S 13 EG 5/07

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
13
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 13 EG 5/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Erziehungsgeld für den am 00.00.2002 geborenen Sohn S des Klägers.

Der 1966 in Prishtina/Jugoslawien geborene Kläger reiste 1981 im Wege der Familienzusammenführung zu seinem hier damals als Arbeitnehmer lebenden Vater nach Deutschland ein. Nach Vollendung des 16. Lebensjahres erhielt er zunächst eine Aufenthalterlaubnis mit Berechtigung zur Arbeitsaufnahme. Diese wurde zuletzt bis zum 06.07.1988 verlängert. Weil er mehrfach strafrechtlich in Erscheinung trat, wurden ihm anschließend jeweils lediglich Bescheinigungen über das Beantragen der Aufenthaltserlaubnis erteilt. Durch Urteil vom 30.11.1992 verurteilte das Landgericht E1 den Kläger wegen Menschenhandels, der Zuhälterei in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, räuberischer Erpressung, gefährlicher Körperverletzung und Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren. Durch bestandskräftige Ordnungsverfügung vom 03.03.1997 verfügte die Ausländerbehörde die Ausweisung mit Androhung der Abschiebung aus der Haft. Zur Abschiebung kam es jedoch nicht, da der Kläger unter Hinweis auf einen Antrag auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens die Untersagung der Abschiebung beantragte. Dem Kläger wurden daraufhin durch die Ausländerbehörde jeweils Duldungen erteilt, letztmals für die Zeit vom 21.02.2006 bis 20.08.2006.

Das Wiederaufnahmeverfahren wurde durch Urteil des Landgrichts E2 vom 19.05.2006 beendet. Darin wurde die Verurteilung des Klägers wegen Menschenhandels, wegen Zuhälterei in Tateinheit mit Körperverletzung und räuberischer Erpressung und wegen eines weiteren Falles der räuberischen Erpressung aufgehoben. Der Kläger wurde wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen unter Einbeziehung einer weiteren Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung und wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Nach Abschluss des Wiederaufnahmeverfahrens hob die Ausländerbehörde am 17.08.2006 die Ausweisungsverfügung vom 03.03.1997 auf. Dem Kläger wurde die Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis nach Vorlage eines gültigen Nationalpasses in Aussicht gestellt. Am 24.01.2007 wurde dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis nach § 35 Abs. 3 Satz 2, 3 Aufenthaltsgesetz bis zum 23.01.2010 erteilt.

Nach der Geburt seines Sohnes S am 00.00.2002 beantragte der Kläger am 30.01.2002 die Gewährung von Erziehungsgeld. Das Versorgungsamt E1 lehnte diesen Antrag mit bindendem Bescheid vom 18.02.2002 ab, da der Kläger nicht im Besitz des erforderlichen Aufenthaltstitels sei.

Am 30.10.2006 beantragte der Kläger erneut die Gewährung von Erziehungsgeld für seinen Sohn S. Mit Bescheid vom 10.11.2006 lehnte das Versorgungsamt E1 eine Rücknahme des Bescheides vom 18.02.2002 gemäß § 44 Abs. 1 10. Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ab. Der Bescheid vom 18.02.2002 sei nicht rechtswidrig, da der Kläger während des maßgeblichen Bezugszeitraums für die Gewährung von Erziehungsgeld vom 17.01.2002 bis 16.01.2004 nicht im Besitz des erforderlichen Aufenthaltstitels gewesen sei. Den Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid wies das Landesvorsorgungsamt mit Widerspruchsbescheid vom 15.03.2007 zurück.

Dagegen wendet sich der Kläger mit der am 23.03.2007 erhobenen Klage. Mit dieser trägt er vor, dass sein Aufenthalt durch Aufhebung der Ausweisungsverfügung rückwirkend als rechtmäßig anzusehen sei. Aus diesem Grunde müße ihm Erziehungsgeld gewährt werden.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides vom 10.11.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2007 zu verurteilen, ihm Erziehungsgeld für die Erziehung seines Kindes S zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht er sich auf den angefochtenen Bescheid.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten und der beigezogenen Ausländerakte des Klägers Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid des Beklagten vom 10.11.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2007 nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - beschwert, denn dieser Bescheid ist rechtmäßig.

