Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
28
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 28 AY 8/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragsteller begehren im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Zahlung von erhöhten Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
Die Antragsteller sind russische Staatsangehörige. Sie reisten ab 2002 zu unterschiedlichen Zeiten aus Tschetschenien in die Bundesrepublik Deutschland ein und erhoben hier Asylanträge. Von der Antragsgegnerin bezogen sie laufend Leistungen nach dem AsylbLG bis zum 28.2.2007. Die Asylanträge der Antragstellerinnen zu 2), 3) und 7) sind offensichtlich bestandskräftig abgelehnt worden, die Antragstellerinnen sind vollziehbar ausreisepflichtig. Das gegen die Ablehnung der Asylanträge der Antragsteller zu 1) und 4-6) angestrengte Klageverfahren läuft offensichtlich noch. Die zuletzt genannten Antragsteller sind im Besitz einer am 21.6.2007 mit Gültigkeit bis zum 20.12.2007 ausgestellten Aufenthaltsgestattung. Die übrigen Antragstellerinnen verfügen offensichtlich über eine Duldung.
Im Februar 2007 verließen die Antragsteller das Bundesgebiet ohne sich weder im Übergangsheim noch bei offizieller Stelle abzumelden und reisten nach C aus. Dort erhoben sie erneut Asylanträge. Der belgische Staat wies die Antragsteller aus. Die Antragsteller reisten am 30.5.2007 erneut nach Deutschland ein und beantragten unter dem 1.6.2007 bei der Antragsgegnerin erneut Leistungen nach dem AsylbLG.
Mit Bescheide vom 21.6.2007 bewilligte die Antragsgegnerin den Antragstellern Leistungen nach § 3 AsylbLG in Höhe von insgesamt 1400,92 Euro monatlich zuzüglich Kosten für Unterkunft und Strom, die intern verrechnet werden. Gegen die Bescheide erhoben die Antragsteller mit Schreiben vom 11.7.2007 Widerspruch, ohne diesen zu begründen.
Die Antragsteller haben am 27.8.2007 Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erhoben. Sie machen im wesentlichen geltend, der Erlass einer einstweiligen Anordnung sei geboten, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Sie verweisen auf die Rechtsprechung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG NRW), wonach ein Anordnungsgrund dann vorliege, wenn der Anordnungsanspruch nach dem Ergebnis der summarischen Prüfung nicht zweifelhaft sei (LSG NRW Beschluss vom 8.5.2006 – L 20 B 9/06 AY ER -). Solche Zweifelsfragen seien bei ihnen nicht zu klären, denn unzweifelhaft sei die kurzfristige Ausreise ins europäische Ausland nicht geeignet, den Lauf der Wartefrist von 36 Monaten erneut in Gang zu setzen. Unterbrechungen bis zu 6 Monaten seien ohne Bedeutung.
Die Antragsteller beantragen,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen statt der Leistungen nach § 3 AsylbLG Leistungen gemäß § 2 AsylbLG zu bewilligen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie macht im wesentlichen geltend, die Antragsteller hätten keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die zeitliche Voraussetzung des § 2 AsylbLG sei nicht erfüllt, wobei zu beachten sei, dass die Wartefrist seit dem 28.8.2007 auf 48 Monate erhöht worden sei. Es stelle sich vorliegend die Frage, ob die Bezugszeiten seit 2002/2003 zu berücksichtigen seien oder ob die Wartezeit durch den 3 ½ monatigen Auslandsaufenthalt und das Betreiben eines Asylverfahrens in Belgien unterbrochen und nach der Wiedereinreise und Antragstellung am 1.6.2007 neu in Lauf gesetzt worden sei. Sofern der Integrationsprozess durch das Verlassen des Bundesgebietes nachhaltig unterbrochen sei, unterscheide sich die Situation des Leistungsberechtigten bei Wiedereinreise nicht nennenswert von der Situation eines Leistungsberechtigten der erstmalig einreise. Es frage sich zudem, ob von einer nachhaltigen Unterbrechung erst auszugehen sei, wenn die Unterbrechung einen längeren Zeitraum gedauert habe. Nach ihrer Auffassung sei im Fall der Antragsteller der Aufenthalt im Bundesgebiet durch ihre Ausreise ins Ausland nachhaltig unterbrochen worden. Durch die Ausreise nach Belgien seien sämtliche Verbindungen ohne entsprechende Nachricht der Antragsteller abgebrochen worden. Durch die vergebliche Asylantragstellung in Belgien werde deutlich, dass eine dauerhafte Zukunftsperspektive im Bundesgebiet nicht gesehen würde und insofern auch zum jetzigen Zeitpunkt kein besonderer Integrationsbedarf bestünde. Bei dieser Sachlage führe auch eine Abwesenheit aus dem Bundesgebiet von 3 ½ Monaten dazu, dass die Wartefrist des § 2 AsylbLG neu zu laufen beginne. Zudem weise sie darauf hin, dass für die Antragsteller zu 1) und 4-6) zum 1.4.20005 eine Leistungsumstellung auf § 2 AsylbLG erfolgt sei und sie diese erhöhten Leistungen bis zum 28.2.2007 bezogen hätten.
