Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 16 U 223/03
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 4 U 14/08
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 18.06.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.09.2003 verurteilt, die für den Zeitraum vom 01.01.1995 bis 31.07.1996 einbehaltene Witwenrente an die Klägerin auszuzahlen, wobei der bereits an die Klägerin für diesen Zeitraum überwiesene Betrag anzurechnen ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Tatbestand:
Umstritten ist zwischen den Beteiligten, ob der Anspruch der Klägerin auf Nachzahlung von Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen eines Erstattungsanspruchs der Deutschen Rentenversicherung Rheinland (Beigeladene) teilweise erloschen ist.
Die Klägerin ist die Witwe des am 00.00.1933 geborenen und am 00.00.1989 an den Folgen einer Berufskrankheit nach Nr. 4104 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) verstorbenen I N (Versicherter). Von der Beigeladenen erhielt die Klägerin ab dem 01.05.1989 Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Auf ihren 1997 bei der beklagten Berufsgenossenschaft gestellten Antrag erhielt die Klägerin ab 01.04.1997 Witwenrente wegen einer Berufskrankheit nach Nr. 4104 der Anlage zur BKV. Die Beigeladene stellte daraufhin den Witwenrentenanspruch aus der gesetzlichen Rentenversicherung ab 01.04.1997 unter Berücksichtigung der Ruhensbestimmungen des § 93 Sozialgesetzbuch VI (SGB VI) neu fest. Die Klägerin erhob sowohl gegen die Berufsgenossenschaft wie auch gegen die Rentenversicherung Rheinland Klage: Von der beklagten Berufsgenossenschaft begehrte sie Witwenrente bereits vor dem 01.04.1997. Von der Rentenversicherung Rheinland verlangte sie die Rente ab dem 01.04.1997 ungekürzt auszuzahlen. Die Klage gegen die Rentenversicherung Rheinland war erfolglos. Das Verfahren gegen die beklagte Berufsgenossenschaft beendeten die Beteiligten am 26.11.2002 im Wege eines Vergleichs, durch den die Beklagte sich verpflichtet, Witwenrente bereits ab dem 01.01.1995 - vorbehaltlich eines Erstattungsanspruchs der Beigeladenen - zu zahlen. Durch Ausführungsbescheid vom 18.06.2003 bewilligte die Beklagte für den Zeitraum vom 01.01.1995 bis zum 31.03.1997 Rente. Die Nachzahlung in Höhe von 15.749,76 Euro behielt sie wegen eines etwaigen Erstattungsanspruchs der Beigeladenen ein. Im Widerspruchsverfahren, in dem die Klägerin die vollständige Auszahlung der Rente begehrte, bezifferte die Beigeladene den Erstattungsanspruch auf 14.604,31 Euro. Diesen Betrag behielt die Beklagte weiter ein, zahlte den Differenzbetrag in Höhe von 1.145,45 Euro an die Klägerin und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16.09.2003 zurück. Mit ihrer am 15.10.2003 bei Gericht eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die vollständige Auszahlung des Nachzahlungsbetrages. Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 18.06.2003 und des Widerspruchsbescheides vom 16.09.2003 die Beklagte zu verurteilen, den Nachzahlungsbetrag von 15.749,76 Euro der Klägerin in vollem Umfang auszu- zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene Rentenversicherung Rheinland schließt sich dem Antrag der Beklagten an. Die Beigeladene macht geltend, die Rentenversicherungsträger hätten sich auf der Grundlage der BSG-Rechtsprechung darauf geeinigt, nur für Bescheide, die vor dem 01. August 1996 erteilt worden seien, eine Prüfung der Vertrauensschutzregelungen nach dem SGB X vorzunehmen. Seien dagegen die Bescheide der Unfallversicherungsträger nach diesem Zeitpunkt erteilt worden, könne im Hinblick auf den Verkündungszeitpunkt des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes von 1996 kein Vertrauensschutz beansprucht werden. Es müsse daher ein Erstattungsanspruch gegen die Beklagte gemäß § 103 SGB X berücksichtigt werden.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf die Gerichtsakten, die Akten der Beklagten, die Akten der Beigeladenen und die Vorprozessakten S 39 RJ 273/04 und S 10 RJ 16/03 Sozialgericht Düsseldorf Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist in dem aus dem Urteilsspruch ersichtlichen Umfang begründet. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Auszahlung der für den Zeitraum vom 01.01.1995 bis zum 31.07.1996 einbehaltenen Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung, wobei die bereits an die Klägerin überwiesene Nachzahlung anzurechnen ist, sofern sie für diesen Zeitraum erfolgt ist. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Der Anspruch der Klägerin auf Witwenrente ab dem 01.08.1996 gilt gemäß § 107 SGB X in Höhe des Erstattungsanspruchs der Beigeladenen als erfüllt. Dabei kann dahinstehen, ob der Erstattungsanspruch der Beigeladenen aus § 103 SGB X oder § 104 SGB X folgt. Die Voraussetzungen beider Vorschriften sind gegeben. Die rückwirkend eingetretende Überzahlung der Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beruht auf der Anwendung der Vorschrift des § 93 SGB VI in der Fassung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes - WFG - vom 25.09.1996. Nach dieser Vorschrift wird eine Rente insoweit nicht geleistet, als die Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge (vor Einkommensanrechnung) den jeweiligen Grenzbetrag übersteigt, wenn für denselben Zeitraum Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und eine Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung besteht. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ebenso wie einen Witwenrentenanspruch aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Anhaltspunkte dafür, dass die Deutsche Rentenversicherung Rheinland den Grenzbetrag unrichtig errechnet hat, liegen nicht vor. Die in § 93 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 SGB VI beschriebene Ausnahmeregelung kommt schon deshalb nicht zur Anwendung, weil sie nach Satz 3 dieser Vorschrift nicht für Hinterbliebenenrenten gilt. Von der Anrechnung der Witwenrente aus der Unfallversicherung auf die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung kann deshalb nicht abgesehen werden. Auch verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nicht, da die Hinterbliebenenversorgung nicht dem Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz unterliegt (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 18.02.1998 - 1 BvR 1318/86 - ). Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen lediglich im Hinblick auf die rückwirkende Anwendung der Ergänzung des § 93 Abs. 5 durch das WFG. Das Bundesverfassungsgericht hat sich in seinem Beschluss vom 20.02.2002 zu diesem Problem in den vom 8. Senat des Bundessozialgerichts vorgelegten Verfahren mit der Begründung nicht geäußert, die Sachverhalte der Ausgangsverfahren ließen sich über die Vertrauensschutzregelungen des Verwaltungsverfahrens als Konkretisierung des Rechtsstaatsprinzips verfassungsgemäß regeln. Der 8. Senat des Bundessozialgerichts hat daraufhin in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass von der Rechtswirksamkeit der Gesetzesänderung ab dem 01.08.1996 auszugehen sei. Die Rentenversicherungsträger haben sich auf dieser Basis daraufhin geeinigt, für die Zeit vor dem 01.08.1996 eine Prüfung der Vertrauensschutzregelungen nach dem SGB X vorzunehmen. Ob dies auch für Bescheide gilt, die nach diesem Zeitpunkt erteilt worden sind, aber den Zeitraum vorher betreffen, bleibt offen. Nach Auffassung der Kammer müssen beide Fallkonstellationen gleich behandelt werden: In beiden Fällen liegt eine echte Rückwirkung vor, weil die Neuregelung nachträglich in Sachverhalte eingreift, die der Vergangenheit angehören. Solche gesetzlichen Eingriffe sind wegen der rechtstaatlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit grundsätzlich verboten. Unter diesem Aspekt ist es unerheblich, ob der zur Anrechnung führende Sachverhalt, der vor dem 01.08.1996 eingetreten war, erst nachher beschieden worden ist. Im letzteren Fall hat Vertrauensschutz jedenfalls insofern bestanden, als nach der Rechtsprechung des 8. Senats des Bundessozialgerichts die durch das Wachstums- und Beförderungsgesetz geschaffene Neuregelung jedenfalls nicht auf Sachverhalte vor dem 01.08.1996 anzuwenden ist. Im vorliegenden Fall hätte die Beigeladene die der Klägerin gezahlte Rente vor dem 01.08.1996 nicht zurückfordern können. Dies folgt aus § 48 Abs. 1 Nr. 4 SGB X, der lex specialis im Verhältnis zu § 48 Abs. 1 Nr. 3 SGB X ist. Zwar ist einzuräumen, dass der Erstattungsanspruch der Beigeladenen, der die Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X auslöst einen Rückforderungsanspruch gegen die Klägerin nicht voraussetzt. Dies gilt nach Auffassung der Kammer jedoch nicht, wenn die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung, auf der der Erstattungsanspruch der Beigeladenen beruht, problematisch ist. Zur Vermeidung einer erneuten Vorlage an das Bundesverfassungsgericht sind deshalb die von diesem Gericht zitierten Vertrauensschutzregelungen des Verwaltungsverfahrensrechts heranzuziehen. Diese erlauben keine Rückforderung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Zwar tritt - wie bereits dargelegt - die Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X grundsätzlich losgelöst von etwaigen Vertrauensschutzregelungen nach dem SGB X ein. Der Erstattungsanspruch kann jedoch andererseits nur auf ein verfassungsgemäßes Gesetz gestützt werden. Soll eine erneute Vorlage an das Bundesverfassungsgericht vermieden werden, bleibt nur der Rückgriff auf die Vertrauensschutzregelungen nach dem SGB X.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Umstritten ist zwischen den Beteiligten, ob der Anspruch der Klägerin auf Nachzahlung von Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen eines Erstattungsanspruchs der Deutschen Rentenversicherung Rheinland (Beigeladene) teilweise erloschen ist.
