Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 1 U 92/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 264/07
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klagen werden abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Entschädigung eines Arbeitsunfalls den der Kläger am 26.07.1954 erlitten hat. Insbesondere begehrt der Kläger die Höherbewertung der Folgen des Unfalls, die Übernahme der Kosten einer in Polen durchgeführten Zahnsanierung sowie die dafür notwendigen Reisekosten und die Erstattung einer selbst organisierten Kurmaßnahme.
Der am 00.00.1935 geborene Kläger erlitt am 26.07.1954 im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit einen schweren Motorradunfall. Unter anderem wurden dabei seine Zähne 11 und 12 beschädigt. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE), die durch die Folgen des Unfalls verursacht werden, hat die Beklagte zunächst mit 100 %, ab dem 21.03.1955 mit 33 % und ab dem 01.06.1956 mit 25 % bewertet. Mit Bescheid vom 26.04.1955 gewährte die Beklagte dem Kläger eine Verletztenrente auf unbestimmte Zeit. Am 01.01.1964 wurde diese Verletztenrente nach einer MdE von 25 % abgefunden.
In der Folgezeit stellte der Kläger wiederholt Verschlimmerungsanträge bezüglich der Höhe der MdE. Diese Anträge sind insgesamt erfolglos geblieben. Mit Urteil vom 17.02.1993 hat das Sozialgericht Düsseldorf eine diesbezügliche Klage abgewiesen. Weder sei eine Verschlimmerung in den Unfallfolgen eingetreten, noch seien die Unfallfolgen von der Beklagten falsch bewertet worden (SG Düsseldorf S 16 U 71/91). Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung hat der Kläger zurück genommen.
Mit einem Antrag vom 11.05.2005 begehrte der Kläger erneut, seine Rente wegen einer Verschlimmerung der Unfallfolgen wiederaufleben zu lassen. Darüber hinaus benötige er einen neuen Zahnersatz. Die Beklagte holte daraufhin ein Gutachten von T ein. Der Sachverständige berichtete unter dem 23.06.2005, dass bei dem Arbeitsunfall des Klägers seine Zähne 11 und 12 beschädigt worden seien. 1997 seien diese Zähne überkront worden. Die jetzt beantragte gesamte Erneuerung des Oberkiefers habe mit dem Unfallgeschehen nichts zu tun. Die Ursache für die Notwendigkeit der gesamten Oberkiefersanierung habe ihre Ursache in der Extraktion der Zähne 15 und 25 der Klägers.
Mit Bescheid vom 28.06.2005 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme der Zahnbehandlung ab. Der vom Kläger eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23.09.2005 zurück gewiesen. Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 25.10.2005 Klage erhoben (S 1 U 92/05).
Mit Bescheid vom 08.08.2005 lehnte die Beklagte das Wiederaufleben der Rentenzahlung ab. Die Rente sei in vollem Umfang abgefunden worden. Eine Verschlimmerung in den Unfallfolgen sei nicht eingetreten. Auch sei das Recht nicht falsch angewendet worden oder die Unfallfolgen unrichtig bewertet worden. Der eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 07.11.2005 zurück gewiesen. Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 06.12.2005 Klage erhoben (S 1 U 106/05).
Am 08.12.2005 teilte der Kläger mit, dass er eine Zahnsanierung bereits durchgeführt habe. Die Behandlung sei in Polen erfolgt. Dafür seien Kosten für den Zahnersatz im Umfang von 1.810,00 EUR sowie Fahrtkosten für 1.834 km entstanden. Darüber hinaus habe er die Gelegenheit genutzt und eine Kurmaßnahme durchgeführt. Auch diese Kosten möchte der Kläger erstattet wissen.
Am 27.12.2005 teilte die Beklagte mit, dass sie bezüglich der Höhe der Verletztenrente des Klägers bislang nur über eine möglicherweise unrichtige Bewertung oder Handhabung des Rechts entschieden habe (§ 44 Sozialgesetzbuch, 10. Buch (SGB X)). Über eine Verschlimmerung der Schädigungsfolgen werde noch ein Bescheid ergehen (§ 48 SGB X).
Mit Bescheid vom 27.12.2005 lehnte die Beklagte die Erstattung von Fahrtkosten wegen der Zahnbehandlung in Polen ab.
Am 03.01.2006 erstattete Privatdozent L für die Beklagte ein Gutachten. In dem Gutachten beschrieb Privatdozent L die beim Kläger bestehenden Unfallfolgen und bewertete die noch verbliebene MdE mit 10 %. Die Durchführung einer Rehabilitationsmaßnahme sei nicht gerechtfertigt.
Auf der Basis dieser Ermittlungen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 31.01.2006 die Erhöhung der MdE wegen des Eintritts einer Verschlimmerung und die Übernahme der Kosten für eine Rehabilitationsmaßnahme ab. Die vom Kläger eingelegten Widersprüche wurden mit Widerspruchsbescheid vom 23.05.2006 zurück gewiesen. Die jetzt durchgeführte Zahnversorgung stehe nicht mehr in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall des Klägers vom 1954. Die Durchführung einer Rehabilitationsmaßnahme wegen der Unfallfolgen sei nicht zu rechtfertigen. Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 23.06.2006 Klage erhoben (S 1 U 41/06).
Mit Beschlüssen vom 16.01.2006 und 12.10.2007 hat das Gericht die Verfahren S 1 U 92/05, S 1 U 106/05 und S 1 U 41/06 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter Führung des Aktenzeichens S 1 U 92/05 miteinander verbunden.
Der Kläger trägt vor, er habe seine Zähne im Oberkiefer komplett sanieren lassen. Nach einer Recherche im Internet habe er festgestellt, dass dies in Polen deutlich preisgünstiger möglich sei als in Deutschland. Seine Krankenkasse habe er vorab befragt, ob er den Kostenanteil in Höhe von 1.473,62 EUR auch dann von der Krankenkasse erhalte, wenn er die Zähne in Polen sanieren lasse. Dies sei bejaht worden. Die Krankenkasse habe auch gezahlt. Die Sanierung sei notwendig geworden, wegen der Zahnbeschädigung, die durch seinen Unfall im Jahre 1954 entstanden seien. Damals seien nicht nur die Zähne 11 und 12 beschädigt worden, sondern auch weitere Zähne. Auch wenn er die Fahrtkosten für die Zahnbehandlung in Polen erhielte, seien die Gesamtkosten immer noch günstiger als wenn seine Zähne in Deutschland saniert worden wären. Ebenso verhielt es sich mit der von ihm selbst durchgeführten Kurmaßnahme. Zwar sei seine Verletztenrente im Jahr 1964 abgefunden worden, die Unfallfolgen hätten sich aber so stark verschlimmert, dass erneut eine Rente zu gewähren sei.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte
1. unter Aufhebung des Bescheides vom 28.06.2005 in der Gestalt des Wider spruchsbescheides vom 23.09.2005 zu verurteilen, ihm wegen der Folgen seines am 26.07.1954 erlittenen Arbeitsunfalls eine Zahnbehandlung zu gewähren bzw. ihm die Kosten der in Polen durchgeführten Zahnbehandlung im Umfang von 1.810,00 EUR abzüglich der von der Krankenkasse übernommenen Kosten anteilig zu erstatten;
2.
unter Aufhebung des Bescheides vom 27.12.2005 und des Bescheides vom 31.01.2006 beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.05.2006 zu verurteilen, ihm die Fahrtkosten zur Zahnbehandlung nach Polen für 1.834 km so wie die Kosten einer durchgeführten Kurmaßnahme zu erstatten;
3. unter Aufhebung des Bescheides vom 08.08.2005 in der Gestalt des Wider spruchsbescheides vom 07.11.2005 und des Bescheides vom 31.01.2006 zu verurteilen, ihm wegen der Folgen seines am 26.07.1954 erlittenen Arbeitsunfalls eine höhere Verletztenrente als nach einer MdE von 25 % zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die Zahnbehandlung, die der Kläger in Polen hat durchführen lassen, nichts mehr mit dem Unfall von 1954 zu tun habe. Deshalb gehe weder die Zahnbehandlung noch etwaige Fahrtkosten nach Polen zu Lasten der gesetzlichen Unfallversicherung. Eine Kurmaßnahme sei wegen der Unfallfolgen nicht zu rechtfertigen. Die Verletztenrente des Klägers sei 1964 abgefunden worden. Um eine erneute Rentenzahlung zu erreichen hätten sich die Unfallfolgen um mindestens 10 %-Punkte, also auf 35 %, verschlimmern müssen. Das sei nach der Beurteilung durch Privatdozent L sicher nicht der Fall.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens von S. Dieser beschreibt die Gesundheitsbeeinträchtigungen des Klägers in seinem Gutachten vom 18.10.2006 auf seinem Fachgebiet wie folgt:
Verdacht auf muskuläre Hyperaktivität der Kaumuskulatur Paradontal geschädigtes Gebiss mit prothetisch kombiniert herausnehmbar/festsitzendem Ersatz Zähne 17 und 27 perkussionsempfindlich, 33 und 43 gelockert.
Beim Arbeitsunfall von 1954 seien die Zähne 11 und 12 des Klägers beschädigt worden. Wie genau lasse sich heute nicht mehr feststellen. Jedenfalls seien die Zähne traumatisiert worden und 1997 überkront worden. Einen Anhalt für die Schädigung weiterer Zähne durch den Arbeitsunfall ergäbe sich aus den Akten nicht. Das Ereignis vom 26.07.1954 bilde nicht die wesentliche Ursache für die heute bestehenden Gesundheitsstörungen des Klägers, die zur Notwendigkeit der Gebisssanierung führten. Dies weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung. Allenfalls käme die Sanierung der Zähne 11 und 12 in Betracht, da sie im vorgelegten Heil und Kostenplan als mit "erneuerungsbedürftigen Kronen versorgt" befundet worden seien. So wie die Zahnsanierung tatsächlich durchgeführt worden sei, sei sie aber wegen der Unfallfolgen nicht erforderlich gewesen.
