Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
36
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 36 U 18/06
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Der Bescheid der Beklagten vom 10.3.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.12.2005 wird aufgehoben. 2. Die Beklagte wird verurteilt, den Unfall des Klägers vom 21.1.2005 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen. 3. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt die Beklagte.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung eines Arbeitsunfalls.
Der im Jahre 1971 geborene Kläger erlitt am 21. Januar 2005 einen schweren Unfall als er bei Reparaturarbeiten am Kaminzug vom Dach seines Wintergartens stürzte. Nach dem Befundbericht des Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhauses Hamburg vom 24.1.2005 zog er sich dabei eine inkomplette Querschnittlähmung nach Luxationsbruch der Wirbelkörper HWK 7 und BWK 1 mit einer Blasen- und Mastdarmlähmung zu.
Der Kläger ist Mitinhaber eines Blumenhandels und im Bereich des Unternehmens für den Ein- und Verkauf zuständig. In der Unfallanzeige vom 25.1.2005 teilte er mit: "ich bin um 9:15 Uhr vom Markt gekommen, meine Lebensgefährtin hatte den Ofen angeheizt, aber der Rauch schlug zurück. Ich wollte noch Schnittblumen und Schnittgrün in Holland bestellen für Samstag und Büroarbeit erledigen, aber in dem Rauch war es nicht möglich. Da bin ich auf das Dach gestiegen, weil die Windhutze sich nicht drehte. Es kam eine Windböe und dabei habe ich das Gleichgewicht verloren und bin vom Dach gestürzt."
Der Kläger reichte der Beklagten fünf Fotos von seinem Wohnhaus ein, auf denen der Wintergarten und das Büro des Klägers von innen und außen zu sehen waren.
In der Vernehmungsniederschrift vom 9.2.2005 gab der Kläger an, dass er um ca. 9:00 Uhr nach Hause gekommen sei. Er sei dann in sein Büro gegangen und habe die Bestellungen bearbeitet. Etwa zur gleichen Zeit habe seine Lebensgefährtin den gemeinsamen Kamin im Wintergarten angemacht. Aufgrund eines Problems mit dem Schornstein habe der Qualm nicht abziehen können. Der Wintergarten sei nach kurzer Zeit völlig blau gewesen. Seine Lebensgefährtin sei in sein Büro bekommen und habe ihn gebeten, den Schornstein in Ordnung zu bringen. Er habe sich daraufhin eine Leiter geholt und sei auf das Dach des Wintergartens gestiegen. Bei der Reparatur des Schornsteins sei er dann aus ihm unbekannten Grund vom Dach des Wintergartens gestürzt.
Mit Bescheid vom 10.3.2005 lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aufgrund des Ereignisses vom 21.1.2005 ab. Die Reparatur des Kamins beziehungsweise des Schornsteins sei aus dem privaten Umfeld des Klägers heraus und nicht aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit erfolgt. Es habe sich somit um eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit gehandelt, die in keinem inneren Zusammenhang mit seiner versicherten Tätigkeit gestanden habe. Dazu zähle bereits auch eine kurzfristige Unterbrechung der versicherten Tätigkeit. Der Versicherungsschutz setze erst wieder bei Wiederaufnahme der versicherten Tätigkeit ein.
Der Kläger legte am 22.3.2005 Widerspruch ein. Er begründete seinen Widerspruch insbesondere damit, dass der Ofen im Wintergarten zur schnelleren Erwärmungsmöglichkeit des sich im vorderen Hausteil befindlichen Abstellraumes, des Flurbereiches sowie des Büro- und Hauswirtschaftsbereiches diene. Die für diese Räume grundsätzlich vorgesehene andere Heizmöglichkeit sei stillgelegt. Außerdem sei am Morgen des Unfalltages eine Büroarbeit aufgrund des durchziehenden Rauches nicht möglich gewesen. Wesentliches Motiv der Schornsteinarbeiten sei es daher gewesen, auch die Beheizbarkeit und Erwärmung des Büroraumes sicherzustellen. Die Voraussetzung für ein ungestörtes Arbeiten im Büroraum habe durch die Reparaturmaßnahmen am Rauchabzug sichergestellt werden sollen.
Die Beklagte ließ am 7.12.2005 den Widerspruchsbescheid. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Reparatur des Schornsteines und der versicherten Tätigkeit könne nach wie vor nicht festgestellt werden.
Der Kläger hat am 9.1.2006 Klage erhoben. Er weist noch einmal insbesondere darauf hin, dass die von ihm ins Auge gefasste Büroarbeit deshalb nicht erledigt werden konnte, weil das in dem Rauch nicht möglich gewesen sei. Außerdem habe er durch die Reparatur im Kaminbereich die Beheizungsmöglichkeit u. a. des Büroraumes sicherstellen wollen. Somit habe die Reparatur wesentlich der Aufrechterhaltung des Bürobetriebes gedient und stehe damit in einem inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit. Hätte er die Abzugsmöglichkeit des Heizofens nicht sichergestellt, hätte er im Büro nicht weiterarbeiten können, weil die gesamten Räumlichkeiten voller Rauch gewesen wären.
Der Kläger legte zu seinem Vorbringen dem Gericht eine Skizze seines Hauses, inklusive der Räumlichkeiten des Wintergartens und des Büros, vor.
Er beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 10.3.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.12.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Unfall des Klägers vom 21.1.2005 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Beiziehung eines Berichts des Präventionsdienstes der Beklagten über die tatsächliche Heizmöglichkeit des Büroraumes durch den im Wintergarten befindlichen Kaminofen. Danach könne sich durch die Lage des Büroraumes keine nennenswerte Heizleistung des Kamins ergeben. Ferner hat das Gericht den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 7.12.2005 noch einmal zum Unfallgeschehen angehört.
Außer der Gerichtsakte hat die den Kläger betreffende Verwaltungsakte vorgelegen und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts, des Vorbringens der Beteiligten und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Akten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten erweisen sich als rechtswidrig. Der Kläger hat Anspruch auf Anerkennung eines Arbeitsunfalls.
Der Kläger hat durch seinen Unfall am 21.1.2005 einen Arbeitsunfall erlitten. Gemäß § 8 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).
Unstreitig ist, dass der Kläger durch seinen Sturz vom Dach seines Wintergartens und der dadurch erlittenen Querschnittlähmung einen Unfall erlitten hat.
Der Kläger hat bei der Reparatur seines Kaminrohrs auf dem Dach seines Wintergartens auch unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Denn die zum Unfallzeitpunkt ausgeübte Tätigkeit hat in einem inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit des Klägers in seinem Büro gestanden. Der Kläger hat die Reparatur im Interesse seiner betrieblichen Tätigkeit ausgeführt, um eine reibungslose Tätigkeit sofort nach der Reparatur des Kaminrohres zu gewährleisten und weiterzuarbeiten.
Zwar sind Reparaturmaßnahmen an einem überwiegend aus privaten Gründen und im überwiegend privat genutzten Wohnhaus betriebenen Kamin bzw. Heizofens grundsätzlich dem eigenwirtschaftlichen Bereich des Versicherten zuzuordnen. Es handelt sich jedoch bei der konkret zum Unfallzeitpunkt ausgeübten Reparaturtätigkeit nicht um eine rein eigenwirtschaftliche Tätigkeit, sondern um eine gemischte Tätigkeit, die unter Unfallversicherungsschutz steht. Dabei ist unerheblich, dass für den Bürobereich des Klägers, in dem er seiner betrieblichen Tätigkeit als Blumenhändler nachgegangen ist, nach Aussage des Präventionsdienstes der Beklagten keine ausreichende Beheizung durch den Kamin im Wintergarten möglich gewesen sein soll. Maßgebliches Kriterium für die wertende Entscheidung über den Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und Verrichtung zur Zeit des Unfalls ist die Handlungstendenz des Versicherten, ob er eine dem Beschäftigungsunternehmen dienende Verrichtung ausüben wollte (s. BSG-Urteil vom 12.4.2005, Az. B 2 U 11/04 R m.w.N.). Das Bundessozialgericht hat sei langem anerkannt, dass nicht jede private Verrichtung während der versicherten Tätigkeit automatisch zu einer Unterbrechung des Versicherungsschutzes führt. Vor allem bei einer gemischten Tätigkeit oder einer unwesentlichen Unterbrechung der versicherten Tätigkeit besteht der Versicherungsschutz fort (BSG-Urteil vom 26.10.2004, Az. B 2 U 24/03 R). Eine gemischte Tätigkeit liegt vor, wenn eine Verrichtung nicht voneinander trennbar ist und sowohl unversicherten privaten als auch versicherten Zwecken dient. Lässt sich eine Verrichtung in zwei Teile zerlegen, von denen einer versicherten und einer privaten Zwecken dient, liegt keine gemischte Tätigkeit vor. Versicherungsschutz bei einer gemischten Tätigkeit besteht, wenn sie dem Unternehmen zwar nicht überwiegend, aber doch wesentlich zu dienen bestimmt ist.
Entscheidendes Abgrenzungskriterium hierfür ist, ob die Tätigkeit hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn der private Zweck entfallen wäre (ständige Rechtsprechung: BSGE 3, 240 ff.; BSG-Urteil vom 12.4.2005, a.a.O.). Dies ist hier der Fall. In Anbetracht der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung nüchtern und sachlich geschilderten Umstände ist es für die Kammer nachvollziehbar, dass der Kläger die Reparaturtätigkeit auch ausgeführt hätte, wenn der private Zweck entfallen wäre, insbesondere unter Berücksichtigung der eigentlichen Handlungstendenz. Eine eindeutige Trennung der Reparaturtätigkeit in zwei Teile kann nicht vorgenommen werden. Vorliegend hat der Kläger glaubhaft und in sich widerspruchsfrei vorgetragen, dass er nur aufgrund der ihn in seiner Arbeit störenden Rauchentwicklung und wegen des Brandgeruchs aus dem Büro gegangen ist, mit dem Ziel die störende Quelle zu beseitigen, um danach ungestört weiter Arbeiten zu können. Dafür hat der Kläger konkret ein gerade durchgeführtes Telefongespräch mit einem Geschäftspartner mehr oder weniger abrupt beenden müssen, seinem Gesprächspartner aber mitgeteilt, dass er gleich zurückrufen wolle. Zwar ist aufgrund des vorherigen Ansprechens des Klägers durch seine Lebenspartnerin, die sich zum Zeitpunkt der Rauchentwicklung in der Küche aufgehalten hatte, auch die eigenwirtschaftliche Motivation der Verrichtung anzuerkennen. Jedoch hat der Kläger nach seinen überzeugenden Ausführungen den Brandgeruch und die Rauchentwicklung in seinem Büro vor allem selber wahrgenommen und war zum Handeln bereit, um seine Tätigkeit im Büro möglichst bald wieder weiterführen zu können.
Darüber hinaus hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung die nur auf den ersten Blick entgegenstehenden Aussagen aus seiner Vernehmungsniederschrift durch die Beklagten vom 9.2.2005 widerspruchsfrei aufgelöst. Detailliert und lebensnah hat der Kläger den Vorhalt des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung entgegnet, dass die Lebenspartnerin nicht, wie es in der Vernehmungsschrift aufgenommen worden ist, direkt in sein Büro gekommen sei, sondern ihn vielmehr vorher gerufen hat und sie sich dann quasi auf dem gemeinsamen Weg zur Erforschung des Ursprungs des Rauches und Brandgeruchs auf dem Flur zwischen Büro und Küche getroffen haben. Diese Einlassung erscheint umso nachvollziehbarer, als das der Kläger damit auch seinen ersten Bericht zum Unfall in der von ihm erstellten Unfallanzeige bestätigt, dass er aufgrund der Rauchentwicklung in seinem Büro nicht weiterarbeiten konnte und aufgestanden ist, um die Störung zu beseitigen und später weiterzuarbeiten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung eines Arbeitsunfalls.
Der im Jahre 1971 geborene Kläger erlitt am 21. Januar 2005 einen schweren Unfall als er bei Reparaturarbeiten am Kaminzug vom Dach seines Wintergartens stürzte. Nach dem Befundbericht des Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhauses Hamburg vom 24.1.2005 zog er sich dabei eine inkomplette Querschnittlähmung nach Luxationsbruch der Wirbelkörper HWK 7 und BWK 1 mit einer Blasen- und Mastdarmlähmung zu.
Der Kläger ist Mitinhaber eines Blumenhandels und im Bereich des Unternehmens für den Ein- und Verkauf zuständig. In der Unfallanzeige vom 25.1.2005 teilte er mit: "ich bin um 9:15 Uhr vom Markt gekommen, meine Lebensgefährtin hatte den Ofen angeheizt, aber der Rauch schlug zurück. Ich wollte noch Schnittblumen und Schnittgrün in Holland bestellen für Samstag und Büroarbeit erledigen, aber in dem Rauch war es nicht möglich. Da bin ich auf das Dach gestiegen, weil die Windhutze sich nicht drehte. Es kam eine Windböe und dabei habe ich das Gleichgewicht verloren und bin vom Dach gestürzt."
Der Kläger reichte der Beklagten fünf Fotos von seinem Wohnhaus ein, auf denen der Wintergarten und das Büro des Klägers von innen und außen zu sehen waren.
In der Vernehmungsniederschrift vom 9.2.2005 gab der Kläger an, dass er um ca. 9:00 Uhr nach Hause gekommen sei. Er sei dann in sein Büro gegangen und habe die Bestellungen bearbeitet. Etwa zur gleichen Zeit habe seine Lebensgefährtin den gemeinsamen Kamin im Wintergarten angemacht. Aufgrund eines Problems mit dem Schornstein habe der Qualm nicht abziehen können. Der Wintergarten sei nach kurzer Zeit völlig blau gewesen. Seine Lebensgefährtin sei in sein Büro bekommen und habe ihn gebeten, den Schornstein in Ordnung zu bringen. Er habe sich daraufhin eine Leiter geholt und sei auf das Dach des Wintergartens gestiegen. Bei der Reparatur des Schornsteins sei er dann aus ihm unbekannten Grund vom Dach des Wintergartens gestürzt.
Mit Bescheid vom 10.3.2005 lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aufgrund des Ereignisses vom 21.1.2005 ab. Die Reparatur des Kamins beziehungsweise des Schornsteins sei aus dem privaten Umfeld des Klägers heraus und nicht aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit erfolgt. Es habe sich somit um eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit gehandelt, die in keinem inneren Zusammenhang mit seiner versicherten Tätigkeit gestanden habe. Dazu zähle bereits auch eine kurzfristige Unterbrechung der versicherten Tätigkeit. Der Versicherungsschutz setze erst wieder bei Wiederaufnahme der versicherten Tätigkeit ein.
Der Kläger legte am 22.3.2005 Widerspruch ein. Er begründete seinen Widerspruch insbesondere damit, dass der Ofen im Wintergarten zur schnelleren Erwärmungsmöglichkeit des sich im vorderen Hausteil befindlichen Abstellraumes, des Flurbereiches sowie des Büro- und Hauswirtschaftsbereiches diene. Die für diese Räume grundsätzlich vorgesehene andere Heizmöglichkeit sei stillgelegt. Außerdem sei am Morgen des Unfalltages eine Büroarbeit aufgrund des durchziehenden Rauches nicht möglich gewesen. Wesentliches Motiv der Schornsteinarbeiten sei es daher gewesen, auch die Beheizbarkeit und Erwärmung des Büroraumes sicherzustellen. Die Voraussetzung für ein ungestörtes Arbeiten im Büroraum habe durch die Reparaturmaßnahmen am Rauchabzug sichergestellt werden sollen.