Der Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid zu Recht eine Rücknahme des Bescheides vom 18.02.2002 gemäß § 44 Abs. 1 SGB X abgelehnt, da der Bescheid vom 18.02.2002 nicht rechtswidrig ist.

Der Kläger hatte nach der im Jahr 2002 geltenden und daher maßgeblichen Fassung des Bundeserziehungsgeldgesetzes keinen Anspruch auf Erziehungsgeld, da er über den erforderlichen Aufenthaltstitel nicht verfügte.

Gemäß § 1 Abs. 6 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) in der im Jahre 2002 geltenden Fassung war Voraussetzung für den Anspruch eines Ausländers, der nicht Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates der europäischen Union oder eines der Vertragsstaaten des europäischen Wirtschaftsraumes ist, dass er eine Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis besitzt, unanfechtbar als Asylberechtigter anerkannt ist oder das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 des Ausländergesetzes unanfechtbar festgestellt worden ist. Der Kläger verfügte im maßgeblichen Zeitraum der möglichen Bezugsdauer von Erziehungsgeld nicht über eine Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung sondern über eine Duldung gemäß § 55 Abs. 2 des Ausländergesetzes. Dieser Aufenthaltstitel war von § 1 Abs. 6 BErzGG nicht umfaßt.

Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aufgrund der gesetzlichen Neuregelung zum 01.01.2007. Gemäß § 24 Abs. 3 in Verbindung mit § 1 Abs. 6 BErzGG ist § 1 Abs. 6 in der am 19.12.2006 geltenden Fassung, sofern dies günstiger ist, nur dann anzuwenden, wenn eine Entscheidung über den Anspruch auf Erziehungsgeld für einen Bezugszeitraum zwischen dem 27.06.1993 und dem 18.12.2006 noch nicht bestandskräftig geworden ist. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Erziehungsgeld ist jedoch mit bestandskräftigem Bescheid vom 18.02.2002 abgelehnt worden. Im Rahmen einer Entscheidung nach § 44 SGB X kann die Übergangsvorschrift des § 24 Abs. 3 BErzGG keine Anwendung finden.

Es ist auch ohne Bedeutung, dass dem Kläger zwischenzeitlich am 24.01.2007 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde und dass die Ausweisungsverfügung vom 03.03.1997 am 17.08.2006 aufgehoben wurde. Tatsächlich verfügte er im maßgeblichen Bezugszeitraum vom 17.01.2002 bis 16.01.2004 nicht über eine Aufenthaltserlaubnis sondern lediglich über die nichtanspruchsberechtigende Duldung. Damit unterlag er faktisch hinsichtlich der Ausübung einer Erwerbstätigkeit und der Wahlmöglichkeit zwischen Erwerbstätigkeit und Kindererziehung den Einschränkungen dieses Aufenthaltstitels. Dies allein ist für die Prüfung der Anspruchsberechtigung auf Erziehungsgeld maßgeblich. Es kann nicht darauf ankommen, ob ihm möglicherweise bei einem anderen Geschehensablauf, etwa bei einem früheren Abschluss des strafrechtlichen Wiederaufnahmeverfahrens bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden wäre. Im Rahmen der Prüfung des Anspruches auf Erziehungsgeld können keine hypothetischen ausländerrechtlichen Geschehensabläufe fingiert werden, es muß vielmehr auch im Interesse der Rechtsklarheit auf den tatsächlichen Besitz des Aufenthaltstitels abgestellt werden. Die Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum damaligen Zeitpunkt war darüberhinaus auch nicht rechtswidrig, da die Ausweisungsverfügung bestandskräftig war und auf der Grundlage der rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilung des Klägers zu Recht ergangen war. Erst nach dem Abschluss des Wideraufnahmeverfahrens hat die Ausländerbehörde im Rahmen einer Ermessensentscheidung insbesondere im Hinblick auf den zwischenzeitlichen Zeitablauf auf die Ausweisung des Klägers verzichtet. Daraus ergibt sich nicht, dass der Kläger bereits im Jahre 2002 einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis hatte.

Die Klage war daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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