Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 27 KR 290/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 552/16
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Krankengeldes umstritten.
Der Kläger ist bei der beklagten Krankenkasse versichert. Dies beruhte zunächst auf einer seit dem 16.08.2008 ausgeübten Beschäftigung beim Restaurant C in E, dessen Inhaber der Zeuge Q M1 ist. Einen schriftlichen Arbeitsvertrag schloss der Kläger nicht, nach den Datev-Lohnabrechnungen erhielt der Kläger ein Arbeitsentgelt in Höhe von 1.800 EUR brutto, so auch im September 2010. Am 04.10.2010 erkrankte der Kläger arbeitsunfähig und bezog sein Entgelt fort. Mit Bescheid vom 30.11.2010 gewährte ihm die Beklagte ab dem 15.10.2010 Krankengeld in Höhe von 36,82 EUR. Dem lag die Entgeltbescheinigung des Arbeitgebers M1 vom 26.11.2010 zu Grunde, wonach der Kläger im Oktober 2010 ein Arbeitsentgelt von 1.800 EUR brutto erzielt habe, was ein Nettoentgelt von 1.415,84 EUR ergebe.
Der Kläger widersprach und machte geltend, die Beklagte habe das Krankengeld zu niedrig bemessen. Er habe vom damaligen Arbeitgeber zusätzlich eine Nettozahlung von 1.000 EUR erhalten. Er verwies auf ein Protokoll des Arbeitsgerichts Mönchengladbach aus dem Kündigungsschutzprozess vom 03.12.2010. Dort habe er erklärt, neben der üblichen Abrechnung monatlich einen weiteren Betrag in Höhe von 1.000 EUR netto in bar erhalten zu haben. Nach dem Protokoll einigte sich der Kläger ferner vergleichsweise mit dem Zeugen M1 über eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.11.2010 sowie eine Lohnabrechnung für November 2010 auf Basis eines Bruttomonatsgehalts von 1.800 EUR und eine Abfindung von 6.000 EUR. Ferner machte der Kläger geltend, das Finanzamt Hilden habe ihn im Einkommenssteuerbescheid für 2009 zur Entrichtung einer Einkommenssteuer ausgehend von einem Bruttogehalt in Höhe von 2.800 EUR herangezogen. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.08.2011 zurück. Das Krankengeld sei nach einem Bruttoarbeitsentgelt von 1.800 EUR und einem Nettoarbeitsentgelt in Höhe von 1.415,84 EUR zu bemessen. Die Höhe des Arbeitsentgeltes ergebe sich aus den Entgeltbescheinigungen, die zuträfen. Die Richtigkeit dieser Bescheinigungen folge auch aus dem mit dem ehemaligen Arbeitgeber geschlossenen Vergleich. Danach habe sich der Kläger mit seiner Behauptung, er habe zusätzlich 1.000 EUR erhalten, nicht durchsetzen können.
Mit seiner am 29.08.2011 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt.
Er ist weiterhin der Auffassung, das Krankengeld sei unter Berücksichtigung einer zusätzlichen Nettolohnzahlung von 1.000 EUR zu bemessen. Er habe seinerzeit vom Zeugen M1 gefordert, dass er für die Beschäftigung 2.500 EUR netto erhalte, womit sich dieser einverstanden erklärt habe. Letztlich habe er dann einen Scheck über die Nettozahlung von 1.400 EUR und zusätzlich 1.000 EUR in dem Briefumschlag mit der Lohnabrechnung erhalten. Seine Ehefrau könne bezeugen, dass er mit dem Geld, dem Scheck und der Lohnabrechnung nach Hause gekommen sei. Auch dem Zeugen P, der Geschäftsführer in dem über dem C gelegenen Betrieb "M2" gewesen sei und mit dem er im regen Austausch gestanden habe, sei bekannt gewesen, dass er – der Kläger – eine weitere Zahlung in Höhe von 1.000 EUR erhalten habe. Dafür, dass er diese erhalten habe, spreche, dass er jeweils Anfang des Monats einen Betrag zwischen 1.080 und 1.081 EUR in bar auf sein Girokonto eingezahlt habe, was sich z.B. aus den Kontoauszügen für die Monate Juli bis November 2010 ergebe. Hierbei handele es sich um die zusätzliche Lohnzahlung von 1.000 EUR und das Trinkgeld. Es wäre auch völlig abwegig, anzunehmen, er habe – wie aus dem Arbeitszeugnis ersichtlich – als Geschäftsführer gearbeitet und insoweit eine Bruttovergütung von lediglich 1.800 EUR brutto akzeptiert; nach dem DEHOGA-Tarifvertrag hätten ihm über 4.000 EUR brutto zugestanden. Ferner habe er für die zusätzlich erhaltenen 1.000 EUR Lohnsteuer entrichten müssen. Hierzu hat er die Unterlagen zur Einkommenssteuer 2008 bis 2010 vorgelegt, u.a. ein Anhörungsschreiben des Finanzamtes Hilden vom 03.03.2011, wonach beabsichtigt sei, von den vom Kläger erklärten Besteuerungsgrundlagen abzuweichen. Es sei eine Erhöhung geboten, da der Kläger während der Verhandlung vor dem Arbeitsgericht Mönchengladbach vorgebracht habe, neben dem Arbeitslohn gemäß Abrechnungen jeweils monatlich noch eine Barzahlung von 1.000 EUR erhalten zu haben, welche bislang steuerlich noch nicht erfasst worden sei.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 30.11.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.08.2011 teilweise aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das ihm zustehende Krankengeld für die Zeit ab dem 15.11.2010 neu zu berechnen und hierbei monatlichen Nettozahlungen von 1.000 EUR zu berücksichtigen sowie die Beklagte zu verurteilen, die sich aus der Nachberechnung ergebenden weiteren Krankengeldansprüche an ihn auszuzahlen und ab Rechtshängigkeit mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält an der getroffenen Entscheidung fest.
Während des Klageverfahrens hat die Beklagte auf Anregung des Gerichts eine Betriebsprüfung durch die Deutsche Rentenversicherung Rheinland veranlasst. Diese hat im Abschlussbericht vom 06.02.2012 mitgeteilt, dass die stichprobenweise durchgeführte Prüfung keine Feststellungen im Zusammenhang mit der Prüfung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages ergeben hat. Ferner wurde gegen den Zeugen M1 ein Strafverfahren wegen Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt eröffnet, das mit einem Freispruch endete (Urteil des Amtsgerichts Neuss vom 02.04.2015, Az.: 4 Cs-120 Js 843/13-149/14).
Schließlich hat das Gericht den Zeugen M1 vernommen. Dieser hat bekundet, er meine, der Kläger sei im Zeitraum 2004 bis 2008 mit Unterbrechungen für ihn tätig gewesen. Er habe keinen schriftlichen Arbeitsvertrag mit dem Kläger geschlossen, einen solchen schließe er mit seinen Angestellten häufig erst nach Beginn der Beschäftigung, der Kläger habe dies nicht verlangt. Als Arbeitsentgelt seien 1.800 EUR brutto vereinbart gewesen. Eine weitere Zahlung von 1.000 EUR monatlich habe es nicht gegeben.
Im Übrigen wird wegen des weiteren Sach- und Streitstandes auf die Gerichts- und die von der Beklagten beigezogene Verwaltungsakte Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 30.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.08.2011 beschwert den Kläger nicht nach § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Diese Bescheide sind rechtmäßig, weil der Kläger von der Beklagten kein weitergehendes Krankengeld beanspruchen kann. Dies folgt aus der für die Berechnung des Krankengeldes maßgeblichen Vorschrift des § 47 Fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V). Nach Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift beträgt das Krankengeld 70 vom Hundert des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt (Regelentgelt). Für die Beantwortung der Frage, ob das Arbeitsentgelt der Beitragsberechnung unterliegt, ist maßgeblich, ob für das Arbeitsentgelt eine Beitragspflicht bestanden hat. Unerheblich ist hingegen, ob auch tatsächlich Beiträge gezahlt worden sind. Ob die Einnahmen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V der Beitragsberechnung unterliegen, muss anhand der §§ 220f.f, 226ff. SGB V geprüft werden; maßgeblich ist die rechtliche Betrachtungsweise, die auf die vom Gesetz festgelegte Beitragspflicht, nicht aber auf die tatsächliche Abführung oder Nichtabführung der Beiträge abstellt. Der Beitragsberechnung unterliegt demgemäß im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V Arbeitsentgelt nicht, das nach seiner Art oder Höhe (z.B. bei Überschreitung der Beitragsbemessungsgrenze, § 223 Abs. 3 SGB V) von der Beitragspflicht nicht erfasst wird. Anders ist Arbeitsentgelt zu beurteilen, das rechtlich der Beitragsberechnung unterliegt, für das jedoch faktisch keine Beiträge abgeführt wurden, z.B. bei rechtswidriger Beitragsverkürzung (Kasseler Kommentar-Brandts, § 47 SGB V Rn. 21 m.w.N.). Ferner bestimmt § 47 Abs. 1 Satz 2 SGB V für die Bemessung des Krankengeldes, dass das aus dem Arbeitsentgelt berechnete Krankengeld 90 vom Hundert des bei entsprechender Anwendung des Absatzes 2 berechneten Nettoarbeitsentgelts nicht übersteigen darf. Ferner ergibt sich aus § 47 Abs. 2 Satz 1 SGB V, dass für die Berechnung des Regelentgelts das von dem Versicherten im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum, mindestens das während der letzten abgerechneten vier Wochen (Bemessungszeitraum) erzielte und um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verminderte Arbeitsentgelt durch die Zahl der Stunden zu teilen ist, für die es gezahlt wurde.
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das Krankengeld nach dem für September 2010 abgerechneten Arbeitsentgelt von 1.800 EUR brutto und 1.415,84 EUR netto zu bemessen. Dem insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Kläger ist es nicht gelungen, den Bezug eines höheren Arbeitsentgeltes von zusätzlich 1.000 EUR nachzuweisen. Gegen seine Einlassung, der Zeuge M1 habe ihm monatlich 1.000 EUR zusätzlich zu dem Arbeitsentgelt von 1.800 EUR brutto gezahlt, spricht v.a. die Aussage des Zeugen M1. Dieser hat bekundet, kein weiteres Arbeitsentgelt als die vereinbarten 1.800 EUR brutto an den Kläger gezahlt zu haben. Diese Einlassung hält das Gericht für glaubhaft, weil die Aussage des Zeugen einerseits detailreich ist, der Zeuge andererseits Erinnerungslücken eingeräumt hat, die durch den Zeitablauf auch naheliegend sind. Zudem ist der Zeuge bei der entscheidenden Einlassung, der Kläger habe keinen zusätzlichen Lohn von 1.000 EUR erhalten, auch auf mehrfache Nachfrage hin und nach nochmaligem Hinweis auf die Wahrheitspflicht vor seiner Vereidigung geblieben. Diese Einlassung stimmt ferner mit den vorherigen schriftlichen Bekundungen übereinstimmt, zum Einen mit den Datev-Lohnabrechnungen, zum Anderen mit der Entgeltbescheinigung, die der Zeuge zu Beginn der Krankengeldbewilligung auf Anfrage der Beklagten erstellt hat. Des Weiteren wird diese Einlassung durch den Abschlussbericht der Deutschen Rentenversicherung Rheinland vom 06.02.2012 bestätigt; danach hat die stichprobenweise durchgeführte Prüfung keine Feststellungen im Zusammenhang mit der Prüfung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages ergeben, also auch nicht in Bezug auf das Arbeitsentgelt des Klägers (in Höhe von 1.800 EUR brutto). Schließlich wurde der Zeuge M1 vom Vorwurf des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt frei gesprochen.
Demgegenüber vermochte die Kammer der gegenteiligen Einlassung des Klägers kein solches Gewicht beizumessen, dass sie die Einlassung des Zeugen M1 in ernstliche Zweifel zieht. Das ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass sich der Kläger bereits im Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht Mönchengladbach dahingehend eingelassen hat. Denn mit dieser Einlassung konnte er sich – worauf die Beklagte zu Recht verweist – letztlich vor dem Arbeitsgericht nicht durchsetzen. Vielmehr hat er sich vergleichsweise mit dem Zeugen M1 für den Monat November 2010 auf ein Arbeitsentgelt in Höhe von 1.800 EUR brutto geeinigt. Ebenso kommt dem Umstand der Lohnsteuerzahlung für die fraglichen 1.000 EUR monatlich kein entscheidendes Gewicht bei. Denn dies ist nicht auf Initiative des Klägers, sondern auf die des Finanzamtes geschehen. Der Kläger hatte zunächst nur ein Arbeitseinkommen in Höhe der Datev-Lohnabrechnungen (von 1.800 EUR monatlich) erklärt und das Finanzamt ist hiervon wegen der Erklärung des Klägers vor dem Arbeitsgericht Mönchengladbach abgewichen. Des Weiteren besagen die vom Kläger vorgelegten Kontoauszüge nichts zur Herkunft der Einzahlungen, sie können beispielsweise auch aus der Einlösung der Gehaltsschecks stammen. Zur Einlassung des Klägers passt auch nicht, dass er noch im November 2010 1.080 EUR eingezahlt hat, obschon der "überschießende" Betrag von 80 EUR kaum mit Trinkgeldern zu erklären ist, weil der Kläger ab dem 04.10.2010 arbeitsunfähig erkrankt gewesen ist. Und auch der Zeuge P weiß von der behaupteten Zahlung nur aus der Einlassung des Klägers, er war bei der Übergabe des Geldes nicht anwesend. Das gilt im Wesentlichen auch für die Ehefrau des Klägers, auch soweit sie gesehen haben will, dass der Kläger mit einem Umschlag mit 1.000 EUR in bar nach Hause gekommen ist, belegt das nicht, dass es sich um die vom Kläger behauptete Schwarzlohnzahlung gehandelt hat. Schließlich mag das Arbeitsentgelt mit 1.800 EUR gering bemessen sein. Es steht aber auch nicht völlig außer Verhältnis zu den Aufgaben, die der Kläger nach dem von ihm vorgelegten Arbeitszeugnis hatte, die nicht denen eines Geschäftsführers im eigentlichen Sinn entsprachen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Krankengeldes umstritten.
Der Kläger ist bei der beklagten Krankenkasse versichert. Dies beruhte zunächst auf einer seit dem 16.08.2008 ausgeübten Beschäftigung beim Restaurant C in E, dessen Inhaber der Zeuge Q M1 ist. Einen schriftlichen Arbeitsvertrag schloss der Kläger nicht, nach den Datev-Lohnabrechnungen erhielt der Kläger ein Arbeitsentgelt in Höhe von 1.800 EUR brutto, so auch im September 2010. Am 04.10.2010 erkrankte der Kläger arbeitsunfähig und bezog sein Entgelt fort. Mit Bescheid vom 30.11.2010 gewährte ihm die Beklagte ab dem 15.10.2010 Krankengeld in Höhe von 36,82 EUR. Dem lag die Entgeltbescheinigung des Arbeitgebers M1 vom 26.11.2010 zu Grunde, wonach der Kläger im Oktober 2010 ein Arbeitsentgelt von 1.800 EUR brutto erzielt habe, was ein Nettoentgelt von 1.415,84 EUR ergebe.
Der Kläger widersprach und machte geltend, die Beklagte habe das Krankengeld zu niedrig bemessen. Er habe vom damaligen Arbeitgeber zusätzlich eine Nettozahlung von 1.000 EUR erhalten. Er verwies auf ein Protokoll des Arbeitsgerichts Mönchengladbach aus dem Kündigungsschutzprozess vom 03.12.2010. Dort habe er erklärt, neben der üblichen Abrechnung monatlich einen weiteren Betrag in Höhe von 1.000 EUR netto in bar erhalten zu haben. Nach dem Protokoll einigte sich der Kläger ferner vergleichsweise mit dem Zeugen M1 über eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.11.2010 sowie eine Lohnabrechnung für November 2010 auf Basis eines Bruttomonatsgehalts von 1.800 EUR und eine Abfindung von 6.000 EUR. Ferner machte der Kläger geltend, das Finanzamt Hilden habe ihn im Einkommenssteuerbescheid für 2009 zur Entrichtung einer Einkommenssteuer ausgehend von einem Bruttogehalt in Höhe von 2.800 EUR herangezogen. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.08.2011 zurück. Das Krankengeld sei nach einem Bruttoarbeitsentgelt von 1.800 EUR und einem Nettoarbeitsentgelt in Höhe von 1.415,84 EUR zu bemessen. Die Höhe des Arbeitsentgeltes ergebe sich aus den Entgeltbescheinigungen, die zuträfen. Die Richtigkeit dieser Bescheinigungen folge auch aus dem mit dem ehemaligen Arbeitgeber geschlossenen Vergleich. Danach habe sich der Kläger mit seiner Behauptung, er habe zusätzlich 1.000 EUR erhalten, nicht durchsetzen können.
Mit seiner am 29.08.2011 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt.
Er ist weiterhin der Auffassung, das Krankengeld sei unter Berücksichtigung einer zusätzlichen Nettolohnzahlung von 1.000 EUR zu bemessen. Er habe seinerzeit vom Zeugen M1 gefordert, dass er für die Beschäftigung 2.500 EUR netto erhalte, womit sich dieser einverstanden erklärt habe. Letztlich habe er dann einen Scheck über die Nettozahlung von 1.400 EUR und zusätzlich 1.000 EUR in dem Briefumschlag mit der Lohnabrechnung erhalten. Seine Ehefrau könne bezeugen, dass er mit dem Geld, dem Scheck und der Lohnabrechnung nach Hause gekommen sei. Auch dem Zeugen P, der Geschäftsführer in dem über dem C gelegenen Betrieb "M2" gewesen sei und mit dem er im regen Austausch gestanden habe, sei bekannt gewesen, dass er – der Kläger – eine weitere Zahlung in Höhe von 1.000 EUR erhalten habe. Dafür, dass er diese erhalten habe, spreche, dass er jeweils Anfang des Monats einen Betrag zwischen 1.080 und 1.081 EUR in bar auf sein Girokonto eingezahlt habe, was sich z.B. aus den Kontoauszügen für die Monate Juli bis November 2010 ergebe. Hierbei handele es sich um die zusätzliche Lohnzahlung von 1.000 EUR und das Trinkgeld. Es wäre auch völlig abwegig, anzunehmen, er habe – wie aus dem Arbeitszeugnis ersichtlich – als Geschäftsführer gearbeitet und insoweit eine Bruttovergütung von lediglich 1.800 EUR brutto akzeptiert; nach dem DEHOGA-Tarifvertrag hätten ihm über 4.000 EUR brutto zugestanden. Ferner habe er für die zusätzlich erhaltenen 1.000 EUR Lohnsteuer entrichten müssen. Hierzu hat er die Unterlagen zur Einkommenssteuer 2008 bis 2010 vorgelegt, u.a. ein Anhörungsschreiben des Finanzamtes Hilden vom 03.03.2011, wonach beabsichtigt sei, von den vom Kläger erklärten Besteuerungsgrundlagen abzuweichen. Es sei eine Erhöhung geboten, da der Kläger während der Verhandlung vor dem Arbeitsgericht Mönchengladbach vorgebracht habe, neben dem Arbeitslohn gemäß Abrechnungen jeweils monatlich noch eine Barzahlung von 1.000 EUR erhalten zu haben, welche bislang steuerlich noch nicht erfasst worden sei.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 30.11.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.08.2011 teilweise aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das ihm zustehende Krankengeld für die Zeit ab dem 15.11.2010 neu zu berechnen und hierbei monatlichen Nettozahlungen von 1.000 EUR zu berücksichtigen sowie die Beklagte zu verurteilen, die sich aus der Nachberechnung ergebenden weiteren Krankengeldansprüche an ihn auszuzahlen und ab Rechtshängigkeit mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält an der getroffenen Entscheidung fest.
Während des Klageverfahrens hat die Beklagte auf Anregung des Gerichts eine Betriebsprüfung durch die Deutsche Rentenversicherung Rheinland veranlasst. Diese hat im Abschlussbericht vom 06.02.2012 mitgeteilt, dass die stichprobenweise durchgeführte Prüfung keine Feststellungen im Zusammenhang mit der Prüfung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages ergeben hat. Ferner wurde gegen den Zeugen M1 ein Strafverfahren wegen Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt eröffnet, das mit einem Freispruch endete (Urteil des Amtsgerichts Neuss vom 02.04.2015, Az.: 4 Cs-120 Js 843/13-149/14).
Schließlich hat das Gericht den Zeugen M1 vernommen. Dieser hat bekundet, er meine, der Kläger sei im Zeitraum 2004 bis 2008 mit Unterbrechungen für ihn tätig gewesen. Er habe keinen schriftlichen Arbeitsvertrag mit dem Kläger geschlossen, einen solchen schließe er mit seinen Angestellten häufig erst nach Beginn der Beschäftigung, der Kläger habe dies nicht verlangt. Als Arbeitsentgelt seien 1.800 EUR brutto vereinbart gewesen. Eine weitere Zahlung von 1.000 EUR monatlich habe es nicht gegeben.
Im Übrigen wird wegen des weiteren Sach- und Streitstandes auf die Gerichts- und die von der Beklagten beigezogene Verwaltungsakte Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 30.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.08.2011 beschwert den Kläger nicht nach § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Diese Bescheide sind rechtmäßig, weil der Kläger von der Beklagten kein weitergehendes Krankengeld beanspruchen kann. Dies folgt aus der für die Berechnung des Krankengeldes maßgeblichen Vorschrift des § 47 Fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V). Nach Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift beträgt das Krankengeld 70 vom Hundert des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt (Regelentgelt). Für die Beantwortung der Frage, ob das Arbeitsentgelt der Beitragsberechnung unterliegt, ist maßgeblich, ob für das Arbeitsentgelt eine Beitragspflicht bestanden hat. Unerheblich ist hingegen, ob auch tatsächlich Beiträge gezahlt worden sind. Ob die Einnahmen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V der Beitragsberechnung unterliegen, muss anhand der §§ 220f.f, 226ff. SGB V geprüft werden; maßgeblich ist die rechtliche Betrachtungsweise, die auf die vom Gesetz festgelegte Beitragspflicht, nicht aber auf die tatsächliche Abführung oder Nichtabführung der Beiträge abstellt. Der Beitragsberechnung unterliegt demgemäß im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V Arbeitsentgelt nicht, das nach seiner Art oder Höhe (z.B. bei Überschreitung der Beitragsbemessungsgrenze, § 223 Abs. 3 SGB V) von der Beitragspflicht nicht erfasst wird. Anders ist Arbeitsentgelt zu beurteilen, das rechtlich der Beitragsberechnung unterliegt, für das jedoch faktisch keine Beiträge abgeführt wurden, z.B. bei rechtswidriger Beitragsverkürzung (Kasseler Kommentar-Brandts, § 47 SGB V Rn. 21 m.w.N.). Ferner bestimmt § 47 Abs. 1 Satz 2 SGB V für die Bemessung des Krankengeldes, dass das aus dem Arbeitsentgelt berechnete Krankengeld 90 vom Hundert des bei entsprechender Anwendung des Absatzes 2 berechneten Nettoarbeitsentgelts nicht übersteigen darf. Ferner ergibt sich aus § 47 Abs. 2 Satz 1 SGB V, dass für die Berechnung des Regelentgelts das von dem Versicherten im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum, mindestens das während der letzten abgerechneten vier Wochen (Bemessungszeitraum) erzielte und um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verminderte Arbeitsentgelt durch die Zahl der Stunden zu teilen ist, für die es gezahlt wurde.
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das Krankengeld nach dem für September 2010 abgerechneten Arbeitsentgelt von 1.800 EUR brutto und 1.415,84 EUR netto zu bemessen. Dem insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Kläger ist es nicht gelungen, den Bezug eines höheren Arbeitsentgeltes von zusätzlich 1.000 EUR nachzuweisen. Gegen seine Einlassung, der Zeuge M1 habe ihm monatlich 1.000 EUR zusätzlich zu dem Arbeitsentgelt von 1.800 EUR brutto gezahlt, spricht v.a. die Aussage des Zeugen M1. Dieser hat bekundet, kein weiteres Arbeitsentgelt als die vereinbarten 1.800 EUR brutto an den Kläger gezahlt zu haben. Diese Einlassung hält das Gericht für glaubhaft, weil die Aussage des Zeugen einerseits detailreich ist, der Zeuge andererseits Erinnerungslücken eingeräumt hat, die durch den Zeitablauf auch naheliegend sind. Zudem ist der Zeuge bei der entscheidenden Einlassung, der Kläger habe keinen zusätzlichen Lohn von 1.000 EUR erhalten, auch auf mehrfache Nachfrage hin und nach nochmaligem Hinweis auf die Wahrheitspflicht vor seiner Vereidigung geblieben. Diese Einlassung stimmt ferner mit den vorherigen schriftlichen Bekundungen übereinstimmt, zum Einen mit den Datev-Lohnabrechnungen, zum Anderen mit der Entgeltbescheinigung, die der Zeuge zu Beginn der Krankengeldbewilligung auf Anfrage der Beklagten erstellt hat. Des Weiteren wird diese Einlassung durch den Abschlussbericht der Deutschen Rentenversicherung Rheinland vom 06.02.2012 bestätigt; danach hat die stichprobenweise durchgeführte Prüfung keine Feststellungen im Zusammenhang mit der Prüfung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages ergeben, also auch nicht in Bezug auf das Arbeitsentgelt des Klägers (in Höhe von 1.800 EUR brutto). Schließlich wurde der Zeuge M1 vom Vorwurf des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt frei gesprochen.
Demgegenüber vermochte die Kammer der gegenteiligen Einlassung des Klägers kein solches Gewicht beizumessen, dass sie die Einlassung des Zeugen M1 in ernstliche Zweifel zieht. Das ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass sich der Kläger bereits im Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht Mönchengladbach dahingehend eingelassen hat. Denn mit dieser Einlassung konnte er sich – worauf die Beklagte zu Recht verweist – letztlich vor dem Arbeitsgericht nicht durchsetzen. Vielmehr hat er sich vergleichsweise mit dem Zeugen M1 für den Monat November 2010 auf ein Arbeitsentgelt in Höhe von 1.800 EUR brutto geeinigt. Ebenso kommt dem Umstand der Lohnsteuerzahlung für die fraglichen 1.000 EUR monatlich kein entscheidendes Gewicht bei. Denn dies ist nicht auf Initiative des Klägers, sondern auf die des Finanzamtes geschehen. Der Kläger hatte zunächst nur ein Arbeitseinkommen in Höhe der Datev-Lohnabrechnungen (von 1.800 EUR monatlich) erklärt und das Finanzamt ist hiervon wegen der Erklärung des Klägers vor dem Arbeitsgericht Mönchengladbach abgewichen. Des Weiteren besagen die vom Kläger vorgelegten Kontoauszüge nichts zur Herkunft der Einzahlungen, sie können beispielsweise auch aus der Einlösung der Gehaltsschecks stammen. Zur Einlassung des Klägers passt auch nicht, dass er noch im November 2010 1.080 EUR eingezahlt hat, obschon der "überschießende" Betrag von 80 EUR kaum mit Trinkgeldern zu erklären ist, weil der Kläger ab dem 04.10.2010 arbeitsunfähig erkrankt gewesen ist. Und auch der Zeuge P weiß von der behaupteten Zahlung nur aus der Einlassung des Klägers, er war bei der Übergabe des Geldes nicht anwesend. Das gilt im Wesentlichen auch für die Ehefrau des Klägers, auch soweit sie gesehen haben will, dass der Kläger mit einem Umschlag mit 1.000 EUR in bar nach Hause gekommen ist, belegt das nicht, dass es sich um die vom Kläger behauptete Schwarzlohnzahlung gehandelt hat. Schließlich mag das Arbeitsentgelt mit 1.800 EUR gering bemessen sein. Es steht aber auch nicht völlig außer Verhältnis zu den Aufgaben, die der Kläger nach dem von ihm vorgelegten Arbeitszeugnis hatte, die nicht denen eines Geschäftsführers im eigentlichen Sinn entsprachen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
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