Die Klägerin ist die Witwe des am 00.00.1933 geborenen und am 00.00.1989 an den Folgen einer Berufskrankheit nach Nr. 4104 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) verstorbenen I N (Versicherter). Von der Beigeladenen erhielt die Klägerin ab dem 01.05.1989 Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Auf ihren 1997 bei der beklagten Berufsgenossenschaft gestellten Antrag erhielt die Klägerin ab 01.04.1997 Witwenrente wegen einer Berufskrankheit nach Nr. 4104 der Anlage zur BKV. Die Beigeladene stellte daraufhin den Witwenrentenanspruch aus der gesetzlichen Rentenversicherung ab 01.04.1997 unter Berücksichtigung der Ruhensbestimmungen des § 93 Sozialgesetzbuch VI (SGB VI) neu fest. Die Klägerin erhob sowohl gegen die Berufsgenossenschaft wie auch gegen die Rentenversicherung Rheinland Klage: Von der beklagten Berufsgenossenschaft begehrte sie Witwenrente bereits vor dem 01.04.1997. Von der Rentenversicherung Rheinland verlangte sie die Rente ab dem 01.04.1997 ungekürzt auszuzahlen. Die Klage gegen die Rentenversicherung Rheinland war erfolglos. Das Verfahren gegen die beklagte Berufsgenossenschaft beendeten die Beteiligten am 26.11.2002 im Wege eines Vergleichs, durch den die Beklagte sich verpflichtet, Witwenrente bereits ab dem 01.01.1995 - vorbehaltlich eines Erstattungsanspruchs der Beigeladenen - zu zahlen. Durch Ausführungsbescheid vom 18.06.2003 bewilligte die Beklagte für den Zeitraum vom 01.01.1995 bis zum 31.03.1997 Rente. Die Nachzahlung in Höhe von 15.749,76 Euro behielt sie wegen eines etwaigen Erstattungsanspruchs der Beigeladenen ein. Im Widerspruchsverfahren, in dem die Klägerin die vollständige Auszahlung der Rente begehrte, bezifferte die Beigeladene den Erstattungsanspruch auf 14.604,31 Euro. Diesen Betrag behielt die Beklagte weiter ein, zahlte den Differenzbetrag in Höhe von 1.145,45 Euro an die Klägerin und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16.09.2003 zurück. Mit ihrer am 15.10.2003 bei Gericht eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die vollständige Auszahlung des Nachzahlungsbetrages. Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 18.06.2003 und des Widerspruchsbescheides vom 16.09.2003 die Beklagte zu verurteilen, den Nachzahlungsbetrag von 15.749,76 Euro der Klägerin in vollem Umfang auszu- zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene Rentenversicherung Rheinland schließt sich dem Antrag der Beklagten an. Die Beigeladene macht geltend, die Rentenversicherungsträger hätten sich auf der Grundlage der BSG-Rechtsprechung darauf geeinigt, nur für Bescheide, die vor dem 01. August 1996 erteilt worden seien, eine Prüfung der Vertrauensschutzregelungen nach dem SGB X vorzunehmen. Seien dagegen die Bescheide der Unfallversicherungsträger nach diesem Zeitpunkt erteilt worden, könne im Hinblick auf den Verkündungszeitpunkt des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes von 1996 kein Vertrauensschutz beansprucht werden. Es müsse daher ein Erstattungsanspruch gegen die Beklagte gemäß § 103 SGB X berücksichtigt werden.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf die Gerichtsakten, die Akten der Beklagten, die Akten der Beigeladenen und die Vorprozessakten S 39 RJ 273/04 und S 10 RJ 16/03 Sozialgericht Düsseldorf Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist in dem aus dem Urteilsspruch ersichtlichen Umfang begründet. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Auszahlung der für den Zeitraum vom 01.01.1995 bis zum 31.07.1996 einbehaltenen Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung, wobei die bereits an die Klägerin überwiesene Nachzahlung anzurechnen ist, sofern sie für diesen Zeitraum erfolgt ist. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Der Anspruch der Klägerin auf Witwenrente ab dem 01.08.1996 gilt gemäß § 107 SGB X in Höhe des Erstattungsanspruchs der Beigeladenen als erfüllt. Dabei kann dahinstehen, ob der Erstattungsanspruch der Beigeladenen aus § 103 SGB X oder § 104 SGB X folgt. Die Voraussetzungen beider Vorschriften sind gegeben. Die rückwirkend eingetretende Überzahlung der Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beruht auf der Anwendung der Vorschrift des § 93 SGB VI in der Fassung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes - WFG - vom 25.09.1996. Nach dieser Vorschrift wird eine Rente insoweit nicht geleistet, als die Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge (vor Einkommensanrechnung) den jeweiligen Grenzbetrag übersteigt, wenn für denselben Zeitraum Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und eine Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung besteht. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ebenso wie einen Witwenrentenanspruch aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Anhaltspunkte dafür, dass die Deutsche Rentenversicherung Rheinland den Grenzbetrag unrichtig errechnet hat, liegen nicht vor. Die in § 93 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 SGB VI beschriebene Ausnahmeregelung kommt schon deshalb nicht zur Anwendung, weil sie nach Satz 3 dieser Vorschrift nicht für Hinterbliebenenrenten gilt. Von der Anrechnung der Witwenrente aus der Unfallversicherung auf die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung kann deshalb nicht abgesehen werden. Auch verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nicht, da die Hinterbliebenenversorgung nicht dem Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz unterliegt (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 18.02.1998 - 1 BvR 1318/86 - ). Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen lediglich im Hinblick auf die rückwirkende Anwendung der Ergänzung des § 93 Abs. 5 durch das WFG. Das Bundesverfassungsgericht hat sich in seinem Beschluss vom 20.02.2002 zu diesem Problem in den vom 8. Senat des Bundessozialgerichts vorgelegten Verfahren mit der Begründung nicht geäußert, die Sachverhalte der Ausgangsverfahren ließen sich über die Vertrauensschutzregelungen des Verwaltungsverfahrens als Konkretisierung des Rechtsstaatsprinzips verfassungsgemäß regeln. Der 8. Senat des Bundessozialgerichts hat daraufhin in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass von der Rechtswirksamkeit der Gesetzesänderung ab dem 01.08.1996 auszugehen sei. Die Rentenversicherungsträger haben sich auf dieser Basis daraufhin geeinigt, für die Zeit vor dem 01.08.1996 eine Prüfung der Vertrauensschutzregelungen nach dem SGB X vorzunehmen. Ob dies auch für Bescheide gilt, die nach diesem Zeitpunkt erteilt worden sind, aber den Zeitraum vorher betreffen, bleibt offen. Nach Auffassung der Kammer müssen beide Fallkonstellationen gleich behandelt werden: In beiden Fällen liegt eine echte Rückwirkung vor, weil die Neuregelung nachträglich in Sachverhalte eingreift, die der Vergangenheit angehören. Solche gesetzlichen Eingriffe sind wegen der rechtstaatlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit grundsätzlich verboten. Unter diesem Aspekt ist es unerheblich, ob der zur Anrechnung führende Sachverhalt, der vor dem 01.08.1996 eingetreten war, erst nachher beschieden worden ist. Im letzteren Fall hat Vertrauensschutz jedenfalls insofern bestanden, als nach der Rechtsprechung des 8. Senats des Bundessozialgerichts die durch das Wachstums- und Beförderungsgesetz geschaffene Neuregelung jedenfalls nicht auf Sachverhalte vor dem 01.08.1996 anzuwenden ist. Im vorliegenden Fall hätte die Beigeladene die der Klägerin gezahlte Rente vor dem 01.08.1996 nicht zurückfordern können. Dies folgt aus § 48 Abs. 1 Nr. 4 SGB X, der lex specialis im Verhältnis zu § 48 Abs. 1 Nr. 3 SGB X ist. Zwar ist einzuräumen, dass der Erstattungsanspruch der Beigeladenen, der die Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X auslöst einen Rückforderungsanspruch gegen die Klägerin nicht voraussetzt. Dies gilt nach Auffassung der Kammer jedoch nicht, wenn die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung, auf der der Erstattungsanspruch der Beigeladenen beruht, problematisch ist. Zur Vermeidung einer erneuten Vorlage an das Bundesverfassungsgericht sind deshalb die von diesem Gericht zitierten Vertrauensschutzregelungen des Verwaltungsverfahrensrechts heranzuziehen. Diese erlauben keine Rückforderung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Zwar tritt - wie bereits dargelegt - die Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X grundsätzlich losgelöst von etwaigen Vertrauensschutzregelungen nach dem SGB X ein. Der Erstattungsanspruch kann jedoch andererseits nur auf ein verfassungsgemäßes Gesetz gestützt werden. Soll eine erneute Vorlage an das Bundesverfassungsgericht vermieden werden, bleibt nur der Rückgriff auf die Vertrauensschutzregelungen nach dem SGB X.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved