Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
26
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 26 R 526/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 18 R 41/07
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1.Die Klage wird abgewiesen. 2.Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung einer Altersrente unter Berücksichtigung des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG).
Die am 00.00.1920 in M (M) in Polen geborene Klägerin ist Jüdin und Verfolgte des Nazi-Regimes und lebt seit 1950 in Israel mit der dortigen Staatsangehörigkeit.
Sie beantragte am 21.01.2003 bei der israelischen Nationalversicherung, eingehend bei der Beklagten am 10.06.2003, die Gewährung einer Regelaltersrente aus der deutschen Rentenversicherung unter Berücksichtigung von Zeiten nach dem ZRBG. Sie gab dabei an, sie habe von November 1941 bis Mai 1943 während ihres Aufenthaltes im Ghetto von Lemberg außerhalb des Ghettos in einer Textil-Kooperative Uniformen für das Militär hergestellt. Sie habe 10 bis 12 Stunden täglich gearbeitet. Sie sei auf dem Weg von und zur Arbeit von jüdischer Polizei bewacht worden. Die Arbeit sei durch den Judenrat vermittelt worden. Bekommen habe sie dafür Sonderverpflegung, keinen Barlohn.
Die Beklagte zog die BEG-Vorgänge der Oberfinanzdirektion München bei. Dort hatte die Klägerin 1954 angegeben: "Gleich nach dem Einmarsch der Deutschen und ungefähr 8 Wochen vor meiner ... Umsiedlung ins Judenviertel wurden wir als Juden dem Befehl und Anordnungen des General-Obergruppenführers SS Katzmann zufolge zur Zwangsarbeit in die Webereiwerkstätten der Wehrmacht zwangseingewiesen, wo ich und mein Ehegatte ... bei der Anfertigung von Militäruniformen zwangsbeschäftigt gewesen waren, täglich zur und von der Zwangsarbeitsstelle unter Wehrmachtseskorte und - es war dies bereits nach der Erschießung meines Gatten - seit Ende Dezember 1941 ich unter Eskorte, bestehend aus einem OD-Mann, einem Schupo und einem ukrainischen Milizjanten, zur obigen Zwangsarbeitsstelle und nach verrichteter Tages-Zwangsarbeit zurück ins Ghetto geführt worden war und während der Zwangsarbeit ständig bewacht worden war ... Im obigen Ghetto Lemberg war ich bis zum 31. Mai 1943 zwangsgehalten worden, wobei ich Zwangsarbeit seit Mitte Juli 1941 unter haftähnlichen Bedingungen, unter Eskorte und ständiger Bewachung in den Webereiwerkstätten der Wehrmacht in Lemberg bis zum 31. Mai 1943 verrichten musste ..." (so die Angaben der Klägerin von 1954 - Bl. 13, 14 der Rentenakte). Zwei Zeugen bestätigten dies. 1957 erklärte die Klägerin: "In Folge meiner schweren Zwangsarbeit, welche ich stehend 12 bis 14 Stunden lang täglich in den Weberei-Werkstätten Lemberg für die Wehrmacht verrichtet hatte, habe ich mir Krampfadern zugezogen, welche mir die ganze Zeit bis zum heutigen Tage hart zusetzen ..." (Bl. 23 Rentenakte). Eine Zeugin H1 erklärte 1959: "Frau (T1) ... war zusammen mit mir bis Ende Mai 1943 im Ghetto Lemberg inhaftiert gewesen und während ihrer Zwangsarbeit in den Weberei-Werkstätten musste sie schwere Lasten tragen und während ihrer Zwangsarbeit, welche sie stehend verrichten musste, schwollen ihre Beine an und sie klagte über heftige Schmerzen in den Beinen und Füßen. Während unseres gemeinsamen Zwangsaufenthaltes im Ghetto Lemberg erkrankte sie im Oktober 1942 an Bauchtyphus und war 5 Wochen lang im Ghetto-Quartier gelegen und im Jahr 1943 erkrankte sie an Flecktyphus und musste noch mit Fieber zur Zwangsarbeit gehen vor Angst zur Vernichtung verschickt zu werden. In Folge der schlechten und unverdaulichen, mangelhaften Lagerkost verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand immer mehr und als im Sommer 1942 ihr Vater und Anfang 1943 ihre Mutter und Schwester in Vernichtungslager verschickt worden waren, erlitt sie einen Nervenzusammenbruch ..." (Bl. 25 der Rentenakte). Ein Zeuge T2-T3 erklärte ähnliches (Bl. 26 Rentenakte). In einem medizinischen Gutachten von 1960 heißt es: " ... Nach der Besetzung Lembergs durch die Deutschen im Sommer 1941 musste sie ins Ghetto übersiedeln und schwere Zwangsarbeiten in einer Weberei verrichten; schon damals begannen ihre nervösen Beschwerden ... Auch machte sie in dieser Ghetto-Zeit kurz hintereinander Bauch-, Flecktyphus und Dysentrie durch. Schon im Ghetto litt sie sehr unter Hunger und wurde bei der Arbeit öfters geschlagen ..." (Bl. 36 Rentenakte).