Wegen des weiteren Sach und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakten und auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Durch den eingeschränkt gestellten Klageantrag zu Ziffer 3) hat der Kläger seine Klage bezüglich der Überprüfung der ursprünglichen Entscheidung bezogen auf die Gewährung einer Verletztenrente im Sinne des § 44 SGB X zurück genommen. Streitgegenstand ist insoweit nurmehr die Frage, ob eine wesentliche Verschlimmerung der Unfallfolgen im Sinne des § 48 SGB X eingetreten ist. Denn der sich darüber verhaltende Bescheid der Beklagten vom 31.01.2006 ist gem. § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden.
Die Klagen des Klägers sind unbegründet. Der Kläger wird durch die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten nicht in seinen Rechten beschwert. Denn diese Entscheidungen sind rechtmäßig. Zu Recht hat die Beklagte es abgelehnt, dem Kläger eine Zahnsanierung zu gewähren oder die dafür entstandenen Kosten zu erstatten. Ebenso wenig sind die entstandenen Fahrtkosten noch die Kosten für die selbst organisierte Kurmaßnahme erstattungsfähig. Eine Verschlimmerung der Unfallfolgen ist sicher nicht eingetreten.
1.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Zahnbehandlung bezüglich der Sanierung seines gesamten Oberkiefers bzw. auf Erstattung der Kosten, die durch die durchgeführte Oberkiefersanierung in Polen entstanden sind.
Gemäß § 26 Sozialgesetzbuch, 7. Buch (SGB VII) haben Versicherte unter Beachtung der Vorschriften des Sozialgesetzbuches, 9. Buch (SGB IX) Anspruch auf Heilbehandlung einschließlich Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 3 SGB VII umfasst die Heilbehandlung auch die zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz. Um Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu erhalten, muss zusätzlich ein Versicherungsfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung vorliegen und dieser Versicherungsfall muss ursächlich für die Notwendigkeit einer erforderlichen Heilbehandlung sein.
Es bestehen bereits Bedenken, inwieweit der Kläger überhaupt noch einen Anspruch bezüglich der Heilbehandlung seiner Zähne hat. Denn die von ihm begehrte Heilbehandlung ist bereits durchgeführt worden. Wie sich bereits aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt und wie es auch nach der Systematik der Vorschriften des Sozialgesetzbuches gewollt ist, hat der Kläger primär nur einen Anspruch auf die Leistung selbst. Wie und von welchem Leistungserbringer diese Leistung dem Versicherten gegenüber erbracht wird, liegt im Verantwortungs- und Entscheidungsbereich des jeweiligen Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung. Das dabei vorherrschende Prinzip ist die Leistungserbringung durch Ärzte, die mit den Unfallversicherungsträgern entsprechende Verträge geschlossen haben und durch Einrichtungen der gesetzlichen Unfallversicherungsträger selbst bzw. solche Einrichtungen, mit denen entsprechende Verträge geschlossen worden sind. Eine solche Leistungsgewährung ist der Beklagten im vorliegenden Fall nicht mehr möglich, da der Kläger sich die Zahnsanierung seines Oberkiefers selbst organisiert hat.
Die von ihm begehrte Erstattung der angefallenen Kosten ist wie § 15 SGB IX zeigt, die Ausnahme, auf die der Kläger nur dann einen Anspruch hat, wenn die Beklagte die erforderliche Leistung nicht rechtzeitig erbracht hat oder eine unaufschiebbare Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben, da nicht erkennbar ist, wieso eine Zahnsanierung, so wie sie beim Kläger durchgeführt worden ist, unaufschiebbar gewesen sein soll. Keiner der mit dem Fall beschäftigen Gutachter hat eine diesbezügliche Aussage getroffen.
Darüber hinaus stand die Notwendigkeit der vom Kläger selbst durchgeführten Zahnsanierung in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall des Klägers von 1954. Diese Auffassung stützt die Kammer auf das von S eingeholte Sachverständigengutachten. Der Sachverständige hat überzeugend dargelegt, dass bei dem Unfallgeschehen lediglich die Zähne 11 und 12 des Klägers beschädigt worden sind. Diese Zähne waren beim Kläger überkront. Die gesamte Gebisssanierung war wegen der Beschädigung dieser Zähne jedenfalls nicht erforderlich. Wenn sodann eine Gesamtsanierung des Oberkiefers durchgeführt worden ist, so tritt der Verursachungsbeitrag bezüglich der Zähne 11 und 12 diesbezüglich jedenfalls in den Hintergrund, so dass die wesentliche Notwendigkeit der Oberkiefersanierung nicht im Bereich der Unfallfolgen zu finden ist.
2.
Ein Anspruch auf Erstattung der Reisekosten besteht nicht, weil schon die Oberkiefersanierung selbst nicht durch die Beklagte zu erstatten war. Gemäß § 43 SGB VII sind Reisekosten die anlässlich einer Rehabilitationsmaßnahme oder einer Heilbehandlung anfallen grundsätzlich erstattungsfähig. Wenn aber die Heilbehandlung selbst nicht zu Lasten der Beklagten geht, können auch die diesbezüglich angefallenen Reisekosten nicht zu ihren Lasten gehen.
Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten, die durch die vom Kläger selbst durchgeführte Wellness-Kur entstanden sind, besteht nicht. Gemäß §§ 26, 33 SGB VII gehört zum Leistungsumfang der gesetzlichen Unfallversicherung grundsätzlich auch Leistungen zur Rehabilitation. Auch hier besteht grundsätzlich nur ein Anspruch auf das Erbringen der Leistung. Nur in Ausnahmefällen werden entstandene Kosten von selbst durchgeführten Maßnahmen erstattet. Die Voraussetzungen des § 15 SGB IX liegen auch bezüglich der durchgeführten "Kur" des Klägers nicht vor. Weder war die Maßnahme unaufschiebbar, noch ist sie zu Unrecht abgelehnt worden. Wie sich aus dem Gutachten von Privatdozent L vom 03.01.2006 unzweifelhaft ergibt, war eine Rehabilitationsmaßnahme nicht mehr erforderlich. Bei einer nurmehr bestehenden MdE von 10 % bezüglich der Unfallfolgen und dem Alter des Klägers, das einen Einsatz im Arbeitsleben nicht mehr möglich macht, erscheint dies auch nachvollziehbar. Im Übrigen schließt sich die Kammer insoweit den Ausführungen im Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 23.05.2006, den sie sich zu Eigen macht, an (§ 136 Abs. 3 SGG).
3.
Ein Anspruch auf Wiedergewährung der Verletztenrente besteht nicht. Gemäß § 56 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, 7. Buch (SGB VII) erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 von Hundert gemindert ist, eine Rente. Gemäß § 56 Abs. 2 SGB VII richtet sich die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeit auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Dabei werden diejenigen Bedingungen als ursächlich oder mitursächlich für den Eintritt des Erfolges gewertet, die unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes wegen ihrer besonderer Bedeutung zum Eintritt des Erfolges wesentlich beigetragen haben. Die wesentliche Ursächlich- oder Mitursächlichkeit einer Bedingung für den Erfolg braucht zwar nicht nachgewiesen zu sein, muss aber zumindest wahrscheinlich sein. Das ist dann der Fall, wenn bei vernünftiger Abwägung aller für und gegen den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Umstände die auf die Verursachung hindeutenden Faktoren so stark überwiegen, dass darauf die Entscheidung gestützt werden kann und die gegen den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Faktoren billigerweise außer Betracht bleiben müssen.
Der Kläger hat 1954 einen Arbeitsunfall erlitten. Wegen der Folgen hat er eine Verletztenrente im Umfang von 25 % als Dauerrente erhalten. Diese Rente ist 1964 vollumfänglich durch eine Geldleistung abgefunden worden. Ein Wiederaufleben der Rente kommt deshalb nur in Betracht, wenn bezüglich der Unfallfolgen eine Verschlimmerung im Sinne des § 48 SGB X eingetreten ist. In der gesetzlichen Unfallversicherung ist § 48 SGB X durch § 73 Abs. 3 SGB VII konkretisiert worden. Demnach ist erforderlich, dass eine Verschlimmerung in den Unfallfolgen eingetreten ist, die mehr als 5 %-Punkte ausmacht. Da eine Verletztenrente erst ab einem Prozentsatz von 10 % frühestens gewährt werden kann, müsste die beim Kläger vorliegende MdE mindestens 35 % betragen, also 10 % über der bereits abgefundenen MdE. Das ist vorliegend sicher nicht der Fall.
Privatdozent L hat in seinem Gutachten vom 03.01.2006 die beim Kläger noch bestehenden Unfallfolgen wie folgt beschrieben:
im Bereich der oberen Extremitäten die Bewegungseinschränkung des linken Ellenbogengelenkts auf Extension / Flexion von 0-5-130 °, die verstrichene und verplumpte Ellenbogengelenkskontur die Minderung des Muskelweichteilmantels im Bereich des linken Ober- und Unterarmes von 3 cm bzw. 1 cm bei Rechtshändigkeit die beschriebenen röntgenologischen Veränderungen der vollständig ausgeheilten Ellenbogengelenksfraktur links mit arthrotischen Veränderungen die röntgenologisch beschriebenen Veränderungen mit knöchern vollständig durchbauter indiskreter X-Rekurvationsstellung ausgeheilter Oberschenkelfraktur rechts.
Diese noch verbliebenen Unfallfolgen bedingen nachvollziehbar eine MdE nicht über 10 %. In dieser Weise hat sich auch der Sachverständige Privatzdozent L geäußert. Die Kammer konnte hier auf eine weitere Beweiserhebung verzichten, weil der Abstand zu den notwendig zu erreichenden 35 % wegen der Unfallfolgen so groß ist, dass die Kammer es ausschließt, dass die beim Kläger noch verbliebenen Unfallfolgen einen solchen Prozentsatz der MdE erreichen können.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Entschädigung eines Arbeitsunfalls den der Kläger am 26.07.1954 erlitten hat. Insbesondere begehrt der Kläger die Höherbewertung der Folgen des Unfalls, die Übernahme der Kosten einer in Polen durchgeführten Zahnsanierung sowie die dafür notwendigen Reisekosten und die Erstattung einer selbst organisierten Kurmaßnahme.
Der am 00.00.1935 geborene Kläger erlitt am 26.07.1954 im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit einen schweren Motorradunfall. Unter anderem wurden dabei seine Zähne 11 und 12 beschädigt. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE), die durch die Folgen des Unfalls verursacht werden, hat die Beklagte zunächst mit 100 %, ab dem 21.03.1955 mit 33 % und ab dem 01.06.1956 mit 25 % bewertet. Mit Bescheid vom 26.04.1955 gewährte die Beklagte dem Kläger eine Verletztenrente auf unbestimmte Zeit. Am 01.01.1964 wurde diese Verletztenrente nach einer MdE von 25 % abgefunden.
In der Folgezeit stellte der Kläger wiederholt Verschlimmerungsanträge bezüglich der Höhe der MdE. Diese Anträge sind insgesamt erfolglos geblieben. Mit Urteil vom 17.02.1993 hat das Sozialgericht Düsseldorf eine diesbezügliche Klage abgewiesen. Weder sei eine Verschlimmerung in den Unfallfolgen eingetreten, noch seien die Unfallfolgen von der Beklagten falsch bewertet worden (SG Düsseldorf S 16 U 71/91). Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung hat der Kläger zurück genommen.
Mit einem Antrag vom 11.05.2005 begehrte der Kläger erneut, seine Rente wegen einer Verschlimmerung der Unfallfolgen wiederaufleben zu lassen. Darüber hinaus benötige er einen neuen Zahnersatz. Die Beklagte holte daraufhin ein Gutachten von T ein. Der Sachverständige berichtete unter dem 23.06.2005, dass bei dem Arbeitsunfall des Klägers seine Zähne 11 und 12 beschädigt worden seien. 1997 seien diese Zähne überkront worden. Die jetzt beantragte gesamte Erneuerung des Oberkiefers habe mit dem Unfallgeschehen nichts zu tun. Die Ursache für die Notwendigkeit der gesamten Oberkiefersanierung habe ihre Ursache in der Extraktion der Zähne 15 und 25 der Klägers.
Mit Bescheid vom 28.06.2005 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme der Zahnbehandlung ab. Der vom Kläger eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23.09.2005 zurück gewiesen. Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 25.10.2005 Klage erhoben (S 1 U 92/05).
Mit Bescheid vom 08.08.2005 lehnte die Beklagte das Wiederaufleben der Rentenzahlung ab. Die Rente sei in vollem Umfang abgefunden worden. Eine Verschlimmerung in den Unfallfolgen sei nicht eingetreten. Auch sei das Recht nicht falsch angewendet worden oder die Unfallfolgen unrichtig bewertet worden. Der eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 07.11.2005 zurück gewiesen. Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 06.12.2005 Klage erhoben (S 1 U 106/05).
Am 08.12.2005 teilte der Kläger mit, dass er eine Zahnsanierung bereits durchgeführt habe. Die Behandlung sei in Polen erfolgt. Dafür seien Kosten für den Zahnersatz im Umfang von 1.810,00 EUR sowie Fahrtkosten für 1.834 km entstanden. Darüber hinaus habe er die Gelegenheit genutzt und eine Kurmaßnahme durchgeführt. Auch diese Kosten möchte der Kläger erstattet wissen.
Am 27.12.2005 teilte die Beklagte mit, dass sie bezüglich der Höhe der Verletztenrente des Klägers bislang nur über eine möglicherweise unrichtige Bewertung oder Handhabung des Rechts entschieden habe (§ 44 Sozialgesetzbuch, 10. Buch (SGB X)). Über eine Verschlimmerung der Schädigungsfolgen werde noch ein Bescheid ergehen (§ 48 SGB X).
Mit Bescheid vom 27.12.2005 lehnte die Beklagte die Erstattung von Fahrtkosten wegen der Zahnbehandlung in Polen ab.
Am 03.01.2006 erstattete Privatdozent L für die Beklagte ein Gutachten. In dem Gutachten beschrieb Privatdozent L die beim Kläger bestehenden Unfallfolgen und bewertete die noch verbliebene MdE mit 10 %. Die Durchführung einer Rehabilitationsmaßnahme sei nicht gerechtfertigt.
Auf der Basis dieser Ermittlungen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 31.01.2006 die Erhöhung der MdE wegen des Eintritts einer Verschlimmerung und die Übernahme der Kosten für eine Rehabilitationsmaßnahme ab. Die vom Kläger eingelegten Widersprüche wurden mit Widerspruchsbescheid vom 23.05.2006 zurück gewiesen. Die jetzt durchgeführte Zahnversorgung stehe nicht mehr in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall des Klägers vom 1954. Die Durchführung einer Rehabilitationsmaßnahme wegen der Unfallfolgen sei nicht zu rechtfertigen. Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 23.06.2006 Klage erhoben (S 1 U 41/06).
Mit Beschlüssen vom 16.01.2006 und 12.10.2007 hat das Gericht die Verfahren S 1 U 92/05, S 1 U 106/05 und S 1 U 41/06 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter Führung des Aktenzeichens S 1 U 92/05 miteinander verbunden.
Der Kläger trägt vor, er habe seine Zähne im Oberkiefer komplett sanieren lassen. Nach einer Recherche im Internet habe er festgestellt, dass dies in Polen deutlich preisgünstiger möglich sei als in Deutschland. Seine Krankenkasse habe er vorab befragt, ob er den Kostenanteil in Höhe von 1.473,62 EUR auch dann von der Krankenkasse erhalte, wenn er die Zähne in Polen sanieren lasse. Dies sei bejaht worden. Die Krankenkasse habe auch gezahlt. Die Sanierung sei notwendig geworden, wegen der Zahnbeschädigung, die durch seinen Unfall im Jahre 1954 entstanden seien. Damals seien nicht nur die Zähne 11 und 12 beschädigt worden, sondern auch weitere Zähne. Auch wenn er die Fahrtkosten für die Zahnbehandlung in Polen erhielte, seien die Gesamtkosten immer noch günstiger als wenn seine Zähne in Deutschland saniert worden wären. Ebenso verhielt es sich mit der von ihm selbst durchgeführten Kurmaßnahme. Zwar sei seine Verletztenrente im Jahr 1964 abgefunden worden, die Unfallfolgen hätten sich aber so stark verschlimmert, dass erneut eine Rente zu gewähren sei.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte
1. unter Aufhebung des Bescheides vom 28.06.2005 in der Gestalt des Wider spruchsbescheides vom 23.09.2005 zu verurteilen, ihm wegen der Folgen seines am 26.07.1954 erlittenen Arbeitsunfalls eine Zahnbehandlung zu gewähren bzw. ihm die Kosten der in Polen durchgeführten Zahnbehandlung im Umfang von 1.810,00 EUR abzüglich der von der Krankenkasse übernommenen Kosten anteilig zu erstatten;
2.
unter Aufhebung des Bescheides vom 27.12.2005 und des Bescheides vom 31.01.2006 beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.05.2006 zu verurteilen, ihm die Fahrtkosten zur Zahnbehandlung nach Polen für 1.834 km so wie die Kosten einer durchgeführten Kurmaßnahme zu erstatten;
3. unter Aufhebung des Bescheides vom 08.08.2005 in der Gestalt des Wider spruchsbescheides vom 07.11.2005 und des Bescheides vom 31.01.2006 zu verurteilen, ihm wegen der Folgen seines am 26.07.1954 erlittenen Arbeitsunfalls eine höhere Verletztenrente als nach einer MdE von 25 % zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die Zahnbehandlung, die der Kläger in Polen hat durchführen lassen, nichts mehr mit dem Unfall von 1954 zu tun habe. Deshalb gehe weder die Zahnbehandlung noch etwaige Fahrtkosten nach Polen zu Lasten der gesetzlichen Unfallversicherung. Eine Kurmaßnahme sei wegen der Unfallfolgen nicht zu rechtfertigen. Die Verletztenrente des Klägers sei 1964 abgefunden worden. Um eine erneute Rentenzahlung zu erreichen hätten sich die Unfallfolgen um mindestens 10 %-Punkte, also auf 35 %, verschlimmern müssen. Das sei nach der Beurteilung durch Privatdozent L sicher nicht der Fall.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens von S. Dieser beschreibt die Gesundheitsbeeinträchtigungen des Klägers in seinem Gutachten vom 18.10.2006 auf seinem Fachgebiet wie folgt:
Verdacht auf muskuläre Hyperaktivität der Kaumuskulatur Paradontal geschädigtes Gebiss mit prothetisch kombiniert herausnehmbar/festsitzendem Ersatz Zähne 17 und 27 perkussionsempfindlich, 33 und 43 gelockert.
Beim Arbeitsunfall von 1954 seien die Zähne 11 und 12 des Klägers beschädigt worden. Wie genau lasse sich heute nicht mehr feststellen. Jedenfalls seien die Zähne traumatisiert worden und 1997 überkront worden. Einen Anhalt für die Schädigung weiterer Zähne durch den Arbeitsunfall ergäbe sich aus den Akten nicht. Das Ereignis vom 26.07.1954 bilde nicht die wesentliche Ursache für die heute bestehenden Gesundheitsstörungen des Klägers, die zur Notwendigkeit der Gebisssanierung führten. Dies weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung. Allenfalls käme die Sanierung der Zähne 11 und 12 in Betracht, da sie im vorgelegten Heil und Kostenplan als mit "erneuerungsbedürftigen Kronen versorgt" befundet worden seien. So wie die Zahnsanierung tatsächlich durchgeführt worden sei, sei sie aber wegen der Unfallfolgen nicht erforderlich gewesen.