Die Bevollmächtigte der Antragsteller hat mit Schreiben vom 21.9.2007 erwidert, zu der Behauptung, die Antragsteller zu 1) und 4-6) hätten in der Vergangenheit bereits erhöhte Leistungen bezogen, könne sie erst nach Rücksprache mit den Antragstellern Stellung nehmen. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin beginne die Frist des § 2 AsylbLG ab dem 1.6.2007 nicht neu zu laufen. Der erneute Lauf der Frist setze voraus, dass der Integrationsprozess durch das Verlassen der Bundesrepublik nachhaltig unterbrochen worden sei. Davon sei in der Regel bei einem Zeitraum von 6 Monaten seit Verlassen der Bundesrepublik auszugehen. Die Motivation für die Ausreise spiele keine Rolle, entscheidend sei, ob die Unterbrechung nachhaltig und tiefgreifend gewesen sei. Dies sei hier nicht der Fall.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Streitakten und der beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bleibt ohne Erfolg.
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Antragsgegnerin liegen nicht vor.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht in der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, voraus. Der geltend gemachte Anspruch auf die begehrten Leistungen (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, die Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung -ZPO-). Glaubhaftmachung ist eine Beweisführung, die dem Richter einen geringeren Grad an Wahrscheinlichkeit vermitteln soll. Die Entscheidung des Gerichtes im einstweiligen Rechtsschutz darf zudem grundsätzlich keine Vorwegnahme der Hauptsache enthalten (Meyer-Ladewig/Leitherer/Keller, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage 2005, § 86b Rdn. 31).
Vorliegend kann kein Anordnungsgrund festgestellt werden. Für das Gericht ist nicht ersichtlich, dass im Fall der Antragsteller eine akute, existenzielle Not besteht bzw. unmittelbar droht, die eine Vorwegnahme der Hauptsache –eine solche würde durch das Zusprechen der erstrebten Leistungen nach § 2 AsylbLG erfolgen- rechtfertigen könnte. Die Grundversorgung der Antragsteller ist gewährleistet. Besondere Härten haben die Antragsteller weder vorgetragen noch sind solche nach Aktenlage ersichtlich. Die Antragsteller erhalten seit ihrer Wiedereinreise in das Bundesgebiet zum Bestreiten des alltäglichen Lebensunterhalts Geldleistungen nach § 3 AsylbLG in Höhe von insgesamt 1400,92 Euro monatlich. Diese Gelder können sie ausschließlich zum Erwerb von Nahrungsmittel und Gegenständen des täglichen Gebrauchs einsetzen. Die Grundleistungen nach § 3 AsylbLG stellen (schon nach der gesetzlichen Wertung) eine ausreichende Existenzsicherung dar (LSG NRW Beschlüsse vom 21.12.2005 – L 20 (9) B 3/05 SO ER - und vom 17.5.2006 – L 20 B 11/06 AY ER -). Auch müssen die Antragsteller aus den gezahlten Geldern in Höhe von 1400,92 Euro monatlich Kosten für die Energieversorgung ihrer Unterkunft nicht mehr aufbringen, denn diese Kosten sind bereits vorab abgezogen worden und werden intern verrechnet. Intern verrechnet werden auch die für die Antragsteller anfallenden Kosten der Unterkunft (Übergangsheim), die von der Antragsgegnerin zusätzlich zu den ausgeschütteten Geldleistungen übernommen werden. Des weiteren haben die Antragsteller die Möglichkeit, weitergehende Hilfen zur Deckung besonderer Bedürfnisse gemäß § 6 AsylbLG (Sonstige Leistungen) zu erhalten. So hat die Antragsgegnerin im Juli 2007 zugunsten der Antragsteller die Kosten für die Anschaffung eines Kühlschrankes übernommen (Bescheid vom 18.7.2007). Zudem ist die Antragsgegnerin nach § 4 AsylbLG verpflichtet, den Antragstellern bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt Leistungen zu gewähren. Bei dieser Sachlage ist für das Gericht nicht erkennbar, inwieweit der notwendige, unerlässliche Lebensunterhalt der Antragsteller nicht sichergestellt und ihnen ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar sein sollte. Soweit sich die Antragsteller auf einen Nachholbedarf wegen des jahrelangen Bezuges von Leistungen nach dem § 3 AsylbLG berufen, führt auch dieser Vortrag zu keiner anderen Beurteilung. Denn vier der sieben Familienangehörigen, nämlich die Antragsteller zu 1) und 4-6) haben nach Mitteilung der Antragsgegnerin vom 14.9.2007 in der Vergangenheit ab dem 1.4.2005 bis Februar 2007 als Zeitpunkt ihrer Ausreise aus dem Bundesgebiet, d.h. für die Dauer von fast zwei Jahren erhöhte Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten. Das Gericht hegt keine Zweifel an der Richtigkeit der Mitteilung der Antragsgegnerin vom 14.9.2007, denn die Antragsteller haben bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichtes nichts Gegenteiliges behauptet bzw. belegt. Vor diesem Hintergrund und dem Umstand, dass auch die übrigen Antragstellerinnen zu 2), 3) und 7), die in der Vergangenheit nur die Leistungen nach § 3 AsylbLG bezogen haben, nicht ansatzweise dargelegt haben, in welcher konkreten Form bei ihnen ein unaufschiebbarer Nachholbedarf bestehen soll, kann eine besondere Dringlichkeit für eine gerichtliche Vorabentscheidung über den begehrten Anspruch nicht gesehen werden.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die von den Antragstellern zitierte Rechtsprechung des LSG NRW zu den Anforderungen an den Anordnungsgrund in Verfahren, in denen die Gewährung von erhöhten Leistungen nach § 2 AsylbLG streitig sind. Nach der Rechtsprechung des 20. Senates des LSG NRW kann der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung auf Gewährung von Leistungen nach § 2 AsylbLG dann nicht mit der Begründung versagt werden, wenn der Anordnungsanspruch nach dem Ergebnis der summarischen Prüfung nicht zweifelhaft ist (vgl. beispielsweise Beschlüsse vom 23.1.2006 – L 20 B 15/05 AY ER - und vom 15. 3.2006 – L 20 B 8/06 AY ER -). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
Nach der gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage spricht mehr dagegen als dafür, dass die Antragsteller einen Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf Gewährung von erhöhten Leistungen nach § 2 AsylbLG haben.
Nach § 2 AsylbLG in der Fassung bis zum 27.8.2007 ist das Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) abweichend von den §§ 3 bis 7 AsylbLG auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 36 Monate Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten haben und die Dauer des Aufenthaltes nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben (Abs. 1). Nach der Neuregelung in der Fassung vom 19.8.2007 (gültig ab dem 28.8.2007) beträgt nunmehr die Wartezeit 48 Monate. Minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Haushaltsgemeinschaft leben, erhalten Leistungen nach Absatz 1 nur, wenn mindestens ein Elternteil in der Haushaltsgemeinschaft Leistungen nach Absatz 1 erhält (Abs. 3).
Vorliegend dürfte keiner der Antragsteller die Tatbestandsvoraussetzung der Wartezeit nach § 2 AsylbLG a.F (36 Monate) bzw. n.F. (48 Monate) erfüllen. Denn die bis zum Zeitpunkt des Verlassens der Bundesrepublik Deutschland im Februar 2007 in der Vergangenheit vorhandene Zeiten des Leistungsbezuges dürften keine Berücksichtigung finden, weil im Falle der Wiedereinreise nach freiwilliger, endgültiger Ausreise die Wartefrist des § 2 AsylbLG erneut zu laufen beginnt (VG München, Beschuss vom 26.7.2004 – M 15 E 04.916 -; OVG Bremen Urteil vom 19.2.2003 - 2 A 75/02 -; Hohm in: Schellhorn/Schellhorn, SGB XII, 17. Auflage 2006, § 2 AsylbLG Rdn. 9).