Mit Bescheid vom 23.05.2005 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Zur Begründung führte sie aus, vom für eine Rente notwendigen Vorliegen einer entgeltlichen aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen freiwilligen Beschäftigung habe sich die Beklagte nicht überzeugen können. Eine solche Beschäftigung sei nicht glaubhaft gemacht. Vielmehr sei nach der Schilderung der Klägerin im damaligen Entschädigungsverfahren sie auf dem Weg von und zur Arbeit und während der Arbeit bewacht worden und sei auch öfters während der Arbeit geschlagen worden und habe unter Hunger gelitten. Aufgrund dieser Angaben sei eine aus eigenem Willensentschluss zustande gekommene Beschäftigung gegen Entgelt nicht glaubhaft.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 20.06.2005 Widerspruch ein, der nicht begründet wurde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 01.12.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung nahm sie Bezug auf die Ausführungen in dem vorangegangenen Ablehnungsbescheid; nach Aktenlage sie dieser nicht zu beanstanden.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 28.12.2005 Klage zum Sozialgericht Düsseldorf erhoben. Zur Begründung macht sie geltend, für ihre Tätigkeit habe sie rechtlich einen Anspruch auf Lohn gehabt, in Höhe von 80 % des Lohnes für eine Polin, nach auch für Lemberg geltenden Rechtsvorschriften im Generalgouvernement. Schon der nicht geringfügige Lohnanspruch reiche aus, um "Entgeltlichkeit" im Sinne des ZRBG zu begründen, denn im Fall eines Anspruchs würde ein Entgelt bzw. Beitragszahlung nach §§ 12, 14 WGSVG fingiert. Deshalb stütze sie sich auf die Anspruchstheorie. Im übrigen habe sie die Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss aufgenommen. Ihr Entschluss, eine Beschäftigung aufzunehmen, sei die Reaktion auf die Lebensverhältnisse im Ghetto gewesen, geprägt von Hunger und Not und schlechten hygienischen und sanitären Verhältnissen und Angst vor Deportation. All das habe in den Willensentschluss gemündet, eine durch den Judenrat vermittelte Tätigkeit aufzunehmen, wie sie bei vielen deutschen Firmen möglich gewesen sei. Deshalb sei die Arbeit im Bereich der Herstellung von Uniformen für das Militär auch glaubhaft. Im übrigen habe sie dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehört (Bl. 48 Gerichtsakte).
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
1.die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.12.2005 zu verurteilen, ihr unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem ZRBG - für die von ihr anlässlich des Aufenthaltes im Ghetto von Lemberg von November 1941 bis Mai 1943 zurückgelegten Zeiten einer Beschäftigung - und unter Berücksichtigung von wegen Verfolgung anzuerkennenden Ersatzzeiten nach Entrichtung ggf. noch erforderlicher freiwilliger Beiträge eine Regelaltersrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen seit dem 01.07.1997 zu zahlen. 2.hilfsweise, ihr persönliches Erscheinen im Termin zur mündlichen Verhandlung anzuordnen, 3.weiter hilfsweise, H2 als Sachverständigen für die Klärung der Fragen zu Tätigkeiten im Ghetto Lemberg zu hören.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte nimmt Bezug auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Ergänzend macht sie geltend, der Anspruchstheorie folge sie nicht. Das ZRBG verlange tatsächliche Entgeltzahlung, und zwar nicht nur geringfügigen Entgeltes über bloße Unterhaltssicherung hinaus, was hier nicht glaubhaft sei nach den Angaben in der Entschädigungsakte. Auf allgemeine Erwägungen komme es nicht an, vielmehr auf die einzelfallbedingten Umstände, für die historische Gutachten allenfalls Unterstützungsfunktion haben könnten bei glaubhaften Sachverhalten. Nach den hier vorliegenden Erklärungen der Klägerin in der Entschädigungsakte sei aber auch unter Berücksichtigung des Urteils des 13. Senats des Bundessozialgerichts vom 07.10.2004 von hier schon nicht ausreichendem versicherungspflichtigem Entgelt auszugehen und ein solches Entgelt auch nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Nach den Angaben in der Entschädigungsakte habe sie als Entlohnung für die im Ghetto geleistete Arbeit nur Essen bekommen und gleichwohl Hunger gelitten.
Das Gericht hat eine Auskunft der Claims Conference eingeholt. Diese teilt mit, aufgrund eines Antrags von 2001 (Bl. 57 Gerichtsakte) habe die Klägerin von ihr eine Entschädigung aufgrund ihres Verfolgungsschicksals im Ghetto Lemberg in den Jahren 1940 bis 1943 erhalten (Bl. 53 Gerichtsakte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte in Abwesenheit der Bevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil diese in der Terminsmitteilung, deren Zustellung ordnungsgemäß bewirkt wurde, auf diese Verfahrensmöglichkeit hingewiesen worden ist, die sich aus §§ 124 Abs. 1, 126 und 127 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ergibt.
Die Klage ist zwar zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht erhoben.
Die Klage ist aber unbegründet. Die angefochtenen Verwaltungsakte der Beklagten, nämlich der Bescheid vom 23.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.12.2005, sind nicht rechtswidrig und beschweren die Klägerin nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG, weil die Beklagte mit diesen Bescheiden zu Recht die Gewährung einer Altersrente abgelehnt hat. Der dahingehenden begehrten Verpflichtung der Beklagten (§ 54 Abs. 4 SGG) war somit nicht zu entsprechen, weil Beitragszeiten nach dem ZRBG hier nicht vorliegen bzw. nicht ausreichend glaubhaft gemacht sind und weil allein Ersatzzeiten wegen Verfolgung nicht ausreichen, einen Rentenanspruch zu begründen, und weil im übrigen die von der Claims Conference erbrachte Enschädigung eine Rente aus Ghetto-Zeiten nach § 16 EVZStiftG ohnehin ausschließt.
