Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 4 KR 158/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines zusätzlichen Beitragssatzes zur gKV von 0,90 % gem. § 241 a Abs. 1 Satz 1 SGB V und des Beitragszuschlags wegen Kinderlosigkeit in der gesetzlichen Pflegeversicherung.
Die am 00.00.1966 bei der Beklagten als selbstständig Erwerbstätige freiwillig Versicherte Klägerin bezog laut Einkommenssteuerbescheid vom 06.05.2005 im Jahr 2004 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe in 4.462,00 EUR. Mit Beitragsbescheid vom 11.02.2005 setzte die Beklagte die Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung mit Wirkung ab 01.01.2005 wie folgt fest:
Beiträge zur Krankenversicherung: Beitragssatz 12,8 % - 231,86 EUR Beitrag zu Pflegeversicherung: Beitragssatz 1,95 % - 35,33 EUR Gesamtbetrag 267,19 EUR
Bei dem Pflegeversicherungsbeitrag sei ein Zuschlag von 0,25 % nach dem Kinderberücksichtigungsgesetz hinzugerechnet. Die Beitragsberechnung gehe von fiktiven Einnahmen in Höhe von 1.811,40 EUR pro Monat aus.
Mit vorläufigen Beitragsbescheid vom 28.06.2005 wurden Beiträge mit Wirkung ab 01.07.2005 wie folgt festgesetzt:
Krankenversicherung: Beitragssatz 12.80 % - 231,86 EUR Zusatzbeitrag: 0,90 % - 16,30 EUR Pflegeversicherung: Beitragssatz 1,95 % - 35,33 EUR Gesamtbetrag 283,49 EUR
Den dagegen am 02.07.2005 erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin damit, der Beitragssatz zur Krankenversicherung betrage ihrer Auffassung nach 11,9 % und nicht 12,8 %. Eine Rechtsgrundlage für den weiteren Beitrag von 0,90 % sei nicht ersichtlich. Der Beitrag zur Pflegeversicherung betrage 1,7 und nicht 1,95 %. Als Existenzgründerin reichten ihre Einkünfte nicht aus, um die genannten Beiträge zahlen zu können.
Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2005 als unbegründet zurück. Die Beiträge seien zutreffend berechnet worden.
Dagegen hat die Klägerin am 04.10.2005 vor dem Sozialgericht Düsseldorf Klage erhoben. Ihrer Auffassung nach sei sowohl die Erhöhung des Krankenversicherungsbeitrages um 0,9 % und der Erhöhung des Pflegeversicherungsbeitrages um 0,25 % nach dem Kinderberücksichtigungsgesetz verfassungswidrig. Sie fühle sich durch dieses Gesetz diskriminiert. Es läge ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor, da eine sachgerechte Differenzierung nicht ersichtlich sei, da nicht alle Kinderlosen durchweg so berücksichtigt würden.
Die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 28.06.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2005 in soweit teilweise aufzuheben, als für die Krankenversicherung ein Zusatzbeitrag nach einem Beitragssatz von 0,9 % und für die Pflegeversicherung ein Zuschlag von 0,25 % erhoben wurden.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Beide Beteiligten erklären sich mit einer Sprungrevision einverstanden.
Die Beklagte hält die angefochtenen Bescheide für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig aber unbegründet.
Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid vom 28.06.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2005 nicht gemäß § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz beschwert, da die Beklagte die Beiträge zu Recht festgesetzt hat. Die Klage richtet sich gegen die Erhebung eines Zusatzbeitrages in der Krankenversicherung nach einem Beitragssatz von 0,90 % und einem Zuschlag von 0,25 % in der Pflegeversicherung. Soweit die Klägerin im Widerspruchsverfahren gerügt hatte, dass die Berechnung der Beiträge nach fiktiven Einkünften erfolgte, ist dies nicht mehr Gegenstand des Gerichtsverfahrens, wie sich aus der Klageschrift und dem Klageantrag ergibt.
Zu Recht hat die Beklagte in dem Bescheid vom 28.06.2005 mit Wirkung ab 01.07.2005 einen zusätzlichen Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung von 0,90 % erhoben. Gemäß § 241 a Abs. 1 Satz 1 SGB V (Eingeführt durch Artikel 1 Nr. 145 GMG in der Fassung des Gesetzes zur Anpassung der Finanzierung von Zahnersatz vom 15.12.2004, BGBl. I Nr. 69, Seite 3445 ff.) gilt für Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen ein zusätzlicher Beitragssatz in Höhe von 0,90 von Hundert; die übrigen Beitragssätze ändern sich in dem selben Umfang. Die Vorschrift ist nach Artikel 30 Abs. 8 a GMG in der Fassung des Artikels 1 Nr. 3b des Gesetzes zur Anpassung der Finanzierung von Zahnersatz am 01.07.2005 in Kraft getreten. Er ist von den Mitgliedern alleine zu tragen, das heißt eine paritätische Finanzierung durch Arbeitgeber oder Rentenversicherungsträger findet nicht statt: Gemäß § 249 Abs. 1 2. Halbsatz SGB V heißt es, dass der versicherungspflichtig Beschäftigte den Beitrag alleine trägt. Und gemäß § 249 a 2. Halbsatz SGB V heißt es ebenso, dass der Rentner den zusätzlichen Beitragssatz alleine trägt. Die Umverteilung der Beitragslast auf den versicherungspflichtig Beschäftigten bzw. den Rentner alleine ohne Anteilsmäßige Beitragslast des Arbeitgebers bzw. Rentenversicherungsträgers wirkt sich bei dem freiwilligen Mitglied nicht aus: Gemäß § 250 Abs. 2 SGB V trägt das freiwillige Mitglied den Beitrag alleine. Die Klägerin als freiwillig Versicherte ist somit durch die Umverteilung der Beitragslast nicht betroffen. Eine ungerechtfertigte Beitragserhöhung ist in diesem zusätzlichen Beitrag nicht zu sehen, da gemäß § 241 a Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB V sich die übrigen Beitragssätze in dem selben Umfang vermindern.
Es kann hier dahin stehen, ob eine verfassungsrechtlich relevante und nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung vorläge, wenn aus dem zusätzlichen Beitragssatz kraft gesetzlicher Anordnung allein solche Leistungen finanziert würden, zu denen die Klägerin grundsätzlich keinen Zugang hätte (z. B. kein Anspruch auf Krankengeld bei Wahl einer Tarifklasse ohne Krankengeld). Die Vorschrift enthält keine Verknüpfung zwischen der Beitragshöhe und einer bestimmten Zweckbestimmung. In der Gesetzesbegründung heißt es, der zusätzliche Beitrag sei unabhängig von der Finanzierung einzelner Leistungen und diene einer stärkeren Beteiligung der Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung an den gestiegenen Kosten im Gesundheitswesen (BT Drucksache 15/1525 Seite 140 zu § 241 a SGB V). Da die Klägerin somit durch den zusätzlichen Beitrag wirtschaftlich nicht beschwert ist, bedarf es auch keiner weitergehenden Erörterung, dass ein Eingriff in verfassungsrechtlich geschützte Rechte in Betracht kommt.
Zu Recht hat die Beklagte auch den Beitragssatz über die Pflegeversicherung mit Wirkung ab 01.07.2005 von 1,7 auf 1,95 vom Hundert erhört. Der Beitragssatz zur gesetzlichen Pflegeversicherung in Höhe von 1,7 % nach § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB XI erhöht sich nach § 55 Abs. 3 Satz 1 SGB XI für Mitglieder nach Ablauf des Monats, in dem sie das 23. Lebensjahr vollendet haben, um einen Beitragszuschlag in Höhe von 0,25 Beitragssatzpunkten (Beitragszuschlag für Kinderlose). Dies gilt nach § 55 Abs. 3 Satz 2 SGB XI nicht für Eltern im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 2, 3 des Ersten Buches, wobei (Satz 3) die Elterneigenschaft in geeigneter Form gegenüber der Beitragsabhörenden Stelle nachzuweisen ist. Als Eltern im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I gelten demnach § 56 Abs. 3 Nr. 2, 3 SGB I auch Stiefeltern und Pflegeeltern, das heißt Personen, die ein Pflegekind aufgenommen haben.
Die 1966 geborene Klägerin hat das 23. Lebensjahr vollendet. Einen Nachweis über die Elterneigenschaft nach dem oben genannten Sinne hat die Klägerin nicht vorgelegt. Den ihr von der Beklagten übersandten Vordruck hat sie nicht ausgefüllt. Aus den Akten ergibt sich auch kein sonstiger Hinweis auf eine Elterneigenschaft.
Gemäß § 59 Abs. 5 SGB XI trägt das freiwillige Mitglied den Beitragszuschlag für Kinderlose nach § 55 Abs. 3 alleine.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Beitragszuschlag für Kinderlose bestehen nicht: vgl. Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 22.11.2006 L 2 R 386/06.
