S 26 RJ 168/04

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
26
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 26 RJ 168/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 330/06
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1.Die Klage wird abgewiesen. 2.Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung einer Altersrente unter Berücksichtigung des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG).

Die am 00.00.1918 in M (M) in Polen geborene Klägerin ist Jüdin und Verfolgte des Naziregimes und lebt seit 1950 in Israel mit der dortigen Staatsangehörigkeit.

Sie beantragte am 28.10.2002 die Gewährung einer Regelaltersrente aus der Deutschen Rentenversicherung, unter Berücksichtigung von Zeiten nach dem ZRBG.

Sie gab dabei an, zwar nicht dem Deutschen Sprach- und Kulturkreis angehört zu haben (Bl. 11 R. der Verwaltungsakte); sie habe aber von Oktober 1941 bis September 1942 während ihres Aufenthaltes im Ghetto von Lemberg innerhalb und auch außerhalb des Ghettos Tätigkeiten als Putzfrau in den Kasernen und als Arbeiterin verrichtet; sie habe zunächst die Putzarbeiten ausgeführt und später in der Produktion von Galanteriewaren für das Militär gearbeitet. Sie habe 8 bis 10 Stunden gearbeitet. Die Arbeit sei freiwillig und durch Vermittlung des Judenrats zustande gekommen. Bekommen habe sie dafür Coupons, und keine Sachbezüge; nur am Anfang habe sie kurze Zeit Barlohn bekommen. Alle evtl. Zeugen seien bereits verstorben (Bl. 26 R. der Verwaltungsakte).

Die Beklagte zog die BEG-Vorgänge des Wiedergutmachungsamtes Saarburg bei. Danach hieß die Klägerin früher noch B. Bei den damaligen Vorgängen hatte die Klägerin in den 50er und 60er Jahren angegeben, bis September 1942 habe sie im Ghetto Zwangsarbeit geleistet. Im September 1942 sei sie geflüchtet und habe sich in Warschau versteckt und in der Illegalität gelebt (Bl. 34, 40 der Verwaltungsakte). Zur Ghettozeit in Lemberg gab sie im einzelnen an: " ...Auch im Ghetto verpflichtete Zwangsarbeit und wurde diese vom Arbeitsamt zugewiesen ... täglich außer Sonntags musste ich mich mit vielen Juden auf dem Platz bei der Lstraße einfinden und von hier wurden wir von jüdischen oder ukrainischen Polizisten zur Arbeit geführt, die zwangsweise war und für die uns nichts bezahlt wurde. Ich musste die Straßen kehren und arbeitete später in den Kasernen in der Kstraße Nr. 000. Im April 1942 bekam ich Arbeit bei der Herstellung von Galantarie für das Militär ..." (Bl. 33 der Verwaltungsakte) und " ...nicht zu schildernde Bedingungen im Ghetto Zwangsarbeiten meistens im Freien, bei Kälte, Nässe, schlecht bekleidet, hungernd, misshandelt, geschmäht ..." (Bl. 38 der Verwaltungsakte) und " ...einige Zeit darauf wurde von den Deutschen das Ghetto Lemberg gegründet, wo nun ich sowie viele andere Juden ein menschenunwürdiges Darsein kümmerlich fristen und bei kümmerlicher und schlechter Nahrung, mangelhaft und unzulänglicher Bekleidung und schauerlichen Behausungs- und Sanitationsverhältnissen schwere Zwangsarbeit leisten musste. Es fehlte hier auch nicht an Erniedrigungen, Misshandlungen ..." (Bl. 42 der Verwaltungsakte). Ein Zeuge T gab an: " ... Wir waren vogelfrei und jederman konnte uns antun was er nur wollte. Die Antragstellerin musste auch gleich so wie ich und viele andere Juden schwere Zwangsarbeiten leisten und Erniedrigungen und Beleidigungen aller Art wehrlos hinnehmen. Später wurde von den Deutschen das Ghetto Lemberg errichtet und hier nun musste die Antragstellerin so wie ich und viele andere Juden schwere langstündige Zwangsarbeit verrichten. Lebensbedingungen hier waren in jeder Hinsicht menschenunwürdig. Nahrung war kümmerlich; Bekleidung war mangelhaft und unzulänglich ..." (Bl. 43 der Verwaltungsakte). Eine Zeugin I erklärte: " ...Im Ghetto mussten die Juden zwangsweise arbeiten und arbeitete auch Frau B zusammen. Jeden Tag außer Sonntag wurden wir zur Zwangsarbeit geführt. Wir arbeiteten in den Kasernen bei der Kstraße Nr. 000 und später bei der Erzeugung und Galantarie für das Militär ...!" (Bl. 31 d. Verwaltungsakte).