Zur Meidung unnötiger Wiederholungen nimmt das Sozialgericht Düsseldorf gemäß § 136 Abs. 3 SGG Bezug auf die Ausführungen der Beklagten in dem Bescheid vom 23.05.2005, erklärt sie für richtig und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Insbesondere hat die Beklagte in diesem Bescheid auch bereits die entscheidende Vorschrift des § 1 Abs. 1 ZRBG mit den dortigen wesentlichen Voraussetzungen wiedergegeben und weshalb hier nicht von freiwilliger und auch entgeltlicher Beschäftigung im Sinne des ZRBG aus eigenem Willensentschluss ausgegangen werden kann.
Ergänzend führt das Gericht noch folgendes aus: Voraussetzung für die Gewährung einer Altersrente ist nach § 35 SGB VI neben der Vollendung des 65. Lebensjahres die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit. Darauf anrechenbare Zeiten im Sinne von §§ 50 ff SGB VI hat die Klägerin aber nicht. Die Anwendbarkeit des ZRBG zu ihren Gunsten zur Begründung von Beitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung und zur Zahlbarmachung einer Rente ins Ausland scheitert hier schon daran, dass sie keine Beschäftigung in einem Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZRBG nachgewiesen bzw. ausreichend glaubhaft gemacht hat, die auch eine "entgeltliche" Beschäftigung aus "eigenem Willensentschluss" darzustellen geeignet wäre.
I. Es fehlt schon an einem schlüssigen Vortrag für die Annahme einer aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen Tätigkeit, für die sogar ein Entgelt oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze vorgelegen haben müsste, um überhaupt rentenrechtlich relevant zu sein, entsprechend § 1227 der 1941 bis 1943 für die allgemeine Rentenversicherung gültigen Reichtsversicherungsordnung, wonach Zuwendungen allein zur Unterhaltssicherung keine Rentenversicherungspflicht begründet hätten. Gerade angesichts der Angaben der Klägerin im früheren Entschädigungsverfahren, ihrer früheren Zeugen und auch angesichts der anamnestischen Angaben in dem medizinischen Gutachten von 1960, welche allesamt damals wesentlich zeitnäher gemacht wurden als heute, erscheint die Annahme eines aus eigenem Willensentschluss aufgenommenen Beschäftigungsverhältnisses auch entgeltlicher Art nicht glaubhaft. Die Klägerin hat in dem Entschädigungsverfahren äußerst drastisch dargestellt, unter welchen schlimmen Bedingungen sie in den Webereiwerkstätten der Wehrmacht arbeiten musste, dass sie bei der Arbeit bewacht wurde - was auch für sich schon für Zwangsarbeit spricht - und hat dabei auch immer wieder mehrfach betont, dass diese Arbeit unter Zwang zustande gekommen sei. Allein mit der Angabe von 1954 auf Bl. 13 der Rentenakte hat sie innerhalb eines Satzes 6 mal das Wort "Zwang" betont und dabei auch Umstände geschildert, die auch nur für Zwangsarbeit sprechen. Die Arbeit war nicht nur schwer, die Klägerin hat darunter auch gesundheitlich gelitten, erkrankte mehrfach und ging trotzdem auch mit Fieber zur "Zwangsarbeit". Dabei war die Kost schlecht und sie litt gleichwohl Hunger und wurde bei der Arbeit nach ihren Angaben sogar öfters geschlagen, wie sich aus dem Gutachten von 1960 ergibt. All diese äußeren Umstände wie Misshandlungen, Schädigung der Gesundheit, Ausnutzung der Arbeitskraft bei schlechter Kost, Arbeit trotz Krankheit und anderes lassen nur den Schluss darauf zu, dass diese Arbeit nicht wirklich aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen sein konnte. Soweit die Klägerin bzw. ihre Zeugen dabei das Wort "Zwangsarbeit" benutzen, so kann dies angesichts der näher dazu geschilderten Umstände hier auch so verstanden werden (vgl. LSG NRW Urteil vom 18.07.2005 - L 3 RJ 101/04). Dem substanziiert Entgegenstehendes wurde auch mit der Klage nicht vorgetragen. Erst recht kann ein Entgelt, das über nur kümmerliche Unterhaltssicherung hinausging, nicht angenommen werden, denn die Klägerin selbst hat in ihrer Erklärung im Rentenantrag angegeben, dass sie nur Verpflegung erhielt, aber keinen Barlohn. Diese individuellen Umstände lassen die Einholung eines allgemein-historischen Gutachtens oder die persönliche Anhörung der Klägerin, die ausreichend Gelegenheit zum schriftlichen Vorbringen hatte, nicht nötig erscheinen, so dass den Hilfsanträgen nicht zu entsprechen war.
