S 26 R 198/06

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
26
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 26 R 198/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 4 R 120/07
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1.Die Klage wird abgewiesen. 2.Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der am 00.00.1920 in Warschau in Polen geborene Kläger ist Jude und Verfolgter des Nazi-Regimes und lebt seit 1945 in Palästina bzw. Israel mit der dortigen Staatsangehörigkeit. Er beantragte am 16.02.2005 die Gewährung einer Regelaltersrente aus der deutschen Rentenversicherung, unter Berücksichtigung von Zeiten nach dem ZRBG. Er gab dabei an, zwar nicht dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehört zu haben (Bl. 18 Rückseite der Rentenakte); er habe aber von 1941 bis August 1943 während seines Aufenthaltes im Ghetto von Wilna auch außerhalb Tätigkeiten als Arbeiter im Eisenbahnbereich für eine Firma C1 verrichtet. Er habe im Streckenbau gearbeitet, auch mit Schreinerarbeiten, und Waffen in Einzelteile zerlegt. Er habe etwa 10 Stunden täglich gearbeitet. Er sei auf dem Weg von und zur Arbeit vom jüdischen Ordnungsdienst bewacht worden, während er mit anderen Arbeitskräften den Arbeitsweg zurückgelegt habe. Die Arbeit sei durch den Judenrat vermittelt worden, aufgrund seiner damals schon vorhanden gewesenen handwerklichen Ausbildung. Bekommen habe er dafür vom Arbeitgeber Barlohn, anfangs in Rubel, später in Mark in nicht mehr bekannter Höhe, Lebensmittel und tägliche Verpflegung am Arbeitsplatz (Bl. 19 Rückseite und Bl. 29 der Rentenakte). In einem Entschädigungsverfahren nach dem BEG hatte der Kläger 1958 angegeben, im August 1943 dann in das Zwangsarbeitslager Bezdany gekommen zu sein; er sei Mitte 1944 geflüchtet und habe in der Illegalität gelebt. Kurz darauf sei das Gebiet von russischen Truppen befreit worden. Seit 1945 lebe er in Israel. Die Beklagte zog die Entschädigungsvorgänge nach dem BEG von dem Amt für Wiedergutmachung in Saarburg bei, mit den früheren Angaben auch zu dem Aufenthalt im Ghetto von Wilna, und wertete diese Akte aus und nahm Kopien zu der Akte von den Angaben des Klägers und seiner früheren Zeugen. Ein Herr T gab in den 50er Jahren an: " ... Ich lernte Ende des Jahres 1939 Herrn L kennen ... Seit Mitte 1941 waren wir als rassisch Verfolgte gezwungen den Judenstern zu tragen und mussten verschiedene lokale Reinigungsarbeiten zwangsweise ausführen ... August 1941 verschleppte man uns zusammen ins Ghetto Wilna ... Zur Arbeit wurden wir unter Bewachung gebracht und wieder ins Ghetto zurückgebracht ...". Der Zeuge C2 erklärte damals: " ... August 1941 in das Ghetto Wilna eingeliefert, wo ich Herrn L traf und kennen lernte, ... mit dem ich zusammen bei Streckenbau Zwangsarbeit leisten musste ... Der Judenrat verteilte das Essen. Wir wurden sehr misshandelt und verprügelt ... August 1943 gelang es mir zu flüchten und ich verlor Herrn L aus den Augen ...". Der Kläger selbst erklärte unter dem 08.05.1958: " ... August 1941 in das Ghetto Wilna eingeliefert ... Ich leistete bei Streckenbau Zwangsarbeit und wurde durch die Wächter sehr malträtiert. Wir erhielten unsere Kost, die sehr schlecht und wenig war, durch den Judenrat zugeteilt ... Die Behandlung seitens der Wächter war schrecklich. Auf jede kleine Übertretung der Vorschriften wurde man verprügelt. August 1943 wurde ich in das ZAL Bezdany überstellt ..." (Bl. 34 bis 37 Rückseite der Verwaltungsakte der Beklagten).

Mit Bescheid vom 13.06.2005 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Zur Begründung führte sie aus, vom für eine Rente notwendigen Vorliegen einer entgeltlichen aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen freiwilligen Beschäftigung habe sich die Beklagte nicht überzeugen können. Eine solche Beschäftigung sei nicht glaubhaft gemacht. Im Einzelnen heißt es dort, die von dem Kläger bzw. seinen Zeugen im Entschädigungsverfahren gemachten Angaben über Misshandlungen und Malträtierungen und über schlechte und wenige Kost würden für die Annahme von Zwangsarbeit und gegen die Annahme eines freiwilligen und entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des ZRBG sprechen.

Gegen diesen im Ausland zugegangenen Bescheid legte der Kläger am 29.08.2005 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er im wesentlichen vor, im Entschädigungsverfahren seien zur Beschäftigung noch keine detaillierten Angaben zur Beschäftigung gemacht worden. Es seien nur die allgemein bekannten Lebensbedingungen im Ghetto geschildert worden. Im Ghetto hätten generell alle dort wohnenden Juden unter Hunger leiden müssen, seien mangelhaft gekleidet gewesen und hätten in ständiger Angst vor Deportierung gelebt. Auch Misshandlungen seien an der Tagesordnung gewesen. Dies habe aber mit den damals bestehenden Beschäftigungsverhältnissen nichts zu tun.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.05.2006, im Ausland zugegangen am 30.05.2006, wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung gab sie ihre bisherige Begründung ausführlicher wieder und führte noch ergänzend aus, in Wilna im ehemaligen Reichskommissariat Ostland seien entgeltliche Beschäftigungsverhältnisse auf freiwilliger Basis generell nicht überwiegend wahrscheinlich, vor dem Hintergrund einer Verordnung vom 16.08.1941 über die Einführung des Arbeitszwangs für die jüdische Bevölkerung.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 31.07.2006 Klage zum Sozialgericht Düsseldorf erhoben.

Zur Begründung nimmt der Kläger sinngemäß Bezug auf sein bisheriges Vorbringen und vertieft dieses. Ergänzend macht er geltend, für seine Tätigkeit habe er Barlohn und Verpflegung und Lebensmittel erhalten. Allein die erlittenen Misshandlungen und unzureichende Ernährung stehe der Anwendbarkeit des ZRBG aber nicht entgegen. Die schlechten Bedingungen für Juden seien Bestandteil ihres damaligen alltäglichen Lebens gewesen. Ein freier Wille zum Arbeiten haben durchaus bestanden. Der Barlohn habe den Richtlinien für Juden entsprochen, die zumindest den notdürftigen Lebensunterhalt geregelt hätten. Dies hätte die Geringfügigkeitsgrenze überschritten. Er habe aber jedenfalls nach den Richtlinien, Vorschriften und Verordnungen für Wilna einen Anspruch auf nicht nur geringfügigen Lohn gehabt. Die Beschäftigung sei auch aus eigenem Willensentschluss aufgenommen worden, denn die Entscheidung eine Arbeit aufzunehmen sei die vernünftige Reaktion auf die schlimmen Verhältnisse für Juden im Ghetto gewesen. Die Beklagte stelle zu hohe Anforderungen an die Erfüllung der Voraussetzungen des ZRBG.

Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.05.2006 zu verurteilen, ihm unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem ZRBG - für die von ihm anlässlich des Aufenthaltes im Ghetto von Wilna von August 1941 bis August 1943 zurückgelegten Zeiten einer Beschäftigung - und unter Berücksichtigung von wegen Verfolgung anzuerkennenden Ersatzzeiten nach Entrichtung ggf. noch erforderlicher freiwilliger Beiträge eine Regelaltersrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte nimmt Bezug auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Ergänzend macht sie geltend, unter Berücksichtigung des Urteils des 13. Senats des Bundessozialgerichts vom 07.10.2004 sei hier von schon nicht ausreichendem versicherungspflichtigem Entgelt im Sinne des ZRBG auszugehen, bzw. sei ein solches Entgelt auch nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Im Einzelnen trägt die Beklagte noch vor, dass selbst Gegenleistung in Form von lediglich guter Verpflegung noch nicht genüge nach dem vorgenannten Urteil des BSG (B 13 RJ 59/03 R). Auch der eigene Vortrag des Klägers zur Form der Entlohnung bei nicht mehr erinnerlichem Barlohn lasse es nicht zu, hier von einem Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 1 ZRBG auszugehen. Der Kläger selbst habe eingeräumt, er könne sich nicht mehr an die Höhe eines Barlohns erinnern; nach Auffassung der Beklagten hätte hier mehr vorgetragen werden müssen, um überhaupt ein Entgelt im Sinne eines gewissen Austausches zwischen Arbeit und Gegenleistung glaubhaft zu machen. Sogar eine monatliche Barvergütung bis zu 15 Reichsmark, die neben freier Wohnung und Verpflegung z. B. Krankenschwestern gezahlt wurde, sei schon früher als nicht versicherungspflichtiges Taschengeld und nicht versicherungspflichtiger Lohn angesehen worden, wie sich aus dem Kommentar von Koch/Hartmann ergebe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte in Abwesenheit der Bevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil diese in der ihnen ordnungsgemäß zugestellten Terminsmitteilung auf diese Verfahrensmöglichkeit hingewiesen worden sind, die sich aus §§ 124 Abs. 1, 126 und 127 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ergibt.

Die Klage ist zwar zulässig. Sie wurde insbesondere auch form- und fristgerecht erhoben, denn wegen der Auslandszustellung war gegen den erst am 30.05.2006 zugegangenen Widerspruchsbescheid eine Klagefrist bis zum 31.08.2006 gegeben, die hier bei Klageerhebung am 31.07.2006 eingehalten wurde.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Denn die angefochtenen Verwaltungsakte der Beklagten, nämlich der Bescheid vom 13.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.05.2006, sind nicht rechtswidrig und beschweren den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), weil die Beklagte mit diesen Bescheiden zu Recht die Gewährung einer Altersrente abgelehnt hat. Der dahingehenden begehrten Verpflichtung der Beklagten (§ 54 Abs. 4 SGG) war somit nicht zu entsprechen, weil Beitragszeiten nach dem ZRBG hier nicht vorliegen bzw. nicht ausreichend glaubhaft gemacht sind und weil allein Ersatzzeiten wegen Verfolgung nicht ausreichen, einen Rentenanspruch zu begründen, und weil überdies der Kläger auch nicht dem deutschen Sprach- und Kulturkreis (dSK) angehörte und auch deshalb keine Beitragszeiten begründen kann.

Zur Meidung unnötiger Wiederholungen nimmt das Sozialgericht Düsseldorf gemäß § 136 Abs. 3 SGG Bezug auf die Ausführungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden, erklärt sie für richtig und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Insbesondere hat die Beklagte in dem Bescheid vom 13.06.2005 auch bereits die entscheidende Vorschrift des § 1 Abs. 1 ZRBG mit den dortigen wesentlichen Voraussetzungen wiedergegeben und weshalb hier schon nicht von freiwilliger und auch entgeltlicher Beschäftigung im Sinne des ZRBG ausgegangen werden kann.

Ergänzend führt das Gericht noch folgendes aus: Voraussetzung für die Gewährung einer Regelaltersrente ist nach § 35 SGB VI neben der Vollendung des 65. Lebensjahres die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit. Darauf anrechenbare Zeiten im Sinne von §§ 50 ff SGB VI hat der Kläger aber nicht. Die Anwendbarkeit des ZRBG, also des "Ghetto-Gesetzes" zu seinen Gunsten zur Begründung von Beitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung und zur Zahlbarmachung einer Rente ins Ausland, scheitert hier schon daran, dass der Kläger keine Beschäftigung in einem Ghetto im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZRBG nachgewiesen bzw. ausreichend glaubhaft gemacht hat, die auch eine "entgeltliche" Beschäftigung aus "eigenem Willensentschluss" darzustellen geeignet wäre.

I. Es fehlt schon an einem wirklich schlüssigen Vortrag für die Annahme einer regelmäßigen - auch entgeltlichen - Tätigkeit, für die sogar ein Entgelt oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze vorgelegen haben müsste, um rentenrechtlich relevant zu sein (§ 1227 der 1941 bis 1943 geltenden Reichversicherungsordnung, wonach Zuwendungen nur zur Unterhaltssicherung keine Versicherungspflicht begründet hatten). Gerade angesichts der Angaben des Klägers und seiner Zeugen im Entschädigungsverfahren nach dem BEG, die der Kläger und seine Zeugen damals wesentlich zeitnäher machten als seine heutigen Angaben, erscheint der heutige Vortrag nicht glaubhaft, es sei ein Beschäftigungsverhältnis begründet worden, für das auch ein so bezeichenbares Entgelt im Sinne des ZRBG gezahlt wurde. Die Schilderungen des Klägers und seiner Zeugen noch im Entschädigungsverfahren nach dem BEG lassen nämlich nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf eine solche Beschäftigung gegen Entgelt zu. Der Kläger hatte im Mai 1958 im Entschädigungsverfahren nähere Ausführungen zu seiner Tätigkeit im Streckenbau gemacht und dabei nicht nur von Zwangsarbeit gesprochen, sondern auch geschildert, dass er durch die Wächter malträtiert worden sei und dass bei jeder kleinen Übertretung von Vorschriften man verprügelt worden sei; erhalten habe er wie andere dafür nur sehr schlechte und wenige Kost. Diese Aussage wurde bestätigt durch Herrn C2. All diese äußeren Umstände wie Misshandlungen, Ausnutzung der Arbeitskraft bei schlechter und weniger Kost und anderes lassen nur den Schluss darauf zu, dass diese Arbeit nicht wirklich aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen sein konnte und auch nicht gegen ein so bezeichenbares Entgelt verrichtet wurde. Soweit der Kläger bzw. seine Zeugen früher das Wort "Zwangsarbeit" benutzen, so kann dies angesichts der hier näher dazu geschilderten Umstände so auch verstanden werden (vgl. LSG NRW Urteil vom 18.07.2005 - L 3 RJ 101/04 und Sozialgericht Hamburg Urteil vom 25.08.2006 - S 19 RJ 262/04). Dem wirklich substanziiert Entgegenstehendes wurde auch mit der Klage nicht vorgetragen und es reicht eben zur Annahme eines Entgeltes nicht aus, das Lebensmittelrationen verabreicht wurden, die schlecht bzw. gering waren (LSG NRW Urteil vom 18.07.2005 - L 3 RJ 101/04). Die heutigen Angaben des Klägers, er habe neben Lebensmittel auch noch Barlohn erhalten, anfangs in Rubel und später in Mark in nicht mehr bekannter Höhe, erscheinen angesichts der früher geschilderten Umstände nicht wahrscheinlicher als der frühere Vortrag. Im übrigen stellt nach der grundsätzlichen Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 07.10.2004 (B 13 RJ 59/03 R) selbst im Einzelfall "gute Verpflegung" noch keine Gegenleistung im Sinne eines Austauschverhältnisses von Arbeit und Lohn dar, anderenfalls könnte man den Entgelt-Begriff auf alles ausdehnen. Entgelt ist aber nach seinem Wortsinn Gegenleistung für geleistete Arbeit und nicht nur Zuwendung von irgendetwas. Nach dem ZRBG in seiner bisher vorliegenden Form kann als Entgelt eben nicht einfach ausreichen, dass man durch Arbeit überleben konnte. Das mag für Juristen unbefriedigend erscheinen und leider die betroffenen Ghetto-Insassen enttäuschen, ändert aber nichts daran, dass der Gesetzgeber nun einmal ein Gesetz geschaffen hat, das Arbeit bzw. Beschäftigung "gegen Entgelt" verlangt.

II. Die Klage hat auch keinen Erfolg unter dem Gesichtspunkt, dass der Kläger möglicherweise einen Anspruch auf Lohn nach den Vorschriften für Wilna gehabt hätte. Denn für die Zuerkennung einer auch ins Ausland zahlbaren Rente nach dem Wortlaut von § 1 ZRBG kommt es eben darauf an, ob tatsächlich Entgelt gezahlt worden war, nicht ob Anspruch darauf bestanden hätte oder Beiträge dafür hätten entrichtet werden müssen. Das ZRBG ist ein lex specialis gegenüber anderen insbesondere älteren Vorschriften, auch gegenüber dem WGSVG; außerdem fingierte § 14 WGSVG auch nur eine Beitragsentrichtung als Verfolgungsgründen, nicht aber Entgeltzahlung selbst. Im übrigen spricht gerade die Nicht-Zahlung eines eventuell zivilrechtlich oder öffentlich-rechtlich geschuldeten angemessenen Arbeitsentgeltes gerade dafür, dass es sich um Zwangsarbeit zur Ausnutzung und Ausbeutung der Arbeitskraft handelte. Auch nach aktueller Rechtsprechung des LSG NRW, der sich die 26. Kammer des Sozialgerichts Düsseldorf anschließt, greift die Anspruchstheorie nicht ein (LSG NRW Urteile vom 27.01.2006 - L 13 R 123/05 und vom 13.02.2006 - L 3 R 43/05 und 178/05).

III. Im übrigen steht der Anwendbarkeit des ZRBG bzw. der Begründung von Beitragszeiten nach §§ 15, 16, 17a FRG auch entgegen, dass der Kläger nicht dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehört hat, wie er im Rentenantrag selbst angegeben hat. Nach dem Urteil des LSG NRW vom 13.01.2006 - L 4 RJ 113/04 und auch neueren Entscheidungen des 4. Senats des LSG NRW, denen die 26. Kammer des Sozialgerichts Düsseldorf beitritt, kommt die Anwendbarkeit des ZRBG bzw. des FRG letztlich nur dem Personenkreis zu Gute, der auch dem dSK angehörte, denn das ZRBG hat keine Anspruchserweiterung herbeigeführt. Da die in Rede stehenden Tätigkeiten im Ghetto Wilna im damaligen Reichskommissarriat Ostland verrichtet wurden, in den nicht die deutschen Reichsversicherungsgesetze galten, wäre das ZRBG bzw. das FRG nur auf den Kläger anwendbar, wenn er dem dSK angehört hätte. Dies hat er aber verneint.

IV. Im übrigen wird klägerischerseits offenbar verkannt, dass das ZRBG in der vorliegenden so von der Bundesregierung initiierten und vom Bundestag verabschiedeten Form von vornherein nicht geeignet ist, Ansprüche für einen wirklich größeren Personenkreis zu begründen und die von den meisten heute noch lebenden Ghetto-Insassen gehegten Erwartungen zu erfüllen. Denn nach dem Wortlaut dieses Gesetzes reicht eben nicht jede Art von Tätigkeit anlässlich Aufenthalt in einem Ghetto aus, um ins Ausland auch zahlbare Rentenansprüche nach dem ZRBG zu begründen (vgl. BSG vom 07.10.2004 - bereits oben angegeben; LSG NRW Urteile vom 03.06.2005 - L 4 R 3/05 und vom 18.07.2005 - L 3 RJ 101/04). Von dem Kläger wurde hier bisher nichts vorgetragen, was im Licht dieser vorgenannten Entscheidungen hier seine Ghetto-Tätigkeiten auch glaubhaft anders bewerten könnte. Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus der Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der Fraktion "Die Linke" zur Frage der Überarbeitung des ZRBG (BT-Drucksache 16/1955). Danach soll das ZRBG auch angesichts der hohen Ablehnungsquote nichts geändert werden und auch die Bundesregierung geht bisher davon aus, dass im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung Kriterien wie Freiwilligkeit und Entgeltlichkeit zwingende Voraussetzungen sind für die Anerkennung einer Ghetto-Beitragszeit; ansonsten würden der gesetzlichen Rentenversicherung Aufgaben zugewiesen, die keinerlei Bezug mehr zur Sozialversicherung hätten. Soweit und sofern Arbeiten erbracht worden seien, die wie hier als Zwangsarbeiten zu qualifizieren seien, bleibe es bei den bisherigen dafür vorgesehenen Leistungen nach anderen Entschädigungsgesetzen bzw. nach dem BEG. Eine neuere klare Sachentscheidung, die die Tätigkeit des Klägers hier anders bewerten könnte, ist auch mit der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 14.12.2006 - B 4 R 19/06 - nach der bisher vorliegenden Pressemitteilung nicht getroffen worden; es wurde dort nur aus formalen Gründen der Rechtsstreit an das LSG zurückverwiesen, ohne dass wesentlich neue Grundsätze auch schon abschließend aufgestellt worden wäre und ohne dass der 4. Senat des Bundessozialgerichts den großen Senat angerufen hätte, was grundsätzlich erforderlich gewesen wäre, wenn der 4. Senat hätte wesentlich von der Auffassung des 13. Senats im vorbezeichneten Urteil abweichen wollen.

V. Die Kammer verkennt nicht das Verfolgungsschicksal des Klägers, sieht aber nach Lage der gesetzlichen Vorschriften und der zuletzt vom Bundessozialgericht und dem LSG NRW aufgestellten Voraussetzungen keine Möglichkeit, dem geltend gemachten Anspruch des Klägers zu entsprechen. Das ZRBG gibt solche Ansprüche für den Kläger zur Überzeugung der Kammer nicht her.

VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1, 4 SGG.
Rechtskraft
Aus
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