S 16 U 266/06

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 16 U 266/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 15 U 247/07
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Umstritten ist zwischen den Beteiligten die Bewilligung von Rente.

Der 1949 geborene Kläger zog sich bei einem Arbeitsunfall am 05.05.1997 einen Bruch des 12. Brustwirbelkörpers zu. Wegen der Unfallfolgen erhielt der Kläger zunächst eine Gesamtvergütung für den Zeitraum vom 03.11.1997 bis zum 31.05.1998 und sodann Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 20 vom Hundert. Nachdem M als verbliebene Funktionseinschränkung des in Keilform abgeheilten Bruchs nur noch eine leichte Bewegungseinschränkung und Belastungsschwäche der Wirbelsäule festgestellt und mit einer MdE von 10 vom Hundert bemessen hatte, entzog die Beklagte die Rente mit Ablauf des Monats Februar 2000 und lehnte die Bewilligung von Rente auf unbestimmte Zeit ab (Bescheid vom 10.02.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.05.2000). Die gegen diesen Bescheid gerichtete Klage nahm der Kläger am 20.12.2000 zurück. Zuvor hatte er einen Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X gestellt. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27.03.2001 ab. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.2001 zurückgewiesen. In dem sich darin anschließenden Klageverfahren bei dem Sozialgericht Düsseldorf (S 1 (18) U 75/01) hörte das Gericht zunächst (gemäß § 109 SGG) orthopädischerseits Privat-Dozent T und sodann (gemäß § 106 SGG) neuro-chirurgischerseits I. Während Privat-Dozent T einen mit Keilwirbelbildung unter deutlich kyphotischer Fehlhaltung der Brustwirbelsäule und pseudoradikulärem Schmerzsyndrom verheilten Brustwirbelkörperbruch beschrieb, berichtete I davon, dass der Bruch ohne neurologische Ausfälle stabil verheilt sei und lediglich geringe funktionelle Einschränkungen verblieben seien. Das Sozialgericht Düsseldorf wies die Klage durch Urteil vom 01.10.2004 ab. Im Berufungsverfahren erklärte sich die Beklagte bereit, das Vorliegen einer rentenberechtigenden MdE für die Zeit ab Mai 2002 erneut zu prüfen. Der Kläger war damit einverstanden und erklärte den Rechtsstreit für erledigt. Nach Beiziehung von medizinischen Unterlagen, die u. a. Berichte über eine Spondylodese wegen einer Spondylolisthese L 5/S 1 betreffen, hörte die Beklagte Privat-Dozent S, der äußerte, bei Beteiligung der Bandscheibe des über der Fraktur liegenden Segments könne es zu einer Versteifung in diesem Segment kommen. Konsekutiv könnten angrenzende Bewegungssegmente der Brust- und Lendenwirbelsäule eine vermehrte Belastung und vorzeitigen Verschleiß erfahren. Dies sei aufgrund der Aktenlage, insbesondere aufgrund des neurochirurgischen Gutachtens von I vom 10.02.2004 nicht zu erkennen. Als Unfallfremd müssten die zusätzlichen Beschwerden der Spondylolisthesis L 5/S 1 bewertet werden. Mit M sei die unfallbedingte MdE ab Dezember 1999 mit 10 vom Hundert einzuschätzen. Eine Verschlimmerung nach Aktenlage sei nicht zu erkennen, so dass auch ab Mai 2002 eine MdE in rentenberechtigendem Grade nicht mehr vorliege. Auf dieser medizinischen Grundlage lehnte es die Beklagte ab, Rente ab Mai 2002 zu gewähren (Bescheid vom 27.07.2006). Der Widerspruch des Klägers war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 05.12.2006). Mit seiner am 15.12.2006 bei Gericht eingegangenen Klage macht der Kläger geltend, ab Mai 2002 sei von einer rentenberechtigenden MdE auszugehen. Die bei ihm vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen seien von der Beklagten nicht hinreichend berücksichtigt worden.

Schriftsätzlich begehrt der Kläger, den Bescheid der Beklagten vom 27.07.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2006 aufzuheben und festzustellen, dass bei ihm eine MdE von 20 vom Hundert vorliegt.