II. Die Klage hat auch keinen Erfolg unter dem Gesichtspunkt, dass die Klägerin möglicherweise einen Anspruch auf Lohn nach den Vorschriften im Generalgouvernement gehabt hätte. Denn für die Zuerkennung einer auch ins Ausland zahlbaren Rente nach dem Wortlaut von § 1 ZRBG kommt es darauf an, ob tatsächlich Entgelt gezahlt worden war, nicht ob Anspruch darauf bestanden hätte oder Beiträge dafür hätten entrichtet werden müssen. Das ZRBG ist ein lex specialis gegenüber anderen insbesondere älteren Vorschriften, auch gegenüber dem WGSVG; außerdem fingierte § 14 WGSVG auch nur eine Beitragsentrichtung aus Verfolgungsgründen, nicht aber Entgeltzahlung selbst. Im übrigen spricht die Nicht-Zahlung eines eventuell zivilrechtlich oder öffentlich-rechtlich geschuldeten angemessenen Arbeitsentgeltes gerade dafür, dass es sich um Zwangsarbeit zur Ausnutzung und Ausbeutung der Arbeitskraft handelte. Auch nach aktueller Rechtsprechung des LSG NRW, der sich die 26. Kammer des Sozialgerichts Düsseldorf anschließt, greift die Anspruchstheorie nicht ein (LSG NRW Urteile vom 27.01.2006 - L 13 R 123/05 und vom 13.02.2006 - L 3 R 43/05 und 178/05).
III. Selbst wenn bei der Klägerin ein freiwilliges und auch entgeltlich gewesenes Beschäftigungsverhältnis im Ghetto Lemberg vorgelegen hätte, so würde ihr Anspruch auf eine Rente unter Berücksichtigung des ZRBG auch daran scheitern, dass die Klägerin für die Zeit im Ghetto Lemberg bereits entschädigt wurde, nach dem Gesetz zur Errichtung einer Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" (EVZStiftG). Wie die Claims Conference bestätigt hat, hat die Klägerin aufgrund der 2001 eingeführten Vorschriften für Zwangsarbeitsverhältnisse für die Jahre 1940 bis 1943 im Ghetto Lemberg eine Entschädigung erhalten. § 16 EVZStiftG regelt nun in seinem Absatz 1 Satz 2: "Etwaige weitergehende Ansprüche im Zusammenhang mit nationalsozialistischem Unrecht sind ausgeschlossen". Die 26. Kammer des Sozialgerichts Düsseldorf schließt sich damit der Auffassung des LSG NRW im Urteil vom 07.06.2005 (L 4 R 3/05) an, wonach der Ausschluss von Ansprüchen nach § 16 Abs. 1 Satz 2 EVZStiftG auch Forderungen gegenüber der Sozialversicherung enthält bzw. ausschließt. Der Leistungsausschluss hätte nämlich praktisch keinen Anwendungsbereich und würde ausgehebelt, wenn nach § 16 Abs. 3 EVZStiftG auf diesem Umweg doch wieder Ansprüche nach anderen Rechtsvorschriften möglich sein sollten. Dies kommt indirekt zum Ausdruck auch in der Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der Fraktion "Die Linke" (BT-Drucksache 16/1955 Seite 5). Dort hat die Bundesregierung klargestellt, es sei zu unterscheiden zwischen rentenrechtlichen Beschäftigungen und Entschädigungsleistungen für Zwangsarbeit, die eben nach anderen Gesetzen erbracht würden. Ist die Klägerin somit wie hier gerade für Tätigkeiten im Ghetto Lemberg wegen Zwangsarbeiten nach dem EVZStiftG entschädigt worden, so hat dies den Ausschluss von Abgeltungen nach anderen Gesetzen wie hier nach dem ZRBG bzw. SGB VI zur Folge. Auch deshalb bedurfte es hier nicht der Einholung eines historischen Gutachtens oder der Hörung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, so dass auch den Hilfsanträgen schon deshalb nicht zu entsprechen war.
IV Im übrigen wird klägerischerseits verkannt, dass das ZRBG in der vorliegenden Fassung von vornherein nicht geeignet ist, Ansprüche für einen wirklich größeren Personenkreis zu begründen und die von den meisten heute noch lebenden Ghetto-Insassen gehegten Erwartungen zu erfüllen. Denn nach dem Wortlaut dieses Gesetzes reicht nicht jede Art von Tätigkeit anlässlich Aufenthalt in einem Ghetto aus, um ins Ausland zahlbare Rentenansprüche nach dem ZRBG zu begründen (BSG Urteil vom 07.10.2004 - B 13 RJ 59/03 R und LSG NRW Urteile vom 03.06.2005 - L 4 R 3/05 und vom 18.07.2005 - L 3 RJ 101/04). Von der Klägerin wurde nichts vorgetragen, was im Lichte dieser Entscheidungen hier ihre Ghetto-Tätigkeiten glaubhaft anderes bewerten könnte. Eine klare Sachentscheidung, die die Tätigkeit der Klägerin hier anders bewerten könnte, ist auch mit der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 14.12.2006 (B 4 R 19/06 R) nach der bisher vorliegenden Pressemitteilung nicht getroffen worden; es wurde dort nur aus formalen Gründen der Rechtsstreit an das LSG zurückverwiesen.
V Die Kammer verkennt nicht das Verfolgungsschicksal der Klägerin, sieht aber nach Lage der gesetzlichen Vorschriften und der bisher vom Bundessozialgericht gemachten Vorgaben keine Möglichkeit, dem geltend gemachten Anspruch der Klägerin zu entsprechen. Das ZRBG gibt solche Ansprüche für sie zur Überzeugung der Kammer nicht her.
VI Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1, 4 SGG.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung einer Altersrente unter Berücksichtigung des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG).
Die am 00.00.1920 in M (M) in Polen geborene Klägerin ist Jüdin und Verfolgte des Nazi-Regimes und lebt seit 1950 in Israel mit der dortigen Staatsangehörigkeit.
Sie beantragte am 21.01.2003 bei der israelischen Nationalversicherung, eingehend bei der Beklagten am 10.06.2003, die Gewährung einer Regelaltersrente aus der deutschen Rentenversicherung unter Berücksichtigung von Zeiten nach dem ZRBG. Sie gab dabei an, sie habe von November 1941 bis Mai 1943 während ihres Aufenthaltes im Ghetto von Lemberg außerhalb des Ghettos in einer Textil-Kooperative Uniformen für das Militär hergestellt. Sie habe 10 bis 12 Stunden täglich gearbeitet. Sie sei auf dem Weg von und zur Arbeit von jüdischer Polizei bewacht worden. Die Arbeit sei durch den Judenrat vermittelt worden. Bekommen habe sie dafür Sonderverpflegung, keinen Barlohn.
Die Beklagte zog die BEG-Vorgänge der Oberfinanzdirektion München bei. Dort hatte die Klägerin 1954 angegeben: "Gleich nach dem Einmarsch der Deutschen und ungefähr 8 Wochen vor meiner ... Umsiedlung ins Judenviertel wurden wir als Juden dem Befehl und Anordnungen des General-Obergruppenführers SS Katzmann zufolge zur Zwangsarbeit in die Webereiwerkstätten der Wehrmacht zwangseingewiesen, wo ich und mein Ehegatte ... bei der Anfertigung von Militäruniformen zwangsbeschäftigt gewesen waren, täglich zur und von der Zwangsarbeitsstelle unter Wehrmachtseskorte und - es war dies bereits nach der Erschießung meines Gatten - seit Ende Dezember 1941 ich unter Eskorte, bestehend aus einem OD-Mann, einem Schupo und einem ukrainischen Milizjanten, zur obigen Zwangsarbeitsstelle und nach verrichteter Tages-Zwangsarbeit zurück ins Ghetto geführt worden war und während der Zwangsarbeit ständig bewacht worden war ... Im obigen Ghetto Lemberg war ich bis zum 31. Mai 1943 zwangsgehalten worden, wobei ich Zwangsarbeit seit Mitte Juli 1941 unter haftähnlichen Bedingungen, unter Eskorte und ständiger Bewachung in den Webereiwerkstätten der Wehrmacht in Lemberg bis zum 31. Mai 1943 verrichten musste ..." (so die Angaben der Klägerin von 1954 - Bl. 13, 14 der Rentenakte). Zwei Zeugen bestätigten dies. 1957 erklärte die Klägerin: "In Folge meiner schweren Zwangsarbeit, welche ich stehend 12 bis 14 Stunden lang täglich in den Weberei-Werkstätten Lemberg für die Wehrmacht verrichtet hatte, habe ich mir Krampfadern zugezogen, welche mir die ganze Zeit bis zum heutigen Tage hart zusetzen ..." (Bl. 23 Rentenakte). Eine Zeugin H1 erklärte 1959: "Frau (T1) ... war zusammen mit mir bis Ende Mai 1943 im Ghetto Lemberg inhaftiert gewesen und während ihrer Zwangsarbeit in den Weberei-Werkstätten musste sie schwere Lasten tragen und während ihrer Zwangsarbeit, welche sie stehend verrichten musste, schwollen ihre Beine an und sie klagte über heftige Schmerzen in den Beinen und Füßen. Während unseres gemeinsamen Zwangsaufenthaltes im Ghetto Lemberg erkrankte sie im Oktober 1942 an Bauchtyphus und war 5 Wochen lang im Ghetto-Quartier gelegen und im Jahr 1943 erkrankte sie an Flecktyphus und musste noch mit Fieber zur Zwangsarbeit gehen vor Angst zur Vernichtung verschickt zu werden. In Folge der schlechten und unverdaulichen, mangelhaften Lagerkost verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand immer mehr und als im Sommer 1942 ihr Vater und Anfang 1943 ihre Mutter und Schwester in Vernichtungslager verschickt worden waren, erlitt sie einen Nervenzusammenbruch ..." (Bl. 25 der Rentenakte). Ein Zeuge T2-T3 erklärte ähnliches (Bl. 26 Rentenakte). In einem medizinischen Gutachten von 1960 heißt es: " ... Nach der Besetzung Lembergs durch die Deutschen im Sommer 1941 musste sie ins Ghetto übersiedeln und schwere Zwangsarbeiten in einer Weberei verrichten; schon damals begannen ihre nervösen Beschwerden ... Auch machte sie in dieser Ghetto-Zeit kurz hintereinander Bauch-, Flecktyphus und Dysentrie durch. Schon im Ghetto litt sie sehr unter Hunger und wurde bei der Arbeit öfters geschlagen ..." (Bl. 36 Rentenakte).
