S 13 (3) AL 385/04

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 13 (3) AL 385/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 45/07
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 10.12.2001 bis 17.11.2003 und die Erstattung der zu Unrecht gezahlten Leistungen in Höhe von insgesamt 4.208,64 Euro wegen des Bezuges einer britischen Rente.

Die am 00.00.1941 geborene Klägerin bezog vom 01.04.2001 bis zur Erschöpfung der Anspruchsdauer am 17.11.2003 Arbeitslosengeld. Am 19.11.2003 teilte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte der Beklagten mit, dass die Klägerin seit dem 10.12.2001 eine Rente in Großbritannien beziehe. Nach dem "E 210" des britischen Versicherungsträgers handelte es sich dabei um eine "pension for old age". Die Höhe der Leistung betrug ab dem 10.12.2001 monatlich 116,68 britische Pfund, ab dem 08.04.2002 120,72 britische Pfund und ab dem 07.04.2003 123,42 britische Pfund.

Mit Bescheid vom 18.02.2004 hob die Beklagte den Bescheid über die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit ab dem 10.12.2001 teilweise auf. Wegen des Bezuges einer Altersrente ruhe der Leistungsanspruch. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X lägen vor, da nach Antragstellung Einkommen erzielt wurde, das zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Die überzahlten Leistungen in Höhe von 3.248,42 Euro seien gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten. Mit Bescheid vom 02.03.2004 änderte die Beklagte die Höhe der Erstattungsforderung auf insgesamt 4.573,47 Euro ab. Mit ihrem Widerspruch gegen diesen Bescheid trug die Klägerin vor, die Kürzung ihres Leistungsanspruches sei unbegründet, hilfsweise wies sie darauf hin, dass die Berechnung der Erstattungsbeträge nicht korrekt sei. Mit Änderungsbescheid vom 24.09.2004 nahm die Beklagte eine Neuberechnung der Erstattungsforderung vor und setzte die Erstattungsforderung auf insgesamt 4.329,59 Euro fest. Den Widerspruch im übrigen wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.2004 zurück. Gemäß § 142 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 b und Absatz 3 SGB III ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zur Höhe der gezahlten Rente, wenn dem Arbeitslosen eine Altersrente aus gesetzlichen Rentenversicherung zuerkannt sei. Die Entscheidung über die Bewilligung des Arbeitslosengeldes sei daher nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 3 SGB III für die Zeit vom 10.11.2001 bis 16.11.2003 teilweise aufzuheben, weil Einkommen erzielt worden sei, welches zur Minderung des Anspruches führe. Der Erstattungsbetrag sei zutreffend auf 4.329,59 Euro beziffert worden.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit der am 01.10.2004 erhobenen Klage. Mit dieser trägt sie vor, eine Anrechnung der britischen Rente auf das Arbeitslosengeld dürfe nicht erfolgen, da es sich dabei nicht um eine Altersrente handele. Sie beziehe erst ab dem 01.12.2003 eine deutsche Altersrente von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte. Die britische Rente werde bereits mit Vollendung eines früheren Lebensalters gewährt. Sie habe darauf vertraut, dass die britische Rente nicht auf ihren Arbeitslosengeldanspruch angerechnet werde und daher das gezahlte Arbeitslosengeld für ihren Lebensunterhalt verbraucht. Sie sei daher entreichert. Darüber hinaus habe die Beklagte die Höhe der Erstattungsforderung falsch berechnet. Sie habe insgesamt im streitigen Zeitraum nur Zahlungen in Höhe von 4.287,52 Euro erhalten.

Mit Bescheid vom 07.07.2005 hat die Beklagte erneut die Höhe der Erstattungsforderung korrigiert und diese auf der Grundlage der von der Klägerin vorgelegten Kontoauszüge über die erfolgten Zahlungen auf insgesamt 4.208,64 Euro festgesetzt.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 02.03.2004 in der Fassung des Bescheides vom 24.09.2004, des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2004 und des Bescheides vom 07.07.2005 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid. Es sei davon auszugehen, dass die britische Rente mit einer deutschen Altersrente vergleichbar sei. Sie sei zu Gunsten der Klägerin davon ausgegangen, dass es sich bei der britischen Rente um eine sogenannte erwerbsfreundliche Rente im Sinne von § 142 Abs. 2 Nr. 3 b SGB III handele, so dass die Bewilligung des Arbeitslosengeldes nur in Höhe der gezahlten britischen Rente aufgehoben worden sei. Die Erstattungsforderung sei nach Erteilung des Änderungsbescheides vom 07.07.2005 auch korrekt berechnet worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Leistungsakte der Klägerin bei der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtswidrig und beschweren die Klägerin nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Zu Recht hat die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 10.12.2001 teilweise aufgehoben und einen Erstattungsanspruch in Höhe von 4208,64 Euro geltend gemacht.

Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Satz 2 Nr. 3 10. Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) soll ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, wenn nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruches geführt haben würde. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. In den tatsächlichen Voraussetzungen, die der Bewilligung des Arbeitslosengeldes zugrundegelegen haben, war mit Wirkung ab dem 10.12.2001 eine Änderung eingetreten. Ab diesem Zeitpunkt hat die Klägerin eine Rente des britischen Versicherungsträgers bezogen, die gemäß § 141 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 3 b und Abs. 3 3. Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) das Ruhen des Anspruches auf Arbeitslosengeld in Höhe der bezogenen Rente zur Folge hatte.

