Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
44
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 44 R 1421/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob und in welcher Höhe der Klägerin nach § 63 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – die Kosten für Bevollmächtigte im erfolgreich abgeschlossenen Vorverfahren zu erstatten sind.
Die Klägerin ist Mitglied im Q S1 Deutschland e.V., der kooperatives Mitglied im Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband e.V. (DBSV) ist. Der DBSV wiederum ist Gesellschafter der Rechtsberatungsgesellschaft der Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfeorganisationen (DBSV, DVBS und Q S1 Deutschland e.V.), s2cn gemeinnützige GmbH (s2cn gGmbH).
Am 26.01.2012 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form eines behindertengerechten Bildschirmarbeitsplatzes mit entsprechender Computerschulung (vgl. Angebot des Büros für Barrierefreie Bildung). Mit Bescheid vom 30.01.2012 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin nicht erheblich gefährdet oder gemindert sei, weil sie in der Lage sei, eine Beschäftigung als Masseurin und Bademeisterin weiterhin auszuüben. Die persönlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben würden somit nicht vorliegen. Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 06.02.2012 Widerspruch. Sie teilte mit, dass ihre Tätigkeit als Physiotherapeutin therapeutische Arbeit, Beratung, Schulungen, Dokumentationen und das Begleiten von Arbeitskreisen im Bereich Ergonomie umfasse. Ab Mitte des Jahres würden die Dokumentationspflichten erweitert und es werde keine Tageslichtprojektoren mehr geben. Sie brauche daher Kenntnisse im PowerPoint. Wegen ihrer starken Sehbehinderung könne sie diese Arbeiten aber nicht in einer angemessenen Zeit erledigen. Ein Bildschirmarbeitsplatz mit Vergrößerungssoftware und entsprechender Schulung würde ihren Arbeitsplatz langfristig sichern und sie hätte die Chance, ihre Arbeitszeit zu erweitern. Mit Schreiben vom 12.03.2012 teilte die Beklagte ihr mit, dass zur Entscheidung über den Widerspruch eine Stellungnahme zu bestimmten – im Schreiben genannten – Fragen erforderlich sei. Daraufhin meldete sich für die Klägerin der Geschäftsführer der s2cn gGmbH (im Folgenden Klägerbevollmächtigter genannt) und teilte unter Vorlage einer Vollmacht mit, dass durch ihn die rechtlichen Interessen der Klägerin vertreten würden. Er teilte u.a. mit, dass der von der Klägerin beantragte Laptop für die Ausübung ihrer Tätigkeit zwingend erforderlich sei. Mit Bescheid vom 25.04.2012 bewilligte die Beklagte der Klägerin daraufhin Hilfsmittel am Arbeitsplatz als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, gewährte jedoch nicht die Kosten für die beantragte Schulung im Umgang mit der Hilfsmittelausstattung. Hiergegen erhob die Klägerin durch den Klägerbevollmächtigten "Teilwiderspruch". Sie teilte mit, dass sie bisher nicht mit einer derartigen Arbeitsplatzausstattung habe arbeiten können, so dass ihr der Umgang mit den technischen Hilfen nahezu vollständig fremd sei. Mit Bescheid vom 19.06.2012 gewährte die Beklagte der Klägerin auch die Kosten für die Einweisung am Arbeitsplatz. Auch teilte sie mit, dass die der Klägerin durch das Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen auf Antrag in vollem Umfang erstattet würden. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten sei erforderlich gewesen.
Der Klägerbevollmächtigte teilte daraufhin mit Schreiben vom 10.07.2012 mit, dass sich der Widerspruch durch die vollständige Abhilfe erledigt habe und übersandte eine Kostenrechnung über einen Betrag von 252,52 EUR mit der Bitte um Ausgleich. Dabei legte er die folgenden Einzelpositionen zugrunde:
1. Geschäftsgebühr in sozialrechtlichen Angelegenheiten (Nr. 2400 VV RVG; 90 % von 240,00 EUR)
216,00 EUR 2. Auslagenpauschale (Nr. 7002 VV RVG) 20,00 EUR 3. Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG) 16,52 EUR
Gesamtsumme 252,52 EUR
Mit Schreiben vom 01.11.2012 bat die Beklagte den Klägerbevollmächtigten um die Mitteilung, in welchem Verein der s2cn gGmbH die Klägerin Mitglied sei und seit wann diese Mitgliedschaft bestehe. Daraufhin teilte der Klägerbevollmächtigte mit, dass die Klägerin seit dem 01.09.2005 Mitglied bei der Q S1 Deutschland e.V. sei. Seinem Schreiben fügte er die Satzung der Q S1 Deutschland e.V. bei, aus der folgt, dass es sich bei der Q S1 Deutschland e.V. um eine Selbsthilfeorganisation von an Netzhautdegeneration erkrankten Personen im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland handelt.
Die Beklagte wies mit Schreiben vom 08.02.2013 darauf hin, dass sie weder dem Gesellschaftsvertrag der s2cn gGmbH vom 05.06.2009 noch dem Handelsregisterauszug vom 30.10.2009 oder der s2cn gGmbH Nutzungssatzung vom 13.09.2010 entnehmen könne, dass die Q S1 Deutschland e.V. zu den Gesellschaftern der s2cn gGmbH gehöre. Auch enthalte die Satzung der Q S1 Deutschland e.V. vom 07.10.2006 keinen Hinweis darauf, dass die Rechtsvertretung der Mitglieder in sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheiten zu den Aufgaben des Vereins gehöre. Es werde daher um die Mitteilung gebeten, nach welcher Rechtsgrundlage die Forderung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) geltend gemacht werde.
Der Klägerbevollmächtigte führte mit Schreiben vom 19.02.2013 aus, dass die Q S1 Deutschland e.V. kooperatives Mitglied bei der Deutschen Blindenstudienanstalt e.V. (DBSV), bei der es sich um einen Gesellschafter der s2cn gGmbH handele, sei. Beim DBSV handele es sich um einen sogenannten "Verband der Verbände", d.h. einem Dachverband bei dem keine natürliche Person, sondern nur juristische Personen wie Landesblindenverbände, selbständige Ortsverbände oder andere Selbsthilfeorganisationen und Einrichtungen Mitglieder werden könnten. Darüber hinaus folge aus § 2 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 6 der Satzung der Q S1 Deuschland e.V., dass die Rechtsberatung durch die s2cn gGmbH von dem satzungsmäßigen Zweck der Q S1 Deutschland e.V. erfasst sei.