Die Beklagte ließ am 7.12.2005 den Widerspruchsbescheid. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Reparatur des Schornsteines und der versicherten Tätigkeit könne nach wie vor nicht festgestellt werden.
Der Kläger hat am 9.1.2006 Klage erhoben. Er weist noch einmal insbesondere darauf hin, dass die von ihm ins Auge gefasste Büroarbeit deshalb nicht erledigt werden konnte, weil das in dem Rauch nicht möglich gewesen sei. Außerdem habe er durch die Reparatur im Kaminbereich die Beheizungsmöglichkeit u. a. des Büroraumes sicherstellen wollen. Somit habe die Reparatur wesentlich der Aufrechterhaltung des Bürobetriebes gedient und stehe damit in einem inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit. Hätte er die Abzugsmöglichkeit des Heizofens nicht sichergestellt, hätte er im Büro nicht weiterarbeiten können, weil die gesamten Räumlichkeiten voller Rauch gewesen wären.
Der Kläger legte zu seinem Vorbringen dem Gericht eine Skizze seines Hauses, inklusive der Räumlichkeiten des Wintergartens und des Büros, vor.
Er beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 10.3.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.12.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Unfall des Klägers vom 21.1.2005 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Beiziehung eines Berichts des Präventionsdienstes der Beklagten über die tatsächliche Heizmöglichkeit des Büroraumes durch den im Wintergarten befindlichen Kaminofen. Danach könne sich durch die Lage des Büroraumes keine nennenswerte Heizleistung des Kamins ergeben. Ferner hat das Gericht den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 7.12.2005 noch einmal zum Unfallgeschehen angehört.
Außer der Gerichtsakte hat die den Kläger betreffende Verwaltungsakte vorgelegen und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts, des Vorbringens der Beteiligten und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Akten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten erweisen sich als rechtswidrig. Der Kläger hat Anspruch auf Anerkennung eines Arbeitsunfalls.
Der Kläger hat durch seinen Unfall am 21.1.2005 einen Arbeitsunfall erlitten. Gemäß § 8 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).
Unstreitig ist, dass der Kläger durch seinen Sturz vom Dach seines Wintergartens und der dadurch erlittenen Querschnittlähmung einen Unfall erlitten hat.
Der Kläger hat bei der Reparatur seines Kaminrohrs auf dem Dach seines Wintergartens auch unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Denn die zum Unfallzeitpunkt ausgeübte Tätigkeit hat in einem inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit des Klägers in seinem Büro gestanden. Der Kläger hat die Reparatur im Interesse seiner betrieblichen Tätigkeit ausgeführt, um eine reibungslose Tätigkeit sofort nach der Reparatur des Kaminrohres zu gewährleisten und weiterzuarbeiten.
Zwar sind Reparaturmaßnahmen an einem überwiegend aus privaten Gründen und im überwiegend privat genutzten Wohnhaus betriebenen Kamin bzw. Heizofens grundsätzlich dem eigenwirtschaftlichen Bereich des Versicherten zuzuordnen. Es handelt sich jedoch bei der konkret zum Unfallzeitpunkt ausgeübten Reparaturtätigkeit nicht um eine rein eigenwirtschaftliche Tätigkeit, sondern um eine gemischte Tätigkeit, die unter Unfallversicherungsschutz steht. Dabei ist unerheblich, dass für den Bürobereich des Klägers, in dem er seiner betrieblichen Tätigkeit als Blumenhändler nachgegangen ist, nach Aussage des Präventionsdienstes der Beklagten keine ausreichende Beheizung durch den Kamin im Wintergarten möglich gewesen sein soll. Maßgebliches Kriterium für die wertende Entscheidung über den Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und Verrichtung zur Zeit des Unfalls ist die Handlungstendenz des Versicherten, ob er eine dem Beschäftigungsunternehmen dienende Verrichtung ausüben wollte (s. BSG-Urteil vom 12.4.2005, Az. B 2 U 11/04 R m.w.N.). Das Bundessozialgericht hat sei langem anerkannt, dass nicht jede private Verrichtung während der versicherten Tätigkeit automatisch zu einer Unterbrechung des Versicherungsschutzes führt. Vor allem bei einer gemischten Tätigkeit oder einer unwesentlichen Unterbrechung der versicherten Tätigkeit besteht der Versicherungsschutz fort (BSG-Urteil vom 26.10.2004, Az. B 2 U 24/03 R). Eine gemischte Tätigkeit liegt vor, wenn eine Verrichtung nicht voneinander trennbar ist und sowohl unversicherten privaten als auch versicherten Zwecken dient. Lässt sich eine Verrichtung in zwei Teile zerlegen, von denen einer versicherten und einer privaten Zwecken dient, liegt keine gemischte Tätigkeit vor. Versicherungsschutz bei einer gemischten Tätigkeit besteht, wenn sie dem Unternehmen zwar nicht überwiegend, aber doch wesentlich zu dienen bestimmt ist.