Gemäß § 141 Abs. 1 Nr. 4 SGB III ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld während der Zeit für die dem Arbeitslosen ein Anspruch auf Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zuerkannt ist. Dies gilt gemäß § 142 Abs. 3 auch für einen vergleichbaren Anspruch, den ein ausländischer Träger zuerkannt hat. Dabei ruht der Anspruch gemäß § 142 Abs. 2 Nr. 3 b nur bis zur Höhe der zuerkannten Leistung, wenn die Leistung auch während einer Beschäftigung und ohne Rücksicht auf die Höhe des Arbeitsentgeltes gewährt wird.

Die Klägerin bezog ab dem 10.12.2001 eine Rente des britischen Versicherungsträgers, die einem Anspruch auf Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar ist. Vergleichbar mit einer Altersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung ist eine ausländische Sozialleistung, wenn sie die gleichen gemeinsamen und typischen Merkmale aufweist wie diese. Vergleichbar sind Bezüge, die bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze gewährt werden, als Lohnersatz gedacht sind und nach ihrer Gesamtkonzeption so bemessen sind, dass sie im allgemeinen den Lebensunterhalt sicherstellen (vgl. BSG Urteil vom 08.07.1993 / R Ar 64/92). Die der Klägerin ab Vollendung des 60. Lebensjahres gewährte britische Rente weist diese typischen Merkmale auf. Bei der staatlichen Grundrente, die an Frauen mit Vollendung des 60. Lebensjahres gewährt wird, handelt es sich um eine beitragsbezogene Pauschalrente für die bestimmte Mindestbeiträge entrichtet sein müssen. Werden die notwendigen Beitragsjahre nicht erreicht, wird diese nur anteilig gewährt (vgl. Devetzi, in Rentenversicherung im internationalen Vergleich, DRV-Schriften,Band 45, Seite 399). Damit soll ein Teil des Lohnes ersetzt werden, der durch das Ausscheiden aus dem Arbeitsleben im Alter wegfällt.

Ob neben dem Bezug dieser Rente noch die Ausübung einer Erwerbstätigkeit möglich ist, oder ob die Rente bei Ausübung einer Erwerbstätigkeit wegfällt, ist im vorliegenden Fall ohne Bedeutung, da die Beklagte zu Gunsten der Klägerin davon ausgegangen ist, dass es sich um eine erwerbsfreundliche Rentenleistung handelt, so dass ein Ruhen des Anspruches auf Arbeitslosengeld lediglich in Höhe der bezogenen Rente eintritt (§ 142 Abs. 2 Nr. 3 b SGB III). Falls es sich entgegen der Annahme der Beklagten um eine erwerbsfeindliche Rentenleistung handeln sollte, hätte dies sogar unabhängig von der Höhe der britischen Rentenleistung das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld in voller Höhe zur Folge.

Die Beklagte war auch berechtigt, die Bewilligung des Arbeitslosengeldes mit Wirkung für die Vergangenheit, das heißt, ab dem 10.12.2001 aufzuheben, denn die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X sind erfüllt, da die Klägerin Einkommen erzielt hat, das zur Minderung des Anspruches geführt haben würde. Dabei gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse hier gemäß § 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

Es kommt nicht darauf an, ob die Klägerin hätte erkennen können, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen der britischen Rentenleistung teilweise zum Ruhen gekommen ist, da bei der Aufhebung wegen Einkommenserzielung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X ein Verschulden des Leistungsempfängers nicht erforderlich ist. Darüberhinaus ist der Klägerin jedoch auch Verschulden vorzuwerfen, da sie ihre Mitteilungspflicht verletzt hat, indem sie der Beklagten die Beantragung und Bewilligung der britischen Rente nicht mitgeteilt hat, obwohl sie hierzu verpflichtet gewesen wäre.

Da die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X vorliegen war die Beklagte nicht nur berechtigt sondern gemäß § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III sogar verpflichtet, die Leistungsbewilligung aufzuheben ohne dass sie insoweit einen Ermessensspielraum hätte. Das Vorbringen der Klägerin, sie sei entreichert, da sie das bewilligte Arbeitslosengeld für ihren Lebensunterhalt verbraucht habe, kann daher keine Berücksichtigung finden.

Weil die Leistungsbewilligung aufgehoben wurde, hat die Beklagte auch zu Recht gemäß § 50 Abs. 1 SGB X einen Erstattungsanspruch in Höhe der überzahlten Leistungen geltend gemacht. Den Erstattungsbetrag hat sie jedenfalls nicht zu Lasten der Klägerin mit 4.208,64 Euro zu hoch festgesetzt. Die Klägerin hat nach ihren eigenen Angaben in der Klageschrift im streitigen Zeitraum sogar 4.287,52 Euro an Leistungen bezogen. Der von der Beklagten anhand der überreichten Kontoauszüge errechnete Überzahlungsbetrag ist sogar geringer. Darüberhinaus sind in den vorgelegten Kontoauszügen nicht die jährlichen Bonuszahlungen enthalten, die ausweislich des Rentenbescheides jährlich im Dezember gezahlt wurden. Bei Berücksichtigung dieser Bonuszahlungen wäre der Erstattungsanspruch sogar noch höher.

Die Klage war daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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