Soweit die Antragsteller geltend machen, eine Unterbrechung der Wartefrist nach § 2 AsylbLG erfordere eine Abwesenheit aus dem Bundesgebiet von mindestens sechs Monaten (vgl. OVG Lüneburg Beschluss vom 27.3.2001 - 12 MA 1012/01 -; VG Braunschweig Urteil vom 23.1.2003 - 3 AS 60/02 -) hält das Gericht die Dauer der Abwesenheit nicht für allein entscheidend. Mit Blick auf die dem § 2 Abs. 1 AsylbLG innewohnende Integrationskomponente dürfte maßgebend sein, ob die Vorbereitung der Integration bzw. die Integration in die deutsche Gesellschaft durch die Ausreise des Leistungsberechtigten aus dem Bundesgebiet nachhaltig unterbrochen bzw. abgebrochen worden ist und damit ein Integrationsbedarf in Form von höheren Leistungen nach Wiedereinreise zu verneinen ist. Dies beantwortet sich aufgrund einer Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls, wobei der zeitliche Faktor der Abwesenheit ein gewisses Gewicht zugemessen werden kann, gleichsam die Gründe des Leistungsberechtigten für seine Ausreise ins Ausland, die näheren Umstände seiner Ausreise und seine nach der Ausreise weiterhin bestehenden Verbindungen zu Deutschland im Vordergrund stehen dürften. Von einem Abbruch der Integration(svorbereitung) und damit einer nachhaltigen Unterbrechung der Wartefrist dürfte auszugehen sein, wenn der Leistungsberechtigte ins Ausland ausreist, ohne sich zuvor bei den deutschen Behörden abzumelden, d.h. für die deutschen Behörden nicht mehr erreichbar ist und damit auch während des Aufenthalts im Ausland keinerlei Verbindungen mehr zu Deutschland aufrecht erhält. So liegt es im Fall der Antragsteller. Sie haben das Bundesgebiet im Februar 2007 ohne Abmeldung verlassen und haben alle integrativen Maßnahmen in Deutschland (Schulbesuche, Vermittlung(sversuche) in gemeinnützige Arbeitsgelegenheiten etc.) abgebrochen. Sie sind ohne Wissen der deutschen Behörden nach Belgien ausgereist und haben dort erneut Asylanträge gestellt. Sie haben damit ihr Anliegen verdeutlicht, zukünftig in Belgien ihren Lebensmittelpunkt nehmen zu wollen und eine Integration in die belgische Gesellschaft anzustreben. Durch die endgültige Ausreise nach Belgien ohne Abmeldung in Deutschland haben die Antragsteller die Vorbereitung der Integration in die deutsche Gesellschaft abgebrochen. Bei dieser Sachlage hält es das Gericht für gerechtfertigt, nach Wiedereinreise der Antragsteller in das Bundesgebiet die Wartefrist nach § 2 AsylbLG erneut laufen zu lassen, weil es keinen sachlichen Grund gibt, die Antragsteller leistungsrechtlich zu privilegieren und besser zu stellen, als erstmalig eingereiste Leistungsberechtigte.
Das Gericht hat in seine Entscheidungsfindung einfließen lassen, dass es zu der hier streitbefangenen Frage, ob eine Unterbrechung der Wartezeit erst angenommen werden kann, wenn seit dem Verlassen des Bundesgebiets ein Zeitraum von mindestens sechs Monaten verstrichen ist, noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vorliegt. Sieht man die Rechtsfrage unter diesem Aspekt als offen an, führt dies gleichwohl zu keiner anderen Beurteilung hinsichtlich der erstrebten Regelungsanordnung. Denn die in diesem Fall vorzunehmende Folgenabwägung ergibt keine Rechtfertigung, den Antragsteller vorläufig erhöhte Leistungen nach § 3 AsylbLG zu zusprechen. Im Rahmen der Folgenabwägung schließen es die besonderen Anforderungen an ein gerichtliches Eilverfahren nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes nicht aus, dass Leistungen nur mit einem Abschlag zugesprochen werden, um eine später kaum rückgängig zu machende Vorwegnahme der Hauptsache zu vermeiden (LSG NRW 17.5.2006, aaO mit Verweis auf BVerfG Beschluss vom 12.5.2005 - 1 BvR 569/05 -). Ist aber ein einstweiliges Wirtschaften mit unter Abschlag gewährten Leistungen jedenfalls in Fällen einstweilen zu klärenden (tatsächlichen oder rechtlichen) Ungewissheiten zumutbar, kann nicht anderes für das einstweiligen Verbleiben auf dem niedrigeren Grundleistungsniveau des § 3 AsylbLG an Stelle der an das SGB XII angelehnten erhöhten Leistungen des § 2 AsylbLG gelten. Nimmt man also vorliegend an, der Anordnungsanspruch ist ungewiss, weil die streitbefangene Rechtsfrage höchstrichterlich noch ungeklärt ist, erscheint es für die Zwecke des einstweiligen Verfahrens angemessen, die Antragsteller unter Abwägung der wechselseitigen Interessen unter Berücksichtigung einer faktisch kaum durchführbaren Rückforderung von zu Unrecht gewährten Leistungen bis zur Klärung der offenen Frage im Hauptsacheverfahren auf die niedrigeren Grundleistungen nach § 3 AsylbLG, die eine ausreichende Existenzsicherung gewährleisten, zu verweisen (vgl. LSG NRW 17.5.2006, aaO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG analog.
Gründe:
I.
Die Antragsteller begehren im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Zahlung von erhöhten Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
Die Antragsteller sind russische Staatsangehörige. Sie reisten ab 2002 zu unterschiedlichen Zeiten aus Tschetschenien in die Bundesrepublik Deutschland ein und erhoben hier Asylanträge. Von der Antragsgegnerin bezogen sie laufend Leistungen nach dem AsylbLG bis zum 28.2.2007. Die Asylanträge der Antragstellerinnen zu 2), 3) und 7) sind offensichtlich bestandskräftig abgelehnt worden, die Antragstellerinnen sind vollziehbar ausreisepflichtig. Das gegen die Ablehnung der Asylanträge der Antragsteller zu 1) und 4-6) angestrengte Klageverfahren läuft offensichtlich noch. Die zuletzt genannten Antragsteller sind im Besitz einer am 21.6.2007 mit Gültigkeit bis zum 20.12.2007 ausgestellten Aufenthaltsgestattung. Die übrigen Antragstellerinnen verfügen offensichtlich über eine Duldung.
Im Februar 2007 verließen die Antragsteller das Bundesgebiet ohne sich weder im Übergangsheim noch bei offizieller Stelle abzumelden und reisten nach C aus. Dort erhoben sie erneut Asylanträge. Der belgische Staat wies die Antragsteller aus. Die Antragsteller reisten am 30.5.2007 erneut nach Deutschland ein und beantragten unter dem 1.6.2007 bei der Antragsgegnerin erneut Leistungen nach dem AsylbLG.
Mit Bescheide vom 21.6.2007 bewilligte die Antragsgegnerin den Antragstellern Leistungen nach § 3 AsylbLG in Höhe von insgesamt 1400,92 Euro monatlich zuzüglich Kosten für Unterkunft und Strom, die intern verrechnet werden. Gegen die Bescheide erhoben die Antragsteller mit Schreiben vom 11.7.2007 Widerspruch, ohne diesen zu begründen.
Die Antragsteller haben am 27.8.2007 Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erhoben. Sie machen im wesentlichen geltend, der Erlass einer einstweiligen Anordnung sei geboten, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Sie verweisen auf die Rechtsprechung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG NRW), wonach ein Anordnungsgrund dann vorliege, wenn der Anordnungsanspruch nach dem Ergebnis der summarischen Prüfung nicht zweifelhaft sei (LSG NRW Beschluss vom 8.5.2006 – L 20 B 9/06 AY ER -). Solche Zweifelsfragen seien bei ihnen nicht zu klären, denn unzweifelhaft sei die kurzfristige Ausreise ins europäische Ausland nicht geeignet, den Lauf der Wartefrist von 36 Monaten erneut in Gang zu setzen. Unterbrechungen bis zu 6 Monaten seien ohne Bedeutung.
Die Antragsteller beantragen,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen statt der Leistungen nach § 3 AsylbLG Leistungen gemäß § 2 AsylbLG zu bewilligen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie macht im wesentlichen geltend, die Antragsteller hätten keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die zeitliche Voraussetzung des § 2 AsylbLG sei nicht erfüllt, wobei zu beachten sei, dass die Wartefrist seit dem 28.8.2007 auf 48 Monate erhöht worden sei. Es stelle sich vorliegend die Frage, ob die Bezugszeiten seit 2002/2003 zu berücksichtigen seien oder ob die Wartezeit durch den 3 ½ monatigen Auslandsaufenthalt und das Betreiben eines Asylverfahrens in Belgien unterbrochen und nach der Wiedereinreise und Antragstellung am 1.6.2007 neu in Lauf gesetzt worden sei. Sofern der Integrationsprozess durch das Verlassen des Bundesgebietes nachhaltig unterbrochen sei, unterscheide sich die Situation des Leistungsberechtigten bei Wiedereinreise nicht nennenswert von der Situation eines Leistungsberechtigten der erstmalig einreise. Es frage sich zudem, ob von einer nachhaltigen Unterbrechung erst auszugehen sei, wenn die Unterbrechung einen längeren Zeitraum gedauert habe. Nach ihrer Auffassung sei im Fall der Antragsteller der Aufenthalt im Bundesgebiet durch ihre Ausreise ins Ausland nachhaltig unterbrochen worden. Durch die Ausreise nach Belgien seien sämtliche Verbindungen ohne entsprechende Nachricht der Antragsteller abgebrochen worden. Durch die vergebliche Asylantragstellung in Belgien werde deutlich, dass eine dauerhafte Zukunftsperspektive im Bundesgebiet nicht gesehen würde und insofern auch zum jetzigen Zeitpunkt kein besonderer Integrationsbedarf bestünde. Bei dieser Sachlage führe auch eine Abwesenheit aus dem Bundesgebiet von 3 ½ Monaten dazu, dass die Wartefrist des § 2 AsylbLG neu zu laufen beginne. Zudem weise sie darauf hin, dass für die Antragsteller zu 1) und 4-6) zum 1.4.20005 eine Leistungsumstellung auf § 2 AsylbLG erfolgt sei und sie diese erhöhten Leistungen bis zum 28.2.2007 bezogen hätten.