Die Beklagte begehrt schriftsätzlich,

die Klageabweisung.

Mit Schreiben vom 26.07.2007 hat das Gericht die Beteiligten um Nachricht gebeten, ob sie mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden sind. Der Klägerbevollmächtigte hat seine Einverständniserklärung unter dem 31.07.2007, die Beklagte unter dem 07.08.2007 erteilt. Mit Schreiben vom 12.08.2007 - eingegangen bei Gericht am 15.08.2007 - hat der Kläger sinngemäß mitgeteilt, mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht einverstanden zu sein.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf die Gerichtsakten, die Akten der Beklagten und die Vorprozessakten S 1 (18) U 75/01 Sozialgericht Düsseldorf Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht hat den Rechtsstreit am 14.08.2007 ohne mündliche Verhandlung entscheiden können, weil die Beteiligten sich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (vgl. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - ). Der Widerruf der Einverständniserklärung durch den Kläger ist rechtlich unerheblich. Ein Widerruf ist nämlich nur bis zur Verzichtserklärung der übrigen Beteiligten oder aber dann möglich, wenn sich die Prozesslage wesentlich geändert hat (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz, § 124 Rn. 3 d). Im vorliegenden Fall hat die Verzichtserklärung der Beklagten bereits vorgelegen als der Kläger das Einverständnis widerrufen hat. Nach wie vor ist daher der Verzicht seines Bevollmächtigten auf eine mündliche Verhandlung wirksam.

Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 28.07.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2006 ist rechtmäßig. Der Kläger kann auch ab Mai 2002 keine Rente beanspruchen. Mit dieser Auffassung fußt die Kammer auf den plausiblen Feststellungen des Sachverständigen I und des Gutachters Privat-Dozent S. Danach ist der Bruch des 12. Brustwirbelkörpers mit Keilwirbelbildung und Kyphosierung des Brustwirbelsäulen-Lendenwirbelsäulen-Übergangs stabil verheilt. Neurologische Ausfallserscheinungen bestehen nicht. Der kyphose Winkel des Brustwirbelsäulen-Lendenwirbelsäulen-Übergangs hat sich in der Zeit von 1998 und 1999 nur minimal verändert und ist seitdem konstant geblieben. Insgesamt liegen nur geringe funktionelle Einschränkungen vor. Mit I (Gutachten vom 10.02.2004) schätzt die Kammer die unfallbedingte MdE deshalb nach wie vor auf 10 vom Hundert ein. Diese Bewertung lässt sich auch anhand der unfallmedizinischen Erfahrungswerte veranschaulichen. Diese Erfahrungswerte sehen etwa bei einem Wirbelkörperbruch ohne Nervenbeteiligung je nach Leistungsfähigkeit der Wirbelsäule eine MdE von 10 bis 20 vom Hundert vor (Mehrhoff/Muhr, Unfallbegutachtung Seite 142). Legt man diese Vergleichswerte zu Grunde, so ist die MdE bereits deshalb auf 10 vom Hundert zu schätzen, weil die Leistungsfähigkeit der Wirbelsäule nur gering eingeschränkt ist und daher nicht von der oberen Grenze des Bewertungsrahmens ausgegangen werden kann. Legt man die in Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, S. 536 beschriebenen Erfahrungswerte zu Grunde, die bei einem stabil ausgeheiltem Wirbelkörperbruch mit Bandscheibenbeteiligung lediglich eine MdE von weniger als 10 vom Hundert und bei einem stabil ausgeheilten Wirbelkörperbruch unter statisch wirksamen Achsenknick eine MdE von 10 bis 20 vom Hundert vorsehen, bleibt es im Hinblick auf die von I beschriebene geringe funktionelle Einschränkung ebenfalls bei einer MdE von 10 vom Hundert. Dies gilt auch dann, wenn die unfallunabhängige Spondylolisthesis als Vorschaden aufgefasst wird, da in diesem Fall die bereits durch den Vorschaden geschädigte Wirbelsäule in ihrer Funktion nur geringfügig weiter beeinträchtigt wird.

Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils vom 01.10.2004 Bezug genommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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