Eine Sprachkommission kam im Entschädigungsverfahren zur Beurteilung, die deutsche Sprache sei bei der Klägerin damals nicht die vorherrschende gewesen (Bl. 58 der Verwaltungsakte).

Mit Bescheid vom 19.01.2004 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Zur Begründung führte sie aus, vom für eine Rente notwendigen Vorliegen einer entgeltlichen aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen und freiwilligen Beschäftigung habe sich die Beklagte nicht überzeugen können. Eine solche Beschäftigung sei nicht glaubhaft gemacht. Vielmehr sei nach den eigenen früheren Schilderungen der Klägerin und ihrer Zeugen von ihren Arbeitseinsätzen dies jeweils als Zwangsarbeit anzusehen gewesen, die nach dem ZRBG nicht anerkannt werden könne. Zudem sei nach ihren eigenen Angaben für die Arbeit nichts bezahlt worden.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 09.02.2004 Wiederspruch ein. Zur Begründung trug sie im wesentlichen vor, "eine Zuweisung" von Arbeit habe generell der Terminologie des Dritten Reiches entsprochen. Dies spreche nicht allein für sich für Zwangsarbeit, bzw. gegen ein freiwilliges Beschäftigungsverhältnis.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.12.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung gab sie ihre bisherige Begründung wieder und führte noch ergänzend aus, neben der Zuweisung von Arbeit habe die Klägerin im Entschädigungsverfahren auch von Erniedrigungen und Misshandlungen berichtet, was zusammenfassend auch für Zwangsarbeit spreche.

Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 31.12.2004 Klage zum Sozialgericht Düsseldorf erhoben.

