S 45 (24) SO 62/06

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
45
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 45 (24) SO 62/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 13.07.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2006 verurteilt, die Hälfte der Renovierungskosten für das Wohnzimmer und das Badezimmer des Klägers einschließlich der Kosten für eine Hilfskraft in Höhe von 211,00 Euro zu übernehmen. Die Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Klägers. Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer einmaligen Beihilfe für die Renovierung des Wohnzimmers und des Badezimmers des Klägers (Schönheitsreparatur).

Der am 00.00.1941 geborene Kläger bezieht von der Beklagten laufend Leistungen der Grundsicherung im Alter nach §§ 41 ff. des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XII). Er bewohnt zusammen mit seiner im Jahr 1944 geborenen Ehefrau seit September 1997 eine 54 qm große Mietwohnung in X. Ausweislich des von dem Kläger und seiner Ehefrau mit dem F1 F2 eG am 19.06.1997 geschlossenen Dauernutzungvertrages hat der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau nach Maßgabe der allgemeinen Vertragsbestimmungen AVB die Schönheitsreparaturen auszuführen (§ 3 Abs. 4 a Dauernutzungsvertrag). Die Ehefrau des Klägers bezieht von der ARGE X laufend Leistungen nach dem SGB II (Arbeitslosengeld II).

Unter dem 29.06.2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer einmaligen Beihilfe für die Schönheitsrenovierung seiner Wohnung, u.a. die Renovierung des Wohnzimmers und des Badezimmers. Mit Bescheid vom 13.07.2006 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Zur Begründung führte sie aus, der geltend gemachte Bedarf für die erforderliche Schönheitsrenovierung sei bereits mit den Regelsätzen abgegolten. Nachdem der Kläger hiergegen Widerspruch eingelegt hatte, nahm die Beklagte bei einem Hausbesuch durch ihre Mitarbeiterinnen Frau E und Frau I die Wohnung des Klägers in Augenschein. Anschließend wies sie den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 27.10.2006 zurück. Zur Begründung führte sie weiter aus, der Materialbedarf zur Vornahme der anfallenden Renovierungsarbeiten würde sich höchstens auf 30,00 Euro belaufen. Ein solcher geringer Renovierungsbedarf sei nach Auffassung der Beklagten durch die regelsatzmäßigen Leistungen gedeckt.

Hiergegen hat der Kläger am 20.11.2006 Klage erhoben.

Der Kläger ist der Ansicht, die für seine Wohnung anfallenden mietvertraglich vereinbarten Schönheitsreparaturen gehörten zu den Kosten der Unterkunft im Sinne des § 29 Abs. 1 SGB XII. Tatsächlich beliefen sich die anfallenden Renovierungskosten für das Badezimmer und das Wohnzimmer auf insgesamt ca. 422,00 Euro. Diese ergeben sich daraus, dass Materialkosten für ein- bis zweimaliges möglicherweise sogar dreimaliges Überstreichen erforderlich würden. Darüber hinaus benötige er eine Hilfskraft. da er aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei, die Renovierungsarbeiten selber durchzuführen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13.07.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2006 zu verurteilen, die Hälfte der Renovierungskosten für das Wohnzimmer und das Badezimmer des Klägers einschließlich der Kosten für eine Hilfskraft, d.h. die Hälfte von 422,00 Euro zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig. Darüber hinaus macht sie geltend, eine Hilfskraft sei nicht erforderlich, da die Ehefrau des Klägers als erwerbsfähige Person in dessen Haushalt die Renovierung durchführen könne. Darüber hinaus habe der Kläger die Möglichkeit, die Renovierung von Freunden durchführen zu lassen.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätzen, dem übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid vom 13.07.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2006 ist rechtswidrig und beschwert den Kläger in seinen Rechten gem. § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Kläger hat Anspruch auf Übernahme der Kosten der Schönheitsrenovierung für sein Wohnzimmer und sein Badezimmer.

Anspruchsgrundlage für die Übernahme der Kosten der Schönheitsrenovierung ist § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Danach werden Leistungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht. Hierzu gehören auch die Kosten der Schönheitsrenovierung der Mietwohnung als einmalige Leistungen.