Mit Bescheid vom 23.05.2005 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Zur Begründung führte sie aus, vom für eine Rente notwendigen Vorliegen einer entgeltlichen aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen freiwilligen Beschäftigung habe sich die Beklagte nicht überzeugen können. Eine solche Beschäftigung sei nicht glaubhaft gemacht. Vielmehr sei nach der Schilderung der Klägerin im damaligen Entschädigungsverfahren sie auf dem Weg von und zur Arbeit und während der Arbeit bewacht worden und sei auch öfters während der Arbeit geschlagen worden und habe unter Hunger gelitten. Aufgrund dieser Angaben sei eine aus eigenem Willensentschluss zustande gekommene Beschäftigung gegen Entgelt nicht glaubhaft.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 20.06.2005 Widerspruch ein, der nicht begründet wurde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 01.12.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung nahm sie Bezug auf die Ausführungen in dem vorangegangenen Ablehnungsbescheid; nach Aktenlage sie dieser nicht zu beanstanden.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 28.12.2005 Klage zum Sozialgericht Düsseldorf erhoben. Zur Begründung macht sie geltend, für ihre Tätigkeit habe sie rechtlich einen Anspruch auf Lohn gehabt, in Höhe von 80 % des Lohnes für eine Polin, nach auch für Lemberg geltenden Rechtsvorschriften im Generalgouvernement. Schon der nicht geringfügige Lohnanspruch reiche aus, um "Entgeltlichkeit" im Sinne des ZRBG zu begründen, denn im Fall eines Anspruchs würde ein Entgelt bzw. Beitragszahlung nach §§ 12, 14 WGSVG fingiert. Deshalb stütze sie sich auf die Anspruchstheorie. Im übrigen habe sie die Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss aufgenommen. Ihr Entschluss, eine Beschäftigung aufzunehmen, sei die Reaktion auf die Lebensverhältnisse im Ghetto gewesen, geprägt von Hunger und Not und schlechten hygienischen und sanitären Verhältnissen und Angst vor Deportation. All das habe in den Willensentschluss gemündet, eine durch den Judenrat vermittelte Tätigkeit aufzunehmen, wie sie bei vielen deutschen Firmen möglich gewesen sei. Deshalb sei die Arbeit im Bereich der Herstellung von Uniformen für das Militär auch glaubhaft. Im übrigen habe sie dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehört (Bl. 48 Gerichtsakte).
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
1.die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.12.2005 zu verurteilen, ihr unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem ZRBG - für die von ihr anlässlich des Aufenthaltes im Ghetto von Lemberg von November 1941 bis Mai 1943 zurückgelegten Zeiten einer Beschäftigung - und unter Berücksichtigung von wegen Verfolgung anzuerkennenden Ersatzzeiten nach Entrichtung ggf. noch erforderlicher freiwilliger Beiträge eine Regelaltersrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen seit dem 01.07.1997 zu zahlen. 2.hilfsweise, ihr persönliches Erscheinen im Termin zur mündlichen Verhandlung anzuordnen, 3.weiter hilfsweise, H2 als Sachverständigen für die Klärung der Fragen zu Tätigkeiten im Ghetto Lemberg zu hören.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte nimmt Bezug auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Ergänzend macht sie geltend, der Anspruchstheorie folge sie nicht. Das ZRBG verlange tatsächliche Entgeltzahlung, und zwar nicht nur geringfügigen Entgeltes über bloße Unterhaltssicherung hinaus, was hier nicht glaubhaft sei nach den Angaben in der Entschädigungsakte. Auf allgemeine Erwägungen komme es nicht an, vielmehr auf die einzelfallbedingten Umstände, für die historische Gutachten allenfalls Unterstützungsfunktion haben könnten bei glaubhaften Sachverhalten. Nach den hier vorliegenden Erklärungen der Klägerin in der Entschädigungsakte sei aber auch unter Berücksichtigung des Urteils des 13. Senats des Bundessozialgerichts vom 07.10.2004 von hier schon nicht ausreichendem versicherungspflichtigem Entgelt auszugehen und ein solches Entgelt auch nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Nach den Angaben in der Entschädigungsakte habe sie als Entlohnung für die im Ghetto geleistete Arbeit nur Essen bekommen und gleichwohl Hunger gelitten.
Das Gericht hat eine Auskunft der Claims Conference eingeholt. Diese teilt mit, aufgrund eines Antrags von 2001 (Bl. 57 Gerichtsakte) habe die Klägerin von ihr eine Entschädigung aufgrund ihres Verfolgungsschicksals im Ghetto Lemberg in den Jahren 1940 bis 1943 erhalten (Bl. 53 Gerichtsakte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte in Abwesenheit der Bevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil diese in der Terminsmitteilung, deren Zustellung ordnungsgemäß bewirkt wurde, auf diese Verfahrensmöglichkeit hingewiesen worden ist, die sich aus §§ 124 Abs. 1, 126 und 127 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ergibt.
Die Klage ist zwar zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht erhoben.
Die Klage ist aber unbegründet. Die angefochtenen Verwaltungsakte der Beklagten, nämlich der Bescheid vom 23.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.12.2005, sind nicht rechtswidrig und beschweren die Klägerin nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG, weil die Beklagte mit diesen Bescheiden zu Recht die Gewährung einer Altersrente abgelehnt hat. Der dahingehenden begehrten Verpflichtung der Beklagten (§ 54 Abs. 4 SGG) war somit nicht zu entsprechen, weil Beitragszeiten nach dem ZRBG hier nicht vorliegen bzw. nicht ausreichend glaubhaft gemacht sind und weil allein Ersatzzeiten wegen Verfolgung nicht ausreichen, einen Rentenanspruch zu begründen, und weil im übrigen die von der Claims Conference erbrachte Enschädigung eine Rente aus Ghetto-Zeiten nach § 16 EVZStiftG ohnehin ausschließt.