Die Bevollmächtigte der Antragsteller hat mit Schreiben vom 21.9.2007 erwidert, zu der Behauptung, die Antragsteller zu 1) und 4-6) hätten in der Vergangenheit bereits erhöhte Leistungen bezogen, könne sie erst nach Rücksprache mit den Antragstellern Stellung nehmen. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin beginne die Frist des § 2 AsylbLG ab dem 1.6.2007 nicht neu zu laufen. Der erneute Lauf der Frist setze voraus, dass der Integrationsprozess durch das Verlassen der Bundesrepublik nachhaltig unterbrochen worden sei. Davon sei in der Regel bei einem Zeitraum von 6 Monaten seit Verlassen der Bundesrepublik auszugehen. Die Motivation für die Ausreise spiele keine Rolle, entscheidend sei, ob die Unterbrechung nachhaltig und tiefgreifend gewesen sei. Dies sei hier nicht der Fall.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Streitakten und der beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bleibt ohne Erfolg.
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Antragsgegnerin liegen nicht vor.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht in der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, voraus. Der geltend gemachte Anspruch auf die begehrten Leistungen (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, die Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung -ZPO-). Glaubhaftmachung ist eine Beweisführung, die dem Richter einen geringeren Grad an Wahrscheinlichkeit vermitteln soll. Die Entscheidung des Gerichtes im einstweiligen Rechtsschutz darf zudem grundsätzlich keine Vorwegnahme der Hauptsache enthalten (Meyer-Ladewig/Leitherer/Keller, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage 2005, § 86b Rdn. 31).
Vorliegend kann kein Anordnungsgrund festgestellt werden. Für das Gericht ist nicht ersichtlich, dass im Fall der Antragsteller eine akute, existenzielle Not besteht bzw. unmittelbar droht, die eine Vorwegnahme der Hauptsache –eine solche würde durch das Zusprechen der erstrebten Leistungen nach § 2 AsylbLG erfolgen- rechtfertigen könnte. Die Grundversorgung der Antragsteller ist gewährleistet. Besondere Härten haben die Antragsteller weder vorgetragen noch sind solche nach Aktenlage ersichtlich. Die Antragsteller erhalten seit ihrer Wiedereinreise in das Bundesgebiet zum Bestreiten des alltäglichen Lebensunterhalts Geldleistungen nach § 3 AsylbLG in Höhe von insgesamt 1400,92 Euro monatlich. Diese Gelder können sie ausschließlich zum Erwerb von Nahrungsmittel und Gegenständen des täglichen Gebrauchs einsetzen. Die Grundleistungen nach § 3 AsylbLG stellen (schon nach der gesetzlichen Wertung) eine ausreichende Existenzsicherung dar (LSG NRW Beschlüsse vom 21.12.2005 – L 20 (9) B 3/05 SO ER - und vom 17.5.2006 – L 20 B 11/06 AY ER -). Auch müssen die Antragsteller aus den gezahlten Geldern in Höhe von 1400,92 Euro monatlich Kosten für die Energieversorgung ihrer Unterkunft nicht mehr aufbringen, denn diese Kosten sind bereits vorab abgezogen worden und werden intern verrechnet. Intern verrechnet werden auch die für die Antragsteller anfallenden Kosten der Unterkunft (Übergangsheim), die von der Antragsgegnerin zusätzlich zu den ausgeschütteten Geldleistungen übernommen werden. Des weiteren haben die Antragsteller die Möglichkeit, weitergehende Hilfen zur Deckung besonderer Bedürfnisse gemäß § 6 AsylbLG (Sonstige Leistungen) zu erhalten. So hat die Antragsgegnerin im Juli 2007 zugunsten der Antragsteller die Kosten für die Anschaffung eines Kühlschrankes übernommen (Bescheid vom 18.7.2007). Zudem ist die Antragsgegnerin nach § 4 AsylbLG verpflichtet, den Antragstellern bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt Leistungen zu gewähren. Bei dieser Sachlage ist für das