Mit Bescheid vom 01.03.2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die geltend gemachten Kosten für die Vertretung im Widerspruchsverfahren durch die s2cn gGmbH nicht erstattungsfähig seien. Zur Begründung führte sie aus, dass die Kosten der Arbeit eines Verbandsvertreters, der nicht nach einer gesetzlichen Gebührenordnung abrechnen könne, im Widerspruchsverfahren zwar grundsätzlich als notwendige Aufwendung erstattungsfähig seien. Voraussetzung sei allerdings, dass die Forderung, mit welcher die Kostenerstattung für einen Verbandsvertreter gegenüber dem Widerspruchsführer geltend gemacht würde, rechtswirksam sei. Die Rechtswirksamkeit sei insbesondere an § 7 Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen (Rechtsdienstleistungsgesetz – RDG) zu messen. Nach dem Gesellschaftsvertrag der s2cn gGmbH könne aber nicht davon ausgegangen werden, dass die Gesellschaft ausschließlich zur Ausübung der rechtsdienstleistenden Aufgaben der Gesellschafter gegründet worden sei. Nach § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages sei nämlich Zweck der Gesellschaft die Schaffung von Dauerarbeitsplätzen für behinderten Menschen, deren Fähigkeiten nach § 2 Abs. 2 gefördert und stabilisiert werden sollten. Der Gesetzgeber habe aber in der Gesetzesbegründung zu § 7 RDG zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine zum Zweck der Auslagerung der rechtsberatenden Tätigkeit gegründeten Gesellschaft handeln müsse, die naturgemäß und regelmäßig ausschließlich rechtsdienstleistende Aufgaben habe. Auch sei es nach dem Gesellschaftsvertrag der s2cn gGmbH, insbesondere nach § 2 Abs. 2, nicht ausgeschlossen, dass die Gesellschaft auch Rechtsdienstleistungen für Personen erbringe, die nicht Mitglied in einem Verband der Gesellschafter sei. Damit sei die s2cn gGmbH keine Gesellschaft, die nach § 7 RDG rechtmäßig Rechtsdienstleistungen erbringen dürfe. Des Weiteren sei die Klägerin Mitglied in der Q S1 Deutschland e.V., die dem DBSV als kooperatives Mitglied angehöre. Der DBSV sei wiederum Gesellschafter der s2cn gGmbH. Der Satzung der Q S1 Deutschland e.V. könne aber nicht entnommen werden, dass die Rechtsvertretung ihrer Mitglieder in sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheiten zu den Aufgaben des Vereins gehöre. Damit sei die Auslagerung einer nicht vorhandenen Aufgabe in eine eigenständige Gesellschaft nicht möglich. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass eine rechtmäßige Forderung der s2cn gGmbH der Klägerin gegenüber bestehe, so dass die geltend gemachten Kosten nicht erstattungsfähig seien.
Hiergegen erhob die Klägerin vertreten durch den Klägerbevollmächtigten Widerspruch. Zur Begründung verwies sie auf den Beschluss des Sozialgerichts Trier vom 25.09.2012, Az.: S 5 KR 179/11.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.07.2013 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung wiederholte sie ihre bisherigen Ausführungen. Ergänzend teilte sie mit, dass dem Beschluss des Sozialgerichts Trier vom 25.09.2012 (a.a.O.) nicht gefolgt werden könne, da darin keine Auseinandersetzung mit dem Gesellschaftsvertrag und dem RDG erfolgt sei.
Die Klägerin hat am 13.08.2013 Klage erhoben.
Sie trägt vor, dass – entgegen der Ansicht der Beklagten – ausschließlich auf die Satzung des DBSV e.V. und nicht auf die des Q S1 Deutschland e.V. abzustellen sei. Gesellschafter der s2cn gGmbH sei nämlich nur der DBSV e.V. und nicht der Q S1 Deutschland e.V. Wenn in § 2 Abs. 1 der Zweck der Gesellschaft mit der Beschäftigung behinderter Menschen benannt werde, dann sei dies maßgeblich dem Wunsch des zuständigen Finanzamtes geschuldet, für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit auf das Wie der Leistungserbringung abzustellen. In § 2 Abs. 2 Nr. 2b der Satzung des DBSV e.V. werde ausgeführt, dass zu den Aufgaben des Verbandes die Rechtsberatung und -vertretung in behinderungsspezifischen Angelegenheiten gehöre. Mithin zähle zu den Aufgaben des DBSV e.V. auch die Rechtsberatung und –vertretung in sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheiten. Der Gegenstand der Tätigkeit der s2cn gGmbH ergebe sich zum einen aus § 2 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages, wo es heiße: "( ...) insbesondere durch die außergerichtliche Vertretung der Mitglieder der Gesellschafter und deren Untergliederungen gegenüber Behörden und sonstigen Dritten sowie bei den Gerichten der Sozial- und Verwaltungsgerichtsbarkeit in Angelegenheiten im Zusammenhang mit deren Behinderung und im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen." und zum anderen aus der Nutzungssatzung. Wenn die Beschreibung der Tätigkeit durch ein "insbesondere" eingeleitet werde, dann sei diese Formulierung der Tatsache geschuldet, dass die s2cn gGmbH auch Dienstleistungen gegenüber den Gesellschafterverbänden und deren Untergliederungen in Form von z.B. Rechtsgutachten erbringe. Generell würden aber nur die ca. 35.000 Mitglieder der Gesellschafterorganisationen beraten und vertreten. Die in § 2 Abs. 1 der Nutzungssatzung gewählte Formulierung lasse keine Ausnahme zu, so dass eine Vertretung von Nichtmitgliedern ausgeschlossen sei. Ein Verstoß gegen § 7 Abs. 1 S. 1 RDG durch die Konkretisierung der Tätigkeit in Gestalt einer Nutzungssatzung zum Gesellschaftsvertrag liege nicht vor. Aus der Nutzungssatzung würde sich unmissverständlich ergeben, dass durch die Beauftragung der s2cn gGmbH Kosten in Anlehnung an das RVG entstehen würden. Die von der s2cn gGmbH erhobene Forderung sei damit rechtswirksam.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 01.03.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.07.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die Aufwendungen für ihren Bevollmächtigten im Vorverfahren in Höhe von 252,52 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig und verweist zur Begründung auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 17.07.2013. Ergänzend führt sie aus, dass sie die s2cn gGmbH nicht für eine juristische Person i.S.d. § 7 Abs. 1 S. 2 RDG halte, da der Gesellschaftszweck der s2cn gGmbH nicht die Erbringung von Rechtsdienstleistungen, die von ihren Gesellschaftern ausgelagert worden seien, sei. Vielmehr sei nach § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages Zweck der Gesellschaft die Schaffung von Dauerarbeitsplätzen für behinderte Menschen, deren Fähigkeiten nach § 2 Abs. 1 gefördert und stabilisiert werden sollten. Die s2cn gGmbH sei damit nicht eigens für die Erbringung von Rechtsdienstleistungen für die Mitglieder ihrer Gesellschaftsverbände gegründet worden und erbringe nicht ausschließlich Rechtsdienstleistungen. Die Tätigkeit der s2cn gGmbH sei daher nicht mehr von § 7 Abs. 1 S. 2 RDG gedeckt. Darüber hinaus gehe aus der Satzung des Q S1 Deutschland e.V. nicht hervor, dass der Verein seine Mitglieder in sozialrechtlichen Angelegenheiten rechtlich vertrete. Dementsprechend enthalte sie auch keine Regelung über eine Kostenbeteiligung der Mitglieder. Nach § 7 Abs. 1 RDG seien nur Rechtsdienstleistungen erlaubt, die berufliche oder andere zur Wahrnehmung gemeinschaftlicher Interessen gegründete Vereinigungen und deren Zusammenschlüsse im Rahmen ihres satzungsmäßigen Aufgabenbereiches für ihre Mitglieder erbringen würden. Diese Voraussetzungen würden von dem Q S1 Deutschland e.V. aber nicht erfüllt und könnten daher auch nicht von der s2cn gGmbH erfüllt werden. Schließlich sei aber auch die Höhe der geltend gemachten Gebühr zu beanstanden, da bei der Geltendmachung von Gebühren in Höhe von 90 % der Gebühren mangels eines ausreichenden Abstandes zu den Rechtsanwaltsgebühren nach dem RVG eine Gewinnerzielungsabsicht unterstellt werden könne. Eine solche sei aber im Rahmen von § 7 RDG unzulässig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese lagen dem Gericht vor und waren Gegenstand der Beratung.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht war nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) berechtigt, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ausdrücklich zugestimmt.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Bescheid vom 01.03.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.07.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten nach § 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Nachdem die Beklagte bereits im Bescheid vom 19.06.2012 bestandskräftig verfügt hat, dass der Klägerin die ihr zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen erstattet werden und dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten erforderlich war, hatte die Kammer nur zu entscheiden, ob der Klägerin – entsprechend ihrem Begehren – ein Kostenerstattungsanspruch zusteht (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 09.12.2010, Az.: B 13 R 63/09 R). Die Klägerin hat aber keinen Anspruch auf Festsetzung ihrer Kosten für das Widerspruchsverfahren gegen die Beklagte.