Zur Meidung unnötiger Wiederholungen nimmt das Sozialgericht Düsseldorf gemäß § 136 Abs. 3 SGG Bezug auf die Ausführungen der Beklagten in dem Bescheid vom 23.05.2005, erklärt sie für richtig und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Insbesondere hat die Beklagte in diesem Bescheid auch bereits die entscheidende Vorschrift des § 1 Abs. 1 ZRBG mit den dortigen wesentlichen Voraussetzungen wiedergegeben und weshalb hier nicht von freiwilliger und auch entgeltlicher Beschäftigung im Sinne des ZRBG aus eigenem Willensentschluss ausgegangen werden kann.
Ergänzend führt das Gericht noch folgendes aus: Voraussetzung für die Gewährung einer Altersrente ist nach § 35 SGB VI neben der Vollendung des 65. Lebensjahres die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit. Darauf anrechenbare Zeiten im Sinne von §§ 50 ff SGB VI hat die Klägerin aber nicht. Die Anwendbarkeit des ZRBG zu ihren Gunsten zur Begründung von Beitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung und zur Zahlbarmachung einer Rente ins Ausland scheitert hier schon daran, dass sie keine Beschäftigung in einem Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZRBG nachgewiesen bzw. ausreichend glaubhaft gemacht hat, die auch eine "entgeltliche" Beschäftigung aus "eigenem Willensentschluss" darzustellen geeignet wäre.
I. Es fehlt schon an einem schlüssigen Vortrag für die Annahme einer aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen Tätigkeit, für die sogar ein Entgelt oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze vorgelegen haben müsste, um überhaupt rentenrechtlich relevant zu sein, entsprechend § 1227 der 1941 bis 1943 für die allgemeine Rentenversicherung gültigen Reichtsversicherungsordnung, wonach Zuwendungen allein zur Unterhaltssicherung keine Rentenversicherungspflicht begründet hätten. Gerade angesichts der Angaben der Klägerin im früheren Entschädigungsverfahren, ihrer früheren Zeugen und auch angesichts der anamnestischen Angaben in dem medizinischen Gutachten von 1960, welche allesamt damals wesentlich zeitnäher gemacht wurden als heute, erscheint die Annahme eines aus eigenem Willensentschluss aufgenommenen Beschäftigungsverhältnisses auch entgeltlicher Art nicht glaubhaft. Die Klägerin hat in dem Entschädigungsverfahren äußerst drastisch dargestellt, unter welchen schlimmen Bedingungen sie in den Webereiwerkstätten der Wehrmacht arbeiten musste, dass sie bei der Arbeit bewacht wurde - was auch für sich schon für Zwangsarbeit spricht - und hat dabei auch immer wieder mehrfach betont, dass diese Arbeit unter Zwang zustande gekommen sei. Allein mit der Angabe von 1954 auf Bl. 13 der Rentenakte hat sie innerhalb eines Satzes 6 mal das Wort "Zwang" betont und dabei auch Umstände geschildert, die auch nur für Zwangsarbeit sprechen. Die Arbeit war nicht nur schwer, die Klägerin hat darunter auch gesundheitlich gelitten, erkrankte mehrfach und ging trotzdem auch mit Fieber zur "Zwangsarbeit". Dabei war die Kost schlecht und sie litt gleichwohl Hunger und wurde bei der Arbeit nach ihren Angaben sogar öfters geschlagen, wie sich aus dem Gutachten von 1960 ergibt. All diese äußeren Umstände wie Misshandlungen, Schädigung der Gesundheit, Ausnutzung der Arbeitskraft bei schlechter Kost, Arbeit trotz Krankheit und anderes lassen nur den Schluss darauf zu, dass diese Arbeit nicht wirklich aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen sein konnte. Soweit die Klägerin bzw. ihre Zeugen dabei das Wort "Zwangsarbeit" benutzen, so kann dies angesichts der näher dazu geschilderten Umstände hier auch so verstanden werden (vgl. LSG NRW Urteil vom 18.07.2005 - L 3 RJ 101/04). Dem substanziiert Entgegenstehendes wurde auch mit der Klage nicht vorgetragen. Erst recht kann ein Entgelt, das über nur kümmerliche Unterhaltssicherung hinausging, nicht angenommen werden, denn die Klägerin selbst hat in ihrer Erklärung im Rentenantrag angegeben, dass sie nur Verpflegung erhielt, aber keinen Barlohn. Diese individuellen Umstände lassen die Einholung eines allgemein-historischen Gutachtens oder die persönliche Anhörung der Klägerin, die ausreichend Gelegenheit zum schriftlichen Vorbringen hatte, nicht nötig erscheinen, so dass den Hilfsanträgen nicht zu entsprechen war.