Gericht nicht erkennbar, inwieweit der notwendige, unerlässliche Lebensunterhalt der Antragsteller nicht sichergestellt und ihnen ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar sein sollte. Soweit sich die Antragsteller auf einen Nachholbedarf wegen des jahrelangen Bezuges von Leistungen nach dem § 3 AsylbLG berufen, führt auch dieser Vortrag zu keiner anderen Beurteilung. Denn vier der sieben Familienangehörigen, nämlich die Antragsteller zu 1) und 4-6) haben nach Mitteilung der Antragsgegnerin vom 14.9.2007 in der Vergangenheit ab dem 1.4.2005 bis Februar 2007 als Zeitpunkt ihrer Ausreise aus dem Bundesgebiet, d.h. für die Dauer von fast zwei Jahren erhöhte Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten. Das Gericht hegt keine Zweifel an der Richtigkeit der Mitteilung der Antragsgegnerin vom 14.9.2007, denn die Antragsteller haben bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichtes nichts Gegenteiliges behauptet bzw. belegt. Vor diesem Hintergrund und dem Umstand, dass auch die übrigen Antragstellerinnen zu 2), 3) und 7), die in der Vergangenheit nur die Leistungen nach § 3 AsylbLG bezogen haben, nicht ansatzweise dargelegt haben, in welcher konkreten Form bei ihnen ein unaufschiebbarer Nachholbedarf bestehen soll, kann eine besondere Dringlichkeit für eine gerichtliche Vorabentscheidung über den begehrten Anspruch nicht gesehen werden.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die von den Antragstellern zitierte Rechtsprechung des LSG NRW zu den Anforderungen an den Anordnungsgrund in Verfahren, in denen die Gewährung von erhöhten Leistungen nach § 2 AsylbLG streitig sind. Nach der Rechtsprechung des 20. Senates des LSG NRW kann der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung auf Gewährung von Leistungen nach § 2 AsylbLG dann nicht mit der Begründung versagt werden, wenn der Anordnungsanspruch nach dem Ergebnis der summarischen Prüfung nicht zweifelhaft ist (vgl. beispielsweise Beschlüsse vom 23.1.2006 – L 20 B 15/05 AY ER - und vom 15. 3.2006 – L 20 B 8/06 AY ER -). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
Nach der gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage spricht mehr dagegen als dafür, dass die Antragsteller einen Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf Gewährung von erhöhten Leistungen nach § 2 AsylbLG haben.
Nach § 2 AsylbLG in der Fassung bis zum 27.8.2007 ist das Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) abweichend von den §§ 3 bis 7 AsylbLG auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 36 Monate Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten haben und die Dauer des Aufenthaltes nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben (Abs. 1). Nach der Neuregelung in der Fassung vom 19.8.2007 (gültig ab dem 28.8.2007) beträgt nunmehr die Wartezeit 48 Monate. Minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Haushaltsgemeinschaft leben, erhalten Leistungen nach Absatz 1 nur, wenn mindestens ein Elternteil in der Haushaltsgemeinschaft Leistungen nach Absatz 1 erhält (Abs. 3).
Vorliegend dürfte keiner der Antragsteller die Tatbestandsvoraussetzung der Wartezeit nach § 2 AsylbLG a.F (36 Monate) bzw. n.F. (48 Monate) erfüllen. Denn die bis zum Zeitpunkt des Verlassens der Bundesrepublik Deutschland im Februar 2007 in der Vergangenheit vorhandene Zeiten des Leistungsbezuges dürften keine Berücksichtigung finden, weil im Falle der Wiedereinreise nach freiwilliger, endgültiger Ausreise die Wartefrist des § 2 AsylbLG erneut zu laufen beginnt (VG München, Beschuss vom 26.7.2004 – M 15 E 04.916 -; OVG Bremen Urteil vom 19.2.2003 - 2 A 75/02 -; Hohm in: Schellhorn/Schellhorn, SGB XII, 17. Auflage 2006, § 2 AsylbLG Rdn. 9).