Der Beitragszuschlag für Kinderlose ist nicht nur verfassungskonform, sondern sogar verfassungsrechtlich geboten. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 03.04.2001 (1 BvR 1629/94 - E 103, 242) die früheren - noch keinen Beitragszuschlag für Kinderlose vorsehenden - Bestimmungen der §§ 54 Abs. 1 und 2, 55 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 sowie § 57 SGB XI mit Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz in Verbindung mit Artikel 6 Abs. 1 Grundgesetz für nicht vereinbar erklärt, soweit Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die Kinder betreuen und erziehen, mit einem gleichhohen Pflegeversicherungsbeitrag wie Mitglieder ohne Kinder belastet wurden.
Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Artikel 3 Abs. 1 GG) besteht nicht. Nach Auffassung der erkennenden Kammer ist es nicht zu bestanden, dass der Gesetzgeber die Nicht-Erhebung des Beitragszuschlages an die Elterneigenschaft als solche anknüpft und nicht beschränkt hat auf Eltern während der Betreuungs- und Erziehungsphase des Kindes. An der Betreuungs- und Erziehungsleistung von Familien besteht ein existenzielles Interesse der Allgemeinheit. Im Rahmen des dem Gesetzgeber zustehenden weitem Regelungsspielraumes ist der Gesetzgeber berechtigt, Regelung von Massenerscheinungen typisierend und pauschalierend vorzunehmen. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber nicht nach den Gründen der Kinderlosigkeit differenziert hat.
Soweit die Klägerin darauf hingewiesen hat, die Verfassungswidrigkeit ergäbe sich aus den vom Gesetz gebildeten Ausnahmen von der Heranziehung zu dem Beitragszuschlag für Kinderlose, für Wehrdienst- und Zivildienstleistende sowie für Bezieher von Arbeitslosengeld II braucht dies hier nicht weiter erörtert werden: Selbst wenn die Ausnahmeregelung für diese Personengruppe verfassungswidrig wäre, hätte dies nicht ein Recht der Klägerin auf Befreiung von dem Zuschlag zur Folge, sondern allenfalls käme nur eine gesetzgeberische Korrektur in Form einer Einbeziehung auch dieser Gruppen in die Beitragspflicht in Betracht.
Auf weitere Ausführungen zur Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführlichen Darlegungen im Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 22.11.2006 L 2 R 386/06 ausdrücklich Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG; Gründe, die Berufung oder Sprungrevision zuzulassen, bestehen nicht.
Tatbestand:
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines zusätzlichen Beitragssatzes zur gKV von 0,90 % gem. § 241 a Abs. 1 Satz 1 SGB V und des Beitragszuschlags wegen Kinderlosigkeit in der gesetzlichen Pflegeversicherung.
Die am 00.00.1966 bei der Beklagten als selbstständig Erwerbstätige freiwillig Versicherte Klägerin bezog laut Einkommenssteuerbescheid vom 06.05.2005 im Jahr 2004 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe in 4.462,00 EUR. Mit Beitragsbescheid vom 11.02.2005 setzte die Beklagte die Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung mit Wirkung ab 01.01.2005 wie folgt fest:
Beiträge zur Krankenversicherung: Beitragssatz 12,8 % - 231,86 EUR Beitrag zu Pflegeversicherung: Beitragssatz 1,95 % - 35,33 EUR Gesamtbetrag 267,19 EUR
Bei dem Pflegeversicherungsbeitrag sei ein Zuschlag von 0,25 % nach dem Kinderberücksichtigungsgesetz hinzugerechnet. Die Beitragsberechnung gehe von fiktiven Einnahmen in Höhe von 1.811,40 EUR pro Monat aus.
Mit vorläufigen Beitragsbescheid vom 28.06.2005 wurden Beiträge mit Wirkung ab 01.07.2005 wie folgt festgesetzt:
Krankenversicherung: Beitragssatz 12.80 % - 231,86 EUR Zusatzbeitrag: 0,90 % - 16,30 EUR Pflegeversicherung: Beitragssatz 1,95 % - 35,33 EUR Gesamtbetrag 283,49 EUR
Den dagegen am 02.07.2005 erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin damit, der Beitragssatz zur Krankenversicherung betrage ihrer Auffassung nach 11,9 % und nicht 12,8 %. Eine Rechtsgrundlage für den weiteren Beitrag von 0,90 % sei nicht ersichtlich. Der Beitrag zur Pflegeversicherung betrage 1,7 und nicht 1,95 %. Als Existenzgründerin reichten ihre Einkünfte nicht aus, um die genannten Beiträge zahlen zu können.
Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2005 als unbegründet zurück. Die Beiträge seien zutreffend berechnet worden.
Dagegen hat die Klägerin am 04.10.2005 vor dem Sozialgericht Düsseldorf Klage erhoben. Ihrer Auffassung nach sei sowohl die Erhöhung des Krankenversicherungsbeitrages um 0,9 % und der Erhöhung des Pflegeversicherungsbeitrages um 0,25 % nach dem Kinderberücksichtigungsgesetz verfassungswidrig. Sie fühle sich durch dieses Gesetz diskriminiert. Es läge ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor, da eine sachgerechte Differenzierung nicht ersichtlich sei, da nicht alle Kinderlosen durchweg so berücksichtigt würden.
Die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 28.06.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2005 in soweit teilweise aufzuheben, als für die Krankenversicherung ein Zusatzbeitrag nach einem Beitragssatz von 0,9 % und für die Pflegeversicherung ein Zuschlag von 0,25 % erhoben wurden.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Beide Beteiligten erklären sich mit einer Sprungrevision einverstanden.
Die Beklagte hält die angefochtenen Bescheide für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig aber unbegründet.
Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid vom 28.06.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2005 nicht gemäß § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz beschwert, da die Beklagte die Beiträge zu Recht festgesetzt hat. Die Klage richtet sich gegen die Erhebung eines Zusatzbeitrages in der Krankenversicherung nach einem Beitragssatz von 0,90 % und einem Zuschlag von 0,25 % in der Pflegeversicherung. Soweit die Klägerin im Widerspruchsverfahren gerügt hatte, dass die Berechnung der Beiträge nach fiktiven Einkünften erfolgte, ist dies nicht mehr Gegenstand des Gerichtsverfahrens, wie sich aus der Klageschrift und dem Klageantrag ergibt.
Zu Recht hat die Beklagte in dem Bescheid vom 28.06.2005 mit Wirkung ab 01.07.2005 einen zusätzlichen Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung von 0,90 % erhoben. Gemäß § 241 a Abs. 1 Satz 1 SGB V (Eingeführt durch Artikel 1 Nr. 145 GMG in der Fassung des Gesetzes zur Anpassung der Finanzierung von Zahnersatz vom 15.12.2004, BGBl. I Nr. 69, Seite 3445 ff.) gilt für Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen ein zusätzlicher Beitragssatz in Höhe von 0,90 von Hundert; die übrigen Beitragssätze ändern sich in dem selben Umfang. Die Vorschrift ist nach Artikel 30 Abs. 8 a GMG in der Fassung des Artikels 1 Nr. 3b des Gesetzes zur Anpassung der Finanzierung von Zahnersatz am 01.07.2005 in Kraft getreten. Er ist von den Mitgliedern alleine zu tragen, das heißt eine paritätische Finanzierung durch Arbeitgeber oder Rentenversicherungsträger findet nicht statt: Gemäß § 249 Abs. 1 2. Halbsatz SGB V heißt es, dass der versicherungspflichtig Beschäftigte den Beitrag alleine trägt. Und gemäß § 249 a 2. Halbsatz SGB V heißt es ebenso, dass der Rentner den zusätzlichen Beitragssatz alleine trägt. Die Umverteilung der Beitragslast auf den versicherungspflichtig Beschäftigten bzw. den Rentner alleine ohne Anteilsmäßige Beitragslast des Arbeitgebers bzw. Rentenversicherungsträgers wirkt sich bei dem freiwilligen Mitglied nicht aus: Gemäß § 250 Abs. 2 SGB V trägt das freiwillige Mitglied den Beitrag alleine. Die Klägerin als freiwillig Versicherte ist somit durch die Umverteilung der Beitragslast nicht betroffen. Eine ungerechtfertigte Beitragserhöhung ist in diesem zusätzlichen Beitrag nicht zu sehen, da gemäß § 241 a Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB V sich die übrigen Beitragssätze in dem selben Umfang vermindern.
Es kann hier dahin stehen, ob eine verfassungsrechtlich relevante und nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung vorläge, wenn aus dem zusätzlichen Beitragssatz kraft gesetzlicher Anordnung allein solche Leistungen finanziert würden, zu denen die Klägerin grundsätzlich keinen Zugang hätte (z. B. kein Anspruch auf Krankengeld bei Wahl einer Tarifklasse ohne Krankengeld). Die Vorschrift enthält keine Verknüpfung zwischen der Beitragshöhe und einer bestimmten Zweckbestimmung. In der Gesetzesbegründung heißt es, der zusätzliche Beitrag sei unabhängig von der Finanzierung einzelner Leistungen und diene einer stärkeren Beteiligung der Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung an den gestiegenen Kosten im Gesundheitswesen (BT Drucksache 15/1525 Seite 140 zu § 241 a SGB V). Da die Klägerin somit durch den zusätzlichen Beitrag wirtschaftlich nicht beschwert ist, bedarf es auch keiner weitergehenden Erörterung, dass ein Eingriff in verfassungsrechtlich geschützte Rechte in Betracht kommt.