II. Die Klage hat auch keinen Erfolg unter dem Gesichtspunkt, dass die Klägerin möglicherweise einen Anspruch auf Lohn nach den Vorschriften im Generalgouvernement gehabt hätte. Denn für die Zuerkennung einer auch ins Ausland zahlbaren Rente nach dem Wortlaut von § 1 ZRBG kommt es darauf an, ob tatsächlich Entgelt gezahlt worden war, nicht ob Anspruch darauf bestanden hätte oder Beiträge dafür hätten entrichtet werden müssen. Das ZRBG ist ein lex specialis gegenüber anderen insbesondere älteren Vorschriften, auch gegenüber dem WGSVG; außerdem fingierte § 14 WGSVG auch nur eine Beitragsentrichtung aus Verfolgungsgründen, nicht aber Entgeltzahlung selbst. Im übrigen spricht die Nicht-Zahlung eines eventuell zivilrechtlich oder öffentlich-rechtlich geschuldeten angemessenen Arbeitsentgeltes gerade dafür, dass es sich um Zwangsarbeit zur Ausnutzung und Ausbeutung der Arbeitskraft handelte. Auch nach aktueller Rechtsprechung des LSG NRW, der sich die 26. Kammer des Sozialgerichts Düsseldorf anschließt, greift die Anspruchstheorie nicht ein (LSG NRW Urteile vom 27.01.2006 - L 13 R 123/05 und vom 13.02.2006 - L 3 R 43/05 und 178/05).
III. Selbst wenn bei der Klägerin ein freiwilliges und auch entgeltlich gewesenes Beschäftigungsverhältnis im Ghetto Lemberg vorgelegen hätte, so würde ihr Anspruch auf eine Rente unter Berücksichtigung des ZRBG auch daran scheitern, dass die Klägerin für die Zeit im Ghetto Lemberg bereits entschädigt wurde, nach dem Gesetz zur Errichtung einer Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" (EVZStiftG). Wie die Claims Conference bestätigt hat, hat die Klägerin aufgrund der 2001 eingeführten Vorschriften für Zwangsarbeitsverhältnisse für die Jahre 1940 bis 1943 im Ghetto Lemberg eine Entschädigung erhalten. § 16 EVZStiftG regelt nun in seinem Absatz 1 Satz 2: "Etwaige weitergehende Ansprüche im Zusammenhang mit nationalsozialistischem Unrecht sind ausgeschlossen". Die 26. Kammer des Sozialgerichts Düsseldorf schließt sich damit der Auffassung des LSG NRW im Urteil vom 07.06.2005 (L 4 R 3/05) an, wonach der Ausschluss von Ansprüchen nach § 16 Abs. 1 Satz 2 EVZStiftG auch Forderungen gegenüber der Sozialversicherung enthält bzw. ausschließt. Der Leistungsausschluss hätte nämlich praktisch keinen Anwendungsbereich und würde ausgehebelt, wenn nach § 16 Abs. 3 EVZStiftG auf diesem Umweg doch wieder Ansprüche nach anderen Rechtsvorschriften möglich sein sollten. Dies kommt indirekt zum Ausdruck auch in der Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der Fraktion "Die Linke" (BT-Drucksache 16/1955 Seite 5). Dort hat die Bundesregierung klargestellt, es sei zu unterscheiden zwischen rentenrechtlichen Beschäftigungen und Entschädigungsleistungen für Zwangsarbeit, die eben nach anderen Gesetzen erbracht würden. Ist die Klägerin somit wie hier gerade für Tätigkeiten im Ghetto Lemberg wegen Zwangsarbeiten nach dem EVZStiftG entschädigt worden, so hat dies den Ausschluss von Abgeltungen nach anderen Gesetzen wie hier nach dem ZRBG bzw. SGB VI zur Folge. Auch deshalb bedurfte es hier nicht der Einholung eines historischen Gutachtens oder der Hörung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, so dass auch den Hilfsanträgen schon deshalb nicht zu entsprechen war.
IV Im übrigen wird klägerischerseits verkannt, dass das ZRBG in der vorliegenden Fassung von vornherein nicht geeignet ist, Ansprüche für einen wirklich größeren Personenkreis zu begründen und die von den meisten heute noch lebenden Ghetto-Insassen gehegten Erwartungen zu erfüllen. Denn nach dem Wortlaut dieses Gesetzes reicht nicht jede Art von Tätigkeit anlässlich Aufenthalt in einem Ghetto aus, um ins Ausland zahlbare Rentenansprüche nach dem ZRBG zu begründen (BSG Urteil vom 07.10.2004 - B 13 RJ 59/03 R und LSG NRW Urteile vom 03.06.2005 - L 4 R 3/05 und vom 18.07.2005 - L 3 RJ 101/04). Von der Klägerin wurde nichts vorgetragen, was im Lichte dieser Entscheidungen hier ihre Ghetto-Tätigkeiten glaubhaft anderes bewerten könnte. Eine klare Sachentscheidung, die die Tätigkeit der Klägerin hier anders bewerten könnte, ist auch mit der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 14.12.2006 (B 4 R 19/06 R) nach der bisher vorliegenden Pressemitteilung nicht getroffen worden; es wurde dort nur aus formalen Gründen der Rechtsstreit an das LSG zurückverwiesen.
V Die Kammer verkennt nicht das Verfolgungsschicksal der Klägerin, sieht aber nach Lage der gesetzlichen Vorschriften und der bisher vom Bundessozialgericht gemachten Vorgaben keine Möglichkeit, dem geltend gemachten Anspruch der Klägerin zu entsprechen. Das ZRBG gibt solche Ansprüche für sie zur Überzeugung der Kammer nicht her.
VI Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1, 4 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved