Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 16 U 81/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 15 U 214/07
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist zwischen den Beteiligten, ob beim Kläger eine berufsbedingte Lärmschwerhörigkeit in entschädigungspflichtigem Ausmaß vorliegt.
Im Mai 2003 zeigte der HNO-Arzt S1 bei der Beklagten den Verdacht auf eine Lärmschwerhörigkeit des Klägers an. Die Beklagte zog daraufhin über den Kläger vorliegende medizinische Unterlagen bei und veranlasste eine Arbeitsplatzlärmanalyse, die ergab, dass der Kläger in der Zeit von 1992 bis 2003 als Anlagenbediener und Schwerstkraftwagenführer bei der S2 GmbH Lärmpegeln von 92 bis 93 dB(A) ausgesetzt gewesen war und ab Juni 2003 nicht mehr lärmexponiert gearbeitet hatte. Sodann holte die Beklagte eine HNO-ärztliches Gutachten von L1, Helios-Klinikum X ein. Dieser teilte mit, beim Kläger liege eine Schallempfindungsschwerhörigkeit sowie ein Tinnitus aurium links vor. Sprachaudiometrisch betrage der Hörverlust rechts 10 % und links 0 % sowie tonaudiometrisch beiderseits 10 %. Die dadurch bedingte MdE sei auf weniger als 10 vom Hundert einzuschätzen. Auf dieser medizinischen Grundlage erkannte die Beklagte eine Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) an, lehnte aber die Bewilligung von Rente wegen Fehlens einer rentenberechtigenden MdE ab (Bescheid vom 06.04.2004). Der Widerspruch des Klägers war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 22.03.2005). Mit seiner am 13.04.2005 bei Gericht eingegangenen Klage macht der Kläger geltend, bei ihm betrage die berufskrankheitsbedingte MdE mindestens 20 vom Hundert.
Schriftsätzlich begehrt er, die Beklagte zur Aufhebung des Bescheides vom 06.04.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2005 zu verurteilen, ihm Entschädigungsleistungen aufgrund der Berufserkrankung nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV mit einer MdE von mindestens 20 vom Hundert zu zahlen.
Die Beklagte begehrt schriftsätzlich die Klageabweisung.
Das Gericht hat gemäß § 109 SGG auf Antrag des Klägers den HNO-Arzt L2 gehört. Dieser hat bei einer Untersuchung des Klägers am 17.08.2005 einen prozentualen Hörverlust von 20 % rechts und 50 % links festgestellt und die berufskrankheitsbedingte MdE mit 20 vom Hundert bewertet. Die Beklagte hat daraufhin eine Auskunft der S2 GmbH vom 21.02.2006 vorgelegt, nach der der Kläger in der Zeit nach Juni 2003 als Fahrer von Schwerstkraftwagen und Radladern bei Schallpegeln von 75 bis 77,5 dB(A) gearbeitet hatte. In einer ergänzenden Auskunft hat L2 sodann geäußert, in dem Zeitraum zwischen der Begutachtung durch L1 (09.12.2003) und seiner Begutachtung sei es zu einer gravierenden Verschlechterung des Hörvermögens gekommen, die jedoch nicht auf die Lärmeinwirkung am Arbeitsplatz zurückgeführt werden könne. Seine Begutachtung bilde zwar die derzeitige Hörsituation ab, da aber kein kausaler Zusammenhang zwischen der Hörverschlechterung und einer beruflichen Lärmexpostion bestehe, müsse die Beurteilung durch L1 als maßgebliche Schädigung durch Lärmarbeit angesehen werden. Das Gericht hat die Beteiligten darauf hingewiesen, den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid entscheiden zu wollen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 06.04.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2005 ist rechtmäßig. Der Kläger kann wegen der bei ihm als Berufskrankheit anerkannten Lärmschwerhörigkeit keine Rente beanspruchen. Es fehlt an einer rentenberechtigenden MdE von mindestens 20 vom Hundert (vgl. § 56 SGB VII). Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob die von L2 am 17.08.2005 ermittelte Hörminderung des Klägers eine MdE von 20 vom Hundert bedingt. Es lässt sich nämlich nicht wahrscheinlich machen, dass diese Hörminderung - soweit sie den von L1 ermittelten Hörverlust übersteigt - berufsbedingt entstanden ist. Nach dem Merkblatt zur Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV besteht erst bei Beurteilungspegeln von 85 dB(A) und mehr die Gefahr einer lärmbedingten Gehörschädigung. Darüber hinaus ist anerkannt, dass nach beendeter Lärmexposition nicht mehr mit einem Fortschreiten der Lärmschwerhörigkeit zu rechnen ist. Nach der Arbeitsplatzlärmanalyse der Beklagten und der Arbeitgeberauskunft vom 21.02.2006 hat der Kläger nach dem 01.06.2003 nicht mehr in gehörgefährdendem Lärm sondern lediglich bei Schallpegeln zwischen 75 und 77,5 dB(A) gearbeitet. Für die Verschlechterung seines Hörvermögens in der Zeit nach der Untersuchung durch L1 (13.11.2003) kann daher nur eine von berufsbedingtem Lärm unabhängige Komponente verantwortlich sein, da - wie bereits dargestellt - eine Lärmschwerhörigkeit nach Beendigung der Lärmexposition nicht mehr fortschreitet. Mit L2 und L1 ist deshalb auf die Befunde abzustellen, die unter dem 13.11.2003 erhoben worden sind. Damals hat L1 sprachaudiometrisch einen Hörverlust von rechts 10 % und links 0 % und einen tonaudiometrischen Hörverlust von beiderseits 10 % festgestellt. Unter Berücksichtigung des ebenfalls beschriebenen Tinnitus aurium links errechnet sich aus diesen Werten auf der Grundlage der Tabelle von Feldmann jedenfalls keine rentenberechtigende MdE von mindestens 20 vom Hundert. Darin sind sich alle im Verfahren gehörten Gutachter einig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Umstritten ist zwischen den Beteiligten, ob beim Kläger eine berufsbedingte Lärmschwerhörigkeit in entschädigungspflichtigem Ausmaß vorliegt.
Im Mai 2003 zeigte der HNO-Arzt S1 bei der Beklagten den Verdacht auf eine Lärmschwerhörigkeit des Klägers an. Die Beklagte zog daraufhin über den Kläger vorliegende medizinische Unterlagen bei und veranlasste eine Arbeitsplatzlärmanalyse, die ergab, dass der Kläger in der Zeit von 1992 bis 2003 als Anlagenbediener und Schwerstkraftwagenführer bei der S2 GmbH Lärmpegeln von 92 bis 93 dB(A) ausgesetzt gewesen war und ab Juni 2003 nicht mehr lärmexponiert gearbeitet hatte. Sodann holte die Beklagte eine HNO-ärztliches Gutachten von L1, Helios-Klinikum X ein. Dieser teilte mit, beim Kläger liege eine Schallempfindungsschwerhörigkeit sowie ein Tinnitus aurium links vor. Sprachaudiometrisch betrage der Hörverlust rechts 10 % und links 0 % sowie tonaudiometrisch beiderseits 10 %. Die dadurch bedingte MdE sei auf weniger als 10 vom Hundert einzuschätzen. Auf dieser medizinischen Grundlage erkannte die Beklagte eine Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) an, lehnte aber die Bewilligung von Rente wegen Fehlens einer rentenberechtigenden MdE ab (Bescheid vom 06.04.2004). Der Widerspruch des Klägers war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 22.03.2005). Mit seiner am 13.04.2005 bei Gericht eingegangenen Klage macht der Kläger geltend, bei ihm betrage die berufskrankheitsbedingte MdE mindestens 20 vom Hundert.
Schriftsätzlich begehrt er, die Beklagte zur Aufhebung des Bescheides vom 06.04.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2005 zu verurteilen, ihm Entschädigungsleistungen aufgrund der Berufserkrankung nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV mit einer MdE von mindestens 20 vom Hundert zu zahlen.