Zur Begründung nimmt die Klägerin sinngemäß Bezug auf ihr bisheriges Vorbringen und vertieft dieses. Ergänzend macht sie geltend, die Beklagte könne nicht allein auf die Einführung des "Arbeitszwangs" im Generalgouvernement abstellen. Dies ignoriere die sonstigen rechtlichen und faktischen Gegebenheiten dort. Ausreichend sei die "gute Möglichkeit", aus eigenem Willensentschluss ein Beschäftigungsverhältnis in Lemberg eingegangen zu sein, die hier auch anzunehmen sei. Unter Berücksichtigung der historischen Gegebenheiten einerseits und des Gesetzeszwecks des ZRBG andererseits sei davon auszugehen, dass die Tätigkeit im Ghetto Lemberg aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen sei. Einer Beschäftigung nachzugehen auch für noch so wenig Bezüge sei die Realisation auf die im Ghetto vorgefundenen Lebensverhältnisse. Die Beschäftigung sei auch gegen Entgelt ausgeübt worden, im Sinne des ZRBG. Sie habe Coupons erhalten, also keine Sachbezüge, sondern vielmehr eine geldwerte Form der Entlohnung, um Dinge des täglichen Lebens zu erwerben. Bei der Gesetzesauslegung sei zu ihren Gunsten auch zu berücksichtigen, dass die in einem freien Beschäftigungsverhältnis vermittelten Juden im Generalgouvernement zumindestens einen Rechtsanspruch auf Arbeitsentgelt und Sozialversicherung gehabt hätten, nach diversen Richtlinien und Verordnungen. Der rechtlich bestehende Entgeltanspruch führe dazu, dass sie nach §§ 14, 21 WGSVG so gestellt werden müsse, als hätte sie Lohn erhalten. An wen der Lohn ausgezahlt worden sei, bzw. wem der Anspruch zugestanden hätte, sei auch nicht relevant. Auf die Höhe des Entgelts oder des Entgeltanspruches komme es für die Auslegung auch nicht an. Deshalb reiche erst recht auch ein Anspruch i.H.v. nur 80 % des Lohnes für eine Polin. Wenn das Entgelt die tatsächlichen minimalen Lebensbedürfnisse gleichwohl nur zu ca. 24 % gedeckt hätten, dann liege diese Unterdeckung aber nur 6 % -Punkte unter der Unterdeckung für Polen. Im Übrigen habe sie eine Entschädigung von der Claims Conference nur erhalten für das Jahr 1942, für die Zeit nach dem Ghettoaufenthalt.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.12.2004 zu verurteilen, ihr unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem ZRBG – für die von ihr anlässlich des Aufenthalts im Ghetto Lemberg von Oktober 1941 bis September 1942 zurückgelegten Zeiten einer Beschäftigung – und unter Berücksichtigung von wegen Verfolgung anzuerkennenden Ersatzzeiten nach Entrichtung ggf. noch erforderlicher freiwilliger Beiträge eine Regelaltersrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen seit dem 01.07.1997 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte nimmt Bezug auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Ergänzend macht sie geltend, sie halte weiterhin eine freiwillige Beschäftigung nicht für glaubhaft. Unter Berücksichtigung des den Beteiligten bekannten Urteils des BSG vom 07.10.2004 sei hier von schon nicht ausreichenden im Entgelt im Sinne des ZRBG auszugehen. Die angeführten Coupons hätten nur Selbstversorgung ermöglicht, zudem unzureichend und mangelhaft, was aber nach dem Bundessozialgericht nicht ausreiche. Ansprüche nach dem Fremdrentengesetz seien für die Klägerin mangels Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis nicht eröffnet, denn in Lemberg hätte die Reichsversicherungsordnung nicht gegolten. Allein ein theoretischer Anspruch auf Lohn reiche auch nicht aus, weder nach dem WGSVG noch nach dem ZRBG.

Das Gericht hat die Entschädigungsvorgänge der Jewish Claimes Conference von 2001 beigezogen. Diese hat dazu noch mitgeteilt, die Klägerin habe eine Entschädigung aufgrund ihres Verfolgungsschicksals im Ghetto Lwow im Jahr 1942 erhalten, nach Auswertung der Entschädigungsakten des israelischen Finanzministeriums.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte in Abwesenheit der Bevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil diese in der Terminsmitteilung, deren Zustellung ordnungsgemäß am 29.09.2006 bewirkt wurde, auf diese Verfahrensmöglichkeit hingewiesen worden ist, die sich aus §§ 124 Abs. 1, 126 und 127 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ergibt.

Die Klage ist zwar zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht erhoben.

Die Klage ist auch unbegründet. Die angefochtenen Verwaltungsakte der Beklagten, nämlich der Bescheid vom 19.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.12.2004, sind nicht rechtswidrig und beschweren die Klägerin nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG, weil die Beklagte mit diesen Bescheiden zu Recht die Gewährung einer Altersrente abgelehnt hat. Der dahingehenden begehrten Verpflichtung der Beklagten (§ 54 Abs. 4 SGG) war somit nicht zu entsprechen, weil Beitragszeiten nach dem ZRBG hier nicht vorliegen bzw. nicht ausreichend glaubhaft gemacht sind und weil allein Ersatzzeiten wegen Verfolgung nicht ausreichen, einen Rentenanspruch zu begründen.

Zur Meidung unnötiger Wiederholungen nimmt das Sozialgericht Düsseldorf gemäß § 136 Abs. 3 SGG Bezug auf die Ausführungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden, erklärt sie für im Wesentlichen richtig und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Insbesondere hat die Beklagte in dem Bescheid vom 19.01.2004 auch bereits die entscheidende Vorschrift des § 1 Abs. 1 ZRBG mit den dortigen wesentlichen Voraussetzungen wiedergegeben und weshalb hier nicht von freiwilliger und auch entgeltlicher Beschäftigung im Sinne des ZRBG ausgegangen werden kann.

Ergänzend führt das Gericht noch folgendes aus: Voraussetzung für die Gewährung einer Altersrente ist nach § 35 SGB VI neben der Vollendung des 65. Lebensjahres die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit. Darauf anrechenbare Zeiten im Sinne von §§ 50 ff. SGB VI hat die Klägerin aber nicht. Die Anwendbarkeit des ZRBG zu ihren Gunsten zur Begründung von Beitragszeiten der deutschen Rentenversicherung und zur Zahlbarmachung einer Rente ins Ausland scheitert hier schon daran, dass sie keine Beschäftigung in einem Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZRBG nachgewiesen bzw. ausreichend glaubhaft gemacht hat, die auch eine "entgeltliche" Beschäftigung aus. "Eigenen Willensentschluss" darzustellen geeignet wäre.

I. Es fehlt schon an einem schlüssigen Vortrag für die Annahme einer regelmäßigen – auch entgeltlichen – Tätigkeit, für die sogar ein Entgelt oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze vorgelegen haben müsste, um überhaupt rentenrechtlich relevant zu sein, entsprechend § 1227 der 1941 bis 1942 für die allgemeine Rentenversicherung gültigen Reichsversicherungsordnung, wonach Zuwendungen allein zur Unterhaltssicherung keine Rentenversicherungspflicht begründet hätten. Gerade angesichts der Angaben der Klägerin insbesondere im Entschädigungsverfahren nach dem BEG, wie auch ihrer damaligen Zeugen, die die Klägerin und ihre Zeugen damals wesentlich zeitnäher machten, erscheint die Annahme aus eigenem Willensentschluss aufgenommener Beschäftigungsverhältnisse auch entgeltlicher Art nicht glaubhaft. Vergegenwärtigt man sich alle Umstände, die schon beim Wiedergutmachungsamt in den 50er und 60er Jahren geschildert wurden und die oben im Tatbestand wiedergegeben wurden, dann kann daraus nur der Schluss gezogen werden, dass die der Klägerin zugewiesenen Arbeiten geprägt waren von Zwang, Ausnutzung der Arbeitskraft ohne die tatsächliche Zahlung von Lohn, bei schlechtesten Bekleidungs- und Nahrungsverhältnissen unter Inkaufnahme von Misshandlungen und Demütigungen und Erniedrigungen bei Bewachung durch entweder jüdische oder ukrainische Polizisten. Es war sogar davon die Rede, dass die Juden sich üblicherweise an einem bestimmten Platz sammeln mussten, um zu jeweiligen Arbeitsplätzen geschickt zu werden. Wenn der Zeuge T von "bitterschweren langstündigen Zwangsarbeiten" bei kümmerlicher Nahrung und mangelhafter und unzulänglicher Kleidung sprach, dann kann dies auch nicht ansatzweise mit einem arbeitsrechtlich vergleichbaren Beschäftigungsverhältnis gleichgestellt werden; vielmehr wurde in den Entschädigungsakten ein Überlebenskampf bei dauerhaft unzulänglichen und erniedrigenden Bedingungen geschildert. Soweit die Klägerin bzw. ihre Zeugen dabei das Wort "Zwangsarbeit" benutzten, so kann dies angesichts der näher dazu geschilderten Umstände hier auch so verstanden werden (vgl. LSG NRW Urteil vom 18.07.2005 – L 3 RJ 101/04). Dem substanziert Entgegenstehendes wurde mit der Klage nicht vorgetragen. Erst recht kann ein "Entgelt", das über nur kümmerliche Unterhaltssicherung hinausging, nicht angenommen werden, denn die Klägerin selbst hat in ihrer Erklärung vom 02.12.1956 angegeben, das für ihre Tätigkeit "nichts bezahlt wurde" (Bl. 33 der Verwaltungsakte). Diese frühere zeitnähere Angabe lässt nicht wahrscheinlicher erscheinen, dass sie eine geltwerte Form der Entlohnung bekommen habe die mehr als ihr Überleben gesichert hätte.

II. Die Klage hat auch keine Erfolg unter dem Gesichtspunkt, dass die Klägerin möglicherweise einen Anspruch auf Lohn gehabt hätte. Für die Zuerkennung einer auch ins Ausland zahlbaren Rente nach dem Wortlaut von § 1 ZRBG kommt es darauf an, ob tatsächlich Entgelt gezahlt worden war, nicht ob Anspruch darauf bestanden hätte oder Beiträge dafür hätten entrichtet werden müssen. Das ZRBG ist ein Lex Spezialis gegenüber anderen insbesondere älteren Vorschriften auch gegenüber dem WGSVG; außerdem fingierte § 14 WGSVG auch nur eine Beitragsentrichtung, nicht aber eine Entgeltzahlung. Im Übrigen spricht die Nicht – Zahlung eines evtl. zivilrechtlich oder öffentlich rechtlich geschuldeten angemessenen Arbeitsentgeltes gerade dafür, dass es sich um Zwangsarbeit zur Ausnutzung der Arbeitskraft handelte. Auch nach aktueller Rechtssprechung ist des LSG NRW, der sich die 26. Kammer des Sozialgerichts Düsseldorf anschließt, greift die Anspruchstheorie nicht ein (LSG NRW, Urteile vom 27.01.2006 – L 13 R 123/05 und vom 13.02.2006 – L 3 lR 43/05 und 178/05).

III. Im Übrigen steht der Anwendbarkeit des ZRBG bzw. der Begründung von Beitragszeiten nach §§ 15, 16, 17 a FRG auch entgegen, dass die Klägerin nicht dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehört hat, wie sie im Rentenantrag selbst angegeben hat. Nach dem Urteil des Landessozialgerichts NRW vom 13.01.2006 (L 4 RJ 113/04) kommt die Anwendbarkeit des ZRBG bzw. des FRG nämlich nur dem Personenkreis zugute, der auch dem DSK angehörte, denn das ZRBG hat keine Anspruchserweiterung herbeigeführt und sollte schon vom Wortlaut des Gesetzes her nur Rentenansprüche ins Ausland zahlbar machen. Da die in Rede stehenden Tätigkeiten im Ghetto Lemberg auch in einem Gebiet verrichtet wurden, in dem die deutschen Reichsversicherungsgesetze nicht galten, wäre das ZRBG bzw. das FRG hier nur auf die Klägerin anwendbar, wenn sie auch dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehört hätte. Dies hat sie aber im Rentenantrag verneint, und auch eine Sprachkommission im Entschädigungsverfahren verneinte eine solche Zugehörigkeit

IV. Selbst wenn bei der Klägerin ein freiwillige und auch ein entgeltlich gewesenes Beschäftigungsverhältnis im Ghetto Lemberg vorgelegen hätte und auch wenn sie dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehören würde, so würde ihr Anspruch auf eine Rente unter Berücksichtigung des ZRBG auch daran scheitern, dass die Klägerin für die Zeit im Ghetto Lemberg bereits entschädigt wurde, nach dem Gesetz zur Errichtung einer Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" (EVZStiftG). § 16 dieses Gesetzes regelt in seinem Absatz 1 Satz 2: "Etwaige weitergehende Ansprüche im Zusammenhang mit nationalsozialistischem Unrecht sind ausgeschlossen". Die 26. Kammer des Sozialgerichts Düsseldorf schließt sich damit der Auffassung des LSG NRW im Urteil vom 07.06.2005 (L 4 R 3/05) an, wonach der Anschluss von Ansprüchen nach § 16 Abs. 1 Satz 2 EVZStiftG auch Forderungen gegenüber der Sozialversicherung enthält bzw. ausschließt. Der Leistungsausschluss hätte nämlich praktisch keinen Anwendungsbereich und würde ausgehebelt, wenn nach § 16 Abs. 3 EVZStiftG auf diesem Umweg doch wieder Ansprüche nach anderen Rechtsvorschriften möglich sein sollten. Dies kommt indirekt zum Ausdruck auch in der Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der Fraktion "Die Linke" (BT-Drucksache 16/1955 S. 5). Dort hat die Bundesregierung klargestellt, es sei zu unterscheiden zwischen rentenrechtlichen Beschäftigungen und Entschädigungsleistungen für Zwangsarbeit, die eben nach anderen Gesetzen erbracht würden. Ist die Klägerin somit wie hier gerade für Tätigkeiten im Ghetto Lemberg wegen Zwangsarbeiten nach dem EVZStiftG entschädigt worden, so hat dies den Ausschluss von Abgeltungen nach anderen Gesetzen wie hier nach dem ZRBG bzw. SGB VI zur Folge. Dabei ist es nach Auffassung der Kammer auch ohne Bedeutung, ob die nach dem EVZStiftG gewährte Zwangsarbeitentschädigung für Tätigkeit im Ghetto auf ein bestimmtes Jahr beschränkt wurde, denn es handelt sich um Pauschalentschädigungen für Tätigkeiten zwangsweise im Ghetto, so dass auch alle sonstigen Tätigkeiten im Ghetto (auch vor 1942) vom Anspruchsausschluss erfasst werden, wenn es um Tätigkeiten geht, die wie hier als Zwangsarbeit zu qualifizieren sind. Dass die Tätigkeit schon im Ghetto im Jahre 1941 nicht im Rahmen der Anspruchsprüfung nach dem EVZStiftG mit eingebracht wurde, fällt in den Verantwortungsbereich der Klägerin.

V. Im Übrigen wird klägerischerseits verkannt, dass das ZRBG in der vorliegenden Form von vornherein nicht geeignet ist, Ansprüche für einen wirklich größeren Personenkreis zu begründen und die von den meisten heute noch lebenden Ghetto-Insassen gehegten Erwartungen zu erfüllen. Denn nach dem Wortlaut dieses Gesetzes reicht nicht jede Art von Tätigkeite anlässlich Aufenthalt in einem Ghetto aus, um ins Ausland zahlbare Rentenansprüche nach dem ZRBG zu begründen (vgl. BSG vom 07.10.2004 – B 13 RJ 59/03 R und LSG NRW Urteile vom 03.06.2005 – L 4 R 3/05 und vom 18.07.2005 – L 3 RJ 101/04). Von der Klägerin wurde nichts vorgetragen, was im Lichte dieser Entscheidungen hier ihre Ghetto-Tätigkeiten glaubhaft anders bewerten könnte.

VI. Die Kammer verkennt nicht das Verfolgungsschicksal der Klägerin, sieht aber nach Lage der gesetzlichen Vorschriften und der zuletzt von dem Bundessozialgericht und dem LSG NRW aufgestellten Voraussetzungen keine Möglichkeit, dem geltend gemachten Anspruch der Klägerin zu entsprechen.

Das ZRBG gibt solche Ansprüche für sie zur Überzeugung der Kammer nicht her.

VII. Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 193 Abs. 1, 4 SGG.
Rechtskraft
Aus
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