Maßgebliche Rechtsgrundlage für einen Aufwendungserstattungsanspruch der Klägerin ist § 63 SGB X. Gemäß § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X sind Kosten der Arbeit eines Bevollmächtigten, der nicht aufgrund einer gesetzlichen Gebührenordnung abrechnen kann, dann erstattungsfähig, wenn sie als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Aufwendungen anzusehen sind (BSG, Urteile vom 29.03.2007, Az.: B 9a SB 3/05 R und B 9a SB 6/05 R). Hierzu hat das BSG mit seinen Urteilen vom 29.03.2007 (a.a.O.) klargestellt, dass danach grundsätzlich Aufwendungen, die durch die Inanspruchnahme der zulässigen Rechtsberatung oder Vertretung durch einen Bevollmächtigten, der nicht wie z.B. ein Rechtsanwalt nach einer (gesetzlichen) Gebührenordnung abrechnen kann, entstehen, grundsätzlich auch geltend gemacht werden können. Dieses Verständnis der gesetzlichen Regelung ergibt sich im Wesentlichen aus der Anwendung der durch Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gebotenen Gleichbehandlung der Widerspruchsführer, die sich durch einen Bevollmächtigten, der nach einer gesetzlichen Gebührenordnung abrechnen kann, vertreten lassen und andererseits denjenigen, die sich durch einen Sozialverband bzw. dessen Rechtsschutz GmbH vertreten lassen. Beide, sowohl Rechtsanwälte als auch die Verbände durch ihre in ihrem alleinigen wirtschaftlichen Eigentum stehenden juristischen Personen sind befugt, für die Verbandsmitglieder gegen Entgelt Dienstleistungen insbesondere in sozialrechtlichen Angelegenheiten zu erbringen. Ein Ausschluss der durch einen Verband vertretenen Widerspruchsführer von einer Kostenerstattung wäre nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.
Zur Wahrung gemeinschaftlicher Interessen gegründete Vereinigungen dürfen nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG Rechtsdienstleistungen für ihre Mitglieder erbringen. Die Rechtsdienstleistungen können durch eine im alleinigen wirtschaftlichen Eigentum der Vereinigungen stehende juristische Person erbracht werden. Diese Vertretung durch Verbände und durch von diesen gegründete juristische Personen kommt nach der gesetzgeberischen Wertung sowohl im SGG als auch im SGB X einer Vertretung durch Rechtsanwälte gleich: Beide sind vertretungsbefugt vor den Sozial- und Landessozialgerichten sowie postulationsfähig vor dem Revisionsgericht (§ 73 Abs. 2, 4 SGG) und beide sind befugt, im Verwaltungsverfahren als Bevollmächtigte und Beistände aufzutreten (§ 13 Abs. 5 und 6 SGB X). Die genannten Bevollmächtigten dürfen dem Grunde nach Kosten für ihre Tätigkeit erheben; insbesondere betrifft § 7 RDG auch entgeltliche Tätigkeiten. Nach alledem gibt es zwischen Rechtsanwälten und Verbandsvertretern als (mögliche) Bevollmächtigte im Widerspruchsverfahren keine Unterschiede, die eine gänzlich abweichende Behandlung bei der Kostenerstattung nach § 63 SGB X hinreichend begründen könnten (Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 27.03.2014, Az.: L 7 R 1940/12 m.w.N.). Zur Vermeidung eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz muss § 63 SGB X daher eine Grundlage für eine Kostenerstattung bei Verbandsvertretung entnommen werden. Es entfällt lediglich die Privilegierung, dass die Höhe der Kosten wie bei einer gesetzlichen Gebührenordnung als notwendig gilt.
Voraussetzung für eine Kostenerstattung ist die Rechtswirksamkeit der Forderung der s2cn gGmbH gegen die Klägerin in Höhe von 252,52 EUR. Einen entsprechenden entgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag hat die Klägerin am 14.03.2012 geschlossen. Wenn auch offenbar ein schriftlicher Vertrag nicht vorliegt, kam eine entsprechende Vereinbarung zumindest konkludent zustande. Nach Erhebung des Widerspruches hatte die Klägerin der s2cn gGmbH und im Einzelnen den bei ihr beschäftigten Juristen am 14.03.2012 eine Vollmacht erteilt und sich im Widerspruchsverfahren von dieser Gesellschaft vertreten lassen. Diese hat ihrerseits die Vertretung auch tatsächlich durchgeführt. Unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung kommt diesem Verhalten der Erklärungswert zu, dass eine entsprechende entgeltliche Rechtsdienstleistung vereinbart wurde. Ein zumindest konkludenter Geschäftsbesorgungsvertrag liegt somit vor.
Zur Überzeugung der Kammer liegt aber ein Verstoß gegen die Vorschriften der §§ 3, 7 RDG vor, der gem. § 134 Bürgerliches Gesetzbuches (BGB) die Nichtigkeit der Kostenverpflichtung der Klägerin zu Folge hat (vgl. LSG Baden-Württemberg a.a.O., Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 06.05.1993, Az.: V ZB 9/92 – zum RBerG). Nach § 3 RDG ist die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen – wie hier der Führung eines Widerspruchsverfahrens – nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch dieses Gesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt ist. Erlaubt sind nach § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG Rechtsdienstleistungen, die berufliche oder andere zur Wahrung gemeinschaftlicher Interessen gegründete Vereinigungen und deren Zusammenschlüsse, im Rahmen ihres satzungsmäßigen Aufgabenbereichs für ihre Mitglieder oder für die Mitglieder der ihnen angehörenden Vereinigungen oder Einrichtungen erbringen, soweit sie gegenüber der Erfüllung ihrer übrigen satzungsmäßigen Aufgaben nicht von übergeordneter Bedeutung sind. Die Rechtsdienstleistungen können durch eine im alleinigen wirtschaftlichen Eigentum der in § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG genannten Vereinigungen oder Zusammenschlüsse stehende juristische Person erbracht werden (§ 7 Abs. 1 S. 2 RDG).
