärung des Sachverhaltes, u.a. durch Einholung eines Sachverständigengutachtens ist dem Hauptverfahren vorbehalten. Soweit die Antragsgegnerin die Richtigkeit der Feststellungen von Dipl. Psych. X vom 04.07.2006 anzweifelt, dürfte sie sich im Rahmen des durchzuführenden Widerspruchsverfahrens veranlasst sehen, eine Untersuchung des Antragstellers durch ihren Amtsarzt (nervenärztlicher Fachrichtung) anzuordnen, um die Aussagen von Frau Dipl. Psych. X verifizieren zu lassen. Nach den dem Gericht vorliegenden medizinischen bzw. therapeutischen Unterlagen kann zum jetzigen Zeitpunkt der Entscheidung nicht ausgeschlossen werden, dass bei Verlust der Unterkunft und damit der gewohnten Umgebung für den Antragsteller die Gefahr besteht, dass sich sein Gesundheitszustand in psychischer Hinsicht nachhaltig verschlechtert und ggf. eine Suizidgefährdung hinzutritt. Nach dem jetzigen Kenntnisstand dürfte es die erhebliche psychiatrische Erkrankung erforderlich machen, dass der Antragsteller vorerst in seiner gewohnten Umgebung verbleiben kann und ein Unterkunftswechsel vermieden wird. Es ist daher gerechtfertigt, der Antragsgegnerin vorläufig die Kosten für die jetzige Unterkunft des Antragstellers aufzugeben. Abschließend weist das Gericht darauf hin, dass es auch folgende Erwägungen in seine Entscheidungsfindung hat einfließen lassen: Selbst wenn man Zweifel an den Feststellungen der Dipl. Psych. X vom 04.07.2006 hegen wollte, vor dem Hintergrund, dass sie die behandelnde Therapeutin des Antragstellers ist und damit in einem besonderen Vertrauensverhältnis zu ihm stehen dürfte, was ggf. dazu führen kann, dass ihre Beurteilung in Bezug auf streiterhebliche Fragen zu günstig ausfällt, würde sich im vorliegenden Antragsverfahren kein anderes Ergebnis ergeben. Denn dann müsste, weil im Zeitpunkt der Eilentscheidung andere -der Beurteilung von Dipl. Psych. X widersprechende- fachärztliche bzw. therapeutische Aussagen fehlen, von einem offenen Ausgang des Hauptsacheverfahrens ausgegangen werden und das Gericht hätte vor dem Hintergrund, dass eine abschließende Klärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, in die Folgenabwägung einzutreten. Eine solche Abwägung ergibt einen Vorrang des Interesses des Antragstellers an der vorläufigen Übernahme von Kosten für Unterkunft und Heizung gegenüber dem Interesse der Antragstellerin, bis zur Klärung der Hauptsache keine Leistungen ausschütten zu müssen, weil diese ggf. –nämlich im Falle der Erfolglosigkeit der Rechtsbehelfe- ungerechtfertigter Weise erfolgen. Ohne Erlass einer einstweiligen Anordnung wäre möglicherweise die psychische Gesundheit des Antragstellers erheblich gefährdet. Damit stehen mögliche Verletzungen der Grundrechte des Antragstellers auf Achtung der Menschenwürde sowie auf Leben und körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz (GG) im Raume. Diesen befürchteten Grundrechtsbeeinträchtigungen auf der Seite des Antragstellers steht die Möglichkeit ungerechtfertigter Geldzahlungen auf der Seite der Antragsgegnerin gegenüber. Vor dem Hintergrund, dass ungerechtfertigte Geldzahlungen im Falle erfolgloser Rechtsbehelfe von dem Antragsteller –obgleich auch nur beschränkt gemäß § 7 b AsylbLG- zu erstatten sind und dass weiterhin die einstweilige Anordnung auf Übernahme von Unterkunftskosten nur bis zur Entscheidung über den Widerspruch vom 05.07.2006 gilt, deren Zeitpunkt die Antragsgegnerin selbst beeinflussen kann, ist die Möglichkeit ungerechtfertigter Geldzahlungen im Rahmen der Folgenabwägung von geringerem Gewicht und in Kauf zu nehmen.
Die Antragsgegnerin war daher zu verpflichten, vorläufig Kosten der Unterkunft und Heizung zu übernehmen für die Zeit ab Juni 2006. Eine Verpflichtung zur Bewilligung von Leistungen vor dem Zeitpunkt der Beantragung der einstweiligen Anordnung (03.08.2006) kommt zwar grundsätzlich nicht in Frage. Dies beruht auf dem Grundsatz, dass die Gewährung von Leistungen im Wege der einstweiligen Anordnung nur zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage zu erfolgen hat und nicht rückwirkend zu zusprechen sind, wenn nicht ausnahmsweise ein Nachholbedarf plausibel und glaubhaft gemacht ist. Der Antragsteller hat erhebliche Mietrückstände belegt, welche die Vermieterin zur fristlosen Kündigung der Unterkunft berechtigen und hat damit einen Nachholbedarf nachgewiesen, der es erlaubt, die Leistungen bereits ab Juni 2006 zu zusprechen.