Wegen des weiteren Sach und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakten und auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Durch den eingeschränkt gestellten Klageantrag zu Ziffer 3) hat der Kläger seine Klage bezüglich der Überprüfung der ursprünglichen Entscheidung bezogen auf die Gewährung einer Verletztenrente im Sinne des § 44 SGB X zurück genommen. Streitgegenstand ist insoweit nurmehr die Frage, ob eine wesentliche Verschlimmerung der Unfallfolgen im Sinne des § 48 SGB X eingetreten ist. Denn der sich darüber verhaltende Bescheid der Beklagten vom 31.01.2006 ist gem. § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden.
Die Klagen des Klägers sind unbegründet. Der Kläger wird durch die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten nicht in seinen Rechten beschwert. Denn diese Entscheidungen sind rechtmäßig. Zu Recht hat die Beklagte es abgelehnt, dem Kläger eine Zahnsanierung zu gewähren oder die dafür entstandenen Kosten zu erstatten. Ebenso wenig sind die entstandenen Fahrtkosten noch die Kosten für die selbst organisierte Kurmaßnahme erstattungsfähig. Eine Verschlimmerung der Unfallfolgen ist sicher nicht eingetreten.
1.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Zahnbehandlung bezüglich der Sanierung seines gesamten Oberkiefers bzw. auf Erstattung der Kosten, die durch die durchgeführte Oberkiefersanierung in Polen entstanden sind.
Gemäß § 26 Sozialgesetzbuch, 7. Buch (SGB VII) haben Versicherte unter Beachtung der Vorschriften des Sozialgesetzbuches, 9. Buch (SGB IX) Anspruch auf Heilbehandlung einschließlich Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 3 SGB VII umfasst die Heilbehandlung auch die zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz. Um Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu erhalten, muss zusätzlich ein Versicherungsfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung vorliegen und dieser Versicherungsfall muss ursächlich für die Notwendigkeit einer erforderlichen Heilbehandlung sein.
Es bestehen bereits Bedenken, inwieweit der Kläger überhaupt noch einen Anspruch bezüglich der Heilbehandlung seiner Zähne hat. Denn die von ihm begehrte Heilbehandlung ist bereits durchgeführt worden. Wie sich bereits aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt und wie es auch nach der Systematik der Vorschriften des Sozialgesetzbuches gewollt ist, hat der Kläger primär nur einen Anspruch auf die Leistung selbst. Wie und von welchem Leistungserbringer diese Leistung dem Versicherten gegenüber erbracht wird, liegt im Verantwortungs- und Entscheidungsbereich des jeweiligen Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung. Das dabei vorherrschende Prinzip ist die Leistungserbringung durch Ärzte, die mit den Unfallversicherungsträgern entsprechende Verträge geschlossen haben und durch Einrichtungen der gesetzlichen Unfallversicherungsträger selbst bzw. solche Einrichtungen, mit denen entsprechende Verträge geschlossen worden sind. Eine solche Leistungsgewährung ist der Beklagten im vorliegenden Fall nicht mehr möglich, da der Kläger sich die Zahnsanierung seines Oberkiefers selbst organisiert hat.
Die von ihm begehrte Erstattung der angefallenen Kosten ist wie § 15 SGB IX zeigt, die Ausnahme, auf die der Kläger nur dann einen Anspruch hat, wenn die Beklagte die erforderliche Leistung nicht rechtzeitig erbracht hat oder eine unaufschiebbare Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben, da nicht erkennbar ist, wieso eine Zahnsanierung, so wie sie beim Kläger durchgeführt worden ist, unaufschiebbar gewesen sein soll. Keiner der mit dem Fall beschäftigen Gutachter hat eine diesbezügliche Aussage getroffen.
Darüber hinaus stand die Notwendigkeit der vom Kläger selbst durchgeführten Zahnsanierung in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall des Klägers von 1954. Diese Auffassung stützt die Kammer auf das von S eingeholte Sachverständigengutachten. Der Sachverständige hat überzeugend dargelegt, dass bei dem Unfallgeschehen lediglich die Zähne 11 und 12 des Klägers beschädigt worden sind. Diese Zähne waren beim Kläger überkront. Die gesamte Gebisssanierung war wegen der Beschädigung dieser Zähne jedenfalls nicht erforderlich. Wenn sodann eine Gesamtsanierung des Oberkiefers durchgeführt worden ist, so tritt der Verursachungsbeitrag bezüglich der Zähne 11 und 12 diesbezüglich jedenfalls in den Hintergrund, so dass die wesentliche Notwendigkeit der Oberkiefersanierung nicht im Bereich der Unfallfolgen zu finden ist.
2.
Ein Anspruch auf Erstattung der Reisekosten besteht nicht, weil schon die Oberkiefersanierung selbst nicht durch die Beklagte zu erstatten war. Gemäß § 43 SGB VII sind Reisekosten die anlässlich einer Rehabilitationsmaßnahme oder einer Heilbehandlung anfallen grundsätzlich erstattungsfähig. Wenn aber die Heilbehandlung selbst nicht zu Lasten der Beklagten geht, können auch die diesbezüglich angefallenen Reisekosten nicht zu ihren Lasten gehen.
Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten, die durch die vom Kläger selbst durchgeführte Wellness-Kur entstanden sind, besteht nicht. Gemäß §§ 26, 33 SGB VII gehört zum Leistungsumfang der gesetzlichen Unfallversicherung grundsätzlich auch Leistungen zur Rehabilitation. Auch hier besteht grundsätzlich nur ein Anspruch auf das Erbringen der Leistung. Nur in Ausnahmefällen werden entstandene Kosten von selbst durchgeführten Maßnahmen erstattet. Die Voraussetzungen des § 15 SGB IX liegen auch bezüglich der durchgeführten "Kur" des Klägers nicht vor. Weder war die Maßnahme unaufschiebbar, noch ist sie zu Unrecht abgelehnt worden. Wie sich aus dem Gutachten von Privatdozent L vom 03.01.2006 unzweifelhaft ergibt, war eine Rehabilitationsmaßnahme nicht mehr erforderlich. Bei einer nurmehr bestehenden MdE von 10 % bezüglich der Unfallfolgen und dem Alter des Klägers, das einen Einsatz im Arbeitsleben nicht mehr möglich macht, erscheint dies auch nachvollziehbar. Im Übrigen schließt sich die Kammer insoweit den Ausführungen im Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 23.05.2006, den sie sich zu Eigen macht, an (§ 136 Abs. 3 SGG).
3.
Ein Anspruch auf Wiedergewährung der Verletztenrente besteht nicht. Gemäß § 56 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, 7. Buch (SGB VII) erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 von Hundert gemindert ist, eine Rente. Gemäß § 56 Abs. 2 SGB VII richtet sich die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeit auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Dabei werden diejenigen Bedingungen als ursächlich oder mitursächlich für den Eintritt des Erfolges gewertet, die unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes wegen ihrer besonderer Bedeutung zum Eintritt des Erfolges wesentlich beigetragen haben. Die wesentliche Ursächlich- oder Mitursächlichkeit einer Bedingung für den Erfolg braucht zwar nicht nachgewiesen zu sein, muss aber zumindest wahrscheinlich sein. Das ist dann der Fall, wenn bei vernünftiger Abwägung aller für und gegen den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Umstände die auf die Verursachung hindeutenden Faktoren so stark überwiegen, dass darauf die Entscheidung gestützt werden kann und die gegen den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Faktoren billigerweise außer Betracht bleiben müssen.
Der Kläger hat 1954 einen Arbeitsunfall erlitten. Wegen der Folgen hat er eine Verletztenrente im Umfang von 25 % als Dauerrente erhalten. Diese Rente ist 1964 vollumfänglich durch eine Geldleistung abgefunden worden. Ein Wiederaufleben der Rente kommt deshalb nur in Betracht, wenn bezüglich der Unfallfolgen eine Verschlimmerung im Sinne des § 48 SGB X eingetreten ist. In der gesetzlichen Unfallversicherung ist § 48 SGB X durch § 73 Abs. 3 SGB VII konkretisiert worden. Demnach ist erforderlich, dass eine Verschlimmerung in den Unfallfolgen eingetreten ist, die mehr als 5 %-Punkte ausmacht. Da eine Verletztenrente erst ab einem Prozentsatz von 10 % frühestens gewährt werden kann, müsste die beim Kläger vorliegende MdE mindestens 35 % betragen, also 10 % über der bereits abgefundenen MdE. Das ist vorliegend sicher nicht der Fall.
Privatdozent L hat in seinem Gutachten vom 03.01.2006 die beim Kläger noch bestehenden Unfallfolgen wie folgt beschrieben:
im Bereich der oberen Extremitäten die Bewegungseinschränkung des linken Ellenbogengelenkts auf Extension / Flexion von 0-5-130 °, die verstrichene und verplumpte Ellenbogengelenkskontur die Minderung des Muskelweichteilmantels im Bereich des linken Ober- und Unterarmes von 3 cm bzw. 1 cm bei Rechtshändigkeit die beschriebenen röntgenologischen Veränderungen der vollständig ausgeheilten Ellenbogengelenksfraktur links mit arthrotischen Veränderungen die röntgenologisch beschriebenen Veränderungen mit knöchern vollständig durchbauter indiskreter X-Rekurvationsstellung ausgeheilter Oberschenkelfraktur rechts.
Diese noch verbliebenen Unfallfolgen bedingen nachvollziehbar eine MdE nicht über 10 %. In dieser Weise hat sich auch der Sachverständige Privatzdozent L geäußert. Die Kammer konnte hier auf eine weitere Beweiserhebung verzichten, weil der Abstand zu den notwendig zu erreichenden 35 % wegen der Unfallfolgen so groß ist, dass die Kammer es ausschließt, dass die beim Kläger noch verbliebenen Unfallfolgen einen solchen Prozentsatz der MdE erreichen können.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
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