Es ist schon fraglich, ob der satzungsmäßige Aufgabenbereich des Verbandes, dessen Mitglied die Klägerin ist, die Rechtsberatung erfasst (vgl. hierzu Sozialgericht Stuttgart, Beschluss vom 26.05.2014, Az.: S 4 SG 4007/13 E – zur Mitgliedschaft im Blinden- und Sehbehindertenverband – BSVW). Die Klägerin ist Mitglied im Q S1 Deutschland e.V., der kooperatives Mitglied im DBSV ist. Der DBSV wiederum ist Gesellschafter der s2cn gGmbH. Aus der Satzung der Q S1 Deutschland e.V. ergibt sich in § 2 Abs. 1, dass der Verein eine Selbsthilfeorganisation von an Netzhautdegeneration erkrankten Personen im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ist. Nach § 3 der Satzung sind die Ziele des Vereins auf die unmittelbare und ausschließliche Erfüllung gemeinnütziger Aufgaben im Sinne des Abschnitts "Steuerbegünstigte Zwecke" der Abgabenordnung gerichtet. Nach § 2 Abs. 2 der Satzung sind die Zwecke des Vereins 1. die Förderung der Forschung auf dem Gebiet der Netzhautdegenerationen mit dem Ziel, diese Erkrankungen einer Therapie zugänglich zu machen, 2. die Information, Beratung und praktische Hilfeleistung für die von Netzhautdegeneration betroffenen Personen und für ihre Angehörigen, 3. die Aufklärung der Öffentlichkeit über Netzhautdegenerationen und deren Auswirkungen sowie 3. die Einflussnahme auf staatliche und private Institutionen, gesellschaftliche Gruppen und Einzelpersonen mit dem Ziel einer wirksamen und umfassenden Unterstützung der Belange der Betroffenen und der Forschung. Die Vereinsziele sollen nach § 2 Abs. 3 insbesondere erreicht werden durch 1. die Anregung und Unterstützung von Forschung auf dem Gebiet der Netzhautdegenerationen sowie Beteiligung an Forschungsprojekten, 2. regelmäßige Zusammenkünfte und Veranstaltungen, 3. die Förderung des Erfahrungsaustausches zwischen den Betroffenen, 4. die Förderung der Entwicklung technischer Hilfen, 5. die Herausgabe von Informations- und Dokumentationsmaterial über Netzhautdegenerationen, 6. die Beratung der Mitglieder in Fragen der Berufswahl, der Ausbildung sowie der beruflichen und sozialen Rehabilitation, 7. die Pflege von Kontakten und Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Organisationen, Institutionen und Persönlichkeiten aus den Bereichen der Medizin und Wissenschaft, des Behindertenwesens, des öffentlichen Lebens und der Wirtschaft sowie 8. der Errichtung und Unterstützung von Stiftungen für Betroffene von Netzhautdegenerationen. Rechtsberatung und Rechtsvertretung sind in der Satzung nicht explizit vorgesehen.
Selbst wenn man auf die Regelungen in der Satzung des Dachverbandes DBSV abstellen würde, in dessen Satzung in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Nr. 2 bestimmt ist, dass der Verband seine Aufgaben insbesondere durch die Rechtsberatung, Rechtsvertretung und Verbandsklagen in behinderungsspezifischen Angelegenheiten erfüllt, ergibt sich kein anderes Ergebnis. Denn das BSG hat in seinen Urteilen vom 29.03.2007 (a.a.O.), denen sich die Kammer nach eingehender Prüfung anschließt, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass, sofern Kosten erhoben werden, der Anspruch auf Rechtsdienstleistungen und die damit korrelierende Kostenerhebung in einer satzungsrechtlichen Regelung wurzeln muss. Ein bloßer Geschäftsbesorgungsvertrag reicht insoweit nicht aus. Aus der satzungsrechtlichen Grundlage muss dabei für Vereinsmitglieder wie auch Dritte klar und deutlich erkennbar sein, unter welchen Voraussetzungen sowie in welcher Höhe die Forderung entsteht und ob das Vereinsmitglied sie ggf. in dieser Höhe endgültig tragen muss (BSG a.a.O.). Weder die Satzung des Q S1 Deutschland e.V. noch des DBSV beinhalten eine Regelung, aus der sich ergibt, dass die s2cn gGmbH beauftragt wird. Auch ergibt sich aus den Satzungen nicht, welche Kosten anfallen. Ebenso wie die gesetzliche Gebührenordnungen eine Grundlage dafür bilden, dass die Entstehung und Höhe einer Kostenforderung nachvollzogen werden kann und damit gleichzeitig die Notwendigkeit der Kosten nachgewiesen ist, müssen aber auch die satzungsrechtlichen Regelungen eine Gewähr für eine solche Nachvollziehbarkeit und Notwendigkeit bieten (BSG a.a.O.).
Eine solche satzungsrechtliche Regelung hat die s2cn gGmbH mit Ihrer Nutzungssatzung unbekannten Datums (Bl. 52 der Gerichtsakte), in der die Konditionen, unter denen Rechtsdienstleistungen von der s2cn gGmbH in Anspruch genommen werden können, zwar geschaffen, doch ist der Formulierung des BSG zu entnehmen, dass die vorbenannten Regelungen "für Vereinsmitglieder" klar und deutlich erkennbar sein müssen. Die Klägerin ist Mitglied im Q S1 Deutschland e.V. Weder in dessen Satzung noch in der Satzung des DBSV ist jedoch erwähnt, dass die Rechtsvertretung für die (Vereins-) Mitglieder durch die s2cn gGmbH durchgeführt wird und hierdurch Kosten entstehen. Durch die explizite Herausstellung, dass die Regelungen "für Vereinsmitglieder" klar und deutlich erkennbar sein müssen, lässt sich nur folgern, dass die Vereinssatzung des Vereins gemeint ist, in welchem die Klägerin Mitglied ist. Diese Anforderungen sind jedoch vorliegend nicht erfüllt.
Darüber hinaus ist Zweck der s2cn gGmbH gemäß § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages die Schaffung von Dauerarbeitsplätzen für behinderte Menschen, deren sonstige Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufgrund von Behinderung auf besondere Schwierigkeiten stößt. Wie § 2 Abs. 2 und 3 des Gesellschaftsvertrages sodann erkennen lässt, ist die Rechtsberatung lediglich zum einen ein Mittel, um die beschäftigten Menschen mit Behinderungen zu fördern und ihre Fähigkeiten zu stabilisieren und zum anderen, um den Geschäftsbetrieb zu finanzieren. Das Wort insbesondere in § 2 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages zeigt zudem, dass die Rechtsberatung nur eines der Mittel zur Sicherstellung der rechtsberatungsfremden Gesellschaftszwecke ist. Auf welchen Motiven die Entscheidung der Gesellschaftsgründer beruhten, der Gesellschaft diesen statt einen anderen Zweck aufzuerlegen, beispielsweise der vorgetragene Wunsch des zuständigen Finanzamtes, kann für die hiesige Beurteilung nicht von Bedeutung sein, da schon aus Gründen der Rechtssicherheit allein der Gesellschaftsvertrag maßgeblich ist.
Ob und ggf. in welcher Form die Klägerin daneben eine ergänzende Mandatsvereinbarung unterzeichnet hat, was vorliegend nicht erkennbar ist, kann daneben dahinstehen. Denn in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) ist zu fordern, dass die Klägerin vor einer Mandatierung über die vorgenannten Regelungen vollständig im Bilde ist. Eine ergänzende Mandatsvereinbarung ersetzt aber nicht die notwendige satzungsrechtliche Grundlage des Vereins, in dem die Klägerin Mitglied ist.
Damit war die Klage mit der sich aus § 193 SGG ergebenden Kostenfolge abzuweisen.
Die Berufung ist nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG nicht zulässig, da der Wert der Beschwer einen Betrag von 750,00 EUR nicht überschreitet. Auch war die Berufung nicht zuzulassen, da Gründe für die Zulassung der Berufung nach § 144 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob und in welcher Höhe der Klägerin nach § 63 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – die Kosten für Bevollmächtigte im erfolgreich abgeschlossenen Vorverfahren zu erstatten sind.