Entgegen der Ansicht der Beklagten sind die Kosten der Schönheitsrenovierung von den Leistungsempfängern nicht aus den erhöhten Regelsätzen anzusparen. Die Vorschrift des § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB XII umfasst nämlich nicht nur die regelmäßig anfallenden laufenden Kosten der Unterkunft, also die Mieten oder Zinsbelastungen, sondern darüber hinaus auch nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen, wie z.B. für Schönheitsrenovierungen (vgl. Sozialgericht Duisburg vom 22.01.2007, Az. S 35 AS 15/06, SG Reutlingen vom 15.09.2005, Az. S 3 SO 2047/05, LSG Baden-Württemberg vom 23.11.2006, Az. L 7 SO 4415/05, LSG Niedersachsen-Bremen vom 11.09.2006, Az. L 9 AS 409/06 ER, SG Hamburg vom 31.07.2006, Az. 53 SO 31/06). Dem steht nicht entgegen, dass der Gesetzgeber mit der Neufassung des Sozialhilferechtes unter anderem das Ziel verfolgte, in Zusammenhang mit der Anhebung der Regelsätze einmalige Leistungen zu reduzieren. Die vom Gesetzgeber in der Vorschrift des § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB XII verwendete Formulierung erlaubt nämlich die Einbeziehung von unterkunftsbezogenen einmaligen Bedarfen neben der ausdrücklichen Regelung in § 31 Abs. 1 SGB XII. Diese Einbeziehung ist auch notwendig, da der im Regelsatz enthaltene geringe Betrag für Reparaturkosten bei weitem nicht ausreicht, um die mietvertraglich geschuldeten Schönheitsreparaturen - selbst bei Eigenvornahme - zu finanzieren. Der in der Regelleistung enthaltene Anteil in Höhe von 8 % für Wohnung (ohne Mietkosten) und Strom (dies entspricht bis zum 30.06.2007 27,60 Euro, für den Zeitraum danach 27,76 Euro) wird nämlich zum größten Teil für die Bezahlung der Energiekosten benötigt. Der auf Schönheitsreparaturen und sonstige Instandhaltungsaufwendungen entfallende Anteil ist damit so gering, dass vom Regelsatz lediglich kleinere Arbeiten, nicht jedoch umfassende Schönheitsrenovierungen, finanziert werden können (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen vom 11.09.2006, Az. L 9 AS 409/06 ER).

Die Kosten der Schönheitsrenovierung sind dabei zu übernehmen, wenn der Hilfeempfänger zu ihrer Vornahme vertraglich verpflichtet ist. Diese vertragliche Verpflichtung ergibt sich für den Kläger aus der Regelung in § 3 Abs. 4 a des Dauernutzungsvertrages über seine Mietwohnung, wonach er nach Maßgabe der allgemeinen Vertragsbestimmungen die Schönheitsreparaturen auszuführen hat. Aus den von den Mitarbeiterinnen der Beklagten anlässlich ihres Hausbesuches am 24. Oktober 2006 in der Wohnung des Klägers getätigten Feststellungen ergibt sich, dass sowohl das Wohnzimmer als auch das Badezimmer des Klägers tatsächlich renovierungsbedürftig sind.

Die Höhe der dem Kläger im Tenor zugesprochenen Kosten ergibt sich aus dem diesbezüglichen schlüssigen und glaubhaften Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung. Danach sind die Materialkosten in Höhe von insgesamt 122,00 Euro (zusammengesetzt aus 100,00 Euro für Farbe, 12,00 Euro für Abklebeband sowie 10,00 Euro für Abdeckfolie) angemessen angesetzt, im Hinblick darauf, dass im 13 qm großen Wohnzimmer eine Grundfläche von 54 qm abzüglich Fenster voraussichtlich mindestens zweimal überstrichen werden muss, sowie im Hinblick darauf, dass für das 5 qm große Badezimmer zwar der Bereich des Fliesenspiegels ausgespart werden kann, für den Rest (restliche Wandhöhe 0,80 m zuzüglich Decke) jedoch eine teure Latexfarbe benötigt wird. Unter Ansatz eines Handwerkerlohnes im unteren Bereich in Höhe von 40,00 Euro erscheinen auch die von dem Kläger geltend gemachten Kosten für die Hilfskraft im Hinblick auf die zu erwartenden Arbeitsstunden schlüssig nachvollziehbar. Dem Kläger ist es zur Überzeugung der Kammer auch nicht möglich, die Kosten für die Hilfskraft dadurch zu vermeiden, dass er die Schönheitsreparaturen selber vornimmt oder die Hilfe von Angehörigen und Bekannten in Anspruch nimmt. Aufgrund seiner fortgeschrittenen Leberzirrhose (Dekompensierte Leberinsuffizienz, vgl. Bescheinigung des Allgemeinarztes T vom 07.03.2006 in Bl. 244 Verwaltungsakte der Beklagten) ist der Kläger nämlich nicht mehr in der Lage, die Anstreicharbeiten selber vorzunehmen. Aufgrund erheblicher Gesundheitsprobleme im Nacken- und Lendenwirbelsäulenbereich bei fortgeschrittenem Alter (63 Jahre) und Übergewicht ist auch die Ehefrau des Klägers nicht in der Lage, die erforderlichen Arbeiten zu verrichten. Auch steht dem Kläger nach seinem überzeugenden Vortrag in der mündlichen Verhandlung keine weitere Person z.B. aus dem Freundeskreis zur Verfügung, die die Anstreicharbeiten unentgeltlich verrichten könnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Berufung sind nicht ersichtlich. Streitig ist hier eine einmalige Leistung mit einem Gesamtwert in Höhe von 211,00 Euro. Die Berufung bedarf bei dieser Sachlage gemäß § 144 SGG der Zulassung, weil die Beschwer weder 500,00 Euro überschreitet (§ 144 Abs. 1 Satz 1 SGG) noch laufende Leistungen für mehr als ein Jahr im Streit stehen (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Satz 2 SGG). Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen (§ 144 Abs.3 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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