Soweit die Antragsteller geltend machen, eine Unterbrechung der Wartefrist nach § 2 AsylbLG erfordere eine Abwesenheit aus dem Bundesgebiet von mindestens sechs Monaten (vgl. OVG Lüneburg Beschluss vom 27.3.2001 - 12 MA 1012/01 -; VG Braunschweig Urteil vom 23.1.2003 - 3 AS 60/02 -) hält das Gericht die Dauer der Abwesenheit nicht für allein entscheidend. Mit Blick auf die dem § 2 Abs. 1 AsylbLG innewohnende Integrationskomponente dürfte maßgebend sein, ob die Vorbereitung der Integration bzw. die Integration in die deutsche Gesellschaft durch die Ausreise des Leistungsberechtigten aus dem Bundesgebiet nachhaltig unterbrochen bzw. abgebrochen worden ist und damit ein Integrationsbedarf in Form von höheren Leistungen nach Wiedereinreise zu verneinen ist. Dies beantwortet sich aufgrund einer Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls, wobei der zeitliche Faktor der Abwesenheit ein gewisses Gewicht zugemessen werden kann, gleichsam die Gründe des Leistungsberechtigten für seine Ausreise ins Ausland, die näheren Umstände seiner Ausreise und seine nach der Ausreise weiterhin bestehenden Verbindungen zu Deutschland im Vordergrund stehen dürften. Von einem Abbruch der Integration(svorbereitung) und damit einer nachhaltigen Unterbrechung der Wartefrist dürfte auszugehen sein, wenn der Leistungsberechtigte ins Ausland ausreist, ohne sich zuvor bei den deutschen Behörden abzumelden, d.h. für die deutschen Behörden nicht mehr erreichbar ist und damit auch während des Aufenthalts im Ausland keinerlei Verbindungen mehr zu Deutschland aufrecht erhält. So liegt es im Fall der Antragsteller. Sie haben das Bundesgebiet im Februar 2007 ohne Abmeldung verlassen und haben alle integrativen Maßnahmen in Deutschland (Schulbesuche, Vermittlung(sversuche) in gemeinnützige Arbeitsgelegenheiten etc.) abgebrochen. Sie sind ohne Wissen der deutschen Behörden nach Belgien ausgereist und haben dort erneut Asylanträge gestellt. Sie haben damit ihr Anliegen verdeutlicht, zukünftig in Belgien ihren Lebensmittelpunkt nehmen zu wollen und eine Integration in die belgische Gesellschaft anzustreben. Durch die endgültige Ausreise nach Belgien ohne Abmeldung in Deutschland haben die Antragsteller die Vorbereitung der Integration in die deutsche Gesellschaft abgebrochen. Bei dieser Sachlage hält es das Gericht für gerechtfertigt, nach Wiedereinreise der Antragsteller in das Bundesgebiet die Wartefrist nach § 2 AsylbLG erneut laufen zu lassen, weil es keinen sachlichen Grund gibt, die Antragsteller leistungsrechtlich zu privilegieren und besser zu stellen, als erstmalig eingereiste Leistungsberechtigte.
Das Gericht hat in seine Entscheidungsfindung einfließen lassen, dass es zu der hier streitbefangenen Frage, ob eine Unterbrechung der Wartezeit erst angenommen werden kann, wenn seit dem Verlassen des Bundesgebiets ein Zeitraum von mindestens sechs Monaten verstrichen ist, noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vorliegt. Sieht man die Rechtsfrage unter diesem Aspekt als offen an, führt dies gleichwohl zu keiner anderen Beurteilung hinsichtlich der erstrebten Regelungsanordnung. Denn die in diesem Fall vorzunehmende Folgenabwägung ergibt keine Rechtfertigung, den Antragsteller vorläufig erhöhte Leistungen nach § 3 AsylbLG zu zusprechen. Im Rahmen der Folgenabwägung schließen es die besonderen Anforderungen an ein gerichtliches Eilverfahren nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes nicht aus, dass Leistungen nur mit einem Abschlag zugesprochen werden, um eine später kaum rückgängig zu machende Vorwegnahme der Hauptsache zu vermeiden (LSG NRW 17.5.2006, aaO mit Verweis auf BVerfG Beschluss vom 12.5.2005 - 1 BvR 569/05 -). Ist aber ein einstweiliges Wirtschaften mit unter Abschlag gewährten Leistungen jedenfalls in Fällen einstweilen zu klärenden (tatsächlichen oder rechtlichen) Ungewissheiten zumutbar, kann nicht anderes für das einstweiligen Verbleiben auf dem niedrigeren Grundleistungsniveau des § 3 AsylbLG an Stelle der an das SGB XII angelehnten erhöhten Leistungen des § 2 AsylbLG gelten. Nimmt man also vorliegend an, der Anordnungsanspruch ist ungewiss, weil die streitbefangene Rechtsfrage höchstrichterlich noch ungeklärt ist, erscheint es für die Zwecke des einstweiligen Verfahrens angemessen, die Antragsteller unter Abwägung der wechselseitigen Interessen unter Berücksichtigung einer faktisch kaum durchführbaren Rückforderung von zu Unrecht gewährten Leistungen bis zur Klärung der offenen Frage im Hauptsacheverfahren auf die niedrigeren Grundleistungen nach § 3 AsylbLG, die eine ausreichende Existenzsicherung gewährleisten, zu verweisen (vgl. LSG NRW 17.5.2006, aaO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG analog.
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