Die Klägerin ist Mitglied im Q S1 Deutschland e.V., der kooperatives Mitglied im Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband e.V. (DBSV) ist. Der DBSV wiederum ist Gesellschafter der Rechtsberatungsgesellschaft der Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfeorganisationen (DBSV, DVBS und Q S1 Deutschland e.V.), s2cn gemeinnützige GmbH (s2cn gGmbH).
Am 26.01.2012 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form eines behindertengerechten Bildschirmarbeitsplatzes mit entsprechender Computerschulung (vgl. Angebot des Büros für Barrierefreie Bildung). Mit Bescheid vom 30.01.2012 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin nicht erheblich gefährdet oder gemindert sei, weil sie in der Lage sei, eine Beschäftigung als Masseurin und Bademeisterin weiterhin auszuüben. Die persönlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben würden somit nicht vorliegen. Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 06.02.2012 Widerspruch. Sie teilte mit, dass ihre Tätigkeit als Physiotherapeutin therapeutische Arbeit, Beratung, Schulungen, Dokumentationen und das Begleiten von Arbeitskreisen im Bereich Ergonomie umfasse. Ab Mitte des Jahres würden die Dokumentationspflichten erweitert und es werde keine Tageslichtprojektoren mehr geben. Sie brauche daher Kenntnisse im PowerPoint. Wegen ihrer starken Sehbehinderung könne sie diese Arbeiten aber nicht in einer angemessenen Zeit erledigen. Ein Bildschirmarbeitsplatz mit Vergrößerungssoftware und entsprechender Schulung würde ihren Arbeitsplatz langfristig sichern und sie hätte die Chance, ihre Arbeitszeit zu erweitern. Mit Schreiben vom 12.03.2012 teilte die Beklagte ihr mit, dass zur Entscheidung über den Widerspruch eine Stellungnahme zu bestimmten – im Schreiben genannten – Fragen erforderlich sei. Daraufhin meldete sich für die Klägerin der Geschäftsführer der s2cn gGmbH (im Folgenden Klägerbevollmächtigter genannt) und teilte unter Vorlage einer Vollmacht mit, dass durch ihn die rechtlichen Interessen der Klägerin vertreten würden. Er teilte u.a. mit, dass der von der Klägerin beantragte Laptop für die Ausübung ihrer Tätigkeit zwingend erforderlich sei. Mit Bescheid vom 25.04.2012 bewilligte die Beklagte der Klägerin daraufhin Hilfsmittel am Arbeitsplatz als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, gewährte jedoch nicht die Kosten für die beantragte Schulung im Umgang mit der Hilfsmittelausstattung. Hiergegen erhob die Klägerin durch den Klägerbevollmächtigten "Teilwiderspruch". Sie teilte mit, dass sie bisher nicht mit einer derartigen Arbeitsplatzausstattung habe arbeiten können, so dass ihr der Umgang mit den technischen Hilfen nahezu vollständig fremd sei. Mit Bescheid vom 19.06.2012 gewährte die Beklagte der Klägerin auch die Kosten für die Einweisung am Arbeitsplatz. Auch teilte sie mit, dass die der Klägerin durch das Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen auf Antrag in vollem Umfang erstattet würden. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten sei erforderlich gewesen.
Der Klägerbevollmächtigte teilte daraufhin mit Schreiben vom 10.07.2012 mit, dass sich der Widerspruch durch die vollständige Abhilfe erledigt habe und übersandte eine Kostenrechnung über einen Betrag von 252,52 EUR mit der Bitte um Ausgleich. Dabei legte er die folgenden Einzelpositionen zugrunde:
1. Geschäftsgebühr in sozialrechtlichen Angelegenheiten (Nr. 2400 VV RVG; 90 % von 240,00 EUR)
216,00 EUR 2. Auslagenpauschale (Nr. 7002 VV RVG) 20,00 EUR 3. Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG) 16,52 EUR
Gesamtsumme 252,52 EUR
Mit Schreiben vom 01.11.2012 bat die Beklagte den Klägerbevollmächtigten um die Mitteilung, in welchem Verein der s2cn gGmbH die Klägerin Mitglied sei und seit wann diese Mitgliedschaft bestehe. Daraufhin teilte der Klägerbevollmächtigte mit, dass die Klägerin seit dem 01.09.2005 Mitglied bei der Q S1 Deutschland e.V. sei. Seinem Schreiben fügte er die Satzung der Q S1 Deutschland e.V. bei, aus der folgt, dass es sich bei der Q S1 Deutschland e.V. um eine Selbsthilfeorganisation von an Netzhautdegeneration erkrankten Personen im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland handelt.
Die Beklagte wies mit Schreiben vom 08.02.2013 darauf hin, dass sie weder dem Gesellschaftsvertrag der s2cn gGmbH vom 05.06.2009 noch dem Handelsregisterauszug vom 30.10.2009 oder der s2cn gGmbH Nutzungssatzung vom 13.09.2010 entnehmen könne, dass die Q S1 Deutschland e.V. zu den Gesellschaftern der s2cn gGmbH gehöre. Auch enthalte die Satzung der Q S1 Deutschland e.V. vom 07.10.2006 keinen Hinweis darauf, dass die Rechtsvertretung der Mitglieder in sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheiten zu den Aufgaben des Vereins gehöre. Es werde daher um die Mitteilung gebeten, nach welcher Rechtsgrundlage die Forderung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) geltend gemacht werde.
Der Klägerbevollmächtigte führte mit Schreiben vom 19.02.2013 aus, dass die Q S1 Deutschland e.V. kooperatives Mitglied bei der Deutschen Blindenstudienanstalt e.V. (DBSV), bei der es sich um einen Gesellschafter der s2cn gGmbH handele, sei. Beim DBSV handele es sich um einen sogenannten "Verband der Verbände", d.h. einem Dachverband bei dem keine natürliche Person, sondern nur juristische Personen wie Landesblindenverbände, selbständige Ortsverbände oder andere Selbsthilfeorganisationen und Einrichtungen Mitglieder werden könnten. Darüber hinaus folge aus § 2 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 6 der Satzung der Q S1 Deuschland e.V., dass die Rechtsberatung durch die s2cn gGmbH von dem satzungsmäßigen Zweck der Q S1 Deutschland e.V. erfasst sei.
Mit Bescheid vom 01.03.2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die geltend gemachten Kosten für die Vertretung im Widerspruchsverfahren durch die s2cn gGmbH nicht erstattungsfähig seien. Zur Begründung führte sie aus, dass die Kosten der Arbeit eines Verbandsvertreters, der nicht nach einer gesetzlichen Gebührenordnung abrechnen könne, im Widerspruchsverfahren zwar grundsätzlich als notwendige Aufwendung erstattungsfähig seien. Voraussetzung sei allerdings, dass die Forderung, mit welcher die Kostenerstattung für einen Verbandsvertreter gegenüber dem Widerspruchsführer geltend gemacht würde, rechtswirksam sei. Die Rechtswirksamkeit sei insbesondere an § 7 Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen (Rechtsdienstleistungsgesetz – RDG) zu messen. Nach dem Gesellschaftsvertrag der s2cn gGmbH könne aber nicht davon ausgegangen werden, dass die Gesellschaft ausschließlich zur Ausübung der rechtsdienstleistenden Aufgaben der Gesellschafter gegründet worden sei. Nach § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages sei nämlich Zweck der Gesellschaft die Schaffung von Dauerarbeitsplätzen für behinderten Menschen, deren Fähigkeiten nach § 2 Abs. 2 gefördert und stabilisiert werden sollten. Der Gesetzgeber habe aber in der Gesetzesbegründung zu § 7 RDG zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine zum Zweck der Auslagerung der rechtsberatenden Tätigkeit gegründeten Gesellschaft handeln müsse, die naturgemäß und regelmäßig ausschließlich rechtsdienstleistende Aufgaben habe. Auch sei es nach dem Gesellschaftsvertrag der s2cn gGmbH, insbesondere nach § 2 Abs. 2, nicht ausgeschlossen, dass die Gesellschaft auch Rechtsdienstleistungen für Personen erbringe, die nicht Mitglied in einem Verband der Gesellschafter sei. Damit sei die s2cn gGmbH keine Gesellschaft, die nach § 7 RDG rechtmäßig Rechtsdienstleistungen erbringen dürfe. Des Weiteren sei die Klägerin Mitglied in der Q S1 Deutschland e.V., die dem DBSV als kooperatives Mitglied angehöre. Der DBSV sei wiederum Gesellschafter der s2cn gGmbH. Der Satzung der Q S1 Deutschland e.V. könne aber nicht entnommen werden, dass die Rechtsvertretung ihrer Mitglieder in sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheiten zu den Aufgaben des Vereins gehöre. Damit sei die Auslagerung einer nicht vorhandenen Aufgabe in eine eigenständige Gesellschaft nicht möglich. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass eine rechtmäßige Forderung der s2cn gGmbH der Klägerin gegenüber bestehe, so dass die geltend gemachten Kosten nicht erstattungsfähig seien.
Hiergegen erhob die Klägerin vertreten durch den Klägerbevollmächtigten Widerspruch. Zur Begründung verwies sie auf den Beschluss des Sozialgerichts Trier vom 25.09.2012, Az.: S 5 KR 179/11.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.07.2013 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung wiederholte sie ihre bisherigen Ausführungen. Ergänzend teilte sie mit, dass dem Beschluss des Sozialgerichts Trier vom 25.09.2012 (a.a.O.) nicht gefolgt werden könne, da darin keine Auseinandersetzung mit dem Gesellschaftsvertrag und dem RDG erfolgt sei.
Die Klägerin hat am 13.08.2013 Klage erhoben.
Sie trägt vor, dass – entgegen der Ansicht der Beklagten – ausschließlich auf die Satzung des DBSV e.V. und nicht auf die des Q S1 Deutschland e.V. abzustellen sei. Gesellschafter der s2cn gGmbH sei nämlich nur der DBSV e.V. und nicht der Q S1 Deutschland e.V. Wenn in § 2 Abs. 1 der Zweck der Gesellschaft mit der Beschäftigung behinderter Menschen benannt werde, dann sei dies maßgeblich dem Wunsch des zuständigen Finanzamtes geschuldet, für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit auf das Wie der Leistungserbringung abzustellen. In § 2 Abs. 2 Nr. 2b der Satzung des DBSV e.V. werde ausgeführt, dass zu den Aufgaben des Verbandes die Rechtsberatung und -vertretung in behinderungsspezifischen Angelegenheiten gehöre. Mithin zähle zu den Aufgaben des DBSV e.V. auch die Rechtsberatung und –vertretung in sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheiten. Der Gegenstand der Tätigkeit der s2cn gGmbH ergebe sich zum einen aus § 2 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages, wo es heiße: "( ...) insbesondere durch die außergerichtliche Vertretung der Mitglieder der Gesellschafter und deren Untergliederungen gegenüber Behörden und sonstigen Dritten sowie bei den Gerichten der Sozial- und Verwaltungsgerichtsbarkeit in Angelegenheiten im Zusammenhang mit deren Behinderung und im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen." und zum anderen aus der Nutzungssatzung. Wenn die Beschreibung der Tätigkeit durch ein "insbesondere" eingeleitet werde, dann sei diese Formulierung der Tatsache geschuldet, dass die s2cn gGmbH auch Dienstleistungen gegenüber den Gesellschafterverbänden und deren Untergliederungen in Form von z.B. Rechtsgutachten erbringe. Generell würden aber nur die ca. 35.000 Mitglieder der Gesellschafterorganisationen beraten und vertreten. Die in § 2 Abs. 1 der Nutzungssatzung gewählte Formulierung lasse keine Ausnahme zu, so dass eine Vertretung von Nichtmitgliedern ausgeschlossen sei. Ein Verstoß gegen § 7 Abs. 1 S. 1 RDG durch die Konkretisierung der Tätigkeit in Gestalt einer Nutzungssatzung zum Gesellschaftsvertrag liege nicht vor. Aus der Nutzungssatzung würde sich unmissverständlich ergeben, dass durch die Beauftragung der s2cn gGmbH Kosten in Anlehnung an das RVG entstehen würden. Die von der s2cn gGmbH erhobene Forderung sei damit rechtswirksam.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 01.03.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.07.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die Aufwendungen für ihren Bevollmächtigten im Vorverfahren in Höhe von 252,52 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig und verweist zur Begründung auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 17.07.2013. Ergänzend führt sie aus, dass sie die s2cn gGmbH nicht für eine juristische Person i.S.d. § 7 Abs. 1 S. 2 RDG halte, da der Gesellschaftszweck der s2cn gGmbH nicht die Erbringung von Rechtsdienstleistungen, die von ihren Gesellschaftern ausgelagert worden seien, sei. Vielmehr sei nach § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages Zweck der Gesellschaft die Schaffung von Dauerarbeitsplätzen für behinderte Menschen, deren Fähigkeiten nach § 2 Abs. 1 gefördert und stabilisiert werden sollten. Die s2cn gGmbH sei damit nicht eigens für die Erbringung von Rechtsdienstleistungen für die Mitglieder ihrer Gesellschaftsverbände gegründet worden und erbringe nicht ausschließlich Rechtsdienstleistungen. Die Tätigkeit der s2cn gGmbH sei daher nicht mehr von § 7 Abs. 1 S. 2 RDG gedeckt. Darüber hinaus gehe aus der Satzung des Q S1 Deutschland e.V. nicht hervor, dass der Verein seine Mitglieder in sozialrechtlichen Angelegenheiten rechtlich vertrete. Dementsprechend enthalte sie auch keine Regelung über eine Kostenbeteiligung der Mitglieder. Nach § 7 Abs. 1 RDG seien nur Rechtsdienstleistungen erlaubt, die berufliche oder andere zur Wahrnehmung gemeinschaftlicher Interessen gegründete Vereinigungen und deren Zusammenschlüsse im Rahmen ihres satzungsmäßigen Aufgabenbereiches für ihre Mitglieder erbringen würden. Diese Voraussetzungen würden von dem Q S1 Deutschland e.V. aber nicht erfüllt und könnten daher auch nicht von der s2cn gGmbH erfüllt werden. Schließlich sei aber auch die Höhe der geltend gemachten Gebühr zu beanstanden, da bei der Geltendmachung von Gebühren in Höhe von 90 % der Gebühren mangels eines ausreichenden Abstandes zu den Rechtsanwaltsgebühren nach dem RVG eine Gewinnerzielungsabsicht unterstellt werden könne. Eine solche sei aber im Rahmen von § 7 RDG unzulässig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese lagen dem Gericht vor und waren Gegenstand der Beratung.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht war nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) berechtigt, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ausdrücklich zugestimmt.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Bescheid vom 01.03.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.07.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten nach § 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Nachdem die Beklagte bereits im Bescheid vom 19.06.2012 bestandskräftig verfügt hat, dass der Klägerin die ihr zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen erstattet werden und dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten erforderlich war, hatte die Kammer nur zu entscheiden, ob der Klägerin – entsprechend ihrem Begehren – ein Kostenerstattungsanspruch zusteht (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 09.12.2010, Az.: B 13 R 63/09 R). Die Klägerin hat aber keinen Anspruch auf Festsetzung ihrer Kosten für das Widerspruchsverfahren gegen die Beklagte.
Maßgebliche Rechtsgrundlage für einen Aufwendungserstattungsanspruch der Klägerin ist § 63 SGB X. Gemäß § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X sind Kosten der Arbeit eines Bevollmächtigten, der nicht aufgrund einer gesetzlichen Gebührenordnung abrechnen kann, dann erstattungsfähig, wenn sie als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Aufwendungen anzusehen sind (BSG, Urteile vom 29.03.2007, Az.: B 9a SB 3/05 R und B 9a SB 6/05 R). Hierzu hat das BSG mit seinen Urteilen vom 29.03.2007 (a.a.O.) klargestellt, dass danach grundsätzlich Aufwendungen, die durch die Inanspruchnahme der zulässigen Rechtsberatung oder Vertretung durch einen Bevollmächtigten, der nicht wie z.B. ein Rechtsanwalt nach einer (gesetzlichen) Gebührenordnung abrechnen kann, entstehen, grundsätzlich auch geltend gemacht werden können. Dieses Verständnis der gesetzlichen Regelung ergibt sich im Wesentlichen aus der Anwendung der durch Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gebotenen Gleichbehandlung der Widerspruchsführer, die sich durch einen Bevollmächtigten, der nach einer gesetzlichen Gebührenordnung abrechnen kann, vertreten lassen und andererseits denjenigen, die sich durch einen Sozialverband bzw. dessen Rechtsschutz GmbH vertreten lassen. Beide, sowohl Rechtsanwälte als auch die Verbände durch ihre in ihrem alleinigen wirtschaftlichen Eigentum stehenden juristischen Personen sind befugt, für die Verbandsmitglieder gegen Entgelt Dienstleistungen insbesondere in sozialrechtlichen Angelegenheiten zu erbringen. Ein Ausschluss der durch einen Verband vertretenen Widerspruchsführer von einer Kostenerstattung wäre nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.
Zur Wahrung gemeinschaftlicher Interessen gegründete Vereinigungen dürfen nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG Rechtsdienstleistungen für ihre Mitglieder erbringen. Die Rechtsdienstleistungen können durch eine im alleinigen wirtschaftlichen Eigentum der Vereinigungen stehende juristische Person erbracht werden. Diese Vertretung durch Verbände und durch von diesen gegründete juristische Personen kommt nach der gesetzgeberischen Wertung sowohl im SGG als auch im SGB X einer Vertretung durch Rechtsanwälte gleich: Beide sind vertretungsbefugt vor den Sozial- und Landessozialgerichten sowie postulationsfähig vor dem Revisionsgericht (§ 73 Abs. 2, 4 SGG) und beide sind befugt, im Verwaltungsverfahren als Bevollmächtigte und Beistände aufzutreten (§ 13 Abs. 5 und 6 SGB X). Die genannten Bevollmächtigten dürfen dem Grunde nach Kosten für ihre Tätigkeit erheben; insbesondere betrifft § 7 RDG auch entgeltliche Tätigkeiten. Nach alledem gibt es zwischen Rechtsanwälten und Verbandsvertretern als (mögliche) Bevollmächtigte im Widerspruchsverfahren keine Unterschiede, die eine gänzlich abweichende Behandlung bei der Kostenerstattung nach § 63 SGB X hinreichend begründen könnten (Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 27.03.2014, Az.: L 7 R 1940/12 m.w.N.). Zur Vermeidung eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz muss § 63 SGB X daher eine Grundlage für eine Kostenerstattung bei Verbandsvertretung entnommen werden. Es entfällt lediglich die Privilegierung, dass die Höhe der Kosten wie bei einer gesetzlichen Gebührenordnung als notwendig gilt.
Voraussetzung für eine Kostenerstattung ist die Rechtswirksamkeit der Forderung der s2cn gGmbH gegen die Klägerin in Höhe von 252,52 EUR. Einen entsprechenden entgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag hat die Klägerin am 14.03.2012 geschlossen. Wenn auch offenbar ein schriftlicher Vertrag nicht vorliegt, kam eine entsprechende Vereinbarung zumindest konkludent zustande. Nach Erhebung des Widerspruches hatte die Klägerin der s2cn gGmbH und im Einzelnen den bei ihr beschäftigten Juristen am 14.03.2012 eine Vollmacht erteilt und sich im Widerspruchsverfahren von dieser Gesellschaft vertreten lassen. Diese hat ihrerseits die Vertretung auch tatsächlich durchgeführt. Unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung kommt diesem Verhalten der Erklärungswert zu, dass eine entsprechende entgeltliche Rechtsdienstleistung vereinbart wurde. Ein zumindest konkludenter Geschäftsbesorgungsvertrag liegt somit vor.
Zur Überzeugung der Kammer liegt aber ein Verstoß gegen die Vorschriften der §§ 3, 7 RDG vor, der gem. § 134 Bürgerliches Gesetzbuches (BGB) die Nichtigkeit der Kostenverpflichtung der Klägerin zu Folge hat (vgl. LSG Baden-Württemberg a.a.O., Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 06.05.1993, Az.: V ZB 9/92 – zum RBerG). Nach § 3 RDG ist die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen – wie hier der Führung eines Widerspruchsverfahrens – nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch dieses Gesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt ist. Erlaubt sind nach § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG Rechtsdienstleistungen, die berufliche oder andere zur Wahrung gemeinschaftlicher Interessen gegründete Vereinigungen und deren Zusammenschlüsse, im Rahmen ihres satzungsmäßigen Aufgabenbereichs für ihre Mitglieder oder für die Mitglieder der ihnen angehörenden Vereinigungen oder Einrichtungen erbringen, soweit sie gegenüber der Erfüllung ihrer übrigen satzungsmäßigen Aufgaben nicht von übergeordneter Bedeutung sind. Die Rechtsdienstleistungen können durch eine im alleinigen wirtschaftlichen Eigentum der in § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG genannten Vereinigungen oder Zusammenschlüsse stehende juristische Person erbracht werden (§ 7 Abs. 1 S. 2 RDG).
Es ist schon fraglich, ob der satzungsmäßige Aufgabenbereich des Verbandes, dessen Mitglied die Klägerin ist, die Rechtsberatung erfasst (vgl. hierzu Sozialgericht Stuttgart, Beschluss vom 26.05.2014, Az.: S 4 SG 4007/13 E – zur Mitgliedschaft im Blinden- und Sehbehindertenverband – BSVW). Die Klägerin ist Mitglied im Q S1 Deutschland e.V., der kooperatives Mitglied im DBSV ist. Der DBSV wiederum ist Gesellschafter der s2cn gGmbH. Aus der Satzung der Q S1 Deutschland e.V. ergibt sich in § 2 Abs. 1, dass der Verein eine Selbsthilfeorganisation von an Netzhautdegeneration erkrankten Personen im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ist. Nach § 3 der Satzung sind die Ziele des Vereins auf die unmittelbare und ausschließliche Erfüllung gemeinnütziger Aufgaben im Sinne des Abschnitts "Steuerbegünstigte Zwecke" der Abgabenordnung gerichtet. Nach § 2 Abs. 2 der Satzung sind die Zwecke des Vereins 1. die Förderung der Forschung auf dem Gebiet der Netzhautdegenerationen mit dem Ziel, diese Erkrankungen einer Therapie zugänglich zu machen, 2. die Information, Beratung und praktische Hilfeleistung für die von Netzhautdegeneration betroffenen Personen und für ihre Angehörigen, 3. die Aufklärung der Öffentlichkeit über Netzhautdegenerationen und deren Auswirkungen sowie 3. die Einflussnahme auf staatliche und private Institutionen, gesellschaftliche Gruppen und Einzelpersonen mit dem Ziel einer wirksamen und umfassenden Unterstützung der Belange der Betroffenen und der Forschung. Die Vereinsziele sollen nach § 2 Abs. 3 insbesondere erreicht werden durch 1. die Anregung und Unterstützung von Forschung auf dem Gebiet der Netzhautdegenerationen sowie Beteiligung an Forschungsprojekten, 2. regelmäßige Zusammenkünfte und Veranstaltungen, 3. die Förderung des Erfahrungsaustausches zwischen den Betroffenen, 4. die Förderung der Entwicklung technischer Hilfen, 5. die Herausgabe von Informations- und Dokumentationsmaterial über Netzhautdegenerationen, 6. die Beratung der Mitglieder in Fragen der Berufswahl, der Ausbildung sowie der beruflichen und sozialen Rehabilitation, 7. die Pflege von Kontakten und Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Organisationen, Institutionen und Persönlichkeiten aus den Bereichen der Medizin und Wissenschaft, des Behindertenwesens, des öffentlichen Lebens und der Wirtschaft sowie 8. der Errichtung und Unterstützung von Stiftungen für Betroffene von Netzhautdegenerationen. Rechtsberatung und Rechtsvertretung sind in der Satzung nicht explizit vorgesehen.
Selbst wenn man auf die Regelungen in der Satzung des Dachverbandes DBSV abstellen würde, in dessen Satzung in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Nr. 2 bestimmt ist, dass der Verband seine Aufgaben insbesondere durch die Rechtsberatung, Rechtsvertretung und Verbandsklagen in behinderungsspezifischen Angelegenheiten erfüllt, ergibt sich kein anderes Ergebnis. Denn das BSG hat in seinen Urteilen vom 29.03.2007 (a.a.O.), denen sich die Kammer nach eingehender Prüfung anschließt, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass, sofern Kosten erhoben werden, der Anspruch auf Rechtsdienstleistungen und die damit korrelierende Kostenerhebung in einer satzungsrechtlichen Regelung wurzeln muss. Ein bloßer Geschäftsbesorgungsvertrag reicht insoweit nicht aus. Aus der satzungsrechtlichen Grundlage muss dabei für Vereinsmitglieder wie auch Dritte klar und deutlich erkennbar sein, unter welchen Voraussetzungen sowie in welcher Höhe die Forderung entsteht und ob das Vereinsmitglied sie ggf. in dieser Höhe endgültig tragen muss (BSG a.a.O.). Weder die Satzung des Q S1 Deutschland e.V. noch des DBSV beinhalten eine Regelung, aus der sich ergibt, dass die s2cn gGmbH beauftragt wird. Auch ergibt sich aus den Satzungen nicht, welche Kosten anfallen. Ebenso wie die gesetzliche Gebührenordnungen eine Grundlage dafür bilden, dass die Entstehung und Höhe einer Kostenforderung nachvollzogen werden kann und damit gleichzeitig die Notwendigkeit der Kosten nachgewiesen ist, müssen aber auch die satzungsrechtlichen Regelungen eine Gewähr für eine solche Nachvollziehbarkeit und Notwendigkeit bieten (BSG a.a.O.).
Eine solche satzungsrechtliche Regelung hat die s2cn gGmbH mit Ihrer Nutzungssatzung unbekannten Datums (Bl. 52 der Gerichtsakte), in der die Konditionen, unter denen Rechtsdienstleistungen von der s2cn gGmbH in Anspruch genommen werden können, zwar geschaffen, doch ist der Formulierung des BSG zu entnehmen, dass die vorbenannten Regelungen "für Vereinsmitglieder" klar und deutlich erkennbar sein müssen. Die Klägerin ist Mitglied im Q S1 Deutschland e.V. Weder in dessen Satzung noch in der Satzung des DBSV ist jedoch erwähnt, dass die Rechtsvertretung für die (Vereins-) Mitglieder durch die s2cn gGmbH durchgeführt wird und hierdurch Kosten entstehen. Durch die explizite Herausstellung, dass die Regelungen "für Vereinsmitglieder" klar und deutlich erkennbar sein müssen, lässt sich nur folgern, dass die Vereinssatzung des Vereins gemeint ist, in welchem die Klägerin Mitglied ist. Diese Anforderungen sind jedoch vorliegend nicht erfüllt.
Darüber hinaus ist Zweck der s2cn gGmbH gemäß § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages die Schaffung von Dauerarbeitsplätzen für behinderte Menschen, deren sonstige Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufgrund von Behinderung auf besondere Schwierigkeiten stößt. Wie § 2 Abs. 2 und 3 des Gesellschaftsvertrages sodann erkennen lässt, ist die Rechtsberatung lediglich zum einen ein Mittel, um die beschäftigten Menschen mit Behinderungen zu fördern und ihre Fähigkeiten zu stabilisieren und zum anderen, um den Geschäftsbetrieb zu finanzieren. Das Wort insbesondere in § 2 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages zeigt zudem, dass die Rechtsberatung nur eines der Mittel zur Sicherstellung der rechtsberatungsfremden Gesellschaftszwecke ist. Auf welchen Motiven die Entscheidung der Gesellschaftsgründer beruhten, der Gesellschaft diesen statt einen anderen Zweck aufzuerlegen, beispielsweise der vorgetragene Wunsch des zuständigen Finanzamtes, kann für die hiesige Beurteilung nicht von Bedeutung sein, da schon aus Gründen der Rechtssicherheit allein der Gesellschaftsvertrag maßgeblich ist.
Ob und ggf. in welcher Form die Klägerin daneben eine ergänzende Mandatsvereinbarung unterzeichnet hat, was vorliegend nicht erkennbar ist, kann daneben dahinstehen. Denn in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) ist zu fordern, dass die Klägerin vor einer Mandatierung über die vorgenannten Regelungen vollständig im Bilde ist. Eine ergänzende Mandatsvereinbarung ersetzt aber nicht die notwendige satzungsrechtliche Grundlage des Vereins, in dem die Klägerin Mitglied ist.
Damit war die Klage mit der sich aus § 193 SGG ergebenden Kostenfolge abzuweisen.
Die Berufung ist nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG nicht zulässig, da der Wert der Beschwer einen Betrag von 750,00 EUR nicht überschreitet. Auch war die Berufung nicht zuzulassen, da Gründe für die Zulassung der Berufung nach § 144 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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