Entscheidendes Abgrenzungskriterium hierfür ist, ob die Tätigkeit hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn der private Zweck entfallen wäre (ständige Rechtsprechung: BSGE 3, 240 ff.; BSG-Urteil vom 12.4.2005, a.a.O.). Dies ist hier der Fall. In Anbetracht der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung nüchtern und sachlich geschilderten Umstände ist es für die Kammer nachvollziehbar, dass der Kläger die Reparaturtätigkeit auch ausgeführt hätte, wenn der private Zweck entfallen wäre, insbesondere unter Berücksichtigung der eigentlichen Handlungstendenz. Eine eindeutige Trennung der Reparaturtätigkeit in zwei Teile kann nicht vorgenommen werden. Vorliegend hat der Kläger glaubhaft und in sich widerspruchsfrei vorgetragen, dass er nur aufgrund der ihn in seiner Arbeit störenden Rauchentwicklung und wegen des Brandgeruchs aus dem Büro gegangen ist, mit dem Ziel die störende Quelle zu beseitigen, um danach ungestört weiter Arbeiten zu können. Dafür hat der Kläger konkret ein gerade durchgeführtes Telefongespräch mit einem Geschäftspartner mehr oder weniger abrupt beenden müssen, seinem Gesprächspartner aber mitgeteilt, dass er gleich zurückrufen wolle. Zwar ist aufgrund des vorherigen Ansprechens des Klägers durch seine Lebenspartnerin, die sich zum Zeitpunkt der Rauchentwicklung in der Küche aufgehalten hatte, auch die eigenwirtschaftliche Motivation der Verrichtung anzuerkennen. Jedoch hat der Kläger nach seinen überzeugenden Ausführungen den Brandgeruch und die Rauchentwicklung in seinem Büro vor allem selber wahrgenommen und war zum Handeln bereit, um seine Tätigkeit im Büro möglichst bald wieder weiterführen zu können.
Darüber hinaus hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung die nur auf den ersten Blick entgegenstehenden Aussagen aus seiner Vernehmungsniederschrift durch die Beklagten vom 9.2.2005 widerspruchsfrei aufgelöst. Detailliert und lebensnah hat der Kläger den Vorhalt des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung entgegnet, dass die Lebenspartnerin nicht, wie es in der Vernehmungsschrift aufgenommen worden ist, direkt in sein Büro gekommen sei, sondern ihn vielmehr vorher gerufen hat und sie sich dann quasi auf dem gemeinsamen Weg zur Erforschung des Ursprungs des Rauches und Brandgeruchs auf dem Flur zwischen Büro und Küche getroffen haben. Diese Einlassung erscheint umso nachvollziehbarer, als das der Kläger damit auch seinen ersten Bericht zum Unfall in der von ihm erstellten Unfallanzeige bestätigt, dass er aufgrund der Rauchentwicklung in seinem Büro nicht weiterarbeiten konnte und aufgestanden ist, um die Störung zu beseitigen und später weiterzuarbeiten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
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