Die Beklagte begehrt schriftsätzlich die Klageabweisung.
Das Gericht hat gemäß § 109 SGG auf Antrag des Klägers den HNO-Arzt L2 gehört. Dieser hat bei einer Untersuchung des Klägers am 17.08.2005 einen prozentualen Hörverlust von 20 % rechts und 50 % links festgestellt und die berufskrankheitsbedingte MdE mit 20 vom Hundert bewertet. Die Beklagte hat daraufhin eine Auskunft der S2 GmbH vom 21.02.2006 vorgelegt, nach der der Kläger in der Zeit nach Juni 2003 als Fahrer von Schwerstkraftwagen und Radladern bei Schallpegeln von 75 bis 77,5 dB(A) gearbeitet hatte. In einer ergänzenden Auskunft hat L2 sodann geäußert, in dem Zeitraum zwischen der Begutachtung durch L1 (09.12.2003) und seiner Begutachtung sei es zu einer gravierenden Verschlechterung des Hörvermögens gekommen, die jedoch nicht auf die Lärmeinwirkung am Arbeitsplatz zurückgeführt werden könne. Seine Begutachtung bilde zwar die derzeitige Hörsituation ab, da aber kein kausaler Zusammenhang zwischen der Hörverschlechterung und einer beruflichen Lärmexpostion bestehe, müsse die Beurteilung durch L1 als maßgebliche Schädigung durch Lärmarbeit angesehen werden. Das Gericht hat die Beteiligten darauf hingewiesen, den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid entscheiden zu wollen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 06.04.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2005 ist rechtmäßig. Der Kläger kann wegen der bei ihm als Berufskrankheit anerkannten Lärmschwerhörigkeit keine Rente beanspruchen. Es fehlt an einer rentenberechtigenden MdE von mindestens 20 vom Hundert (vgl. § 56 SGB VII). Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob die von L2 am 17.08.2005 ermittelte Hörminderung des Klägers eine MdE von 20 vom Hundert bedingt. Es lässt sich nämlich nicht wahrscheinlich machen, dass diese Hörminderung - soweit sie den von L1 ermittelten Hörverlust übersteigt - berufsbedingt entstanden ist. Nach dem Merkblatt zur Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV besteht erst bei Beurteilungspegeln von 85 dB(A) und mehr die Gefahr einer lärmbedingten Gehörschädigung. Darüber hinaus ist anerkannt, dass nach beendeter Lärmexposition nicht mehr mit einem Fortschreiten der Lärmschwerhörigkeit zu rechnen ist. Nach der Arbeitsplatzlärmanalyse der Beklagten und der Arbeitgeberauskunft vom 21.02.2006 hat der Kläger nach dem 01.06.2003 nicht mehr in gehörgefährdendem Lärm sondern lediglich bei Schallpegeln zwischen 75 und 77,5 dB(A) gearbeitet. Für die Verschlechterung seines Hörvermögens in der Zeit nach der Untersuchung durch L1 (13.11.2003) kann daher nur eine von berufsbedingtem Lärm unabhängige Komponente verantwortlich sein, da - wie bereits dargestellt - eine Lärmschwerhörigkeit nach Beendigung der Lärmexposition nicht mehr fortschreitet. Mit L2 und L1 ist deshalb auf die Befunde abzustellen, die unter dem 13.11.2003 erhoben worden sind. Damals hat L1 sprachaudiometrisch einen Hörverlust von rechts 10 % und links 0 % und einen tonaudiometrischen Hörverlust von beiderseits 10 % festgestellt. Unter Berücksichtigung des ebenfalls beschriebenen Tinnitus aurium links errechnet sich aus diesen Werten auf der Grundlage der Tabelle von Feldmann jedenfalls keine rentenberechtigende MdE von mindestens 20 vom Hundert. Darin sind sich alle im Verfahren gehörten Gutachter einig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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