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller für sich und seiner Lebenspartnerin Frau C1 und der Tochter N T2 für den Monat Juni 2006 Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 243,39 Euro und ab dem Monat Juli 2006 in monatlicher Höhe von 424,89 Euro vorläufig zu gewähren. Die genannten Beträge ergeben sich aufgrund folgender Erwägungen: Ausgehend von der Gesamtmiete in Höhe von 566,51 Euro entfällt auf jedes der vier Haushaltsmitglieder ein anzuerkennender Kopfanteil für Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 141,38 Euro. Die Antragsgegnerin kann im vorliegenden Antragsverfahren zur Zahlung der Kopfanteile für den Antragsteller, die Lebenspartnerin Frau C1 und die Tochter N T2 verpflichtet werden, weil insoweit ihre ablehnende Entscheidung hinsichtlich der Übernahme von Kosten der Unterkunft und Heizung für diese drei Personen vom 29.06.2006 vom Antragsteller mit Widerspruch vom 05.07.2006 angefochten worden ist. Diese Entscheidung entfaltet zwischen den Beteiligten noch keine Bindungswirkung (§ 77 SGG) und kann daher von Seiten des Gerichtes überprüft und abgeändert werden. Die ablehnende Entscheidung der Antragsgegnerin vom 30.06.2006 zur Übernahme von (anteiligen) Unterkunftskosten für die im Haushalt des Antragstellers lebende volljährige Tochter F T1 ist dagegen mit Ablauf des 04.08.2006 in Bestandskraft erwachsen und damit seit diesem Zeitpunkt bindend zwischen den Beteiligten. Die Entscheidung ist daher einer gerichtlichen Überprüfung und Abänderung nicht mehr zugänglich. Der Bescheid vom 30.06.2006 ist Frau T1 ausweislich Empfangsbestätigung am 04.07.2006 ausgehändigt und damit bekannt gegeben worden. Ausgehend vom Tag der Bekanntgabe (04.07.2006) endete die Frist zur Einlegung eines Widerspruchs gemäß § 84 Abs. 1 SGG am 04.08.2006 (Freitag). Für die Jahresfrist zur Einlegung des Rechtsbehelfs nach § 66 Abs. 2 SGG besteht mit Blick auf die im Bescheid vom 30.06.2006 ordnungsgemäß erteilte Rechtsbehelfsbelehrung im Sinne des § 66 Abs. 1 SGG kein Ansatzpunkt. Ein Widerspruch gegen den Bescheid vom 30.6.2006 ist nicht erhoben worden. Eine Auslegung der Antragsschrift des Bevollmächtigten vom 03.08.2006 dahingehend, dass mit diesem (auch) Widerspruch gegen den Bescheid vom 30.06.2006 erhoben werden sollte, ist nicht in Erwägung zu ziehen, weil sich die Klage-/Antragschrift vom 03.08.2006 ausdrücklich auf den Bescheid vom 29.06.2006 und den hiergegen eingelegten Widerspruch vom 05.07.2006 bezieht. Der auf die Tochter F entfallende Kopfanteil der Miete ist daher unbeachtet zu lassen. Ausgehend von der Gesamtmiete in Höhe von 566,51 Euro errechnen sich für drei Kopfanteile à 141,38 Euro Kosten der Unterkunft in monatlicher Höhe von 424,89 Euro. Für den Monat Juni 2006 ist von diesem Betrag das von dem Haushalt des Antragstellers bezogene Wohngeld in Abzug zu bringen, denn Doppelleistungen sind zu vermeiden. Da das Wohngeld für den aus vier Personen bestehende Haushalt berechnet worden ist, ist für den Antragsteller, die Lebenspartnerin Frau C1 und die Tochter N ein Anteil in Höhe von 181,50 (242,00 Euro: 4 (Personen) = 60,50 Euro pro Person x 3 Personen) in Abzug zu bringen, so dass sich ein Betrag an Unterkunftskosten für Juni 2006 in Höhe von 243,39 Euro ergibt. Ab Juli 2006 erhält der Haushalt des Antragstellers kein Wohngeld mehr, so dass dem Antragsteller sowie seiner Lebenspartnerin und Tochter N ab diesem Zeitpunkt Kosten für Unterkunft in monatlicher Höhe von 424,89 Euro zu zahlen sind. Diese Beträgen gelten unter der Bedingung gleichbleibender Familien- Einkommens- und Vermögensverhältnisse.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog. Bei der Quotelung der Kosten hat das Gericht berücksichtigt, dass der Antragsteller mit seinem Antrag überwiegend obsiegt hat.
Rechtskraft
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