Zu Recht hat die Beklagte auch den Beitragssatz über die Pflegeversicherung mit Wirkung ab 01.07.2005 von 1,7 auf 1,95 vom Hundert erhört. Der Beitragssatz zur gesetzlichen Pflegeversicherung in Höhe von 1,7 % nach § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB XI erhöht sich nach § 55 Abs. 3 Satz 1 SGB XI für Mitglieder nach Ablauf des Monats, in dem sie das 23. Lebensjahr vollendet haben, um einen Beitragszuschlag in Höhe von 0,25 Beitragssatzpunkten (Beitragszuschlag für Kinderlose). Dies gilt nach § 55 Abs. 3 Satz 2 SGB XI nicht für Eltern im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 2, 3 des Ersten Buches, wobei (Satz 3) die Elterneigenschaft in geeigneter Form gegenüber der Beitragsabhörenden Stelle nachzuweisen ist. Als Eltern im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I gelten demnach § 56 Abs. 3 Nr. 2, 3 SGB I auch Stiefeltern und Pflegeeltern, das heißt Personen, die ein Pflegekind aufgenommen haben.
Die 1966 geborene Klägerin hat das 23. Lebensjahr vollendet. Einen Nachweis über die Elterneigenschaft nach dem oben genannten Sinne hat die Klägerin nicht vorgelegt. Den ihr von der Beklagten übersandten Vordruck hat sie nicht ausgefüllt. Aus den Akten ergibt sich auch kein sonstiger Hinweis auf eine Elterneigenschaft.
Gemäß § 59 Abs. 5 SGB XI trägt das freiwillige Mitglied den Beitragszuschlag für Kinderlose nach § 55 Abs. 3 alleine.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Beitragszuschlag für Kinderlose bestehen nicht: vgl. Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 22.11.2006 L 2 R 386/06.
Der Beitragszuschlag für Kinderlose ist nicht nur verfassungskonform, sondern sogar verfassungsrechtlich geboten. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 03.04.2001 (1 BvR 1629/94 - E 103, 242) die früheren - noch keinen Beitragszuschlag für Kinderlose vorsehenden - Bestimmungen der §§ 54 Abs. 1 und 2, 55 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 sowie § 57 SGB XI mit Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz in Verbindung mit Artikel 6 Abs. 1 Grundgesetz für nicht vereinbar erklärt, soweit Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die Kinder betreuen und erziehen, mit einem gleichhohen Pflegeversicherungsbeitrag wie Mitglieder ohne Kinder belastet wurden.
Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Artikel 3 Abs. 1 GG) besteht nicht. Nach Auffassung der erkennenden Kammer ist es nicht zu bestanden, dass der Gesetzgeber die Nicht-Erhebung des Beitragszuschlages an die Elterneigenschaft als solche anknüpft und nicht beschränkt hat auf Eltern während der Betreuungs- und Erziehungsphase des Kindes. An der Betreuungs- und Erziehungsleistung von Familien besteht ein existenzielles Interesse der Allgemeinheit. Im Rahmen des dem Gesetzgeber zustehenden weitem Regelungsspielraumes ist der Gesetzgeber berechtigt, Regelung von Massenerscheinungen typisierend und pauschalierend vorzunehmen. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber nicht nach den Gründen der Kinderlosigkeit differenziert hat.
Soweit die Klägerin darauf hingewiesen hat, die Verfassungswidrigkeit ergäbe sich aus den vom Gesetz gebildeten Ausnahmen von der Heranziehung zu dem Beitragszuschlag für Kinderlose, für Wehrdienst- und Zivildienstleistende sowie für Bezieher von Arbeitslosengeld II braucht dies hier nicht weiter erörtert werden: Selbst wenn die Ausnahmeregelung für diese Personengruppe verfassungswidrig wäre, hätte dies nicht ein Recht der Klägerin auf Befreiung von dem Zuschlag zur Folge, sondern allenfalls käme nur eine gesetzgeberische Korrektur in Form einer Einbeziehung auch dieser Gruppen in die Beitragspflicht in Betracht.
Auf weitere Ausführungen zur Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführlichen Darlegungen im Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 22.11.2006 L 2 R 386/06 ausdrücklich Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG; Gründe, die Berufung oder Sprungrevision zuzulassen, bestehen nicht.
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